TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/6 W217 2185420-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.09.2018
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Entscheidungsdatum

06.09.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
StVO 1960 §29b

Spruch

W217 2185420-1/8E

W217 2185420-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ulrike LECHNER L.L.M, sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER BA, MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX,

I. gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 08.01.2018, OB: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, und

II. gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 09.01.2018, OB: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO,

zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben.

I. Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass liegen vor.

II. Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO 1960 liegen vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Frau XXXX (in der Folge: BF) beantragte beim Sozialministeriumservice (in der Folge: belangte Behörde) am 23.08.2017 einlangend die Ausstellung eines Behindertenpasses, die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in diesen sowie die Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO.

Im von der belangten Behörde daraufhin eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 04.01.2018, basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF, wurden von Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, folgende Funktionseinschränkungen festgestellt:

Tabelle kann nicht abgebildet werden

Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden 1 wird durch 2, 3 mangels relevanter ungünstiger Leidensbeeinflussung nicht weiter gesteigert.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Vitamin D-Mangel: kein GdB, da substituiert. Sreatosis hepatitis erreicht ohne relevante funktionelle Einschränkung keinen GdB. Chronischer Nierenparenchymschaden erreicht bei normalem Kreatininwert keinen GdB.

Betreffend die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde festgehalten:

1. Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine. Unter Berücksichtigung der im Rahmen der Untersuchung festgestellten Defizite, insbesondere einer malignen Erkrankung bei normalem Allgemein- und sehr gutem Ernährungszustand, ohne wesentliche kardiorespiratorische Leistungseinschränkungen, mit erhaltener Kraft aller Extremitäten, sind weder die Gegenleistung noch die Beweglichkeit der Arme maßgeblich eingeschränkt, sodass das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Ein/Aussteigen sowie die sichere Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln möglich und zumutbar ist.

2. Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein"

2. Der BF wurde mit Schreiben vom 05.01.2018 ein Behindertenpass in Scheckkartenformat übermittelt. Der Gesamtgrad der Behinderung wurde mit 60% eingetragen.

Mit Bescheid vom 08.01.2018, OB: XXXX, hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen.

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt worden sei, welches ergeben habe, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen würden.

Mit Bescheid vom 09.01.2018, OB: XXXX, wurde der Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO abgewiesen.

3. In ihrer Beschwerde vom 16.01.2018 brachte die BF gegen diese Bescheide vor, dass sie nur die Finger krümmen könne, was von einer Faustbildung weit entfernt sei. Sie benötige beim Aus- und Ankleiden fremde Hilfe. Sie könne keine Wegstrecke von 300-400 m gehen. Ohne Hilfe könne sie keine 50 Schritte gehen. Sie müsse 3 bis 4-mal im Monat zur Kontrolle ins Krankenhaus und es sei ihr nicht möglich, die Strecke von den öffentlichen Verkehrsmitteln bis zum Krankenhaus und den Weg innerhalb des Krankenhauses zurückzulegen.

4. Die gegenständlichen Beschwerden und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 07.02.2018 von der belangten Behörde vorgelegt.

5. In der Folge holte das Bundesverwaltungsgericht ein ergänzendes Sachverständigengutachten ein.

Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, führt in seinem allgemeinärztlichen Sachverständigengutachten im Wesentlichen Folgendes aus:

"(...)

Vorliegende Befunde:

Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 8. November 2016:

Pflegegeld der Stufe 2.

III. Medizinische Abteilung Hanuschkrankenhaus, Entlassungsbericht vom 18. August 2016:

Knochenmarkskarzinose eines Mammacarcinoms, Diagnosestellung aus Knochenmarksbiopsie 26. Juli 2016. Transfusionsbedürftige Anämie, Thrombopenie. Aktuell laufende Chemotherapie, 1. Zyklus ab 9. August 2016. Port-a-Cath Implantation links am 5. August 2016, Zusatzdiagnosen: Pulmonalembolie beidseits und Pulmonalembolie 2001 nach tiefer Beinvenenthrombose linkes Knie, seitdem orale Antikoagulation, arterielle Hypertonie, Vitamin D Mangel, Steatosis Hepatitis, chronischer Nierenparenchymschaden, Diabetes mellitus Typ II. Die Patientin hat die Therapie ausgezeichnet toleriert. Nächste ambulante Kontrolle am 22. August 2016, nächste stationäre Aufnahme am 6. September 2016.

