TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/3 W200 2173532-1

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Veröffentlicht am 03.09.2018
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Entscheidungsdatum

03.09.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W200 2173532-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SCHERZ als Einzelrichterin über die Beschwerde vonXXXX, geb. 01.01.XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.09.2017, Zl. 1077178701-150809520, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer führt nach eigenen Angaben den im Spruch genannten Namen, ist Staatsangehöriger Afghanistans, wurde im Iran geboren und war Zeit seines Lebens im Iran wohnhaft, gehört der Volksgruppe der Hazara und dem muslimisch-schiitischen Glauben an, reiste am 09.07.2015 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung nannte er als Fluchtgrund die Chance auf ein besseres Leben haben zu wollen. Aufgrund der schweren Arbeit hätte er einen Leistenbruch und leichte Arbeiten gäbe es für ihn und seine Volksgruppe nicht. Sie seien immer schlecht behandelt und sogar geschlagen worden. Mündliche Beleidigungen seien täglich und weil für die Familie kein Geld vorhanden gewesen sei, sei er alleine losgegangen.

Im Rahmen der Einvernahme am 25.08.2017 wiederholte der Beschwerdeführer, noch nie in Afghanistan gewesen zu sein. Er hätte für seine Nichtabschiebung bezahlt. Die Familie stamme aus der Provinz Sar-e Pol. Seine Eltern und Geschwister würden im Iran leben. Er hätte acht Jahre eine offizielle iranische staatliche Schule besucht. Berufsausbildung hätte er keine, er sei gelernter Maurer bzw. Eisenbieger auf Baustellen. In weiterer Folge schilderte er den finanziellen Status seiner Familie im Iran und gab auf die Frage, warum die Familie Afghanistan verlassen hätte müssen an, dass sein Vater "damals" seinen Wehrdienst geleistet hätte. In der Provinz Herat hätte die islamische Partei damals einen Terroranschlag ausgeübt. Nach Abschluss des Wehrdienstes hätte es Probleme und Krieg zwischen verschiedenen Volksgruppen gegeben, weshalb sein Vater in den Iran gegangen sei. Zwei Jahre später sei die Familie nachgereist.

Den Iran hätte er wegen der Unsicherheit und fehlender Menschenrechte verlassen. Sämtliche Afghanen, die aus dem Iran hierherkommen würden, wären gezwungen, den Iran zu verlassen. Afghanen hätten im Iran keine Rechte. Sie seien von Polizisten gejagt worden. Er hätte sogar eine Arbeitsgenehmigung und Aufenthaltsberechtigung besessen. Doch obwohl sie ihre Abgaben pünktlich abgeliefert hätten, hätten sie keine Rechte gehabt. Man hätte immer wieder propagiert, dass es in Europa Rechte gäbe.

Der Leistenbruch sei im Iran operiert worden. Sein Vater hätte ca. ein Jahr vor seiner Geburt Afghanistan verlassen. Im Iran würden noch weitere Verwandte mütterlicherseits und väterlicherseits leben.

In Bezug auf die mögliche Rückkehr nach Afghanistan gab er an, sich nicht als Afghane zu identifizieren. Er kenne sich dort nicht aus. Die Gegebenheiten seien ihm dort nicht geläufig, es herrsche Krieg. Als Hazara werde man niedergemetzelt. Er könne nicht zurück.

In Österreich kenne er viele Österreicher in Neukirchen, diese würden ihn sogar zur Einvernahme begleiten. Er helfe als privater Gärtner, eine Dame bringe ihm Deutsch bei und er koche auch viel.

Der Beschwerdeführer legte eine Bestätigung über gemeinnützige Tätigkeiten beim Nationalpark Hohe Tauern sowie diverse Empfehlungsschreiben, ein A1-, A2- und B1-Deutsch-Zertifikat, Volkshochschulkursbestätigungen über den Besuch von Deutschkursen und ein Empfehlungsschreiben der Marktgemeinde XXXX vor.

Mit Bescheid des BFA vom 08.09.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Afghanistan abgewiesen und dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Es wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Weiters wurde ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen gewährt.

