TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/3 W139 2174093-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.09.2018
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Entscheidungsdatum

03.09.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W139 2174093-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Kristina HOFER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch RA Mag. Robert BITSCHE, Nikolsdorfergasse 7-11/Top 15, 1050 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben undXXXX gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXXdamit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 30.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. In seiner Erstbefragung am 31.12.2015 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er sei im Iran geboren worden und habe dort mit seiner Familie in XXXX gelebt. Seine Familie (Eltern, eine Schwester, vier Brüder) befinde sich nach wie vor im Iran. Zum Fluchtgrund führte er aus, seine Familie habe Afghanistan noch vor seiner Geburt wegen des Krieges verlassen. Im Iran habe er keine Rechte gehabt, da er afghanischer Staatsbürger sei. Er habe keine Aufenthaltsgenehmigung bekommen und illegal im Iran gelebt. Die Kontrollen der iranischen Polizei seien zuletzt schärfer geworden. Viele seiner Freunde und Bekannten seien nach Afghanistan abgeschoben worden und es sei nur eine Frage der Zeit gewesen, bis man den Beschwerdeführer auch abgeschoben hätte. Er habe niemanden in Afghanistan und kenne auch das Land nicht. Er habe Angst, dort von den Taliban oder vom IS getötet zu werden. Deshalb habe er keinesfalls zurückgewollt und beschlossen, nach Europa zu fliehen.

3. In der Folge führte die belangte Behörde beim Beschwerdeführer ein Altersfeststellungsverfahren durch, da dieser sein Geburtsjahr bei der Erstbefragung mit XXXX angegeben hatte. In einem medizinischen Sachverständigengutachten vom 26.05.2016 wurde festgestellt, dass das höchstmögliche Mindestalter zum Untersuchungszeitpunkt (XXXX) mit 17,5 Jahren anzunehmen sei. Das daraus errechnete "fiktive" Geburtsdatum laute XXXX. Damit habe er sich zum Zeitpunkt der Asylantragstellung nicht eindeutig jenseits seines vollendeten 18. Lebensjahres befunden und eine Minderjährigkeit könne für diesen Zeitpunkt nicht mit dem erforderlichen Beweismaß ausgeschlossen werden.

4. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 13.09.2017 gab der Beschwerdeführer an, er habe im Iran zeitweise auch in XXXX gelebt. Zunächst habe er im Iran eine Aufenthaltsbewilligungskarte gehabt, die immer in XXXX verlängert worden sei. Mit dieser Bewilligung habe er XXXX nicht verlassen dürfen, er habe jedoch trotzdem in XXXX gelebt. Dort sei er von der Polizei erwischt worden und seine Aufenthaltskarte sei vernichtet worden, weshalb er zuletzt illegal im Iran gewesen sei. Im Iran habe er Angst gehabt, zu einer Teilnahme am Krieg in Syrien gezwungen zu werden oder nach Afghanistan abgeschoben zu werden. Aus diesen Gründen habe er den Iran verlassen. Er sei nie in Afghanistan gewesen. Er habe nur gehört, dass Hazara dort umgebracht würden und es werde gesagt, dass die Hazara nicht zu Afghanistan gehören würden, sondern Fremde wären. Der Beschwerdeführer könne sich nicht vorstellen, nach Afghanistan zu gehen. Er beherrsche die Sprache nicht so gut und würde nicht als Afghane akzeptiert werden. In die Provinz Ghazni, wo seine Familie ursprünglich herkomme, könne er nicht gehen, da auf dem Weg die Taliban seien und es bestehe die Gefahr, dass die Taliban ihn aufgrund seines Äußeren und seiner Sprache erkennen und töten würden.

Der Beschwerdeführer legte eine Stellungnahme vom 07.09.2017 von Pater Mag. XXXX, Dompfarrer in XXXX, der den Beschwerdeführer bei der Einvernahme als Vertrauensperson begleitete, vor, wonach der Beschwerdeführer im XXXX in die Dompfarre gekommen sei mit dem Wunsch, sich auf die Taufe vorbereiten zu dürfen. Von da an habe der Beschwerdeführer an den wöchentlichen Vorbereitungsstunden und an der Sonntagsmesse regelmäßig teilgenommen und sich sehr interessiert gezeigt. Er sei auch oft zur Gebetsstunde am Dienstag gekommen und er beteilige sich intensiv in den Katechumenatsstunden. Da die Taufvorbereitung ein Jahr in Anspruch nehme, sei die Taufe des Beschwerdeführers fürXXXXgeplant.

Weiters legte der Beschwerdeführer Bestätigungen über den Besuch des Pflichtschulabschlusslehrgangs, Kursteilnahmebestätigungen und Empfehlungsschreiben vor.

5. Mit Schreiben vom 28.09.2017 nahm der Beschwerdeführer Stellung zu den ihm ausgehändigten Länderfeststellungen zu Afghanistan. Der Beschwerdeführer sei Konvertit und er sei innerlich überzeugt, dass er Christ sein wolle und dies offen leben wolle. Bei der Einvernahme vor dem BFA habe Pater Mag. XXXX den Beschwerdeführer als Vertrauensperson begleitet, ein weiteres Indiz, dass der Beschwerdeführer zur katholischen Kirche eine enge Beziehung habe. Als Konvertit bestehe in Afghanistan asylrelevante Verfolgungsgefahr.

6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde sowohl den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch jenen auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Die belangte Behörde führte begründend im Wesentlichen aus, das Vorbringen des Beschwerdeführers, er befürchte in Afghanistan eine Gefahr aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara, sei sehr allgemein und vage gehalten und er habe diesbezüglich keine konkret gegen ihn gerichtete Bedrohung oder Verfolgung geltend gemacht. Außerdem komme es in Afghanistan den Länderberichten zufolge zu keiner zielgerichteten Verfolgung von Hazara. Auf die vom Beschwerdeführer geschilderten Probleme im Iran sei nicht näher einzugehen, da es sich dabei nicht um den Herkunftsstaat handle. Der Beschwerdeführer habe zwar ein Schreiben der Dompfarre vorgelegt, in der Einvernahme allerdings nichts darüber erwähnt, einen Taufkurs zu besuchen. Auch nach mehrmaliger Nachfrage nach dem Fluchtgrund oder den Rückkehrbefürchtungen habe der Beschwerdeführer nicht sein Interesse am christlichen Glauben oder an einer Konversion erwähnt. Daher sei davon auszugehen, dass es sich um eine Scheinkonversion handle, da es ansonsten nicht nachvollziehbar erscheine, warum man eine solche Tatsache in einer Einvernahme unerwähnt lassen sollte. Insgesamt liege daher kein asylrelevanter Sachverhalt vor. Weiters sei der Beschwerdeführer jung, gesund, mobil und arbeitsfähig und es sei davon auszugehen, dass er im Fall einer Verbringung nach Afghanistan seinen Lebensunterhalt sichern könnte. Zudem könnte er Rückkehrhilfe oder die Unterstützung von NGOs in Anspruch nehmen. Die Rückkehrentscheidung wurde mit einer zu Lasten des Beschwerdeführers ausgehenden Interessenabwägung nach Art 8 Abs 2 EMRK begründet.

