Entscheidungsdatum
11.09.2018Norm
AVG §71Spruch
L501 2171354-4/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Einzelrichterin über die Beschwerde von Herrn XXXX, SVNR XXXX, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt XXXX, gegen den Bescheid der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, Landesstelle Linz, vom 03.07.2018, AZ. XXXX, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 04.09.2017 gemäß § 71 Abs.1 Z 1 in Verbindung mit Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) und § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zurückgewiesen wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, Landesstelle Linz, (im Folgenden belangte Behörde) vom 23.06.2017, zugestellt am 28.06.2017, wurde der Antrag der rechtsfreundlich vertretenen bP vom 17.10.2016 auf Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 30 unter Hinweis auf § 68 Abs. 1 AVG wegen bereits rechtskräftig entschiedener Sache zurückgewiesen. Die Rechtsmittelbelehrung enthält den Hinweis, dass der Bescheid binnen vier Wochen ab dem Tag der Zustellung durch Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden kann.
Gegen den abschlägigen Bescheid erhob die rechtsfreundliche Vertretung mit Schriftsatz vom 25.07.2017 beim Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht innerhalb der vierwöchigen Frist Klage. In der dem Klagsvertreter am 11.08.2017 via ERV direkt gemäß § 112 ZPO als Gleichschrift zugestellten Klagebeantwortung der belangten Behörde vom 02.08.2017 wurde unter Zitierung der Entscheidung 10 Obs 17/15w explizit darauf hingewiesen, dass die Zurückweisung eines Leistungsantrages wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG als Verwaltungssache durch Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu bekämpfen sei, weshalb die Zurückweisung der Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht beantragt werde. Mit Beschluss des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 18.08.2017, 31 Cgs 97/17t, wurde die Klage zurückgewiesen, da es sich bei der Zurückweisung eines Leistungsantrages wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG um einen verfahrensrechtlichen Bescheid in Leistungssachen handle, der als Verwaltungssache im Sinne des § 355 ASVG zu beurteilen und durch Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (10 Obs 17/15w) zu bekämpfen sei. Der Beschluss wurde den Parteien am 21.08.2017 via ERV zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.
Mit Schriftsatz vom 04.09.2017, bei der belangten Behörde eingelangt am 07.09.2017, stellte die bP einen Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde an das Verwaltungsgericht gegen den Bescheid vom 23.06.2017 und holte gleichzeitig die versäumte Rechtshandlung nach.
Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 20.09.2017, eingelangt am 22.09.2017, den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand samt Beschwerde und Verfahrensakt vor. Beantragt wurden die Abweisung der Beschwerde sowie die Nichtstattgabe des Wiedereinsetzungsantrages. In der Folge wurde die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 23.06.2017 mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.06.2018, L501 2171354-1/3E, als verspätet zurückgewiesen sowie der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit verfahrensleitender Anordnung vom 07.06.2018, L501 2171354-2/2E, gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG der belangten Behörde weitergeleitet.
Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid der belangten Behörde vom 03.07.2018 wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 04.09.2017, eingelangt am 07.09.2017, sodann wegen Nichtvorliegen einer Fristversäumung bzw. eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses abgewiesen. In ihrer mit Schriftsatz vom 30.07.2018 fristgerecht erhobenen Beschwerde behauptet die rechtsfreundlich vertretene bP das Vorliegen eines unvorhergesehenen bzw. unvermeidbaren Ereignisses, welches sie ohne ihr Verschulden an der Fristwahrung gehindert habe, und verweist dazu vollinhaltlich auf den Wiedereinsetzungsantrag. In diesem Antrag war vorgebracht worden, dass die rechtsfreundliche Vertretung aufgrund ihrer großen Arbeitsbelastung während der Urlaubszeit an Stelle einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht eine Klage beim Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht eingebracht habe. Urlaube von Mitarbeitern hätten den Arbeitsanfall für den Vertreter erheblich erhöht, sodass sie ohne ihr Verschulden an der Fristwahrung gehindert gewesen sei. Dieses Hindernis sei erst mit Zustellung des Beschlusses des Arbeits- und Sozialgerichtes vom 18.08.2017 am 21.08.2017 weggefallen.