Begründend wurde nach Wiedergabe der Einvernahmeprotokolle die Volljährigkeit, Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara und der muslimisch-schiitischen Glaubensrichtung festgestellt. Weiters wurde festgestellt, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festzustellen sei, weder der Familienstand noch ob er sein gesamtes bisheriges Leben tatsächlich im Iran verbracht hätte und ob er nie in Afghanistan gewesen wäre, noch ob die Eltern und Geschwister und weitere Verwandte tatsächlich im Iran leben würden und ob er mit niemanden in Afghanistan Kontakt pflege sei zweifelsfrei feststellbar. Er sei gesund, es sei nicht zweifelsfrei festzustellen, ob er tatsächlich jemals eine Schule besucht oder eine Berufsausbildung besessen hätte. Er hätte jedoch praktische Berufserfahrung als Baustellenarbeiter, Landwirt sowie Koch. Er sei arbeitsfähig, es lägen gegen ihn keine Anzeigen vor, er habe in Österreich keine Verwandten oder andere Personen, zu denen er in einem Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis stehe und er sei entgegen den Bestimmungen des Fremdengesetzes vom Iran aus illegal in das Bundesgebiet eingereist.

Zu den Gründen für das Verlassen Afghanistans wurde ausgeführt, dass er in Afghanistan nicht politisch oder parteipolitisch tätig gewesen sei und auch nicht wegen der politischen Gesinnung bzw. Aktivitäten verfolgt worden sei. Er hätte keine asylrelevanten Probleme aufgrund Religion, Rasse, Volksgruppenzugehörigkeit oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Es könne nicht festgestellt werden, dass er in seinem Herkunftsstaat einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen wäre oder sei.

Er hätte keine eigenen Ausreisegründe geltend gemacht, sondern erzählt, dass seine Familie bereits vor seiner Geburt von Afghanistan in den Iran ausgewandert sei, um dem damaligen Krieg in Afghanistan zu entgehen.

Es hätten sich im Verwaltungsverfahren keine begründeten Hinweise zu einer Flüchtlingseigenschaft iSd Artikels 1 Abschnitt A Abs. 2 GFK gegeben. Er hätte die in der GFK angeführten Fluchtgründe auf Befragung hin ausdrücklich verneint.

Zur Situation im Fall der Rückkehr wurde ausgeführt, dass keine Umstände amtsbekannt seien, dass in Afghanistan eine so extreme Gefährdungslage bestünde, dass jeder Rückkehrer einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre, oder eine derartige humanitäre Katastrophe vorherrschte, dass das Überleben mangels Nahrung und Wohnraum in Frage gestellt wäre. Er leide an keiner ein Rückkehrhindernis darstellenden Krankheit.

Eine Rückkehr nach Sar-e Pol sei aufgrund der dortigen politisch stabilen, nicht-volatilen Situation derzeit objektiv zumutbar, jedoch sei Sar-e Pol nicht gefahrlos erreichbar. In seinem Fall seien die Hauptstadt Afghanistans Kabul und die Provinz Balkh zumutbare innerstaatliche Lebens- und Wohnalternativen - zumal er ohnehin keine eigenen Ausreisegründe geltend machte. Ein Rückkehrhindernis bzgl. Kabul und Balkh existiere nicht.

Ob die Eltern, Geschwister (2 volljährige Schwestern, 2 volljährige Brüder) und weitere Verwandte tatsächlich im Iran leben würden, z.B. Onkel und Tanten mütterlicher- und väterlicherseits sei ebensowenig zweifelsfrei festzustellen, wie ob er tatsächlich mit niemandem in Afghanistan Kontakt pflege. Seine Familie verfüge über finanzielle Ressourcen. Seine Brüder (Maurer) und Vater (Hilfsarbeiter) seien berufstätig.

Er kenne die sozialen und kulturellen Werte Afghanistans, beherrschen die dortige Sprache auf muttersprachlichem Niveau.

Zum Privat- und Familienleben wurde ausgeführt, dass er keine Angehörigen in Österreich hätte, er besitze keine engen Kontakte zu Personen, welche zum dauernden Aufenthalt in Österreich berechtigt sind. Eine Ausweisung stelle keinen Eingriff ins Familienleben dar.

Besondere an Österreich bindende Kontakte bestünden keine. Er kenne die im Herkunftsstaat herrschenden sozialen und kulturellen Werte und beherrsche nach wie vor die gesprochene Sprache auf Mutterspracheniveau, Deutsch auf A2 Niveau. Er hole in Österreich momentan den Pflichtschulabschluss nach, gehe keiner Arbeit nach und sei nicht selbsterhaltungsfähig. Er sei illegal eingereist und hätte einen unbegründeten Asylantrag gestellt. Sein Aufenthalt in Österreich sei niemals als sicher anzusehen gewesen. Es könne keine Integrationsverfestigung festgestellt werden. Die Rückkehrentscheidung stelle keinen Eingriff in sein Privatleben dar. Die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen seien höher zu werten als seine allfällig bestehenden Privatinteressen.

Er lebe ausschließlich von Geldern der öffentlichen Hand, hätte bisher mehrere Deutschkurse absolviert, sei weder ehrenamtlich tätig noch Vereinsmitglied. Er zeige in Österreich berufliches Engagement, hätte soziale Integrationsbemühungen gestartet.

