TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/4 W265 2178716-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.09.2018
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Entscheidungsdatum

04.09.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W265 2178716-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Rainer GEISSLER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 30.10.2017, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin stellte erstmals am 25.03.2013 beim Sozialministeriumservice (damalige Kurzbezeichnung: Bundessozialamt; in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens, in welchem die Funktionseinschränkungen

"1. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule", "2. Knietotalendoprothese rechts", "3. Beginnende Abnützungserscheinungen linkes Kniegelenk", "4. Sulcus nervi ulnaris Syndrom beidseits" und ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. festgestellt wurden, wies die belangte Behörde den Antrag mit Bescheid vom 23.08.2013 ab.

Am 25.07.2017 beantragte die Beschwerdeführerin erneut die Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde und legte dabei ein Konvolut an medizinischen Befunden vor.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In dem auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 24.10.2017 basierenden Gutachten vom 25.10.2017 wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:

"Anamnese:

Bezüglich Vorgeschichte siehe Vorgutachten vom 13.05.2013, ges. GdB 40% Zwischenanamnese:

10/2016 Spondylodese L4/5, 02/2017 ein Epi-Anfall (seit 3 Jahren).

Derzeitige Beschwerden:

Ich habe eine starke Bewegungseinschränkung an der Lendenwirbelsäule, darf nicht schwer heben. Ich bin in der Hausarbeit eingeschränkt. Ich habe nach wie vor Schmerzen. Wenn ich am Rücken liege schlafen die Füße ein, die Knie tuen weh. Die rechte Hüfte schmerzt.

Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:

Medikamente: Hydal, Xefo, Deflamat, Levithiracetam, Nebivolol,

Lyrica, Saroten, Pantoloc Laufende Therapie: dzt. keine Hilfsmittel:

keine

Sozialanamnese:

War zuletzt im Marketing tätig (bis 2009), Pensionsverfahren läuft

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

05/2017 MRT des linken Kniegelenkes: Vernarbungen am proximalen vorderen Kreuzband links, entsprechend der anamnestischen, wahrscheinlich partiellen, Ruptur, keine neu aufgetretenen Verletzungen am Bandapparat. Chondropathia patellae Grad III in Form tiefer fissuraler Defekte zentral.

05/2017 Orthop. Befundbericht beschreibt Zustand nach BS-Prothese L5/S1 und TLIF L4/5

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

altersentsprechend

Ernährungszustand:

mäßig adipös

Größe: 183 cm Gewicht: 93 kg Blutdruck:

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput/Collum: unauffällig

Thorax: symmetrisch, elastisch

Abdomen: klinisch unauffällig, kein Druckschmerz

Obere Extremitäten:

Rechtshänder. Die linke Schulter steht etwas höher. Symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört. Die Sensibilität wird am linken Kleinfinger als fehlend und ellenseitig am linken Ringfinger als vermindert, sonst als ungestört angegeben. Benützungszeichen sind seitengleich.

Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Beweglichkeit:

Schultern, Ellbogen, Vorderarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger sind seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar, der Faustschluss ist komplett. Nacken- und Kreuzgriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Untere Extremitäten:

Der Barfußgang wird ausgesprochen verlangsamt, bedächtig und mit verlängerter Belastungsphase rechts ausgeführt. Zehenball- und Fersenstand werden etwas umständlich mit Anhalten am Mobiliar ausgeführt. Die tiefe Hocke wird mit Vorstellen des rechten Fußes ausgeführt. Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse. Beinlänge ist gleich. Die Durchblutung ist ungestört. Die Sensibilität wird innen an den Vorfüßen und an den Großzehen als vermindert angegeben, sonst als ungestört.

Rechtes Knie: streckseitig besteht eine blasse etwa 20 cm lange Narbe. Weiters Narben nach Arthroskopie. Weiters Narben außenseitig und streckinnenseitig. Das Gelenk ist insgesamt etwas verschwollen. Gering intraartikulärer Erguss, seitenbandfest. Keine relevanten Schubladenzeichen.

An den Hüften Endlagenschmerz bei der Beugung im Kreuz.

Übrige Gelenke sind bandfest und unauffällig.

