Entscheidungsdatum
23.08.2018Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
G306 2203880-1/10E
SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 23.08.2018 MÜNDLICH VERKÜNDETEN
ERKENNTNISSES:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA.: Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX.2018, Zl. XXXX, und gegen die Anhaltung in Schubhaft, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Es wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
III. Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) Aufwendungen in Höhe von 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ersatz der Aufwendungen wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion Oberösterreich, vom Beschwerdeführer (BF) persönlich übernommen am XXXX.2018 um 14:05 Uhr, wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zweck der Abschiebung angeordnet.
Mit dem am 21.08.2018 beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) eingebrachten mit selbigen Tag datierten Schriftsatz erhob der BF, durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter, Beschwerde gegen den im Spruch angeführten Schubhaftbescheid und die seither andauernde Anhaltung in Schubhaft.
In der Beschwerde wurde beantragt, das BVwG möge eine mündliche Verhandlung durchführen; den bekämpften Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung der Schubhaft und die bisherige Anhaltung in rechtswidriger Weise erfolgte; im Rahmen einer "Habeas Corpus Prüfung" aussprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des BF nicht vorliegen, in eventu die ordentliche Revision zuzulassen; der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des BF gem. VwG-Aufwandsersatzverordnung sowie Dolmetschkosten und Barauslagen auferlegen, in eventu die ordentliche Revision zuzulassen.
Auf Grund der entsprechenden Verfügung des BVwG zur Aktenvorlage wurden vom BFA, RD Oberösterreich, am 23.08.2018 die Bezug habenden Verwaltungsakten und eine mit selbigen Tag datierte Stellungnahme zur gegenständlichen Schubhaftbeschwerde dem BVwG elektronisch übermittelt.
Abschließend wurde vom BFA beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, gemäß § 22a BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, sowie die beschwerdeführende Partei zum Ersatz der näher angeführten Kosten zu verpflichten.
Das BVwG führte in der gegenständlichen Rechtssache am 23.08.2018 in der Außenstelle Graz eine öffentliche mündliche Verhandlung durch (OZ 6), an der der BF nach polizeilicher Vorführung aus dem XXXX sowie dessen ausgewiesener Rechtsvertreter sowie Vertreter der belangten Behörde, teilnahm. Am Schluss der Verhandlung beantragte der BF die Stattgebung der Beschwerde.
Nach Schluss der Verhandlung, wurde das gegenständliche Erkenntnis, mündlich verkündet.
Per Fax langte am 04.09.2018 von der ausgewiesenen Vertretung am BVwG der Antrag auf schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Feststellungen:
Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und behauptet, Staatsangehöriger von Afghanistan zu sein. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.
Der BF verfügt über keine Dokumente und über keine Berechtigung zur Einreise in das österreichische Bundesgebiet und zum Aufenthalt in diesem.
Der BF reiste zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt in das österreichische Bundesgebiet illegal ein und stellte am XXXX.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde negativ beschieden und im Beschwerdeverfahren bestätigt. Für die freiwillige Ausreise wurde dem BF eine Frist von 2 Wochen ab Rechtskraft eingeräumt (rk 05.06.2018). Am XXXX.2018 wurde bereits ein Notfall-Heimreisezertifikat bei der afghanischen Botschaft beantragt. Mit Mandatsbescheid vom XXXX.2018 wurde dem BF aufgetragen sich in Unterkunft in der Betreuungsstelle Tirol zu begeben. Bei der versuchten Zustellung dieses Mandatsbescheides wurde festgestellt, dass der BF zwar noch an seiner bisherigen Wohnadresse gemeldet, jedoch nicht mehr aufhältig war. Der BF wurde daraufhin amtlich abgemeldet. Gegen den BF wurde am XXXX.2018 ein Festnahmeauftrag erlassen. Der BF stellte am XXXX.2018 in Österreich einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. Der Festnahmeauftrag wurde widerrufen. Bei der diesbezüglichen Einvernahme vor dem BFA am 03.08.2018 gab der BF an, dass er in Deutschland war, weil er Angst vor einer Abschiebung hatte. Am XXXX.2018 wurde dem BF mit mündlichem Bescheid der faktische Abschiebeschutz aberkannt. Die Aberkennung wurde im Beschwerdeverfahren mit Beschluss des BVwG bestätigt.
Der BF gab auch in der mündlichen Verhandlung an, dass er aufgrund des negativen Asylbescheides Angst vor einer Abschiebung bzw. dass er von der österreichischen Polizei festgenommen und abgeschoben werde, gehabt hätte und daher versucht habe illegal nach Deutschland zu gelangen. Dort sei er jedoch von der Polizei festgenommen und wieder nach Österreich rückgestellt worden. Nach Afghanistan wolle er auf gar keinen Fall freiwillig zurückkehren. Er habe auch die Möglichkeit hier in Österreich bei einem Pastor des XXXX zu wohnen.