Nachgereicht werden Laborbefunde, davon werden die Befunde vom 7. Juli 2017 bis 1. Februar 2018 bei Erstellung des Gutachtens berücksichtigt. Im Laborbefund vom 1. Februar 2018 ist eine Anämie bei unauffälligem Leukozyten-und Thrombozytenbefund beschrieben. Auch die weiteren Befunde aus dem Jahr 2017 beschreiben eine Anämie sowie teilweise reduzierte Leukozyten und überwiegend normale Thrombozyten. Weitere Befunde von onkologischer Seite liegen nicht vor.

Aktuelle Medikation:

Telmisartan, Furohexal, Allopurinol, Xarelto, Gliclazid, Insulatard abends, Pantoprazol, Letrozol, Ibrance, Xgeva.

Sozialanamnese: verheiratet, 2 Söhne. Die BF kommt in Begleitung des Ehemannes.

Subjektive Beschwerden:

Die BF sei schwach, könne nicht weit gehen. Sie könne die Finger beider Hände nicht gut abbiegen. Der bösartige Tumor habe sich auf das Knochenmark ausgebreitet und sie müsse alle 14 Tage ins Krankenhaus zur Laborkontrolle. Eine Befund-Besprechung finde dann am nächsten Tag statt. Der letzte stationäre Aufenthalt fand 2016 statt. Eine CT-Kontrolle habe eine tumorfreie Leber und eine tumorfreie Lunge gezeigt, doch Absiedlungen im Knochenmark. Durch die Therapiemaßnahmen sei es zu einer Besserung des Befundes gekommen, sie sei jedoch nicht geheilt. Es sei damals ein Mikrokarzinom im Bereich der rechten Brust diagnostiziert worden, welches nicht operiert wurde, sondern mit einer Chemotherapie behandelt wurde. Bestrahlung erfolgte keine. Eine Chemotherapie sei begonnen worden und sei 6 Monate bis Jänner 2017 gelaufen. Ab Jänner 2017 sei nun eine medikamentöse Therapie mit Tabletten etabliert. Seit 3 Jahren ist ein Diabetes mellitus bekannt, welcher seit einem Jahr mit Insulin behandelt wird. Anamnestisch Zustand nach perforierter Blinddarmentzündung mit 14 Jahren, konventioneller Gallenblasenentfernung vor 20 Jahren sowie Pulmonalembolie beidseits 2011. Bereits 2001 sei es zu einem Lungeninfarkt gekommen. Seit 2 Jahren werde eine orale Antikoagulation mit Xarelto durchgeführt, davor lief ab 2011 eine Therapie mit Marcoumar. Seither kam es zu keinem thromboembolischen Rezidivgeschehen.

Status Präsens:

Allgemeinzustand: reduziert, Ernährungszustand: sehr gut, Größe:

164,5 cm, Gewicht: 100 kg, Aus- und Ankleiden erfolgt mit teilweiser Unterstützung durch den Ehemann, Caput/Hals: insgesamt unauffällig, keine Lippenzyanose,

keine Halsvenenstauung,

Port-a-Cath links pectoral in situ, blande Narbe,

Cor: Systolikum mit p.m. Erb, rhythmische Herzaktion, Blutdruck:

145/80,

Pulmo: V.A., sonorer KS, Basen atemversch., keine Sprechdyspnoe, keine Kurzatmigkeit bei Bewegungsprüfung im Untersuchungszimmer,

Abdomen: weich, über Thoraxniveau, keine Druckpunkte, Leber am Rippenbogen tastbar, Milz n.p., Darmgeräusche normal und unauffällig, blande Narbe nach konventioneller Gallenblasenentfernung, Nierenlager bds. frei,

HWS: Kopfdrehung und -seitneigung: nach rechts und links altersentsprechend frei, Inkl. und Rekl. altersentsprechend frei,

BWS: gerade, LWS: Rumpfdrehung und -seitneigung altersentsprechend frei,

Extremitäten:

OE: Rechtshändigkeit

Schultergelenk rechts: Abduktion aktiv 95°, passiv 110° und Anteversion aktiv 120° , passiv 130°, Schultergelenk links:

Abduktion aktiv 95°, passiv 110° und Anteversion aktiv 120°, passiv 130°, Nacken- und Schürzengriff beidseits durchführbar,

Ellenbogengelenke: frei,

Handgelenke frei beweglich, Fingergelenke bds. frei, Daumengelenke bds. frei,

Faustschluß bds. nicht komplett durchführbar, Zangengriff bds. durchführbar, Greif- und Haltefunktion beidseits gegeben,