7. Mit Schreiben vom 12.10.2017 erhob der Beschwerdeführer - fristgerecht - Beschwerde gegen den obgenannten Bescheid. Er beantragte die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, in eventu des subsidiär Schutzberechtigten, in eventu die Ausweisung für dauerhaft unzulässig zu erklären, in eventu die Zurückverweisung. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Situation der Volksgruppe der Hazara in Afghanistan sei schwierig und der Beschwerdeführer hebe sich auch durch seine Sprache und sein Verhalten ab. Er habe sein ganzes Leben im Iran verbracht und spreche Farsi. Insgesamt liege eine asylrechtlich relevante Verfolgung vor. Im Fall einer Verbringung nach Afghanistan laufe der Beschwerdeführer Gefahr, in eine aussichtslose Situation zu geraten und es sei zumindest subsidiärer Schutz zuzuerkennen.

8. Mit Schreiben vom 14.11.2017 legte der Beschwerdeführer psychiatrische Befunde vor (datiert mit 06.10.2017 und 07.10.2017, Diagnose: Verdacht auf Posttraumatische Belastungsstörung).

9. Mit Schreiben vom 27.06.2018 übermittelte der Beschwerdeführer seinen Taufschein, ausgestellt von der Diözese XXXX, Pfarre XXXX, woraus hervorgeht, dass der Beschwerdeführer am XXXX getauft wurde. Beigelegt wurde eine Stellungnahme von Pater Mag. XXXX vom 27.06.2018, wonach der Beschwerdeführer auch nach seiner Taufe an den Sonntagsmessen und der anschließenden Katechesestunde regelmäßig teilnehme.

10. Mit Schreiben vom 05.07.2018 wurde eine Beschwerdeergänzung übermittelt. Darin wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich taufen lassen und sei nunmehr Christ. Die Lage für Christen in Afghanistan sei weder sicher noch stabil und beim Beschwerdeführer liege aufgrund seines Abfalls vom Islam und seiner christlichen Überzeugung und Lebensweise wohlbegründete Furcht vor asylrelevanter Verfolgung vor. Zudem habe der Beschwerdeführer westliche Werte verinnerlicht und sei nicht gewillt, sich den Normen und Werten der Taliban zu unterwerfen, weshalb eine Verfolgungsgefahr aufgrund einer unterstellten politischen Gesinnung aufgrund des Vorwurfes der Apostasie bestehe. Die Sicherheitslage in Afghanistan sei schlecht und der Beschwerdeführer verfüge dort über keine familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte, weshalb zumindest subsidiärer Schutz zuzuerkennen sei. Der Beschwerdeführer sei bereits gut in Österreich integriert.

Beigelegt wurde ein Zeugnis über die bestandene Pflichtschulabschluss-Prüfung.

11. Am 20.07.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Farsi statt, bei welcher der Beschwerdeführer einvernommen wurde. An der Verhandlung nahm ein Vertreter der belangten Behörde teil. In Ergänzung der bereits vorgelegten Unterlagen wurden eine Teilnahmebestätigung für einen Werte- und Orientierungskurs, eine Bestätigung der XXXX über die ehrenamtliche Tätigkeit des Beschwerdeführers als Dolmetsch für die XXXX sowie ein Empfehlungsschreiben vorgelegt.

Im Rahmen der Befragung bestätigte der Beschwerdeführer zunächst die bisherigen Angaben zu seiner Person und bekräftigte, bei den bisherigen Einvernahmen die Wahrheit gesagt zu haben. Bei den bisherigen Einvernahmen habe er einige Probleme mit den Dolmetschern gehabt, da er besser Farsi als Dari spreche. Er habe gesagt, dass er sie verstehe, aber da er psychische Probleme gehabt habe und damals keine Tabletten genommen habe, sei er nicht so vorbereitet gewesen und habe sich nicht ausreichend ausdrücken können. Die Niederschriften seien ihm rückübersetzt worden.

Weiters gab der Beschwerdeführer (BF) entscheidungswesentlich

Folgendes an (RI = erkennende Richterin, RV = Rechtsvertreter, BFA =

Vertreter der belangten Behörde, D = Dolmetscherin):

"[...]

Zur Identität und Herkunft sowie zu den persönlichen Lebensumständen:

[...]

BFA: In welcher Sprache haben Sie sich mit Ihren Eltern unterhalten? In welchem Alter wurden Sie sozialisiert?

BF: Ich habe mich immer mit meinen Eltern auf Farsi unterhalten, sie auch mit mir.

BFA: Sie sagten, dass Ihre Eltern 1-2 Jahre nach Ihrer Geburt in den Iran gekommen sind. Es ist völlig unplausibel, dass sie nur Farsi sprechen und Ihnen Farsi beibringen, wenn Sie erst kurz im Iran sind. Können Sie das bitte aufklären?

BF: Es ist so, dass, wenn man in ein fremdes Land geht und die notwendigen Papiere dort erhält, es hilfreich ist, wenn man sich auch den Sitten anpasst und die dortige Sprache spricht. Es hilft sehr, wenn man sich bei den zuständigen Ämtern nicht auf Dari, sondern auf Farsi unterhält. Wenn Sie selbst z.B. zehn Jahre im Iran leben würden, was für eine Sprache würden Sie dann sprechen? Es ist nicht wichtig, ob Sie antworten oder nicht, aber denken Sie darüber nach.

BFA: Sie haben vorhin gesagt, dass Sie bei der Befragung beim BFA Ihre Tabletten nicht genommen haben. Sie wollen andeuten, dass Sie nicht ganz einvernahmefähig gewesen sind. Wie erklären Sie sich Ihre Angaben, dass Sie nicht in ärztlicher Behandlung stehen und auch keine Medikamente nehmen?

BF: Das ist richtig, aber danach habe ich einen negativen Bescheid erhalten und mein Zustand wurde schlimmer und deshalb bin ich dann zum Arzt gegangen und danach habe ich diese Tabletten genommen und seitdem ich die Tabletten nehme, ist es ein neuer Zustand für mich. Ich fühle mich viel besser dadurch. Ich hatte die Protokolle in Kopie mit und ich habe diese danach nochmals gelesen und festgestellt, dass es nicht die Antworten waren, die ich hätte jetzt auch geben können. Wenn ich die Tabletten nicht nehme, habe ich ein Gleichgültigkeitsgefühl. Nichts ist wichtig dann. Ich bin nicht klar in meinen Gedanken.

RI: Ist heute für Sie die Einvernahme aber möglich?

BF: Ich glaube ja.

R an RV: Habe ich Unterlagen von der Behandlung im Akt?

RV: legt vor: Einzelbefund der psychiatrischen Behandlung.

BFA: Wenn Sie behaupten, dass Sie nach der Einvernahme erst bemerkt hätten, dass etwas falsch herübergekommen ist: Warum haben Sie das nicht im Zuge Ihrer Beschwerde gerügt?

BF: Welche Beschwerde meinen Sie?

BFA: Man hat ein Rechtsmittel, wenn man einen Bescheid bekämpft und da steht kein Wort drinnen.