Der BF befand sich vom XXXX.2018 - XXXX.2018, auf Grund des gegenständlich angefochtenen Schubhaftbescheides durchgehend in Schubhaft. Zum Zeitpunkt der schriftlichen Ausfertigung war der BF bereits aus der Schubhaft entlassen und wurde am XXXX.2018 über den Luftweg nach XXXX überstellt.
Der BF verfügt in Österreich weder über familiäre, berufliche sowie soziale Anknüpfungspunkte. Der BF verfügt über keine ausreichenden Existenzmittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes. Der BF stellte im Bundesgebiet 2 mal einen Antrag auf internationalen Schutz. Der erste Antrag wurde bereits im Beschwerdeverfahren rechtskräftig als unbegründet abgewiesen. Beim Zweitantrag - Folgeantrag vom XXXX.2018 wurde dem BF mitgeteilt, dass davon auszugehen ist, dass der Antrag wegen bereits entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird. Gleichzeitig wurde der faktische Abschiebeschutz aberkannt.
Der BF konnte in der mündlichen Verhandlung nicht glaubwürdig vermitteln, dass er nicht wieder versuchen werde sich dem Abschiebeverfahren zu entziehen. Der BF wiederholte mehrmals nicht freiwillig nach Afghanistan zurückzukehren. Der BF gab auch zu, versucht zu haben, nach Deutschland zu gelangen um sich einer etwaiigen Festnahme durch die österreichischen Polizei entziehen zu können.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens sowie der durchgeführten mündlichen Verhandlung und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.
Die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und die Staatsangehörigkeit des BF beruhen auf den vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der mündlichen Verhandlung nicht entgegengetreten wurde. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person im gegenständlichen Verfahren.
Die weiteren Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestritten gebliebenen Akteinhalt. Der BF ist auch in seiner Beschwerde sowie in der mündlichen Verhandlung den dargelegten Feststellungen des BFA nicht entgegengetreten.
Der BF hat bislang keinerlei Bereitschaft gezeigt, sich an eine gegebene Rechtsordnung zu halten. Ganz im Gegenteil will er doch eine rechtskräftige Entscheidung des Gerichts nicht akzeptieren und versuchte sich einer etwaiigen Festnahme durch die Polizei dadurch zu entkommen indem er versuchte nach Deutschland zu gelangen.
Wenn in der Beschwerde als auch in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen wurde, dass der BF bei einem Pastor in XXXX Unterkunft bekommen könne und dieser auch in einem Schreiben dafür garantiere, dass sich der BF der Behörde nicht mehr entziehen werde, so kann diesem Ansinnen aufgrund des bisher gezeigten Verhalten des BF kein Glaube geschenkt werden. Die Außerlandesbringung war beim Entscheidungszeitpunkt bereits dem BF bekannt und wollte er schon bisher mit allen Mittel seine Rückführung nach Afghanistan verhindern.
Auf Grund des bisherigen Gesamtverhaltens hat sich der BF insgesamt als nicht vertrauenswürdig erwiesen.
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 76 Abs. 2 Ziffer 1 FPG ist die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung zu verhängen.
Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3).
Gemäß § 76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77 leg. cit.) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.
§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
Da die Verhängung von Schubhaft nach ständiger Rechtsprechung des VwGH nur "ultima ratio" sein kann, ist die Behörde für den Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden angehalten, ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann (vgl. VwGH 15.10.2015, Ro 2015/21/0026 mit Verweis auf E vom 25.04.2014, 2013/21/0209).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
Die Anhaltung eines Asylwerbers in Schubhaft kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die im jeweiligen Asylverfahrensstadium ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen (vgl. VwGH 05.07.2011,
Zl. 2008/21/0080 mwN). Dabei bedarf es in dem frühen Verfahrensstadium (etwa vor Einleitung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) besonderer Umstände, die ein Untertauchen des betreffenden Fremden schon zu diesem Zeitpunkt konkret befürchten lassen. In einem späteren Stadium des Asylverfahrens, insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung oder Anordnung zur Außerlandesbringung, können dann unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen (vgl. VwGH 23.09.2010, Zl. 2007/21/0432 mwN).
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:
Die belangte Behörde hat den vorliegenden Schubhaftbescheid auf § 76 Abs. 2 Z 1 FPG gestützt und zum Zweck der Sicherung der Abschiebung erlassen.
Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend aufgezeigt hat, stellte der BF bereits im Bundesgebiet vor drei Jahren einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde vom BFA abgewiesen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde an das BVwG wurde als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung des BFA erwuchs daher mit 05.06.2018 in Rechtskraft. Aufgrund dessen - BF gab selbst an sich vor einem möglichen Zugriff der österreichischen Polizei und einer Abschiebung nach Afghanistan entziehen zu können - illegal nach Deutschland reisen wollte. Der BF wurde jedoch in Passau kontrolliert und festgenommen und nach Österreich rücküberstellt. Aufgrund dessen stellte der BF einfach in Österreich wieder am XXXX.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag) um womöglich seiner Abschiebung zu entgehen. Schon dieses Verhalten zeigt, dass der BF nicht gewillt ist sich an Rechtsvorschriften zu halten und glaubt dieser, seinen Aufenthalt - in jenem europäischen Land, welches ihm gefällt - erzwingen zu können.
Der oben angeführten Rechtsprechung des VwGH folgend können insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Anordnung zur Außerlandesbringung unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen.
Durch seine illegalen Reisebewegungen und der bereits gestellten Anträge auf internationalen Schutz hat der BF bislang keine ernst zu nehmende Bereitschaft gezeigt, sich an die in Österreich und in anderen europäischen Staaten für die Einreise und den Aufenthalt geltenden Bestimmungen zu halten.
Der BF verfügt in Österreich über keine familiäre Anbindung. Der BF verfügt im Bundesgebiet über keine sozialen oder beruflichen Kontakte. Der BF ist mittellos.
Wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat, wird dem BF in gegenständlichen Verfahren - die erforderliche Vertrauenswürdigkeit abzusprechen sein.
Es kann daher der belangten Behörde unter Berücksichtigung des bisherigen Verhaltens des BF nicht vorgeworfen werden, wenn sie bei ihrer Entscheidung zur Anordnung der Schubhaft und dem dafür erforderlichen Sicherungsbedarf davon ausging, das sich der BF nach Haftentlassung der Rückführung nach Afghanistan entziehen könnte und er seine Reise in ein anderes EU Land fortsetzen würde - was der BF in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes als auch in der mündlichen Verhandlung angab, indem er mehrmals wiederholte auf gar keinen Fall freiwillig nach Afghanistan zurückkehren zu wollen. Seine Entschlossenheit dazu bewies der BF bereits mit dem versuchten Untertauchen sich nach Deutschland zu begeben.
Insoweit die belangte Behörde in ihrer Würdigung auch davon ausging, dass ein konkreter Sicherungsbedarf für die Durchführung einer Abschiebung sowie die Erforderlichkeit der Schubhaft als einzige geeignete Sicherungsmaßnahme gegenüber der Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG und auch die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft gegeben waren, begegnet dies keinen Bedenken. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid im Ergebnis zu Recht dargelegt, dass im vorliegenden Fall der erforderliche Sicherungszweck nicht durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG erreicht werden kann. Weder verfügt der BF über ausreichende finanzielle Mittel für die Hinterlegung einer angemessenen Sicherheit, noch war davon auszugehen, dass er sich in irgendeiner Weise den Behörden für die beabsichtigte Abschiebung jedenfalls aus freien Stücken zur Verfügung halten würde. Hat er doch bereits versucht - nachdem das Beschwerdeverfahren abgewiesen wurde - illegal nach Deutschland zu gelangen.
Eine Gesamtabwägung aller angeführten Umstände ergibt daher, dass das öffentliche Interesse an der Sicherung der aufenthaltsbeendenden Maßnahmen und der Abschiebung das Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit überwogen und ein konkretes Sicherungsbedürfnis bestanden hat. Die belangte Behörde konnte somit unter den gegebenen Umständen zu Recht von einer Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG ausgehen. Auch erweist sich die bisherige Anhaltung in Schubhaft bei Abwägung aller betroffenen Interessen als verhältnismäßig.
Da die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, dass auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen war, dass sich der unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältige BF der zu sichernden Abschiebung entziehen könnte, und sie den gegenständlichen Bescheid zutreffend auf die im Spruch angeführten Rechtsvorschriften gestützt hat, war gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm. § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Beschwerde hinsichtlich des Schubhaftbescheides und der darauf gestützten Anhaltung in Schubhaft als unbegründet abzuweisen.
Vorliegen der maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft (Spruchpunkt A.II.):
Den oben dargelegten Erwägungen zum Vorliegen eines konkreten Sicherungsbedarfs und zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft kommt auch zum Zeitpunkt dieser Entscheidung unverändert Geltung zu.