UE: Hüftgelenk rechts: Flexion 90°, Abd. 1/3 eingeschränkt und Add. endlagig eingeschränkt, Hüftgelenk links: Flexion 90°, Abduktion 1/3 eingeschränkt, Adduktion endlagig eingeschränkt,

Kniegelenk rechts: Flexion 110°, Extension frei, bandstabil,

Kniegelenk links: Flexion 100°, Extension frei, bandstabil, vergröberte Kniegelenke beidseits, Sprunggelenke bds. frei,

sonstige Gelenke altersentsprechend frei, Hallux valgus beidseits, links deutlich stärker als rechts,

Fußheben links und rechts durchführbar,

1 -Beinstand bds. durchführbar, beide UE können nur gering (300) von der Unterlage abgehoben werden,

Fußpulse bds. palp.,

Venen: verstärkte Venenzeichnung beidseits, Stützstrümpfe an beiden

Unterschenkeln, Ödeme: geringe Knöchelödeme beidseits,

Stuhl: unauffällig, Harnanamnese: teilweise Stressinkontinenz, benötigt etwa 2 Einlagen pro Tag,

Psych: klar, wach, in allen Qualitäten orientiert, keine Denkstörungen, Denkziel wird erreicht, Stimmung etwas gedrückt, Anamneseerhebung gut möglich,

Gang: verlangsamtes, etwas schwerfälliges, flüssiges und ohne Hilfsmittelverwendung sicheres Gangbild. Die Füße werden beim Gehen nur gering vom Boden abgehoben. Aufstehen und Lagewechsel etwas verlangsamt möglich. Freies Stehen möglich.

Beantwortung der Fragen:

1)

Im Rahmen der aktuell durchgeführten klinischen Untersuchung lässt sich bei der BF ein reduzierter Allgemeinzustand objektivieren. Das Gangbild stellt sich zwar ohne Hilfsmittelverwendung sicher, jedoch insgesamt verlangsamt und schwerfällig dar. Die Füße werden beim Gehen nur gering vom Boden abgehoben. Befundmäßig belegt ist eine Knochenmarksabsiedlung eines Mammakarzinoms, welche mittels Knochenmarkspunktion am 26. Juli 2016 diagnostiziert wurde. In der Mammogafie sowie durch weiterführende magnetresonanztomographische Untersuchungen ließ sich laut des vorliegenden onkologischen Befundes kein Tumor im Brustbereich nachweisen. Die diagnostizierte Tumorabsiedlung im Knochenmark wurde zunächst mittels intravenöser Chemotherapie behandelt. Eine antihormonelle sowie eine medikamentöse Therapie zur Behandlung der bösartigen Erkrankung sind aktuell etabliert. Die Laborbefunde belegen infolge der Knochenmarksinfiltration das Vorliegen einer Anämie, welche regelmäßiger Kontrollen bedarf. Auch ein Absinken der Zahl der weißen Blutkörperchen sowie auch der Blutplättchen ist dokumentiert. Infolge des bösartigen Tumorleidens mit dokumentierten Störungen der Blutbildung und vorliegender Anämie lässt sich in der nunmehr durchgeführten klinischen Untersuchung ein reduzierter Allgemeinzustand objektivieren. Auch die berichtete vorliegende Müdigkeit lässt sich durch die vorliegende Anämie, welche durch die vorliegenden Befunde aus den Jahren 2017 bis Februar 2018 belegt ist, aus gutachterlicher Sicht nachvollziehbar erklären. Aus gutachterlicher Sicht ist es nachvollziehbar, dass bei zwar ohne Hilfsmittelverwendung sicherem, jedoch gestörtem Gangbild in Verbindung mit dem reduzierten Allgemeinzustand und der in Zusammenhang mit der Anämie stehenden körperlichen Symptomatik das Zurücklegen einer Wegstrecke von rund 300400 m auf erhebliche Weise erschwert ist.

2)

Diagnoseliste:

Knochenmarkskarzinose eines Mammacarcinoms (Diagnosestellung 26. Juli 2016), Anämie, Störungen der Blutbildung: das Tumorleiden und die daraus resultierende Blutbildungsstörung mit Vorliegen eines reduzierten Allgemeinzustandes erschweren die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf erhebliche Weise.