BF: Sehen Sie das Datum, wann diese datiert worden sind?

BFA: Meinen Sie die Beschwerde?

BF: Meinen Sie, ich hätte die Arztbestätigung in der Beschwerde erwähnen sollen?

BFA: Allfällige Unzulänglichkeiten auf Grund der Einvernahme: Warum wurden diese nicht in der Beschwerde ergänzt?

BF: Was ist das für eine Frage? Was soll ich antworten?

BFA: In welcher Sprache wurde die Befragung bzw. Einvernahme vor dem BFA vorgenommen?

BF: Sie meinen das in XXXX?

BFA: Ja.

BF: Ich habe versucht, mich auf Dari auszudrücken.

BFA: Warum?

BF: Weil der Dolmetscher ein Hazara war und wenn jemand sich auf Dari mit dir unterhält, dann versucht man sich auch so auszudrücken. Dari habe ich auch mit dem Dolmetscher gesprochen.

BFA: Sie haben heute angegeben, am XXXX geboren worden zu sein. Bei der Asylantragstellung haben Sie angegeben, dass Sie XXXX geboren wurden. Warum wissen Sie jetzt, wann Sie geboren wurden?

BF: Wie viele Monate sind diese zwei Jahre auseinander?

RI: Woher nehmen Sie dieses Geburtsdatum?

BF: Das hat mir der Arzt gesagt, XXXX.

RI: Kann es sein, dass bei der Einvernahme die Sprache unrichtig eingetragen wurde?

BFA: Nein, das kann nicht sein. Das steht auch am Datenblatt.

RV: War der Dolmetscher Iraner oder Afghane?

BFV: Ich glaube, es ist ein Hazara gewesen.

BF: Ich weiß, dass mein Dolmetscher optisch sicherlich ein Hazara war.

Zu den Fluchtgründen und zur Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat:

RI: Sie haben bereits vor der Einvernahme beim BFA Unterlagen vorgelegt, dass Sie seit XXXX die Sonntagsmesse und Vorbereitungsstunden besucht hätten; bei der Einvernahme haben sie auch ausgesagt, dass Sie Freunde aus der Kirche kennen, sie haben aber sonst nicht erwähnt, dass Sie sich intensiver mit dem christlichen Glauben beschäftigen würden. Nach Bescheiderlassung haben Sie dann Ihr Taufzeugnis vorgelegt. Hierzu habe ich noch einige Fragen.

RI: Können Sie sagen: Weshalb haben Sie während der Einvernahme durch das BFA nicht erwähnt, dass Sie sich für das Christentum interessieren und einen Taufvorbereitungskurs besuchen?

BF: Ich habe all das gesagt. Genau all das, was Sie jetzt gesagt haben, dass ich in der Kirche Freunde habe und was Sie auch gesagt haben. Ich möchte wissen, woher wissen Sie, was Sie gerade gesagt haben? Ich habe nämlich genau das gesagt. Ich weiß aber nicht, warum sie das dort nicht geschrieben haben. Denn ich habe auch damals gesagt, dass ich Freunde dort habe, ich habe in der Verhandlung eine Bestätigung vorgelegt, ich kann sie auch heute zeigen mit Datum. Pater XXXX saß hinter mir während der Befragung.

RI: Welche Bestätigung meinen Sie, welche haben Sie vorgelegt?

BF: Ich meine das Schreiben von Pater XXXX vom 07.09.2017. Auf dem Schreiben steht auch, dass Pater XXXX mich begleitet hat zur Einvernahme beim BFA.

RI: Sie wurden scheinbar auch nach Ihrer Religion gefragt und es wurde Schiit/Moslem vermerkt. Haben Sie da etwas von Ihrem Interesse an einem anderen Glauben gesagt?

BF: Ich habe es damals so gesagt: Ich werde nach Absprache mit Pater XXXX voraussichtlich XXXX getauft. Pater XXXX sagte zu der "Richterin", falls ich demnächst sterben sollte, werde ich nach dem christlichen Glauben hier begraben werden. Der Dolmetscher sagte zu mir: "Da du noch nicht getauft worden bist, schreiben wir schiitischer Moslem". Ich war deshalb auch sehr verärgert damals und ich wollte das Schreiben nicht unterschreiben. Aber ich war psychisch sehr unter Druck, als würde mich jemand zwingen.

RI: Haben Sie Ihren ehemaligen Glauben praktiziert, sind Sie in die Moschee gegangen, haben Sie gebetet, haben Sie gefastet?

BF: Als ich noch im Iran war, ja, aber mein Vater hat mich dazu gezwungen. Er sagte mir, "falls du das nicht tust, schmeiße ich dich von zu Hause hinaus". Ja. Das habe ich dann gemacht.

RI: Können Sie mir jetzt ausführlich schildern, wann und warum Sie begonnen haben, sich mit dem christlichen Glauben auseinander zu setzen, sich darüber zu informieren?

BF: Auf meiner Reise bis in die Türkei war alles wie vorher. Aber als ich nach Griechenland kam und die Christen sah, die unverschleierten Frauen, oder die Männer dort, die nicht wie die üblichen Moslems so lange Bärte haben (BF zeigt dies). Ich habe dadurch eine neue Welt mit neuen Menschen gesehen. Sie waren alle glücklich. Sie halfen mir sehr. Grundsätzlich waren alle sehr lieb zu mir. Als ich noch im Iran war, war es nicht üblich, dass man sich so gegenseitig hilft. Sie behandelten einen nicht wie einen Mensch und auch wenn man es dir ansieht, dass du Hilfe brauchst, wird dir nicht geholfen. Man kann sagen, es herrscht eine Art Hass zwischen den Moslems. Aber in Griechenland habe ich bemerkt, dass die Menschen sich gegenseitig behilflich sind und sehr zufrieden sind. Ich wurde neugierig und fragte mich, wieso diese Menschen sich so benehmen. Als ich später von der Insel nach XXXX ging, und in XXXX habe ich ein Buch bekommen. Das war die Bibel. Er sagte mir, wenn du Hilfe brauchst, sage es uns. Ich war ja in XXXXnicht alleine. Er lud uns auch ein in die Kirche dort.

RI: Wer hat Ihnen die Bibel gegeben, von wem reden Sie?

BF: Es gibt einen XXXX-Park in XXXX. Dort hat er die Bibel verteilt. Ich wollte gerne in die Kirche gehen, aber ich war nicht dort. Ich war nicht allein, sondern mit drei anderen Burschen. Sie waren auch Moslems. Ich wollte nicht alleine hingehen, denn ich wusste, dass es den drei Anderen nicht recht sei. Ich war alleine unterwegs auf meiner Reise. Deswegen war ich gezwungen, mich mit den anderen drei zusammen aufzuhalten. Vielleicht wäre etwas Schlimmes passiert, wenn ich damals alleine in die Kirche gegangen wäre, ohne sie.

RI: Was meinen Sie damit?

