Entscheidungsdatum
30.08.2018Norm
BBG §40Spruch
W115 2185921-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzerinnen über die Beschwerde von
XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX , vom XXXX ,
OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG idgF zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin hat am XXXX beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.
Nachstehend angeführte medizinische Beweismittel wurden in Vorlage gebracht:
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Sonographiebefund beider Mammae, Dr. XXXX , Facharzt für Radiologie vom XXXX
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Röntgenbefund der BWS und LWS, Dr. XXXX vom XXXX
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MRT-Befund der BWS, XXXX vom XXXX
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Q-CT der LWS, XXXX vom XXXX
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Patientenbrief, XXXX Krankenhaus, Abteilung für Plastische Chirurgie vom XXXX
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Histologisch-immunhistologisches Labor vom XXXX
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Röntgenbefund der BWS und beider Hände, Dr. XXXX vom XXXX
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Laborbefund, XXXX vom XXXX
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Entlassungsbericht, XXXX , Abteilung für Orthopädie und Traumatologie vom XXXX
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Ambulanzkarte, XXXX , Ambulanz für Osteologie und Endokrinologie vom XXXX
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Medikamentenliste
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Auflistung von stattgehabten Operationen und Krankheiten
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Ambulanzkarte, XXXX , Abteilung für Orthopädie und Traumatologie
1.1. Im von der belangten Behörde zur Überprüfung des Antrages eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten wurde von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am XXXX , der Gesamtgrad der Behinderung mit 40 vH bewertet. Die Funktionseinschränkungen wurden wie folgt beurteilt:
Lfd. Nr.
Funktionseinschränkung
Position
GdB
01
Deckplattenimpressionen bei Osteoporose und Bandscheibendegeneration der mittleren Brustwirbelsäule Oberer Rahmensatz berücksichtigt einen anhaltenden Dauerschmerz mit radiologischen Veränderungen und Einschränkungen im Alltag.
02.01.02
40 vH
02
Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates mit funktionellen Auswirkungen geringen Grades Oberer Rahmensatz berücksichtigt eine Arthrose an beiden Händen mit degenerativen Veränderungen und leichten Bewegungseinschränkungen beidseits.
02.02.01
20 vH
03
Zustand nach Gastric Banding bei Adipositas Unterer Rahmensatz berücksichtigt eine erfolgreiche Magenbandoperation bei Adipositas.
07.04.02
10 vH
04
Entfernung der Gebärmutter Fixer Rahmensatz
08.03.02
10 vH
Begründend für
den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt:
Leiden 1 wird durch Leiden 2-4 nicht erhöht, da keine maßgebliche wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht.
2. Ohne der Beschwerdeführerin das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens gemäß
§ 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis zu bringen, hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) abgewiesen und einen Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH festgestellt.
Begründend wurde ausgeführt, dass das durchgeführte medizinische Beweisverfahren ergeben habe, dass ein Grad der Behinderung von 40 vH vorliege. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, welche einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Da somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien, sei der Antrag abzuweisen gewesen.
In der rechtlichen Beurteilung zitiert die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des BBG.
Als Beilage zum Bescheid wurde von der belangten Behörde das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten übermittelt.
3. Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben.
Unter nachträglicher Vorlage medizinischer Beweismittel wurde von der Beschwerdeführerin im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass sie Deckplattenimpressionen an der BWK und der LWK und mehrere Bandscheibenvorwölbungen habe. Diese würden in das rechte Bein ausstrahlen und zu teilweisen Lähmungserscheinungen führen. Trotz Dauermedikation habe sie ständig Schmerzen mit teilweisen extremen Schmerzattacken, wodurch sie weder länger stehen noch längere Strecken gehen, oder längere Zeit sitzen könne. Die chronischen Schmerzen würden auch eine psychische Belastung darstellen. Zusätzlich leide sie an einem Cervicalsyndrom und Arthrose in beiden Händen, Ellbogen und Knöchel. Zudem habe sie nach "Gastric Banding" ca. drei Meter lange Narben mit Verwachsungen. Auch müsse sie zum Schluckröntgen, da nachts öfters der Mageninhalt in die Speiseröhre wandere und manchmal in die Luftröhre rutsche. Sie leide weiters an einer Colitis und habe trotz Medikation teilweise bis zu 25 Durchfälle täglich. Des Weiteren habe sie Implantate in der BWS und im rechten Zeigefinger, eine Beinverkürzung aufgrund derer sie Schuheinlagen mit Ausgleich trage, eine angeborene Hüftdysplasie, Gesichtsnarben aufgrund eines Autounfalles, eine künstlich implantierte Augenlinse bei Star Operation, einen niedrigen Blutdruck der zu Schwindel führe, beidseitige Varicositas und Osteoporose.
4. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt langte der Aktenlage nach am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
Gemäß § 54 Abs. 18 BBG tritt § 46 BBG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 mit 1. Juli 2015 in Kraft.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs. 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.
Zu A)
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,
1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm. 11.).
§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, zur Auslegung des § 28 Abs. 3 2. Satz ausgeführt hat, ist vom prinzipiellen Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auszugehen. Nach der Bestimmung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG kommt bereits nach ihrem Wortlaut die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht (vgl. auch Art. 130 Abs. 4 Z 1 B-VG). Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Ist die Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) "in der Sache selbst" zu entscheiden.
Das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im oben angeführten Erkenntnis ausgeführt hat, wird eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe
schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).
Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als grob mangelhaft:
Die Beschwerdeführerin hat bereits mit ihrem Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses eine Vielzahl fachärztlicher orthopädischer Befunde in Vorlage gebracht, welchen auch bestehende internistische Diagnosen zu entnehmen sind.
Die belangte Behörde hat zur Überprüfung der vorliegenden Gesundheitsschädigungen jedoch lediglich ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Zwar besteht kein Anspruch auf die Zuziehung von Sachverständigen eines bestimmten medizinischen Teilgebietes, jedoch ist im vorliegenden Fall das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten weder zur Beurteilung des bei der Beschwerdeführerin vorliegenden komplexen orthopädischen Beschwerdebildes noch zur Beurteilung des internistischen Beschwerdebildes (auch im Hinblick auf eine mögliche wechselseitige Leidensbeeinflussung der festgestellten Gesundheitsschädigungen) geeignet. Aufgrund der vorgelegten medizinischen Beweismittel liegen konkrete Anhaltspunkte vor, dass die Einholung von Sachverständigengutachten der Fachrichtungen Orthopädie und Innere Medizin unbedingt erforderlich sind, um eine vollständige und ausreichend qualifizierte Prüfung des Gesamtleidenszustandes der Beschwerdeführerin zu gewährleisten. Die Heranziehung einer Sachverständigen der Fachrichtung Allgemeinmedizin durch die belangte Behörde ist somit offensichtlich sachwidrig erfolgt.
Darüber hinaus ist das der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten hinsichtlich der Beurteilung der bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Leidenszustände und somit auch bezüglich der Beurteilung des Gesamtleidenszustandes nicht nachvollziehbar. So ist eine schlüssige und nachvollziehbare Auseinandersetzung mit den vorgelegten medizinischen Beweismitteln durch die befasste Sachverständige nicht im ausreichenden Maße erfolgt, da auf die von der Beschwerdeführerin vorgelegten medizinischen Unterlagen nicht im Einzelnen eingegangen worden ist. Es wurden lediglich auszugsweise Inhalte aus den Befunden zitiert, Aussagen über die Schwere der darin beschriebenen Gesundheitsschädigungen bzw. Feststellungen hinsichtlich deren Auswirkungen und Einfluss auf den Grad der Behinderung sind nicht im ausreichenden Maße getroffen worden. Dies wiegt umso schwerer, als im eingeholten Sachverständigengutachten anamnestisch u.a. das Vorliegen einer Colitis ulcerosa, ein Zustand nach laparoskopischer CHE angeführt werden sowie dass sich die Beschwerdeführerin XXXX einer Narbenkorrektur an der Brust und zweimal der Entfernung von Hämatomen in der Brust unterziehen musste. Weder in der Diagnoseliste noch in der Begründung des Gesamtgrades der Behinderung finden sich Hinweise darauf, dass diese Leiden einer Beurteilung unterzogen worden sind. Es kann somit nicht von einer Schlüssigkeit des eingeholten Sachverständigengutachtens gesprochen werden.
Ein Gutachten bzw. eine medizinische Stellungnahme, welche Ausführungen darüber vermissen lässt, aus welchen Gründen der ärztliche Sachverständige zu einer Beurteilung gelangt ist, stellt keine taugliche Grundlage für die von der belangten Behörde zu treffende Entscheidung dar (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321).
Der eingeholte medizinische Sachverständigenbeweis vermag daher die verwaltungsbehördliche Entscheidung nicht zu tragen.
Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes ist nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde darauf verzichtet hat, das Ermittlungsverfahren dahingehend zu erweitern ärztliche Sachverständigengutachten der Fachrichtungen Orthopädie und Innere Medizin einzuholen, da - wie bereits oben ausgeführt - zur schlüssigen und umfassenden Einschätzung der bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Gesundheitsschädigungen und in weiterer Folge zur umfassenden Beurteilung des Gesamtleidenszustandes jedenfalls die Einholung von Sachverständigengutachten dieser Fachrichtungen erforderlich gewesen wäre.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde sohin unter Einbeziehung des Beschwerdevorbringens Sachverständigengutachten der Fachrichtungen Orthopädie und Innere Medizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, zu den oben dargelegten Fragestellungen einzuholen und die Ergebnisse bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen haben. Von den Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird die Beschwerdeführerin mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein.
Aus den dargelegten Gründen ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat und sich der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung des Grades der Behinderung als so mangelhaft erweist, dass weitere Ermittlungen bzw. konkretere Sachverhaltsfeststellungen erforderlich erscheinen.
Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG - nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes und angesichts der im gegenständlichen Fall unterlassenen Sachverhaltsermittlungen - nicht ersichtlich.
Im Übrigen scheint die Zurückverweisung der Rechtssache an die belangte Behörde auch vor dem Hintergrund der seit 01.07.2015 geltenden Neuerungsbeschränkung in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 46 BBG zweckmäßig. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführerin im Rahmen des verwaltungsbehördlichen Verfahrens keine Möglichkeit gegeben wurde, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Die Beschwerdeführerin hatte sohin keine Gelegenheit, der sachverständigen Beurteilung konkret und substantiiert entgegenzutreten und auszuführen ob, gegebenenfalls welche, gutachterlichen Ausführungen dem tatsächlichen Leidensausmaß widersprechen.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall der Beschwerdeführerin noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rasch und kostengünstig festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zurückzuverweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
In den rechtlichen Ausführungen zu Spruchteil A) wurde ausführlich unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063) ausgeführt, warum die Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen geboten war.
Schlagworte
Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W115.2185921.1.00Zuletzt aktualisiert am
16.01.2019