Pulmonalembolie beidseits und Pulmonalembolie 2001 nach tiefer Beinvenenthrombose: nach klinischer Untersuchung bewirkt dieses Leiden keine erhebliche Erschwernis bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Arterielle Hypertonie, Vitamin D Mangel, Steatosis Hepatitis, chronischer Nierenparenchymschaden, Diabetes mellitus Typ II: nach klinischer Untersuchung führen dieses Leiden zu keiner erheblichen Erschwernis bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

3)

Es liegen keine erheblichen funktionellen Einschränkungen der Gelenke der unteren Extremitäten vor. Im Rahmen der klinischen Untersuchung ließen sich in beiden Hüftgelenken insgesamt mäßiggradige funktionelle Einschränkungen objektivieren. Im Bereich der Kniegelenke ließen sich geringgradige funktionelle Einschränkungen beidseits erheben. Die übrigen Gelenke der unteren Extremitäten sind altersentsprechend frei beweglich. Das Gangbild stellt sich insgesamt verlangsamt und schwerfällig, jedoch ohne Hilfsmittelverwendung sicher und flüssig dar.

4)

Infolge des bösartigen Tumorleidens mit dokumentierter Infiltration des Knochenmarkes und laufenden medikamentösen Therapiemaßnahmen lässt sich im Rahmen der klinischen Untersuchung ein reduzierter Allgemeinzustand objektivieren. Aufgrund der bösartigen Tumorerkrankung mit Störung der Blutbildung und der daraus resultierenden körperlichen Symptomatik liegt insgesamt eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor.

5)

Erhebliche Einschränkungen der Funktionen der oberen Extremitäten liegen nicht vor. Im Bereich der Schultergelenke konnten mäßig- bis mittelgradige funktionelle Einschränkungen objektiviert werden. Bei an beiden Händen etwas eingeschränktem Faustschluss ließen sich insgesamt geringgradige funktionelle Einschränkungen der Hände, bei erhaltener Greif- und Haltefunktion erheben.

6)

Die laut Schreiben der BF angeführten Funktionseinschränkungen der Hände bei etwas eingeschränktem Faustschluss sind geringgradig. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Befunde sowie in Zusammenschau mit der nunmehr durchgeführten klinischen Untersuchung und Objektivierung eines reduzierten Allgemeinzustandes sowie bestehender Symptomatik bei bösartigem Tumorleiden mit Knochenmarksinfiltration sowie daraus resultierender Blutbildungsstörung ist aus gutachterlicher Sicht das Gehen von rund 300-400 m aus eigener Kraft, das Be- und Entsteigen sowie der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel auf erhebliche Weise erschwert.

7)

Unter Berücksichtigung der nachgereichten Befunde und nach nunmehr durchgeführter klinischer Untersuchung mit Objektivierung eines infolge des bösartigen Tumorleidens mit Blutbildstörung bei Knochenmarksinfiltration reduzierten Allgemeinzustandes ergeben sich Änderungen der Einschätzung hinsichtlich beantragter Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel".

8)

Da infolge der Therapiemaßnahmen eine Besserung des am 26. Juli 2016 mittels Knochenmarksbiopsie diagnostizierten Mammakarzinoms möglich ist, ist eine ärztliche Nachuntersuchung nach Ablauf der Heilungsbewährung im August 2021 erforderlich."

6. Die Gelegenheit, zu dem vom Bundesverwaltungsgericht übermittelten Sachverständigengutachten Stellung zu nehmen, blieb seitens der BF und der belangten Behörde ungenützt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Am 23.08.2017 langte bei der belangten Behörde die gegenständlichen Anträge auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" sowie auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO ein.

Die BF ist Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 60 %.

Beim BF liegen folgende Funktionseinschränkungen vor:

-

Knochenmarkskarzinose eines Mammacarzinoms

-

Diabetes Mellitus

-

Hypertonie

Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass liegen vor.

Hinsichtlich der Auswirkungen der bei der BF bestehenden Funktionseinschränkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen im oben wiedergegebenen medizinischen Gutachten von Dr. XXXX der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung der gegenständlichen Anträge auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" sowie auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zum Behindertenpass ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung", die zur Gewährung der Vornahme dieser Zusatzeintragung führen, gründen sich auf das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 26.06.2018. Unter Berücksichtigung der von der BF ins Verfahren eingebrachten medizinischen Unterlagen und nach persönlicher Untersuchung der BF wurde vom medizinischen Sachverständigen festgestellt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für die BF nicht zumutbar ist.