Beweglichkeit:

Hüften seitengleich frei. Knie S rechts 0-0-130, links 0-0-135. Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Wirbelsäule:

Die linke Schulter steht etwas höher. Das Becken ist horizontal. Die Wirbelsäule ist im Lot. Regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Keinerlei Hartspann. Das betasten der Rückenmuskulatur löst eine heftige Fluchtreaktion aus. Über der unteren Lendenwirbelsäule besteht eine etwa 10 cm lange blasse unauffällige Narbe. Regelrechte Krümmungsverhältnisse. Kein Gibbus. Iliosakralgelenk druckscherzhaft.

Beweglichkeit:

Halswirbelsäule: allseits frei.

Brustwirbelsäule/Lendenwirbelsäule: beim Vorwärtsbeugen reichen die Hände zu den Kniegelenken. Die Wirbelsäule wird steif gehalten, die Hüften etwa bis 70° gebeugt, Seitwärtsneigen und Rotation je 1/3 eingeschränkt.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt in Begleitung der Tochter zur Untersuchung. Trägt knöchelhohe Schnürschuhe. Beim Entkleiden hilft demonstrativ die Tochter.

Bein Ankleiden werden die Schuhe selbst geschnürt, der Oberkörper wird dabei weit nach vorn gebeugt. Die Jacke wird ohne Einschränkungen an den Schultern flott angezogen.

Status Psychicus:

Wach, Sprache unauffällig

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Zustand nach Versteifung L4/5, Zustand nach Bandscheibenprothese L5/S1 Unterer Rahmensatz dieser Position, da mäßige Beweglichkeitseinschränkung ohne neurologisches Defizit

02.01.02

30

2

Knietotalendoprothese rechts, beginnende Kniegelenksarthrose links Wahl dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da Endoprothese und geringe Beweglichkeitseinschränkung

02.05.19

30

3

Sulcus nervi ulnaris Syndrom beidseits Wahl dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da nur links unwesentliche Gefühlsstörung besteht.

04.05.05

10

 

Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H.

 

 

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden 1 wird durch Leiden 2 um 1 Stufe erhöht, wegen relevanter Zusatzbehinderung.

Leiden 3 erhöht nicht weiter, wegen zu geringer funktioneller Relevanz.

...

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Zwischenzeitlich wurde eine Versteifung im Segment L4/5 durchgeführt, es ist aber keine Änderung im Funktionszustand eingetreten. Leiden 2 und 3 aus dem Vorgutachten werden als heutiges Leiden 2 gemeinsam berücksichtigt.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Keine Änderung

[x] Dauerzustand

..."

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30.10.2017 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und führte begründend aus, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 40 v.H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem Beiblatt, das einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Mit dem Bescheid wurde der Beschwerdeführerin das ärztliche Sachverständigengutachten übermittelt.

Mit E-Mail vom 28.11.2017 erhob die Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid fristgerecht die gegenständliche, als "Einspruch" bezeichnete Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin brachte sie im Wesentlichen vor, in manchen Punkten sei das Gutachten nicht sachlich beschrieben, sondern spiegle die persönliche Meinung des Arztes wider. Es sei für die Beschwerdeführerin sehr schwierig, Zehenballen- und Fersenstand auszuführen, da diese Stellungen ein Wegknicken nach vorne des rechten Knies und Sturzgefahr zur Folge habe. Es sei nicht im Sachverständigengutachten berücksichtigt worden, dass das rechte Knie bei normalem Gang nach vorne wegknicke und die Beschwerdeführerin deshalb schon öfters zu Sturz gekommen sei. Die Beschwerdeführerin benötige vor allem beim Entkleiden immer Hilfe. Es sei fragwürdig, dass der Arzt entscheide, ob ein Patient eine Begleitperson benötige, die Beschwerdeführerin fühle sich sicherer, wenn sie von einem Familienmitglied begleitet werde. Im Sachverständigengutachten sei die 2011 diagnostizierte Epilepsie zwar in der Anamnese erwähnt, jedoch nicht als Leiden eingeschätzt. Nach einer langen Pause habe sie zuletzt im Februar 2017 einen Anfall gehabt. Auch die Osteoporose im rechten Ober- und Unterschenkel sei nicht erwähnt worden. Weiters sei ihr im Jahr 2013 die Galle entfernt worden. Die geplante SCS-Sonden Operation hätte, auch wenn noch kein Termin feststehe, im Sachverständigengutachten erwähnt werden sollen. Diese sei in ihrer Krankengeschichte erwähnt, welche auch vorgelegt worden und im Rahmen der Anamnese erzählt worden sei, für die sich der Arzt jedoch nicht interessiert habe. Ihre Allergien gegen Penicillin, Lovenox und Hausstaubmilbe würden ebenfalls im Gutachten fehlen. Der Beschwerde wurden keine medizinischen Befunde angeschlossen.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurde die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 18.01.2018 ersucht, entsprechende Befunde über die Epilepsie, Entfernung der Galle, Osteoporose und die angeführten Allergien vorzulegen.