Die Einreise erfolgte zum Zweck der Verschaffung einer dauerhaften Niederlassung in Österreich unter Umgehung der Einreise- und Niederlassungsvorschriften und nicht aufgrund einer Verfolgung bzw. Schutzsuche. Der Aufenthalt im Bundesgebiet sei nur durch illegale Einreise und unbegründete Asylantragsstellung vorübergehend legalisiert. Er hätte damit rechnen müssen, dass der vorübergehend gestattete Aufenthalt im Bundesgebiet im Falle der Nichtzuerkennung von Asyl und subsidiärem Schutz ende.

Ein schützenswertes Privatleben in Österreich entstand nicht. Die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen seien höher als allfällige Privatinteressen zu werten.

Folgende (relevante) Feststellungen wurden vom BFA im Bescheid getroffen:

0. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 27.6.2017: Afghanische Flüchtlinge im Iran (betrifft: Abschnitt 23 Rückkehrer)

Aus gegebenem Anlass darf auf folgendes hingewiesen werden:

Informationen zur Situationen afghanischer Flüchtlinge im Iran können dem Länderinformationsblatt Iran entnommen werden (LIB Iran - Abschnitt 21/Flüchtlinge).

Länderkundliche Informationen, die Afghanistan als Herkunftsstaat betreffen, sind auch weiterhin dem Länderinformationsblatt Afghanistan zu entnehmen.

KI vom 22.6.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q2.2017 (betrifft:

Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Den Vereinten Nationen zufolge war die Sicherheitslage in Afghanistan im Berichtszeitraum weiterhin volatil: zwischen 1.3. und 31.5.2017 wurden von den Vereinten Nationen 6.252 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert - eine Erhöhung von 2% gegenüber dem Vorjahreswert. Bewaffnete Zusammenstöße machten mit 64% den Großteil registrierter Vorfälle aus, während IEDs [Anm.:

improvised explosive device] 16% der Vorfälle ausmachten - gezielte Tötungen sind hingegen um 4% zurückgegangen. Die östlichen und südöstlichen Regionen zählten auch weiterhin zu den volatilsten; sicherheitsrelevante Vorfälle haben insbesondere in der östlichen Region um 22% gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Die Taliban haben hauptsächlich folgende Provinzen angegriffen:

Badakhshan, Baghlan, Farah, Faryab, Helmand, Kunar, Kunduz, Laghman, Sar-e Pul, Zabul und Uruzgan. Talibanangriffe auf afghanische Sicherheitskräfte konnten durch internationale Unterstützung aus der Luft abgewiesen werden. Die Anzahl dieser Luftangriffe ist mit einem Plus von 112% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Jahres 2016 deutlich gestiegen (UN GASC 20.6.2017).

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden in Afghanistan 11.647 sicherheitsrelevante Vorfälle von 1.1.-31.5.2017 registriert (Stand: 31.5.2017) (INSO o.D.).

ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte

Laut einem Bericht des amerikanischen Verteidigungsministeriums behielten die ANDSF, im Berichtszeitraum 1.12.2016-31.5.2017 trotz aufständischer Gruppierungen, auch weiterhin Kontrolle über große Bevölkerungszentren: Die ANDSF waren im Allgemeinen fähig große Bevölkerungszentren zu schützen, die Taliban davon abzuhalten gewisse Gebiete für einen längeren Zeitraum zu halten und auf Talibanangriffe zu reagieren. Die ANDSF konnten in städtischen Gebieten Siege für sich verbuchen, während die Taliban in gewissen ländlichen Gebieten Erfolge erzielen konnten, in denen die ANDSF keine dauernde Präsenz hatten. Spezialeinheiten der afghanischen Sicherheitskräfte (ASSF - Afghan Special Security Forces) leiteten effektiv offensive Befreiungsoperationen (US DOD 6.2017).

Bis Ende April 2017 lag die Truppenstärke der afghanischen Armee [ANA - Afghan National Army] bei 90,4% und die der afghanischen Nationalpolizei [ANP - Afghan National Police] bei 95,1% ihrer Sollstärke (UN GASC 20.6.2017).

High-profile Angriffe:

Als sichere Gebiete werden in der Regel die Hauptstadt Kabul und die regionalen Zentren Herat und Mazar-e Sharif genannt. Die Wahrscheinlichkeit, hier Opfer von Kampfhandlungen zu werden, ist relativ geringer als zum Beispiel in den stark umkämpften Provinzen Helmand, Nangarhar und Kunduz (DW 31.5.2017).