Der medizinische Sachverständige gelangte unter den von ihm geprüften Gesichtspunkten auf Grundlage der Ergebnisse der persönlichen Untersuchung der BF am 10.04.2018 zu dem Schluss, dass im Fall der BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar ist, da sich im Rahmen der durchgeführten klinischen Untersuchung bei der BF ein reduzierter Allgemeinzustand objektivieren lässt. Das Gangbild stelle sich zwar ohne Hilfsmittelverwendung sicher, jedoch insgesamt verlangsamt und schwerfällig dar. Die Füße würden beim Gehen nur gering vom Boden abgehoben. Befundmäßig belegt sei eine Knochenmarksabsiedlung eines Mammakarzinoms, welche mittels Knochenmarkspunktion am 26. Juli 2016 diagnostiziert wurde. In der Mammografie sowie durch weiterführende magnetresonanztomographische Untersuchungen habe sich laut des vorliegenden onkologischen Befundes kein Tumor im Brustbereich nachweisen lassen. Die diagnostizierte Tumorabsiedlung im Knochenmark sei zunächst mittels intravenöser Chemotherapie behandelt worden. Eine antihormonelle sowie eine medikamentöse Therapie zur Behandlung der bösartigen Erkrankung seien aktuell etabliert. Die Laborbefunde belegten infolge der Knochenmarksinfiltration das Vorliegen einer Anämie, welche regelmäßiger Kontrollen bedarf. Auch ein Absinken der Zahl der weißen Blutkörperchen sowie auch der Blutplättchen sei dokumentiert. Infolge des bösartigen Tumorleidens mit dokumentierten Störungen der Blutbildung und vorliegender Anämie lasse sich in der nunmehr durchgeführten klinischen Untersuchung ein reduzierter Allgemeinzustand objektivieren. Auch die berichtete vorliegende Müdigkeit lasse sich durch die vorliegende Anämie, welche durch die vorliegenden Befunde aus den Jahren 2017 bis Februar 2018 belegt sei, aus gutachterlicher Sicht nachvollziehbar erklären. Aus gutachterlicher Sicht sei es nachvollziehbar, dass bei zwar ohne Hilfsmittelverwendung sicherem, jedoch gestörtem Gangbild in Verbindung mit dem reduzierten Allgemeinzustand und der in Zusammenhang mit der Anämie stehenden körperlichen Symptomatik das Gehen von rund 300-400 m aus eigener Kraft, das Be- und Entsteigen sowie der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel auf erhebliche Weise erschwert ist.

Da infolge der Therapiemaßnahmen eine Besserung des am 26. Juli 2016 mittels Knochenmarksbiopsie diagnostizierten Mammakarzinoms jedoch möglich ist, hielt der medizinische Sachverständige eine ärztliche Nachuntersuchung nach Ablauf der Heilungsbewährung im August 2021 für erforderlich.

Somit waren die im Rahmen der Beschwerde erhobenen Einwände geeignet, das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu entkräften, da sie ausreichend substantiiert waren.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichts bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des medizinischen Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX, welches daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt wird.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A. I.)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hierzu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.

Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)

Wie bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, wurde seitens des vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten, auf einer persönlichen Untersuchung der BF basierenden Sachverständigengutachtens eines Arztes für Allgemeinmedizin nachvollziehbar festgestellt, dass im Fall der BF die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen.

Bei der BF sind, wie bereits in den beweiswürdigenden Ausführungen ausgeführt wurde, ausgehend von diesem Sachverständigengutachten aktuell ein reduzierter Allgemeinzustand sowie eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen objektiviert; im Rahmen der persönlichen Begutachtung wurde festgestellt, dass die BF nicht mehr in der Lage ist, die geforderte Gehstrecke von 300-400 m in angemessener Zeit selbständig zu bewältigen, auch das Ein- und Aussteigen sowie die sichere Beförderung im öffentlichen Verkehrsmittel sind nicht gewährleistet.

Zu Spruchpunkt A. II.)

§ 29b Abs. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) besagt:

‚Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, ist als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. [ ]'

Die genannte Zusatzeintragung im Behindertenpass wird daher in weiterer Folge von der belangten Behörde vorzunehmen sein, womit die (einzige) Voraussetzung für die Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29 StVO erfüllt ist.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Im gegenständlichen Fall bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob der BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, das Gutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin, Fachärztin für Unfallchirurgie. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie oben bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Parkausweis, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W217.2185420.2.00

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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