Darüber hinaus war nunmehr zum Zeitpunkt dieser Entscheidung bei der Beurteilung eines konkreten Sicherungsbedarfs infolge Fluchtgefahr der weiter fortgeschrittene Stand des Verfahrens - Heimreisezertifikat vorhanden und Abschiebetermin für den XXXX.2018 bereits fixiert - sowie die eindrucksvolle Darstellung des BF in der mündlichen Verhandlung, was seine Einstellung zum rechtskonformen Verhalten anbelangte, maßgeblich zu berücksichtigen:
Die belangte Behörde hat frühzeitig ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats eingeleitet und daher auch zeitnah ein Zertifikat erhalten.
Unter Berücksichtigung der Umstände, dass dem BF bewusst ist, dass er nun endgültig nach Afghanistan rücküberstellt wird, ist von einem verstärkten Sicherungsbedarf auszugehen. Auch die mangelnde Vertrauenswürdigkeit des BF, insbesondere auf Grund seines bisherigen Gesamtverhaltens, lässt eine Fluchtgefahr als erheblich erscheinen. Daran ändert auch nichts, dass der BF plötzlich in der mündlichen Verhandlung zum Entschluss kam, sich eventuell in der Kirche des GospelHouse Klagenfurt zu begeben, er dort Unterkunft nehmen könnte und der Pastor dafür garantiere, dass sich der BF dem Verfahren nicht entziehen werde. Der BF war in der mündlichen Verhandlung absolut unglaubwürdig, was sein zukünftiges Vorhaben anbelangte. Er brachte jedoch eindrucksvoll zum Ausdruck, dass er keinesfalls freiwillig nach Afghanistan zurückkehren werde.
Aus den eben dargelegten Umständen ist aktuell von einer erheblichen Fluchtgefahr auszugehen.
Die Anordnung eines gelinderen Mittels gemäß § 77 FPG - erweist sich im Hinblick auf die erhebliche Fluchtgefahr als nicht geeignet, um den erforderlichen Sicherungszweck (zeitnahe Durchführbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme mit XXXX2018) zu erreichen.
Eine auf den vorliegenden Einzelfall bezogene Gesamtabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Abschiebung einerseits und der Schonung der persönlichen Freiheit andererseits ergibt somit, dass das erwähnte öffentliche Interesse überwiegt, weil ohne Anordnung der Schubhaft die Durchführung der Abschiebung wahrscheinlich vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.
Dass besondere, in der Person des BF gelegene Umstände vorliegen, die der Schubhaft entgegenstehen würden, ist in der mündlichen Verhandlung nicht hervorgekommen.
Die fortgesetzte Anhaltung in Schubhaft erweist sich daher zum Zweck der Sicherung der Abschiebung als notwendig und verhältnismäßig.
Die Anhaltung in Schubhaft kann somit derzeit auch aus diesem Gesichtspunkt fortgesetzt werden.
Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Zum Ausspruch über den Ersatz der Aufwendungen (Spruchpunkte A.III. und A.IV.):
Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe sinngemäß, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
Der mit "Kosten" betitelte § 35 VwGVG lautet:
"§ 35. (1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.
(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.
(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:
1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,
2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie
3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.
(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.
(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden."
Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, wie folgt festgesetzt:
"1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro
2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro
3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro
4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro
5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro
6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro
7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro."
Da die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die (andauernde) Anhaltung in Schubhaft abgewiesen und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft festgestellt wurde, ist die belangte Behörde gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG obsiegende und die beschwerdeführende Partei unterlegene Partei.
Die belangte Behörde hat im Zuge der Aktenvorlage und in der mündlichen Verhandlung beantragt, dem Bund Kostenersatz im Umfang des Vorlage- und Schriftsatzaufwandes sowie des Verhandlungsaufwandes zuzusprechen.
Es war daher spruchgemäß der beschwerdeführenden Partei als unterlege Partei der zu leistende Aufwandersatz (einschließlich Verhandlungsaufwand) in der Gesamthöhe von 887,20 Euro aufzuerlegen.
Der in der Beschwerde gestellte Antrag des BF auf Ersatz der Aufwendungen im beantragten Umfang war gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abzuweisen, da der BF (gänzlich) unterlegene Partei ist und ein Aufwandersatz somit nicht in Betracht kommt.
Zu Spruchpunkt B. (Unzulässigkeit der Revision):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.
Schlagworte
Abschiebungsnähe, Anhaltung, Antragsbegehren, Aufwandersatz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G306.2203880.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.01.2019