Hauptstadt Kabul

Kabul wird immer wieder von Attentaten erschüttert (DW 31.5.2017):

Am 31.5.2017 kamen bei einem Selbstmordattentat im hochgesicherten Diplomatenviertel Kabuls mehr als 150 Menschen ums Leben und mindestens 300 weitere wurden schwer verletzt als ein Selbstmordattentäter einen Sprengstoff beladenen Tanklaster mitten im Diplomatenviertel in die Luft sprengte (FAZ 6.6.2017; vgl. auch:

al-Jazeera 31.5.2017; The Guardian 31.5.2017; BBC 31.5.2017; UN News Centre 31.5.2017). Bedeutend ist der Angriffsort auch deswegen, da dieser als der sicherste und belebteste Teil der afghanischen Hauptstadt gilt. Kabul war in den Wochen vor diesem Anschlag relativ ruhig (al-Jazeera 31.5.2017).

(The Guardian 31.5.2017) [Anm.: man beachte, dass die Opferzahlen in dieser Grafik, publiziert am Tag des Anschlags, noch überhöht angegeben wurden] Zunächst übernahm keine Gruppe Verantwortung für diesen Angriff; ein Talibansprecher verlautbarte nicht für diesen Vorfall verantwortlich zu sein (al-Jazeera 31.5.2017). Der afghanische Geheimdienst (NDS) macht das Haqqani-Netzwerk für diesen Vorfall verantwortlich (The Guardian 2.6.2017; vgl. auch: Fars News 7.6.2017); schlussendlich bekannte sich der Islamische Staat dazu (Fars News 7.6.2017).

Nach dem Anschlag im Diplomatenviertel in Kabul haben rund 1.000 Menschen, für mehr Sicherheit im Land und eine Verbesserung der Sicherheit in Kabul demonstriert (FAZ 2.6.2017). Bei dieser Demonstration kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften (The Guardian 2.6.2017); dabei wurden mindestens sieben Menschen getötet und zahlreiche verletzt (FAZ 2.6.2017).

Auf der Trauerfeier für einen getöteten Demonstranten- den Sohn des stellvertretenden Senatspräsidenten - kam es am 3.6.2017 erneut zu einem Angriff, bei dem mindestens 20 Menschen getötet und 119 weitere verletzt worden waren. Polizeiberichten zufolge, waren während des Begräbnisses drei Bomben in schneller Folge explodiert (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017); die Selbstmordattentäter waren als Trauergäste verkleidet (The Guardian 3.6.2017). Hochrangige Regierungsvertreter, unter anderem auch Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, hatten an der Trauerfeier teilgenommen (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017).

Herat

Anfang Juni 2017 explodierte eine Bombe beim Haupteingang der historischen Moschee Jama Masjid; bei diesem Vorfall wurden mindestens 7 Menschen getötet und 15 weitere verletzt (Reuters 6.6.2017; vgl. auch: TMN 7.6.2017). Zu diesem Vorfall hat sich keine Terrrorgruppe bekannt (TMN 7.6.2017; vgl. auch: US News 12.6.2017). Sirajuddin Haqqani - stellvertretender Leiter der Taliban und Führer des Haqqani Netzwerkes - verlautbarte, die Taliban wären für diese Angriffe in Kabul und Herat nicht verantwortlich (WP 12.6.2017).

Mazar-e Sharif

Auf der Militärbase Camp Shaheen in der nördlichen Stadt Mazar-e Sharif eröffnete Mitte Juni 2017 ein afghanischer Soldat das Feuer auf seine Kameraden und verletzte mindestens acht Soldaten (sieben US-amerikanische und einen afghanischen) (RFE/RL 17.6.2017).

Die Anzahl solcher "Insider-Angriffe" [Anm.: auch green-on-blue attack genannt] hat sich in den letzten Monaten erhöht. Unklar ist, ob die Angreifer abtrünnige Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte sind oder ob sie Eindringlinge sind, die Uniformen der afghanischen Armee tragen (RFE/RL 17.6.2017). Vor dem Vorfall im Camp Shaheen kam es dieses Jahr zu zwei weiteren registrierten Insider-Angriffen: der erste Vorfall dieses Jahres fand Mitte März auf einem Militärstützpunkt in Helmand statt: ein Offizier des afghanischen Militärs eröffnete das Feuer und verletzte drei US-amerikanische Soldaten (LWJ 11.6.2017; vgl. auch: al-Jazeera 11.6.2017).