Die Beschwerdeführerin reichte in der Folge Befunde nach, welche am 31.01.2018 beim Bundesverwaltungsgericht einlangten.

Aufgrund der Einwendungen in der Beschwerde wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichts in der Folge eine Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin um Erstellung eines Sachverständigengutachtens ersucht. Im auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 12.04.2018 basierenden Gutachten vom 13.06.2018 wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:

"SACHVERHALT:

Gegen den Bescheid des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen vom 30.10.2017, mit welchem der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen wird, wird Beschwerde vorgebracht.

Im Beschwerdevorbringen der BF vom 28.11.2017, Abl. 29,30, wird eingewendet, dass beim Gehen das rechte Knie nach vorne wegknicke und sie deswegen schon öfters zu Sturz gekommen sei, Zehenballenstand und Fersenstand seien nur sehr schwer möglich. Sie benötige immer Hilfe beim Ankleiden, müsse sich dabei im Sitzen immer vorneigen und könne sich nicht flott anziehen. Sie fühle sich sicherer, wenn eine Begleitperson, jemand aus ihrer Familie, dabei sei.

2011 sei eine stressbedingte Epilepsie festgestellt worden, letzter Anfall sei 02/2017 nach langer Pause gewesen und sie nehme Levetiracetam zweimal täglich.

2013 sei die Gallenblase entfernt worden.

Sie habe Osteoporose.

Eine SCS-Sondenimplantation sei geplant, ein Termin stehe noch nicht fest.

Sie sei allergisch auf Penicillin. Lovenox und Hausstaubmilbe.

Vorgeschichte:

2001 Operation Hernia inguinalis beidseits und Hernia umbilicalis

2010 Bandscheibenoperation L5/S1. Diskusprothese

2011 Knietotalendoprothese rechts. Zustand nach 12-maliger Knieoperation rechts mit vorderer Kreuzbandplastik. Meniskusoperation. Knorpelglättung und Synovektomie.

Mobilisierung in Narkose, Tuberositasversetzung. Mikrofrakturierung. Schädigung des Nervus femoralis. Radiosynoviorthese

Abnützungserscheinungen linkes Kniegelenk

18.102013 Cholecystolithiasis, chronische Cholezystitis. laparoskopische Cholezystektomie

2013 Rehabilitation RZ Laab im Walde

2015 CT-gezielte Infiltration L3 bis SI

10/2016 Spondylodese L4/L5, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule

02/2017 Rehabilitationsaufenthalt in RZ Baumgarten

02/2017 epileptischer Anfall nach 3,5 Jahren Anfallsfreiheit, fokal eingeleitet, anschließend tonische Verkrampfung, Behandlung mit Levetiracetam

Sulcus nervi ulnaris Syndrom beidseits

Osteopenie, Behandlung mit Oleovit D3 und Calcium

Zwischenanamnese seit 24.10.2017:

Keine Operation, kein stationärer Aufenthalt.

Sozialanamnese: verheiratet. 2 Kinder, lebt in Wohnung im 4. Stockwerk mit Lift

Berufsanamnese: Verkäuferin bis 2010, seither Krankenstand, AMS.

Notstandshilfe

Medikamente: Pantoloc 40 mg. Nebivolol, Lyrica 150 mg zweimal 1, Levetiracetam 1500 mg zweimal täglich, Saroten. Hydal 4 mg morgens. 2 mg abends, Halcion

Allergien: Heparin, Penicillin, Hausstaubmilbe

Nikotin: 20

Laufende Therapie bei Hausarzt Dr. P. 1140, Dr. L. FA für Neurologie 4x im Jahr

Derzeitige Beschwerden:

"Die meisten Beschwerden habe ich im Bereich der Lendenwirbelsäule, muss immer Medikamente einnehmen, demnächst ist die Implantation einer SCS Sonde geplant. Beschwerden strahlen in beide Beine aus, außenseitig über die Oberschenkel und Unterschenkel bis zu den kleinen Zehen und bis zur 4. Zehe, Gefühlsstörungen im Bereich der Vorfußballen beidseits und im Bereich der Fersen.