BF: Für sie macht es hier keinen Unterschied, ob Moslem oder Christ. Aber für die Iraner oder die Leute, die dort wohnen, ist das ein Unterschied. Das heißen sie dort nicht gut, wenn jemand in die Kirche geht. Deshalb bin ich nicht alleine in die Kirche gegangen. Ich hatte Angst vor den Konsequenzen. Sie haben die Bücher nicht genommen, aber ich schon. Als wir später dann nach Österreich kamen, wurde ich mit meiner Mentorin, die heute dabei ist, bekannt. Ich habe meine Mentorin kennengelernt. Als ich mit ihr immer wieder unterwegs war, um Deutsch zu lernen, hatte ich diesbezüglich einige Fragen an sie. Ich fragte sie immer wieder über das Christentum. Ich konnte damals nicht so gut Deutsch, aber sie wusste genau, wovon ich spreche. Danach bin ich von dort woanders hingebracht worden. Ich bin von XXXX nach XXXX gebracht worden. Sogar in XXXX haben die Burschen die Bibel bei mir gesehen. Sie haben mich auch immer diesbezüglich beleidigt, aber es war mir nicht wichtig, was sie sagen. Ich habe das Buch noch bei mir. Das ist ein sehr gutes Buch. Nachdem ich nach XXXX gekommen bin, konnte ich besser Deutsch sprechen und die richtigen Fragen an meine Mentorin stellen. Sie sagte, wir können gemeinsam in die Kirche gehen und du kannst deine Fragen dem Pfarrer dort stellen. Dort habe ich mich mit Pater XXXX unterhalten und er sagte mir, es gibt hier Kurse. Es gibt hier sowohl Iraner, als auch Afghanen und du kannst an diesen Kursen teilnehmen. Ab Februar habe ich diese Kurse begonnen. Diese Kurse fanden sonntags statt. Dienstag nachmittags fanden die Gebetsstunden statt. Sonntags hat Pater XXXXuns unterrichtet. Je mehr ich an diesen Kursen teilnahm, desto größer wurde mein Interesse. Das Schöne ist, dass in dem Glauben kein Zwang herrscht. Es gibt überhaupt keinen Zwang, sondern Freiheit, da herrscht Zufriedenheit, Gnade und Liebe. Für mich war das sehr interessant zu beobachten, dass die Christen einem Moslem selbstverständlich helfen. Dass sie sich gegenseitig helfen, war noch für mich verständlich, aber einem andersgläubigen Moslem zu helfen, war sehr interessant für mich. Wenn ein Christ in ein moslemisches Land kommt, versucht man, ihm etwas Böses zu tun. Aber die Christen versuchen trotzdem, etwas Gutes zurückzugeben. Sie möchten immer helfen und auch sogar ihren Feinden Gutes tun. Obwohl du mit ihnen verfeindet bist, haben sie dich gern. Das habe ich im Christentum gelernt. Ich möchte noch hinzufügen, dass man seine Feinde lieben soll.

RI: Erzählen Sie mir bitte von Ihrer Taufvorbereitung, wer hat Sie auf die Taufe vorbereitet?

BF: Pater XXXX hat diesen Taufvorbereitungskurs abgehalten. Ich habe die Kurse von Pater XXXX besucht. Aber Pater XXXX hat mir Fragen gestellt. Zur Vorbereitung der Taufe bin ich zu Pater XXXXgegangen. Er hat eine höhere Stellung, einen kirchlichen Rang und er hat mir geholfen. Nachdem ich getauft wurde, bin ich in die Gruppe von Pater XXXX gekommen.

RI: Sie besuchen jetzt auch noch Kurse in der Kirche?

BF: Ja. Ich besuche sowohl die Kurse, als auch gehe ich in die Kirche.

RI: Um welche Kirche handelt es sich?

BF: XXXX. Das ist der Dom in XXXX.

RI: Sie wissen sicher, wann Sie getauft wurden und welchen Namen Sie bekommen haben?

BF: Ja. XXXX lautet mein Taufname. Am XXXX, wurde ich Samstag abends getauft.

RI: Was bedeutet es für Sie, nun Christ zu sein, ein christliches Leben zu führen? Wie äußert sich das in Ihrem täglichen Leben?

BF: Meine Pflicht als Christ ist, den anderen zu helfen, zu lieben. Ich gehe in die Kirche. Wenn ich mich nicht wohlfühle gehe ich in die Kirche und ich werde dort beruhigt. Ich bekomme dort eine Zufriedenheit und ich fühle mich dadurch auch wohl.

RI: Wie äußert sich das in Ihrem Handeln?

BF: Meine Verhaltensweise, zum Beispiel ich war früher sehr überheblich und war neidisch oder gierig oder wie soll ich sagen? So wie die Sündigen halt. Ich habe viele Fehler gemacht, aber danach, das, was ich gelernt habe, war, dass man nicht überheblich sein sollte oder zum Beispiel die Gier, was Essen betrifft. Nicht zu viel haben wollen. Alles soll ein normales Maß haben, nicht zu viel und nicht zu wenig. Ich bin zufrieden und beneide andere Personen nicht mehr wie früher, warum er mehr hat als ich. Das alles fühle ich nicht mehr, oder Hass. Das fühle ich nicht mehr. Auch was Vergeben betrifft. Zufriedenheit, all das. Aber ich weiß, dass ich noch einiges brauche.

RI: Was meinen Sie damit?

BF: Ich bin in dem, was ich gesagt habe, nicht vollkommen, bin zwar gut dabei, aber noch bin ich nicht das, was sein sollte. Ich möchte noch viel mehr von den Anderen lernen. Auch von Jesus Christus.

RI: Beschäftigen Sie sich auch über den Kirchenbesuch hinaus und die Kurse, die Sie besuchen, aktiv mit dieser Religion? Engagieren Sie sich etwa in der Pfarrgemeinde? Wenn ja, schildern Sie mir das bitte ein wenig!

BF: Wenn manchmal Festivitäten bei uns stattfinden, helfe ich mit, die Tische und Sessel hinzustellen, wann auch immer sie meine Hilfe benötigen, bin ich da. Oder nach den Festen, die Sachen wieder aufzuräumen oder zu putzen.

RI: Sie haben Festivitäten erwähnt. Feiern Sie die christlichen Feiertage? Wie feiern Sie diese? Welches Fest wurde zuletzt gefeiert?

BF: Es gibt immer wieder Feste, kleine und größere Feste. Die kleinen Feste haben auch Namen, aber die größeren Feste weiß ich.

RI: Wissen Sie, was das letzte christliche Fest war?

BF: Es gibt immer wieder kleinere Feste. Das letzte größere Fest war Pfingsten.

RI: Fronleichnam kennen Sie auch?

BF: Ich habe Sie nicht verstanden, was Sie meinen.

D wiederholt die Frage.

BF: Ich sagte ja, ich nehme teil an diesen Festen. Aber auf Deutsch ist es für mich schwer. Ich habe seit XXXXdiese Kurse, sodass ich nicht alle deutschen Namen auswendig kann.

RI: Haben Sie in Österreich auch noch andere Freunde, die zum Christentum konvertiert sind?

BF: Ja. Es sind einige. Ca. sieben, acht, sind es. Einige von ihnen leben auch in XXXX. Einige von ihnen leben auch in XXXX. Es sind nicht nur Afghanen, es sind auch Iraner, Iraner sind viel mehr.