Der zweite Vorfall fand am 10.6.2017 im Zuge einer militärischen Operation im Distrikt Achin in der Provinz Nangarhar statt, wo ein afghanischer Soldat drei US-amerikanische Soldaten tötete und einen weiteren verwundete; der Angreifer wurde bei diesem Vorfall ebenso getötet (BBC 10.6.21017; vgl. auch: LWJ 11.6.2017; DZ 11.6.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Afghanistan ist mit einer anhaltenden Bedrohung durch mehr als 20 aufständische Gruppen bzw. terroristische Netzwerke, die in der AfPak-Region operieren, konfrontiert; zu diesen Gruppierungen zählen unter anderem die Taliban, das Haqqani Netzwerk, der Islamische Staat und al-Qaida (US DOD 6.2017).

Taliban

Die Fähigkeiten der Taliban und ihrer Operationen variieren regional signifikant; sie verwerten aber weiterhin ihre begrenzten Erfolge, indem sie diese auf sozialen Medien und durch Propagandakampagnen als strategische Siege bewerben (US DOD 6.2017).

Die Taliban haben ihre diesjährige Frühjahrsoffensive "Operation Mansouri" am 28. April 2017 eröffnet (UN GASC 20.6.2017; vgl. auch:

BBC 7.5.2017). In einer Stellungnahme verlautbarten sie folgende Ziele: um die Anzahl ziviler Opfer zu minimieren, wollen sie sich auf militärische und politische Ziele konzentrieren, indem ausländische Kräfte in Afghanistan, sowie ihre afghanischen Partner angegriffen werden sollen. Nichtdestotrotz gab es bezüglich der Zahl ziviler Opfer keine signifikante Verbesserung (UN GASC 20.6.2017).

Während des Berichtszeitraumes der Vereinten Nationen gelang es den Taliban den strategischen Distrikt Zaybak/Zebak in der Provinz Badakhshan zu erobern (UN GASC 20.6.2017; vgl. auch: Pajhwok 11.5.2017); die afghanischen Sicherheitskräfte konnten den Distrikt einige Wochen später zurückerobern (Pajhwok 11.5.2017). Kurzfristig wurden auch der Distrikt Sangin in Helmand, der Distrikt Qal'ah-e Zal in Kunduz und der Distrikt Baha' al- Din in Takhar von den Taliban eingenommen (UN GASC 20.6.2017).

Bei einer Friedens- und Sicherheitskonferenz in Kabul wurde unter anderem überlegt, wie die radikal-islamischen Taliban an den Verhandlungstisch geholt werden könnten (Tagesschau 6.6.2017).

Präsident Ghani verlautbarte mit den Taliban reden zu wollen:

sollten die Taliban dem Friedensprozess beiwohnen, so werde die afghanische Regierung ihnen erlauben ein Büro zu eröffnen; dies sei ihre letzte Chance (WP 6.6.2017).

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

Der IS-Zweig in Afghanistan - teilweise bekannt als IS Khorasan - ist seit dem Jahr 2015 aktiv; er kämpft gegen die Taliban, sowie gegen die afghanischen und US-amerikanischen Kräfte (Dawn 7.5.2017; vgl. auch: DZ 14.6.2017). Der IS hat trotz verstärkter Militäroperationen, eine Präsenz in der Provinz Nangarhar (UN GASC 20.6.2017; vgl. auch: DZ 14.6.2017).

Mehreren Quellen zufolge, eroberte der IS Mitte Juni 2017 die strategisch wichtige Festung der Taliban Tora Bora; bekannt als Zufluchtsort bin-Ladens. Die Taliban negieren den Sieg des IS und verlautbarten die Kämpfe würden anhalten (DZ 14.6.2017; vgl. auch:

NYT 14.6.2017; IBT 14.6.2017). Lokale Stammesälteste bestätigten hingen den Rückzug der Taliban aus großen Teilen Tora Boras (Dawn 16.6.2017).

Quellen:

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al-Jazeera (11.6.2017): US troops killed in 'insider attack' in Nangarhar,

http://www.aljazeera.com/news/2017/06/troops-killed-insider-attack-nangarhar-170610143131831.html, Zugriff 21.6.2017

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al-Jazeera (31.5.2017): Kabul bombing: Huge explosion rocks diplomatic district, http://www.aljazeera.com/ news/2017/05/huge-blast-rocks

-kabul-diplomatic-area-170531040318591.html, Zugriff 20.6.2017

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BBC (10.6.2017): Afghanistan: US soldiers 'killed by commando' in Achin district, http://www.bbc.com/news/world-asia-40232491, Zugriff 21.6.2017

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BBC (31.5.2017): Kabul bomb: Diplomatic zone attack kills dozens, http://www.bbc.com/news/world-asia-40102903, Zugriff 20.6.2017