Mit Schriftsatz vom 07.08.2018 wurde die verfahrensgegenständliche Beschwerde samt Stellungnahme dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt. In der Stellungnahme wurde die Verspätung des am 07.09.2017 eingelangten Wiedereinsetzungsantrages vom 04.09.2017 behauptet, da die bP bereits aufgrund der im Sozialgerichtsverfahren erstatteten Klagebeantwortung der belangten Behörde sowie deren Zustellung an den Rechtsvertreter der bP via ERV am 11.08.2017 (bereitgestellt am 12.08.2017) von ihrem Irrtum bzw. Versehen Kenntnis erlangt habe. Es läge auch kein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis vor, da bei Einschreiten eines rechtskundigen Parteienvertreters ein strengerer Maßstab anzusetzen sei als bei Rechtsunkundigen und der bloße Hinweis auf urblaubszeitbedingte Mehrarbeit daher nicht genüge.
Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.08.2018 wurden der bP die Stellungnahme der belangten Behörde sowie deren Klagebeantwortung vom 02.08.2017 samt Ausdruck "Direktzustellung" gemäß § 45 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG übermittelt. In ihrem Schreiben vom 04.09.2018 teilte die rechtsfreundlich vertretene bP mit, dass das Hindernis nicht bereits mit Zustellung der Klagebeantwortung weggefallen sei, sondern erst mit Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses des LG Linz als Arbeits- und Sozialgericht. Erst mit Zustellung dieses Beschlusses habe sie das ihr unterlaufene Versehen erkannt und habe mit diesem Datum auch die Wiedereinsetzungsfrist zu laufen begonnen. Der ihr unterlaufene Fehler sei erst mit diesem Beschluss evident und vom Gericht bestätigt worden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 23.06.2017, zugestellt am 28.06.2017, wurde der Antrag der rechtsfreundlich vertretenen bP vom 17.10.2016 auf Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 30 unter Hinweis auf § 68 Abs. 1 AVG wegen bereits rechtskräftig entschiedener Sache zurückgewiesen. Die Rechtsmittelbelehrung enthält den Hinweis, dass der Bescheid binnen vier Wochen ab dem Tag der Zustellung durch Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden kann.
Gegen den abschlägigen Bescheid erhob die rechtsfreundliche Vertretung mit Schriftsatz vom 25.07.2017 beim Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht innerhalb der vierwöchigen Frist Klage. In der dem Klagsvertreter am 11.08.2017 via ERV direkt gemäß § 112 ZPO als Gleichschrift zugestellten Klagebeantwortung der belangten Behörde vom 02.08.2017 wurde unter Zitierung der Entscheidung 10 Obs 17/15w explizit darauf hingewiesen, dass die Zurückweisung eines Leistungsantrages wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG als Verwaltungssache durch Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu bekämpfen sei, weshalb die Zurückweisung der Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht beantragt werde. Mit Beschluss des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 18.08.2017, 31 Cgs 97/17t, wurde die Klage zurückgewiesen, da es sich bei der Zurückweisung eines Leistungsantrages wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG um einen verfahrensrechtlichen Bescheid in Leistungssachen handle, der als Verwaltungssache im Sinne des § 355 ASVG zu beurteilen und durch Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (10 Obs 17/15w) zu bekämpfen sei. Der Beschluss wurde den Parteien am 21.08.2017 via ERV zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.