RI: Wie sieht es aus mit dem Kontakt zu Afghanen oder Iranern, die keine Christen sind?

BF: Es sind keine festen Freundschaften, aber doch sehen wir uns täglich und begrüßen uns. Meine Mitbewohner sind Moslems.

RI: Wissen diese Afghanen oder Iraner, dass Sie zum Christentum konvertiert sind?

BF: Ja.

RI: Wie haben diese Mitbewohner und Bekannten reagiert?

BF: Ich habe es ihnen nicht gesagt, aber auf Grund meines Benehmens wissen sie, dass ich Christ geworden bin. Für manche ist es nicht so wichtig, aber manche von ihnen grüßen mich nicht einmal, als würden sie mich nicht sehen wollen.

RI: Haben Sie Ihre Familie davon informiert, dass Sie getauft wurden?

BF: Nein, das habe ich nicht gesagt. Ich war mir sicher, es kommt dabei nichts Gutes heraus. Wenn ich ihnen das erzähle, dann werde ich keinen Kontakt mehr mit ihnen haben. Sie werden mich verstoßen. Einer meiner Freunde hat seiner Mutter erzählt, dass er konvertiert ist und die Eltern haben keinen Kontakt mehr zu ihm. Wenn ich es ihnen erzähle, dann ist unsere Beziehung zu Ende.

Rl: Würden Sie Ihren jetzigen Glauben auch nicht mehr ablegen, wenn Sie nach Afghanistan zurückkehren müssten?

BF: Ich war in Wirklichkeit nie ein Moslem. Als ich noch im Iran war, wusste ich gar nicht, dass es auch eine andere Religion gibt und lebte so wie die anderen und dachte, das ist der richtige Weg als Moslem. Seit ich hierhergekommen bin, bin ich ein neuer Mensch. Ich habe mich innerlich verändert. Wenn ich nach Afghanistan zurückkehre, gehen die anderen alle in die Moschee. Wenn ich dort nicht in die Moschee gehe, wissen alle davon. Es steht zwar nirgendwo geschrieben, dass ich Christ bin, aber innerlich und auf Grund meines Verhaltens, werden sie merken, dass ich kein Moslem bin. Sie werden nicht sofort merken, dass ich Christ bin, aber nach einiger Zeit werden sie feststellen, dass ich Christ bin und was dann mit mir passiert, weiß ich nicht. Ich habe darüber gelesen, dass, wenn jemand konvertiert, wird er zum Tode verurteilt. Es gibt unterschiedliche Entscheidungen darüber, einer wird gesteinigt, der Andere, weiß ich nicht. Es gibt verschiedene Arten.

RI: Schließen Sie eine Rückkehr zum Islam aus?

BF: Ich habe hier die Zufriedenheit gefunden. Ich möchte das sagen:

Ich bin als Moslem geboren, aber ich kann selbst entscheiden, was für eine Religion mir Zufriedenheit gibt und was mir guttut. Es heißt nicht, weil ich als Moslem geboren wurde, dass ich auch als Moslem sterben muss.

RI: Schließen Sie eine Rückkehr zum Islam aus?

BF: Ich würde nicht zum Islam zurückkehren. Niemals.

RI: Könnten Sie Ihren jetzigen Glauben in Afghanistan geheim halten?

BF: In dem Heim, wo ich wohne, sind alle Moslems, richtig? Viele von ihnen grüßen mich nicht mehr. Hier haben sie zwar keine Macht, selbst sind sie auf Hilfe angewiesen, aber in ihrem eigenen Land können sie alles tun. Ich habe dort außerdem niemanden, der mich unterstützen würde. Das geht nicht, dass ich meinen Glauben geheim halte. Weder meine Kleidung, noch meine Optik zeigt, dass ich Christ bin, aber auf Grund meines Verhaltens und was ich sage, werden sie herausfinden, dass ich kein Moslem bin, sondern Christ bin. In Afghanistan herrschen keine Gesetze und sie haben unter einander kein Erbarmen, geschweige denn gegen einen Christen.

RI: In welcher Sprache haben Sie die Bibel in XXXX bekommen?

BF: Auf Farsi. Ich habe sie jetzt dabei.

RI: Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft hier in Österreich vor, wenn Sie in Österreich bleiben könnten? Was sind Ihre Pläne?

BF: Ich möchte mich weiterbilden. Derzeit darf ich nicht. Ich habe bis jetzt meinen Hauptschulabschluss gemacht. Ich möchte in dem Bereich als Arzt oder im Pflegebereich arbeiten. Ich möchte anderen helfen. In diesem Bereich möchte ich mich weiterbilden. Wenn es möglich wäre, würde ich gerne auf die Universität gehen. Wenn ich studieren darf, dann möchte ich gerne Zahnmedizin studieren.

RI: Möchten Sie von sich aus noch etwas Ergänzendes sagen? Möchten Sie im Hinblick auf die Bindung zu Österreich noch etwas Ergänzendes ausführen?

BF: Ich möchte mich bedanken für die Hilfe, die ich bekommen habe in Österreich, dass sie mich unterstützt haben. So etwas gibt es im Iran nicht. Ich bin sehr glücklich darüber, überall die Hilfe, die ich hier bekommen habe und dass ich hier leben kann. Ich muss mich unter Kontrolle halten jetzt. Die Chancen, die mir gegeben wurden, dass ich zur Schule gehen konnte. Ich hatte im Iran diese Möglichkeiten nicht. Ergänzen möchte ich noch, dass ich in Afghanistan niemanden habe und die Kultur nicht kenne.

RI gibt Gelegenheit zu Fragen und Anmerkungen.

RV: Diese Taufvorbereitungskurse dauern noch an?

BF: Ja. Sie sind noch.

RV: In welchem Ausmaß und wie oft gehen Sie dorthin?

BF: Sie finden jede Woche sonntags nach der Messe um 12:00 Uhr statt. Es kommt darauf an, manchmal auch um 01:00 Uhr, aber jede Woche. Manchmal finden die Kurse aus welchem Grund auch immer nicht statt, selten aber doch.

RV: Sie gehen jeden Sonntag in die Kirche?

BF: Ja. Sonntags und dienstags in die Gebetsstunde.

RV: Pater XXXX ist der Priester in der Domkirche?

BF: Manchmal ist es Pater XXXX und manchmal Pater XXXX.

BFA: Warum ist für Sie die Religion überhaupt wichtig? Könnten Sie letztlich ohne Religion leben?

BF: Ich bin mit Religion groß geworden. Mein Vater hat mich immer unter Druck zu etwas gezwungen. Er hat mich manchmal geschlagen und gezwungen, zu beten oder zu fasten. Wenn ich nicht gehorcht habe, dann hat er mich geschlagen, das war für mich normal. Dadurch fühlte ich mich psychisch sehr schlecht. Als ich Moslem war, war ich die ganze Zeit hoffnungslos. Ich habe in dieser Religion die Hoffnung gefunden und die Zufriedenheit und die Vergebung. Ein hoffnungsloser Mensch neigt sogar dazu, sein Leben zu beenden. Als ich konvertiert bin, habe ich mehr Hoffnung am Leben gefühlt wie je zuvor. Ich hatte viel mehr schlechte Erinnerungen früher, aber ich habe Hoffnung, dass ich mit dieser Religion ein verändertes, besseres Leben habe.