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Dawn (16.7.2017): IS captures Tora Bora, Bin Laden's former hideout, https://www.dawn.com/news/1339807, Zugriff 21.6.2017

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Dawn (7.5.2017): IS chief in Afghanistan killed, claims President Ashraf Ghani, https://www.dawn.com/news/1331700, Zugriff 8.5.2017

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DW - Deutsche Welle (31.5.2017): Afghanistan: "Sicherheitslage hat sich verschlechtert",

http://www.dw.com/de/afghanistan-sicherheitslage-hat-sichverschlechtert/a-39058179, Zugriff 20.6.2017

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DZ - Die Zeit (14.6.2017): IS erobert strategisch wichtige Stellung von Taliban,

http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-06/afghanistan-islamischer-staat-kaempfetaliban, Zugriff 21.6.2017

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DZ - Die Zeit (11.6.2017): Taliban-Kämpfer infiltriert Armee und tötet US-Soldaten,

http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-06/afghanistan-taliban-insider-attackesoldaten-usa-tote, Zugriff 21.6.2017

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Fars News (7.6.2017): Kabul Blast Death Toll Rises to 150 as Deadly Attacks Continue,

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FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (6.6.2017): Zahl der Todesopfer steigt auf über 150, http://www.faz.net/aktuell/ politik/ausland/afghanistan-zahl-der-opfer-in-kabulsteigt-auf-ueber-150-15048658.html, Zugriff 20.6.2017

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FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (3.6.2017): Viele Tote bei Explosion auf Trauerfeier, http://www.faz.net/aktuell /politik/ausland/neuer-anschlag-in-kabul-vieletote-bei-explosion-auf-trauerfeier-15045768.html, Zugriff 21.6.2017

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IBT - International Business Times (14.6.2017): Isis captures Osama Bin Laden's Tora Bora fortress in Afghanistan, http://www.ibtimes.co.uk/isis-captures-osama-binladens-tora-bora-fortress-afghanistan-1626265, Zugriff 21.6.2017

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Captures Tora Bora, Once Bin Laden's Afghan Fortress,

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TMN - The Muslim News (7.6.2017): Afghanistan: Bomb attack near mosque kills 8 in Herat province, https://muslimnews.co.uk/news/middle-east/afghanistan-bombattack-near-mosque-kills-8-herat-province/, Zugriff 21.6.2017

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https://www.washingtonpost.com/world/asia_pacific/the-latest-2-topafghan-security-officials-suspended/ 2017/06/12/1879119c-4f42-11e7-b74e-0d2785d3083d_story.html?utm_term=.fd14b4a74b8a, Zugriff 22.6.2017

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WP - Washington Post (6.6.2017): Afghan peace conference opens in Kabul, days after city's deadliest attack in years, https://www.washingtonpost.com/world/afghanpeace-conference-opens-in-kabul-under-rocket-fire/2017/06/06/40d1cd32-2ae8-42a6-8d68-6ea04bb3cfc9_story.html?utm_term=.abe31cb01667, Zugriff 21.6.2017

KI vom 11.5.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q1.2017 (betrifft:

Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Den Vereinten Nationen zufolge hat sich im Jahr 2016 die Sicherheitslage in Afghanistan verschlechtert; dieser Trend zieht sich bis ins Jahr 2017. Gefechte fanden vorwiegend in den folgenden fünf Provinzen im Süden und Osten statt: Helmand, Nangarhar, Kandahar, Kunar und Ghazni; 50% aller Vorfälle wurden in diesen Regionen verzeichnet (für das Jahr 2016 wurden 23.712 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert). Doch der Konflikt hat sich geographisch ausgeweitet, da die Taliban ihre Aktivitäten in Nord- und Nordostafghanistan, sowie in der westlichen Provinz Farah, verstärkt haben. In den Provinzhauptstädten von Farah, Kunduz, Helmand und Uruzgan übten die Taliban Druck auf die Regierung aus. Wesentlich für die Machterhaltung der Regierung in diesen Provinzhauptstädten war die Entsendung afghanischer Spezialeinheiten und die Luftunterstützung durch internationale und afghanische Kräfte (UN GASC 3.3.2017).

INSO berichtet für den Zeitraum Jänner - März 2017 von insgesamt

6.799 sicherheitsrelevanten Vorfällen in ganz Afghanistan (INSO o. D.):

Im Jahr 2016 hat sich die Zahl der Gefechte zwischen Taliban und Regierungskräften (meist Angriffe der Taliban) um 22% erhöht und machen damit 63% der sicherheitsrelevanten Vorfälle aus. Die Anzahl der IED-Vorfälle war 2016 um 25% niedriger als im Jahr davor und ist damit weiterhin rückläufig (UN GASC 3.3.2017).

ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte

Die afghanischen Sicherheitskräfte sind auch weiterhin signifikanten Herausforderungen ausgesetzt - speziell was ihre operative Leistungsfähigkeit betrifft: Schwächen in den Bereichen Führung und Kontrolle, Leitung und Logistik, sowie hohe Ausfallsraten, haben maßgebliche Auswirkungen auf Moral, Rekrutierung und Leistungsfähigkeit (UN GASC 3.3.2017). Dennoch haben die afghanischen Sicherheitskräfte hart gegen den Talibanaufstand und terroristische Gruppierungen gekämpft und mussten dabei hohe Verluste hinnehmen. Gleichzeitig wurden qualitativ hochwertige Spezialeinheiten entwickelt und Aufständische davon abgehalten Bevölkerungszentren einzunehmen oder zu halten (SIGAR 30.4.2017).

Der sich intensivierende Konflikt hat zunehmend Opfer bei Sicherheitskräften und Taliban gefordert. Die Rate der Neu- bzw. Weiterverpflichtungen ist zu niedrig, um die zunehmenden Desertionen und Ausfälle zu kompensieren. Bis Februar 2016 war die Truppenstärke des afghanischen Heeres bei 86% und die der afghanischen Nationalpolizei auf 94% ihres geplanten Mannschaftsstandes (UN GASC 3.3.2017).

Berichtszeitraum 18.11.2016 bis 14.2.2017

Im Berichtszeitraum wurden von den Vereinten Nationen 5.160 sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert; dies bedeutet eine Erhöhung von 10% zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 (UN GASC 3.3.2017).

Im Jänner 2017 wurden 1.877 bewaffnete Zusammenstöße registriert; die Anzahl hatte sich gegenüber dem vorigen Vergleichszeitraum um 30 erhöht. Im Berichtszeitraum haben sich IED-Angriffe im Vergleich zum Vorjahr um 11% verstärkt (UN GASC 3.3.2017).

High-profile Angriffe:

Nahe der Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif in der afghanischen Nordprovinz Balkh, sind bei einem Angriff der Taliban auf eine Militärbasis mindestens 140 Soldaten getötet und mehr als 160 verwundet worden (FAZ 21.4.2017; vgl. auch: al-Jazeera 29.4.2017, Reuters 23.4.2017). Balkh gehört zu den eher sicheren Provinzen Afghanistans; dort ist die Kommandozentrale für den gesamten Norden des Landes (FAZ 21.4.2017). Dies war afghanischen Regierungskreisen zufolge, der bislang folgenschwerste Angriff auf einen Militärstützpunkt. Laut dem Sprecher der Taliban war der Angriff die Vergeltung für die Tötung mehrerer ranghoher Rebellenführer. Vier der Angreifer seien in die Armee eingeschleust worden. Sie hätten dort einige Zeit ihren Dienst verrichtet. Das wurde aber von der afghanischen Armee nicht bestätigt (Reuters 23.4.2017).

Dies ist der zweite Angriff auf eine Militäreinrichtung innerhalb weniger Monate, nach dem Angriff auf ein Militärkrankenhaus in Kabul Anfang März, zu dem sich die Terrormiliz Islamischer Staat bekannt hatte. Damals kamen mindestens 49 Menschen ums Leben und 76 weitere wurden verletzt (FAZ 21.4.2017; vgl. auch: BBC 8.5.2017, NYT 7.5.2017, Dawn 7.5.2017, SIGAR 30.4.2017, FAZ 8.3.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Angaben, welche Gebiete von den Aufständischen in Afghanistan kontrolliert werden, sind unterschiedlich: Schätzungen der BBC zufolge, wird bis zu ein Drittel des Landes von den Taliban kontrolliert (BBC 9.5.2017). Einer US-amerikanischen Quelle zufolge stehen 59,7% der Distrikte unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Sicherkräfte (Stand: 20.2.2017); was eine Steigerung von 2,5% gegenüber dem letzten Quartal wäre; jedoch einen Rückgang von 11% gegenüber dem Vergleichswert des Jahres 2016. Die Anzahl der Distrikte, die unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen sind, hat sich in diesem Quartal um 4 Distrikte vermehrt: es sind dies 45 Distrikte in 15 Provinzen (SIGAR 30.4.2017). Die ANDSF konnten die Taliban davon abhalten Provinzhauptstädte einzunehmen oder zu halten; die Aufständischen haben die Kontrolle über gewisse ländliche Gebiete behalten. (SIGAR 30.4.2017).