Mit Schriftsatz vom 04.09.2017, bei der belangten Behörde eingelangt am 07.09.2017, stellte die bP einen Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde an das Verwaltungsgericht gegen den Bescheid vom 23.06.2017. Dieser Antrag wurde mit verfahrensgegenständlichem Bescheid abgewiesen.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie den Gerichtsakt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich aus der vorliegenden Aktenlage und ist unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, [...] und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A)
Gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Als Ereignis ist jedes Geschehen ohne jede Beschränkung auf Vorgänge in der Außenwelt anzusehen. Ereignisse können daher z.B. eine alltägliche Erkrankung, eine Naturkatastrophe, Gewalteinwendungen von außen, aber auch so genannte psychologische Vorgänge, wie Vergessen, Verschreiben oder auch ein Irrtum sein. "Unvorhergesehen" ist ein Ereignis dann, wenn die Partei es tatsächlich nicht einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme von zumutbarer Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte (VwGH 25.03.1976 Slg 9074A; 03.10.1977, 2583/76; 26.06.1985, 83/03/0134 u.a.). "Unabwendbar" ist ein Ereignis dann, wenn sein Eintritt objektiv von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert werden kann (VwGH 10.10.1991, 91/06/0126, 22.09.1992, 92/04/0194).
Den Antragsteller trifft die Obliegenheit, im Wiedereinsetzungsantrag selbst den Wiedereinsetzungsgrund zu behaupten und glaubhaft zu machen. Dies setzt eine konkrete Beschreibung jenes unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses voraus, welches die Partei an der Einhaltung der First gehindert hat (Beschluss des VwGH, 24.01.1997, 96/19/2430). Von dieser Obliegenheit zur konkreten Darlegung der für die Wiedereinsetzung maßgeblichen Umstände sind auch insbesondere jene Gründe umfasst, welche bewirken, dass der Antragsteller durch ein konkretes Ereignis außer Stande gesetzt wurde, die Frist zu wahren (VwGH 22.01.1999, 98/19/0144).
Der Antrag auf Wiedereinsetzung selbst muss gemäß § 71 Abs. 2 AVG binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden. Die Frist für die Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages nach § 71 Abs. 2 AVG ist somit ab Kenntnis der Verspätung des eingebrachten Rechtsmittels zu berechnen (VwGH 30.6.1983, 82/06/0056 Slg 11109A nur Rechtssatz, 13.12.1990, 90/09/0157, 8.7.1993, 93/18/0082, 18.10.1994, 94/04/0101 ua). Den Wiedereinsetzungswerber trifft diesbezüglich eine Behauptungspflicht und ist er gehalten, die diesbezüglichen Behauptungen zu belegen. Der Antrag hat bereits alle für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit maßgeblichen Angaben zu enthalten, um so bereits die Überprüfung der Rechtzeitigkeit zu ermöglichen (vgl. VwGH 17.05.1999, 99/05/0018, 18.07.2002, 2001/16/0482). Nach Ablauf der Frist des § 71 Abs. 2 AVG ist ein Austausch oder das Nachschieben von Gründen betreffend die Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsbegehrens nicht mehr zulässig; dies gilt umso mehr für das Rechtsmittelverfahren (vgl. VwGH 21.05.1997, 96/21/0574).
Im konkreten Fall bedeutet dies:
In ihrem Schriftsatz vom 04.09.2017, eingelangt bei der belangten Behörde am 07.09.2017, wurde hinsichtlich der Rechtzeitigkeit des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeführt, dass das die Wahrung der Beschwerdefrist hindernde Versehen des Rechtsvertreters erst mit Zustellung des zurückweisenden Beschlusses des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 18.08.2017 am 21.08.2017 weggefallen sei. Dabei übersieht der Vertreter jedoch, dass im gegenständlichen Fall als Hindernis im Sinne des § 71 Abs. 2 AVG jenes Ereignis im Sinne des § 71 Abs. 1 Z 1 AVG zu verstehen ist, das die Fristeinhaltung verhindert hat. So hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 25. März 1976, Slg. Nr. 9.024/A, ausgesprochen, dass nicht nur ein äußeres Ereignis, sondern auch ein Irrtum ein "Ereignis" im Sinne des § 71 Abs. 1 AVG sein kann. Besteht nun dieses Ereignis in einem "Rechtsirrtum", so hört das Hindernis im Sinne des § 71 Abs. 2 AVG jedenfalls auf, sobald die bP (die Vertretung der bP) den Irrtum als solchen erkennen konnte und musste. Die Versäumung der Beschwerdefrist ist gemäß Vorbringen der bP der Einbringung des "falschen Rechtsmittels" der Klage beim Landesgericht Linz geschuldet, wobei dieser Irrtum auf eine urlaubsbedingte Überlastung des Vertreters zurückzuführen sei. Spätestens bei der via ERV am 11.08.2017 zugestellten bzw. am 12.08.2017 bereitgestellten Klagebeantwortung hätte jedoch bei gehöriger Aufmerksamkeit erkannt werden müssen, dass durch die Einbringung des "falschen Rechtsmittels" die Beschwerdefrist abgelaufen ist. Dies umso mehr als in der Klagebeantwortung unter Zitierung der Entscheidung 10 Obs 17/15w explizit darauf hingewiesen wurde, dass die Zurückweisung eines Leistungsantrages wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG als Verwaltungssache durch Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu bekämpfen sei. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 04.09.2017 ist daher jedenfalls nicht innerhalb der zweiwöchigen Frist iSd §71 Abs. 2 AVG gestellt worden und sohin als verspätet anzusehen.