Seit 2011 ist Epilepsie bekannt, erster Anfall war mit Bewusstlosigkeit und Atemstillstand, seither ist das Bewusstsein nicht getrübt, habe Krämpfe mit Verspannungen des ganzen Körpers. Zwischen 2011 und 2014 hatte ich 20 Anfälle, dann war ich 3 Jahre anfallsfrei, letzter Anfall war während des Rehabilitationsaufenthalt 02/2017. Bin viermal im Jahr bei Facharzt für Neurologie, medikamentös eingestellt.

2013 wurde die Gallenblase entfernt, diesbezüglich keine Beschwerden.

Osteoporose wurde unter der Prothesenplatte am rechten Knie festgestellt.

Beschwerden habe ich im Bereich beider Ellbogengelenke und Gefühlstörungen im Bereich des linken Kleinfingers und Ringfingers außenseitig, kann links Gegenstände oft nicht festhalten. Am Kleinfinger rechts habe ich beginnende Gefühlsstörungen.

Habe diverse Allergien."

STATUS:

Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand: BMI 27,8 (Präadipositas)

Größe 183 cm, Gewicht 93 kg, RR 130/80

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen

Thorax: symmetrisch, elastisch

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch

Abdomen: klinisch unauffallig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein

Druckschmerz.

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.

Die Durchblutung ist ungestört.

Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger annähernd seitengleich frei beweglich.

Opponensfunktion Daumen und Zeigefinger nicht möglich, vorgeführt wird aktiv ein Abstand von 1 cm, Opponensfunktion Daumen und Ringfinger sowie Daumen und Kleinfinger möglich, taubes Gefühl im Bereich des linken Kleinfingers und Ringfingers ulnarseitig, herabgesetzte Sensibilität im Bereich des rechten Kleinfingers.

Ellbogengelenke beids.: unauffällig. Druckschmerz im Bereich des Sulcus nervi ulnaris beidseits. Kein motorisches Defizit, Fingerspreizen unauffällig. Strecken und Beugen der Langfinger unauffällig. Thenar beidseits unauffällig, Tinel-Hofmann links schwach positiv.

Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.

Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich Die tiefe Hocke ist zu einem Drittel möglich

Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse.

Beinlänge ident.

Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.

Kniegelenk links: Zohlen+, sonst unauffälliges Gelenk.

Kniegelenk rechts: Narben nach zahlreichen Kniegelenksoperationen, Knietotalendoprothese, mäßige Umfangsvermehrung, keine Überwärmung. kein Erguss, Bewegungsempfindlichkeit. berührungsempfindlich.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften frei. Knie bds. 0/0/130, Sprunggelenke und Zehen sind seiteng;eich frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60 0 bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot. regelrechte

Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, deutlich

Hartspann paratumbal und mäßig im Bereich der Schulter und Nackenmuskulatur. Narbe LWS median 10 cm, deutlich berührungsempfindlich im Bereich der gesamten LWS. Kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule. ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen frei beweglich

BWS/LWS: FBA: Kniegelenke werden erreicht, BWS/LWS: Rotation und Seitneigen der BWS 20 0. der LWS 100

Lasegue beidseits ab 400 unter Schmerzangabe, teilweise beim Untersuchungsgang der Kniegelenke Abheben bis 600 in Streckstellung möglich.

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen ohne Begleitung und ohne Gehhilfe, das Gangbild ist mäßig rechts hinkend. insgesamt raumgewinnend und sicher. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.

Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.

STELLUNGNAHME:

ad 1) Einschätzung des Grades der Behinderung:

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Versteifung L4/L5, Bandscheibenprothese L5/S1 Unterer Rahmensatz, da mäßige Beweglichkeitseinschränkung ohne neurologisches Defizit.