BFA: Was verstehen Sie unter Vergebung?

BF: Ich gebe Ihnen ein Beispiel über diesen Wasserkrug vor mir. In dieser Religion gibt es keinen Egoismus. Wenn Sie zum Beispiel durstig sind und ich fühle mich verpflichtet, dass ich auch den anderen Wasser gebe und das teile, oder ein anderes Beispiel: Wenn ich sehe, dass jemand einen Fehler macht, muss ich ihm vergeben.

BFA: Sie haben vorher gesagt, dass Christen sogar die Feinde gerne haben. Habe ich das richtig verstanden?

BF: Richtig. Jesus sagt, liebt eure Feinde.

BFA: Angenommen, jemand würde Ihre Mutter ermorden, würden Sie auch diesen Mörder lieben?

RI lässt die Frage nicht zu.

BFA: Warum wird Pfingsten gefeiert?

BF: Der Heilige Geist erscheint in zwölf Jüngern und ermutigt sie, dass sie den Mut haben, über Jesus Christus mit den anderen Menschen zu reden.

BFA: Sie haben den Taufnamen XXXX.

BF: XXXX war einer von den Personen, die einige Teile der Bibel geschrieben haben. Mir hat das gut gefallen, weil er ein Arzt war. Ich wollte schon immer ein Arzt sein und weil ich das auch sehr gerne sein wollte, wollte ich seinen Namen haben.

BFA: Was wird von Ihnen seitens dieser Religionsgemeinschaft, der Sie angehören, konkret erwartet?

BF: Ich habe Sie nicht verstanden.

BFA: was sollen Sie der Religionsgemeinschaft geben? Gibt es etwas, was von Ihnen erwartet wird?

BF: Vielleicht erwarten sie nichts von mir. Ich fühle mich verpflichtet und fühle mich als Schuldner und ich möchte den anderen helfen. Wenn mehr, dann sogar mehr. Ich bin ihnen mein Leben schuldig. Sie sind wie meine Mutter für mich (gemeint: diese Religion, das Christentum) oder die XXXX, die mir sehr geholfen hat.

BFA: Haben Sie sich nicht gewundert, dass Sie beim BFA nicht zum Christentum gefragt worden sind?

BF: Ich habe ja gesagt, dass mir gesagt wurde, dass ich noch nicht getauft wurde und man daher Moslem schreibt. Da ich mich psychisch nicht wohlfühlte, ich habe mich dazu sogar geäußert und es wurde nicht protokolliert. Ich fühlte mich unter Druck und ich habe dann unterschrieben.

BFA: Verweis auf AS 12 des erstinstanzlichen Bescheides. Sie wurden gefragt, ob Sie alles gesagt haben. Sie haben gesagt, Sie haben alles erwähnt.

BF: Das stimmt. Ich habe alles erwähnt. Ich sagte ja, ich war unter psychischem Druck. Ich habe damals keine Tabletten genommen und ich fühlte mich psychisch nicht wohl.

BFA: Wie erklären Sie sich, dass Sie dann schildern konnten, wenn Sie die geschilderten Probleme nicht hätten, was Sie dann erwartet. Sie sagten, dass Sie Probleme bekommen würden, weil Sie Hazara sind.

BF: Habe ich nur das gesagt?

BFA: Nur das.

BF: Ich habe auch gesagt, dass ich niemand anderen dort habe.

BFA: Ich meinte konkret auf die Frage.

BF: Wenn ich die Tabletten nicht nehme, habe ich ein Gleichgültigkeitsgefühl und keine Konzentration.

BFA: Haben Sie über die bevorstehende Einvernahme in XXXX mit jemandem gesprochen?

BF: Ich hatte niemanden, mit dem ich reden konnte.

BFA: Warum haben Sie dann Pater XXXXmitgenommen, wenn Sie offensichtlich mit niemandem darüber gesprochen haben?

BF: Als ich die Ladung für das Interview bekommen habe, habe ich Pater XXXX gesagt, dass ich die Ladung bekomme und er sagte, ich begleite dich dorthin und er hat mich dann dorthin begleitet.

BFA: Über den Ablauf der Einvernahme, was dort geschieht, haben Sie nicht gesprochen?

BF: Was meinen Sie?

BFA: Man erkundigt sich, wenn man nicht weiß, was einen erwartet.

BF: Er sagte mir, dass ich über das Christentum befragt werde und er sagte mir, dass er an mich glaube und ich glaube auch daran, dass du Christ werden willst und das reicht für das Interview.

BFA: Das BFA hat keine Einwände gegen eine allfällige Entscheidung, auf Grund derer die Rückkehrentscheidung für unzulässig erklärt wird, da der BF sehr gut integriert ist."

Pater Mag. XXXX, geb.XXXX, Dompfarrer in XXXX, wurde als Zeuge einvernommen und gab Folgendes an (Z = Zeuge):

"RI: Können Sie mir bitte näher erzählen, wie Sie mit Herrn XXXX in Kontakt gekommen sind und wie Ihr Kontakt bis zum heutigen Tag verlaufen ist. Haben Sie auch heute noch Kontakt zu ihm, betätigt er sich aktiv in der Pfarrgemeinde?

Z: Seine Mentorin, Frau XXXX, ist mit ihm im XXXX in den Dom nach XXXX gekommen. Er wurde mir vorgestellt. Er hat ihr gegenüber den Wunsch geäußert, mehr über den christlichen Glauben zu erfahren. Ich habe ihn dann eingeladen, in die wöchentlich stattfindende Katechese am Sonntag nach dem Gottesdienst zu kommen. Von da an ist er ziemlich regelmäßig, wöchentlich, zu diesen Katechesen gekommen. Das ist eine Art Glaubensstunde im Hinblick auf die Taufvorbereitung. Er war regelmäßig da. Er hat sich aufmerksam und interessiert gezeigt. Von seinem Wesen her ist er sehr schüchtern, er war ein paar Mal bei mir, dass ich beten soll, weil es ihm psychisch nicht sehr gut geht. Das hat ihm gut getan. Die Taufvorbereitung war bei ihm sehr lange, etwas länger als 1 Jahr. Heuer XXXXhat die Taufe stattgefunden. Ich habe ihn geprüft über die Inhalte des Glaubens. Ich war über sein Wissen, seine Frömmigkeit und seine innere Haltung sehr zufrieden. Er ist einmal zu mir gekommen, als wir über die Sakramente gesprochen haben. Er fragte, ob es eine Sünde sei, wenn er die Heilige Kommunion empfangen will. Er sagt, immer wenn ich das nehme, dann geht es mir besser. Daraufhin habe ich gesagt: "In Gottes Namen, wenn dir das so viel bringt, dann wird Gott nichts dagegen haben". Er hat ein sehr schwieriges Verhältnis zu seinem Vater, weil er sehr viel Gewalt erlebt hat. Er hat mich einmal gefragt, weil auch sein Bruder ein ziemlicher Hardcore-Muslim zu sein scheint, wie er diesen Hass losbekommt. Er weiß, als Christ soll er verzeihen. Wir haben länger geredet und gebetet. Es ging ihm dann besser. Für mich war dadurch klar, dass er verstanden hat, dass es um das Verzeihen geht, als wesentlichen Aspekt des Christentums. Wir machen diese Glaubensstunden weiter nach der Messe und er kommt weiterhin in die Messe und in die Glaubensstunden und er hilft auch in der Pfarre gern. Ich habe relativ viele, etwa 50 in den letzten Jahren, getauft. Für mich ist sein Christsein sehr authentisch und sehr ehrlich. Das kann ich von meinem Gefühl sagen. Er ist auch ein sehr liebenswürdiger und sozialer Mensch. Ich sehe ihn auch losgelöst von einer Messe in der Kirche beten.