Nur der Vollständigkeit halber ist noch darauf hinzuweisen, dass selbst dann, wenn man die Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages bejahen würde, dieser nicht zu einer Wiedereinsetzung führen könnte.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei. Dabei stellt ein dem Vertreter widerfahrenes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei höchstens um einen minderen Grad des Versehens handelt. Vor allem aus § 10 Abs. 2 AVG ergibt sich, dass die Folgen eines Versehens des Parteienvertreters die Partei treffen, weil der Vertretene grundsätzlich für Handlungen und Unterlassungen seines Vertreters einzustehen hat, mithin auch ein vom Vertreter verschuldetes Fristversäumnis dem Vertretenen selbst zum Verschulden angerechnet werden muss (vgl. dazu VwGH 30.01.2001, 98/18/0225, mwN). Ein Verschulden des Parteienvertreters, das über den minderen Grad des Versehens hinausgeht, schließt daher die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB zu verstehen (vgl VwGH 27.11.2001, 2001/18/0228). Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben, wobei an beruflich rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige Personen (vgl. VwGH vom 26.04.1994, 93/05/0104).
Gemäß Judikatur hat ein Rechtsanwalt die Organisation seiner Kanzlei so einzurichten, dass die fristgerechte Erhebung von Rechtsmitteln gesichert erscheint. Die bP hat im Wiedereinsetzungsantrag nicht darlegt, in welcher Weise in der Kanzlei ihres Rechtsanwaltes dafür Sorge getragen wird, insbesondere nicht wie dies im Falle urlaubsbedingter Mehrbelastung im Normalfall geschieht. Schon aus diesem Grund hat die belangte Behörde zu Recht das Vorliegen eines bloß minderen Grades des Versehens und damit das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes verneint (vgl. VwGH vom 20.11.2000, 93/01/0047). Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass berufliche Überlastungen oder großer Zeitdruck nach der stRsp des VwGH nicht hinreichen, um die Bewilligung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu rechtfertigen (vgl. VwGH vom 25.04.1995, 95/05/0084). Aus den dargelegten Erwägungen konnte die bP somit auch nicht das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen iSd § 71 AVG glaubhaft machen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil zu den Voraussetzungen eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zahlreiche Judikate des Verwaltungsgerichtshofes vorliegen, die Rechtsfragen in der bisherigen Rechtsprechung einheitlich beantwortet wurden und in der vorliegenden Entscheidung von der höchstrichterlichen Spruchpraxis auch nicht abgewichen wurde.
Absehen von einer Beschwerdeverhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. VwGH 03.11.2015, Zl. 2013/08/0153). Das trifft für das gegenständliche Verfahren zu. Der maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage geklärt erachtet werden und ist nicht ergänzungsbedürftig. Es wurden für die gegenständliche Entscheidung weder zu klärende Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen noch Rechtsfragen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätten. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt näher zu erörtern. Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen dem Absehen von der Verhandlung nicht entgegen.
Schlagworte
Fristversäumung, Irrtum, Rechtsvertreter, Wiedereinsetzung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L501.2171354.4.00Zuletzt aktualisiert am
18.01.2019