Taliban

Die Taliban haben ihre diesjährige Frühjahrsoffensive Ende April 2017 eröffnet; seitdem kommt es zu verstärkten Gefechtshandlungen in Nordafghanistan (BBC 7.5.2017). Bisher haben die Taliban ihre alljährliche Kampfsaison durch die Frühjahrsoffensive eingeläutet; allerdings haben dieses Jahr die Taliban-Aufständischen auch in den Wintermonaten weitergekämpft (BBC 28.4.2017).

Helmand

Die Taliban haben den Druck auf die Provinz Helmand erhöht; heftige Gefechte fanden Ende Jänner und Anfang Februar im Distrikt Sangin statt (UN GASC 3.3.2017): 10 der 14 Distrikte in Helmand werden entweder von den Taliban kontrolliert oder sind umstritten. In die Provinz Helmand wurde bereits eine Anzahl US-amerikanischer Soldaten entsendet (al-Jazeera 29.4.2017; vgl. auch: Khaama Press 11.4.2017). Auch das afghanische Verteidigungsministerium hat Befreiungsoperationen gestartet, die sogenannten Khalid-Operationen in Helmand aus den beiden Distrikten, Garamser und Nad-e Ali heraus (Khaama Press 11.4.2017). Militärischen Quellen zufolge, wurde im Mai eine riesige Kommandozentrale der Taliban im Distrikt Nad-e Ali zerstört (Sputnik News 10.5.2017).

Kunduz

Seit zwei Jahren ist Kunduz Zentrum intensiver Gefechte zwischen Taliban und Sicherheitskräften (LWJ 9.5.2017); die Stadt Kunduz fiel zweimal bevor die ANDSF und die Koalitionskräfte sie wieder unter ihre Kontrolle bringen konnten (SIGAR 30.4.2017; vgl. auch: LWJ 9.5.2017).

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

Der IS-Zweig in Afghanistan - teilweise bekannt als IS Khorasan - ist seit dem Jahr 2015 aktiv; er kämpft gegen die Taliban, sowie auch gegen die afghanischen und USamerikanischen Kräfte (Dawn 7.5.2017). Der IS verliert weiterhin Gebiete, die zuvor von ihm kontrolliert wurden; Verantwortlich dafür sind hauptsächlich die Aktivitäten der afghanischen Luftstreitkräfte mit Unterstützung der Luftangriffe der NATO (SCR 28.2.2017). Abdul Hasib, der IS-Anführer in Afghanistan, wurde im Rahmen einer militärischen Operation in Nangarhar getötet (BBC 8.5.2017; vgl. auch: NYT 7.5.2017); von Hasib wird angenommen für viele high-profile Angriffe verantwortlich zu sein - so auch für den Angriff gegen das Militärkrankenhaus in Kabul (Dawn 7.5.2017; vgl. auch: BBC 8.5.2017).

In diesem Jahr wurden hunderte IS-Aufständische entweder getötet oder gefangen genommen (BBC 8.5.2017). Im April 2017 wurde die größte nicht-nukleare Bombe, in einer Region in Ostafghanistan eingesetzt, die dafür bekannt ist von IS-Aufständischen bewohnt zu sein (Independent 13.4.2017). Netzwerke bestehend aus Höhlen und Tunnels wurden zerstört und 94 IS-Kämpfer, sowie vier Kommandanten, getötet (Dawn 7.5.2017). Quellenzufolge waren keine Zivilisten von dieser Explosion betroffen (BBC 14.4.2017; vgl. auch: The Guardian 13.4.2017, al-Jazeera 14.4.2017).

Quellen:

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al-Jazeera (29.4.2017): US marines return to Taliban stronghold of Helmand, http://www.aljazeera.com/news /2017/04/marines-return-taliban-stronghold-helmand-170429090406248.html, Zugriff 9.5.2017

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al-Jazeera (14.4.2017): Mixed reaction in Afghanistan over Nangarhar bombing, http://www.aljazeera.com /video/news/2017/04/mixed-reaction-afghanistan-nangarharbombing-170414143849115.html, Zugriff 8.5.2017

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BBC (8.5.2017): Afghanistan IS head killed in raid - US and Afghan officials, http://www.bbc.com/news/world-asia-39839339, Zugriff 8.5.2017

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BBC (7.5.2017): Afghan conflict: Families flee Taliban Kunduz assault, http://www.bbc.com/news/world-asia-39836225, Zugriff 8.5.2017

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BBC (28.4.2017): Afghan Taliban announce spring offensive, http://www.bbc.com/news/world-asia-39742802, Zugriff 9.5.2017

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BBC (14.4.2017): MOAB strike: US bombing of IS in Afghanistan 'killed dozens', htt

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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