02.01.02

30 %

Knietotalendoprothese rechts, beginnende Kniegelenksarthrose links Wahl dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da rechts Endoprothese mit geringer Beweglichkeitseinschränkung, links beginnende Retropatellararthrose

02.05.19

30 %

Epilepsie Unterer Rahmensatz, da leichte Form mit sehr seltenen Anfällen

04.10.01

20 %

Sulcus nervi ulnaris Syndrom beidseits Unterer Rahmensatz, da Gefühlsstörungen ohne motorisches Defizit

04.05.05

10%

ad 2) Gesamtgrad

der Behinderung 40%

Leiden 1 wird durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht, da eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt.

Leiden 3 und 4 erhöhen nicht, da von zu geringer funktioneller Relevanz.

ad 3) Stellungnahme zu den Einwendungen im Beschwerdevorbringen Abl. 29-30:

Eine maßgebliche Instabilität konnte im Bereich des rechten Kniegelenks nicht festgestellt werden, ein neurologisches Defizit mit Vorfußheber-Senkerschwäche ist nicht objektivierbar, Zehenballenstand und Fersenstand sind ohne Einsinken möglich. Unterstützung beim Ankleiden ist behinderungsbedingt nicht erforderlich, weder liegen höhergradige Funktionseinschränkungen der oberen noch der unteren Extremitäten noch der Wirbelsäule vor, ein neurologisches Defizit konnte nicht objektiviert werden, ausreichende Beweglichkeit sämtlicher Gelenke konnte festgestellt werden. Es konnte auch ein ausreichend sicheres Gangbild festgestellt werden.

Die Epilepsie, fachärztlich bestätigt in Abl. 38, wird einer Einstufung unterzogen.

Der Zustand nach Entfernung der Gallenblase ohne objektivierbare Funktionseinschränkungen erreicht keinen Behinderungsgrad.

Osteoporose ist nicht dokumentiert, Osteopenie per se wird keiner Einstufung unterzogen, behinderungsrelevante maßgebliche Folgeschäden sind nicht objektivierbar.

Eine zusätzliche therapeutische Intervention zur Behandlung der Wirbelsäulenbeschwerden sei geplant, maßgeblich sind jedoch objektivierbare Funktionseinschränkungen, eine eventuell vorzunehmende Implantation einer SCS Sonde bewirkt keine Änderung der Einstufung.

Allergie auf Penicillin, Lovenox und Hausstaubmilbe ohne entsprechende objektivierbarer Dauerfolgen kann keiner Einstufung als behinderungsrelevantes Leiden unterzogen werden.

Stellungnahme zu vorgelegten Beweismitteln Abl. 38-45

Befunde Abl. 38-45:

Abl. 38, Befund Dr L. Facharzt für Neurologie und Psychiatrie vom 14. 2. 2017

(neuropathische Schmerzen im Narbenbereich nach mehreren Knieoperationen,

Epilepsie mit sekundär generalisierten Anfällen, Verdacht auf Sulcus nervi ulnaris Syndrom links, chronische Gonalgie rechts. Zustand nach Discusprolaps L5/S1-Diskusprothese.

Behandlung mit Levetiracetam 1500 mg zweimal 1 und Lyrica, Saroten. Zolpidem bei Bedarf)

- Epilepsie wird neu in die Diagnosenliste aufgenommen. Verdacht auf Sutcus nervi uinaris Syndrom wird in der Einstufung berücksichtigt. Die weiteren Leiden werden entsprechend den Funktionseinschränkungen eingestuft. diesbezüglich keine neuen Informationen.

Abl. 39, Befund internistische Notfallaufnahme XXXX vom 9. 2. 2015 (bekannte sekundär generalisierte Epilepsie. heute Anfall. derzeit beschwerdefrei. Therapieempfehlung mit Steigerung der Dosis der antiepileptischen Behandlung) - in Leiden 3 berücksichtigt.

Abl. 40, Konsiliarbericht neurologische Abteilung vom 8. 5. 2013 (Verdacht auf funktionelie

Anfälle, empfehle Kontrolle Levetiracetam Spiegel im Blut, dringend neurologische Betreuung im niedergelassenen Bereich. Psychotherapie empfehlenswert) - in Leiden 3 berücksichtigt.