RI: Hatten Sie jemals den Eindruck, der BF würde sich nicht ernsthaft mit dem Christentum beschäftigen bzw. der BF habe den Glaubenswechsel nicht aus innerer Überzeugung vollzogen? Hatten Sie das Gefühl, der BF habe daran gezweifelt, letzten Endes diesen bedeutenden Schritt zu machen?

Z: Nein. Ich hatte diesen Eindruck nie.

RI: Sie waren auch bei der Einvernahme vor dem BFA und haben den BF begleitet?

Z: Ja.

RI: In diesem Zusammenhang wurde er auch nach seiner Religion gefragt?

Z: Wahrscheinlich schon. Damals bei dieser Einvernahme war ich verwundert, weil er damals nichts über seine Konversion gesagt hat. Er war in einem psychischen Ausnahmezustand, er war sehr eingeschüchtert. Sein Dolmetscher war ein Afghane. Er hatte Angst. Ich habe mich dann auch nicht eingemischt. Ich habe ihn danach gefragt, warum hast du nicht über deine Konversionsabsichten geredet. Er hat gesagt, dass er so eine Sperre hatte. Was bei ihm insofern glaubwürdig ist, weil er solche psychischen Probleme öfter hat und schwer darüber reden kann. Er sagte auch oft in Gesprächen, jetzt kann ich nicht darüber reden, vielleicht geht es morgen.

RI: Können Sie sich erinnern, dass Sie bei der Einvernahme des BF vor dem BFA gesagt haben, dass der BF ein christliches Begräbnis bekäme, wenn er jetzt sterben würde?

Z: Ja. Das habe ich vermutlich so gesagt. Es ist allein vom Kirchenrecht so, dass ein Katechumene (Taufbewerber), sollte dieser noch vor der Taufe versterben, ein christliches Begräbnis erhält.

RI gibt Gelegenheit Fragen an den Zeugen zu richten:

RV: Keine Fragen.

BFA: Hat der BF einen förmlichen Katechumenats-Kurs absolviert?

Z: Ja. Selbstverständlich. Seit 2015 machen wir das in der Dompfarre.

BFA: Wissen Sie, wann der BF das erste Mal mit dem Christentum in Berührung gekommen ist?

Z: Ich weiß jetzt nicht, ob er sich schon im Iran interessiert hat. In Österreich hat er sich sehr intensiv damit auseinandergesetzt.

BFA: Haben Sie mit dem BF vor der Einvernahme darüber gesprochen, was dort geschieht?

Z: Ja. Sicher.

BFA: Wenn Sie merken, dass etwas schiefläuft, warum haben Sie sich nicht zu Wort gemeldet?

Z: Sie wissen genau, dass mir immer gesagt wird, ich möge den Mund halten. Deswegen habe ich mich dort nicht gemeldet. Ich wollte nicht provozieren.

BFA: Welche Position hat die katholische Kirche zur Notlüge?

Z: Grundsätzlich soll man nicht lügen nach den zehn Geboten. Nach den Gesetzen des geringeren Übels ist es moral-theologisch erlaubt, wenn ich ein größeres Übel dadurch verhindern kann. Ich nenne ein Beispiel: Wenn ein Angehöriger verfolgt und gesucht wird, so kann ich die Verfolger zum Beispiel im Hinblick auf den Fluchtweg auf eine falsche Spur führen.

Ich würde hier nicht lügen.

BFA: Sie haben vorher erwähnt, dass der BF psychisch beeinträchtigt war. Seit wann wissen Sie das?

Z: Das weiß ich schon ziemlich von Beginn an. Das hat mir seine Betreuerin und auch er selbst gesagt.

BFA: Ob und bei wem stand er in Behandlung?

Z: Er war einmal im Krankenhaus, aber ich weiß nicht, von wem er behandelt wurde.

BFA: Wissen Sie, ob der BF irgendwelche Medikamente einnimmt?

Z: Ja. Seit dem Zeitpunkt, als er im Krankenhaus war, nehme ich an, das war nach dem negativen Bescheid, nehme ich an, aber ich weiß es nicht genau."

Weiters wurde XXXX, geb. XXXX, als Zeugin einvernommen und gab Folgendes an (Z = Zeugin):

"RI: Können Sie mir bitte näher erzählen, wie Sie mit Herrn XXXX in Kontakt gekommen sind und wie Ihr Kontakt bis zum heutigen Tag verlaufen ist. Haben Sie auch heute noch Kontakt zu ihm, betätigt er sich aktiv in der Pfarrgemeinde?

Z: Ich habe ihn vor drei Jahren kennengelernt. Ich habe in der XXXX-Zeitung ein Inserat vom Samariter-Bund gelesen, wonach Mentoren für mj. unbegleitete Flüchtlinge gesucht wurden. Ich habe angerufen, ich habe Kontakt mit der Heimleitung in XXXX aufgenommen. Ich habe einen Termin vereinbart. Dort habe ich ihn kennengelernt.

RI: Seitdem haben Sie einen kontinuierlichen Kontakt?

Z: Ja. Einmal mindestens in der Woche.

RI: Können Sie sich erinnern, wie es dazu gekommen ist, dass er sich mit dem christlichen Glauben näher befasst hat? Sind Sie eingebunden gewesen?

Z: Ja. Er hat mir erzählt, dass er, als er in Griechenland auf seinem Fluchtweg angekommen ist, Christen getroffen hat. Er hat warme Bekleidung, Schlafsäcke und Essen bekommen. Sie haben ihm geholfen. Sie waren so erschöpft und überhaupt er. Es wurde ihm angeboten, zu einem Heim zu fahren. Dann hat er mir erzählt, dass sie im XXXX-Park in XXXX von Christen die Bibel bekommen haben.

RI: Wie ist es zum ersten Kirchenbesuch gekommen.