Abl. 41, Bericht notfallmedizinische Abt/g. XXXX vom 26. 4. 2011 (Synkope und Kollaps, blackout, Ohnmacht) - Eine Diagnose einer zu Grunde liegenden Erkrankung wird nicht gestellt, es liegt daher kein einschätzungswürdiges Leiden vor.

Isaballa GZ:

Abl. 42, Bericht neurologische Abteilung Krankenhaus XXXX vom 14. 6. 2011 (Epilepsie mit sekundär generalisierten Anfällen, medikamentöse Einstellung) - in Leiden 3 berücksichtigt.

Abl. 43, Bericht internistische Notaufnahme XXXX vom 10. 12. 2011 (Verdacht auf Panik mit Hyperventilation, Depressio, psychologische Belastungsreaktion bei anhaltenden Kniebeschwerden und Zustand nach 11-maliger Operation, Epilepsie mit sekundär generalisierten Anfällen) - Depressio ist fachärztlich nicht belegt, kann daher keiner Einstufung unterzogen werden. Die weiteren Leiden werden entsprechend den aktuellen feststellbaren Funktionseinschränkungen eingestuft.

Abl. 44, Bericht chirurgische Abteilung Krankenhaus XXXX vom 21.10.2013 (laparoskopische Cholezystektomie) - Keine Folgeschäden, daher keine Einstufung erforderlich.

Abl. 45, Bericht orthopädisches Krankenhaus XXXX vom 21. 9. 2015 (neuerliches Distorsionstrauma rechtes operiertes Knie, Klinik:

minimale Zeichen eines intraartikulären Ergusses, Druckschmerzen, mediolaterale Instabilität in Mitflexion, vordere Schublade nicht auslösbar, Bakerzyste, 0/0/100. Osteopenie. Muskelaufbau) - Wird in Leiden 2 in vollem Umfang berücksichtigt.

Abl. 14, Zuweisung neurologische Abteilung vom 22. 5 2017 (Fragestellung: Zustand nach TLIF L4/L5, Bandscheibenprothese L5/S1, Schmerzen, Rezidiv, Frage SCS Sonde) - Wird in Leiden 1 in vollem Umfang berücksichtigt. Maßgeblich für die Einstufung des Wirbelsäulenleidens sind objektivierbare Funktionseinschränkungen unter Beachtung sämtlicher vorgelegter Befunde. Es konnte im Bereich der Lendenwirbelsäule eine mäßige Einschränkung der Beweglichkeit ohne neurologisches Defizit festgestellt werden, die Gesamtmobilität ist nicht wesentlich beeinträchtigt, ausreichende analgetische Einstellung liegt vor, sodass aktuell eine Intensivierung der analgetischen Behandlung nicht nachvollziehbar ist.

Abl. 15, Bericht Wirbelsäule Spezialambulanz XXXX vom 22 5. 2017 (Rezidiv Lumboischialgie, Neuropathie, weitere neurologische Abklärung wegen SCS Sonde) - Keine neuen Erkenntnisse.

Abl. 16. MRT linkes Knie vom 11.5.2017 (Vernarbungen des proximalen vorderen Kreuzbandes links, Chondropathia patellae Grad III, knorpelige Gelenksauflagen normal breit) - Befund untermauert Richtigkeit der getroffenen Einstufung, beginnende

Retropatellararthrose wird in der Einstufung berücksichtigt.

Nachgereichte Befunde: keine

ad 4) Begründung einer eventuell vom bisherigen Ergebnis abweichenden Beurteilung, Abl. 20-24

Hinzukommen von Leiden 3 des aktuellen Gutachtens. da dokumentiert. Die weiteren Leiden werden unverändert eingestuft. Der Gesamtgrad der Behinderung ändert sich durch das hinzugekommene Leiden nicht.

ad 5) Feststellung, ob bzw. wann eine ärztliche Nachuntersuchung erforderlich ist Dauerzustand. Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich"

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.07.2018 wurde der Beschwerdeführerin sowie der belangten Behörde das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung dazu Stellung zu nehmen.

Beide Parteien gaben keine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin brachte am 25.07.2017 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.

Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Versteifung L4/L5, Bandscheibenprothese L5/S1

2. Knietotalendoprothese rechts, beginnende Kniegelenksarthrose links

3. Epilepsie

4. Sulcus nervi ulnaris Syyndrom beidseits

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, medizinischer Einschätzung und deren wechselseitiger Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 13.06.2018 zu Grunde gelegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt aktuell 40 v.H.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergibt sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Der Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 13.06.2018, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 12.04.2018.

Im Sachverständigengutachten vom 13.06.2018 wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die sachverständige Gutachterin setzt sich auch mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Im Vergleich zu dem dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Sachverständigengutachten ist nunmehr auch das Leiden "Epilepsie" mit einem Grad der Behinderung von 20 v.H. eingestuft. Dies aufgrund der Tatsache, dass die Funktionseinschränkung durch die nachgereichten Befunde nunmehr objektiviert ist. Aufgrund der zu geringen funktionellen Relevanz bewirkt die Neuerfassung dieses Leidens jedoch keine Änderung des Gesamtgrades der Behinderung.

Betreffend die übrigen Funktionseinschränkungen sowie den Gesamtgrad der Behinderung wird das seitens der belangten Behörde eingeholte und dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende orthopädische Sachverständigengutachten vom 25.10.2017, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 24.10.2017, bestätigt, welches zum selben Ergebnis kommt.

Insoweit die Beschwerdeführerin in der Beschwerde vorbringt, ihr rechtes Knie würde beim Gehen nach vorne wegknicken und zu Sturzgefahr führen, führt die Sachverständige aus, dass in der persönlichen Untersuchung keine maßgebliche Instabilität im Bereich des rechten Kniegelenk festgestellt werden habe können. Das Gangbild zeigte sich mäßig rechts hinkend, insgesamt aber raumgewinnend und sicher. Zehenballen- und Fersenstand waren ohne Einsinken durchführbar, auch ein neurologisches Defizit mit Vorfußheber-Senkerschwäche konnte nicht objektiviert werden.

Auch das Vorbringen, wonach die Beschwerdeführerin beim An- und Entkleiden Hilfe benötige, konnte im Rahmen der Statuserhebung nicht bestätigt werden. Die Beschwerdeführerin kleidete sich dabei selbständig im Sitzen aus- und an. Zur Untersuchung am 12.04.2018 erschien die Beschwerdeführerin ohne Begleitung und ohne Gehhilfe.

Der Zustand nach Entfernung der Gallenblase ist ohne objektivierbare Funktionseinschränkungen und erreicht deshalb keinen Grad der Behinderung. Dasselbe gilt für die Allergien gegen Penicillin, Lovenox und Hausstaubmilbe ohne objektivierbarer Dauerfolgen.

Zum Beschwerdevorbringen, wonach die Osteoporose im rechten Ober- und Unterschenkel nicht erwähnt worden sei, ist festzuhalten, dass in sämtlichen vorgelegten medizinischen Befunden Osteoporose nicht dokumentiert ist. Die diagnostizierte Osteopenie zieht keine behinderungsrelevanten Folgeschäden nach sich und kann daher keiner Einstufung unterzogen werden. Ebenso ist eine geplante Operation, wie die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Implantation einer SCS-Sonde, nicht geeignet, eine Änderung der Beurteilung herbeizuführen, da nur objektivierbare Funktionseinschränkungen in der zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Sachlage für die Einschätzung maßgeblich sind.

Abgesehen von der nun eingestuften Epilepsie waren die im Beschwerdeverfahren vorgelegten medizinischen Befunde nicht geeignet, eine Änderung der Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen herbeizuführen bzw. eine zwischenzeitig eingetretene Verschlechterung der Leidenszustände der Beschwerdeführerin zu belegen und allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung zu führen.

Die Beschwerdeführerin gab im Rahmen des Parteiengehörs keine Stellungnahme zum seitens des Bundesverwaltungsgerichts eingeholten Sachverständigengutachten ab.

Sie ist dem auf einer persönlichen Untersuchung basierenden Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 13.06.2018 im Lichte obiger Ausführungen daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es einem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen nach Wahl des Antragstellers zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 13.06.2018. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

Wie oben unter Punkt II.2. ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens des Bundesverwaltungsgerichts eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 13.06.2018, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 12.04.2018 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin aktuell 40 v.H. beträgt. Die Funktionseinschränkungen wurden im Gutachten entsprechend den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Die Beschwerdeführerin ist diesem medizinischen Sachverständigengutachten, wie bereits erwähnt, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es einem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen nach Wahl des Antragstellers zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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