Z: Er hat mir erzählt, dass er in XXXX bereits in der Kirche war. Dann wollten wir in XXXX auch die Kirche besuchen, diese war zugesperrt. Dann kam der BF nach XXXX. Er hat mich irrsinnig oft über das Christentum und nach Jesus gefragt, wie alt war Jesus, was hat er gemacht? Dann hat er mir immer wieder sein Telefon gezeigt, dass er immer wieder etwas über das Leben von Jesus gelesen hat. Wir haben über den Islam und das Christentum gesprochen. In der Adventzeit in XXXX hat er mich noch mehr gefragt, weil er die Krippen und Adventskränze gesehen hat. Er hat auch immer wieder von der Bibel gesprochen, die er in XXXX bekommen hat. Dann waren wir in der Domkirche in XXXX in der Heiligen Messe. Nach der Messe habe ich Pater XXXX kontaktiert, den ich schon von der XXXX kannte. Dann habe ich mich und XXXX vorgestellt und habe XXXXin seine Hände gegeben, mit der Bitte, dass er ihn auch unterstützt, weil er in der Kirche so eine Ruhe gefunden hat.

RI: Wie beurteilen Sie seine Entwicklung und Integration in Österreich?

Z: In XXXX habe ich ein schüchternes Kind gesehen. Er war sehr nervös. Auf Grund seiner Schüchternheit und Traumatisierung habe ich seine Betreuung übernommen und bin schon damals öfters nach XXXX gefahren, obwohl das für mich eine sehr lange Strecke ist. Er hat sich wirklich so positiv verändert. Er will studieren und lernen. Er will sich integrieren. Er ist für alles offen und tolerant. Ich habe das nur hoffen können. Ich möchte noch erwähnen, dass er mich vor der Taufvorbereitung gefragt hat, dass er Christ werden will. Ich habe darauf geantwortet, dass es allein seine Entscheidung ist.

RI gibt Gelegenheit Fragen an den Zeugen zu richten:

RV: Reden Sie mit dem BF Deutsch?

Z: Ja. Wir haben gemeinsam für die Schule gelernt, die österreichische Geschichte. Er hat schon den Hauptschulabschluss. Er hat private Deutschkurse am XXXX gemacht. Wir wollten Arbeit suchen. Er möchte ab September in die Berufsschule gehen, Lehre mit Matura. Er möchte Zahntechniker oder Zahnarzt werden.

BFA: Keine Fragen."

Das erkennende Gericht brachte Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers in das Verfahren ein (aktualisierte Fassung des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation, Stand 29.06.2018) und verwies auf eine ACCORD-Anfragebeantwortung vom 01.06.2017 zur Situation von 1) vom Islam abgefallenen Personen (Apostaten), 2) christlichen KonvertitInnen, 3) Personen, die Kritik am Islam äußern, 4) Personen, die sich nicht an die Regeln des Islam halten und 5) Rückkehrern aus Europa.

12. Die belangte Behörde übermittelte eine mit 23.07.2018 datierte Stellungnahme. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in mehreren Punkten sein Vorbringen gesteigert und die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers sei massiv gemindert. So habe er etwa in der Einvernahme vor dem BFA nichts von seiner Konversion erwähnt, obwohl er dazu Gelegenheit gehabt hätte. Dem Beschwerdeführer sei es im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht gelungen, einen Glaubenswechsel aus innerer Überzeugung darzulegen. Er habe sich in seinen Ausführungen stets nur auf rein humanistische Aspekte berufen und diese fälschlich als christliche Ideologie eingestuft. Er verwechsle den europäischen Kulturkreis und die europäischen gesellschaftlichen Werte mit Religion. Weiters verwechsle er rein psychohygienische Funktionen und den Bedarf nach Selbstreflexion mit religiösen Inhalten. Ungeachtet dessen drohe jedenfalls keine asylrelevante Verfolgung in Afghanistan aufgrund seines vermeintlichen Interesses am Christentum. Dem Beschwerdeführer sei es zumutbar, sich zu seiner Konversion nicht öffentlich zu äußern bzw diese zu leugnen, zumal eine solche Leugnung im Sinne einer "Notlüge" auch in der katholischen Theologie schuldfrei erfolgen könne. Es sei möglich, nichtislamische Religionen im Privaten zu praktizieren. Besonders aber sei es dem Beschwerdeführer zumutbar, anzugeben, niemals vom Islam abgefallen zu sein und seit seiner Geburt Christ gewesen zu sein. Er habe auch von seiner Familie keine Konsequenzen zu befürchten, da diese von seiner Konversion nichts wüssten. Schließlich sei es dem Beschwerdeführer möglich, sich etwa in Kabul, Mazar oder Herat anzusiedeln.

13. Mit Datum vom 08.08.2018 übermittelte der Beschwerdeführer seinerseits eine Stellungnahme. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, eine mangelnde Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers sei keinesfalls anzunehmen und bei seiner Konversion handle es sich nicht um ein spätes, gesteigertes Vorbringen, sondern dies sei noch vor Abschluss des Beweisverfahrens geltend gemacht worden. Entgegen der Ansicht der Behörde sei jedenfalls ein Wechsel der Religion aus innerer Überzeugung gegeben. Dass sich der Beschwerdeführer auf humanistische Aspekte berufen habe, sei zwar richtig, bei Werten wie Nächstenliebe, Gnade und Vergebung handle es sich jedoch um Grundpfeiler der christlichen Ideologie und ein Widerspruch sei somit nicht erkennbar. Insgesamt entstehe der Eindruck, dass die Behörde Widersprüche konstruiere und alles Mögliche versuche, um die innere Überzeugung des Beschwerdeführers hinsichtlich der Konversion in Zweifel zu ziehen. Der Beschwerdeführer sei in Afghanistan aufgrund seiner Konversion sehr wohl einer asylrelevanten Verfolgung aus religiösen Gründen ausgesetzt.

14. Im Strafregisterauszug der Republik Österreich vom XXXX - geführt von der Landespolizeidirektion Wien - scheint keine Verurteilung auf.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und seinen Fluchtgründen:

Aufgrund des Asylantrags vom 30.12.2015, der Einvernahmen des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und durch die belangte Behörde, der Beschwerde vom 12.10.2017 gegen den Bescheid der belangten Behörde vom XXXX, der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt, der Einsichtnahmen in das zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, die vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente sowie auf Grundlage der vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung werden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX. Er ist Staatsangehöriger von Afghanistan und gehört der Volksgruppe der Hazara an. Vor seiner Konversion zum Christentum bekannte sich der Beschwerdeführer zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Der Beschwerdeführer spricht aufgrund seines Aufenthaltes mit seiner Familie im Iran sehr gut Farsi, weiters spricht er ein wenig Dari sowie Deutsch und etwas Englisch.

Die Familie des Beschwerdeführers stammt ursprünglich aus der Provinz Ghazni, XXXX, Dorf XXXX, hat Afghanistan jedoch bereits vor der Geburt des Beschwerdeführers verlassen. Der Beschwerdeführer wurde in XXXX, Iran geboren und hat dort auch mit seiner Familie gelebt. Er hat sich noch nie in Afghanistan aufgehalten. Die Familie des Beschwerdeführers (Eltern, eine Schwester, drei Brüder) befindet sich nach wie vor im Iran. Er hat zu seinen Familienangehörigen unregelmäßig Kontakt. Ein weiterer Bruder befindet sich in Indonesien. Der Beschwerdeführer ist ledig.

Der Beschwerdeführer ist erstmals auf seiner Flucht in Griechenland mit dem Christentum in Berührung gekommen. Er hat sich mit der Zeit mehr und mehr für diese R

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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