TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/17 W217 2149391-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.09.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

17.09.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
StVO 1960 §29b

Spruch

W217 2149387-1/16E

W217 2147919-1/19E

W217 2149391-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ulrike LECHNER LL.M. sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER BA, MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Dr. Peter Döller, Rechtsanwalt, Brucknerstraße 4/5, 1040 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom

1. 30.12.2016, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung,

2. 03.01.2017, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung"

3. 20.01.2017, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO,

zu Recht erkannt:

A)

1. Die Beschwerde wird gemäß § 41 Abs. 1, § 43 Abs. 1, § 45 Abs. 1 und 2 des Bundesbehindertengesetzes (BBG) als unbegründet abgewiesen.

Der Grad der Behinderung beträgt weiterhin 50 v.H.

2. Die Beschwerde wird gemäß §§ 42 und 47 des Bundesbehindertengesetzes (BBG) iVm § 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen als unbegründet abgewiesen.

3. Die Beschwerde wird gemäß § 29b StVO als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision zu A.1.), A.2.) und A.3.) ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Frau XXXX (in der Folge: BF) ist seit 30.03.2012 Inhaberin eines unbefristet ausgestellten Behindertenpasses. Der Grad der Behinderung wurde mit 50 v.H. festgestellt.

Dr. XXXX , FA für Unfallchirurgie, stellte in seinem Gutachten vom 07.03.2012 folgende Funktionseinschränkungen, unter Anwendung der Richtsatzverordnung, bei der BF fest:

1. Chronisches Reizdarmsyndrom bei Fructosemalabsorption, Lactose- und Histaminintoleranz

2. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule

3. Somatoforme Schmerzstörung

4. Chronische Bronchitis

5. Zustand nach Stumaoperation 1981

6. Zustand nach CTS-Operation rechts (Gebrauchsarm)

7. Zustand nach CTS-Operation links (Gegenarm)

8. Zustand nach Gebärmutterentfernung

9. Zustand nach Grauer Star-OP bds., Grüner Star bds. mit normaler Sehleistung bds. bei geringer Kurz- und Stabsichtigkeit

10. Fingerpolyarthrosen und beginnende Kniegelenksarthrosen beidseits

2. Die BF begehrte am 08.09.2016 beim Sozialministeriumservice (in der Folge: belangte Behörde) die Neufestsetzung des Grades der Behinderung, die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" sowie die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis).

In der Folge gab die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. Im auf einer persönlichen Untersuchung der BF am 16.11.2016 basierenden Gutachten vom 29.12.2016 wurde von Dr. XXXX , Facharzt für Orthopädie, im Wesentlichen Folgendes festgestellt:

"Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Lendenwirbelsäule: Zustand nach Versteifungsoperation L3/4; Oberer Rahmensatz, da rezidivierende, postoperative Schmerzzustände mit Therapiebedarf bestehen;

02.01.02

40

2

Hals- und Brustwirbelsäule: multisegmentale degenerative Veränderungen Unterer Rahmensatz, da klinische Beschwerden und radiologische Veränderungen vorliegen, aber nur eine pseudoradikuläre Symptomatik besteht;

02.01.02

30

3

Reizdarmsyndrom: chronische Darmstörung leichten Grades; Oberer Rahmensatz, da eine Fructosemalabsorption vorliegt, aber nur eine geringe Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes besteht;

07.04.04

20

4

Bauchwandherniation mit leichter Funktionseinschränkung Unterer Rahmensatz, da nur geringe Beschwerden bestehen und eine konservative Therapie ausreichend ist;

07.08.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden 1 wird durch Leiden 2 beeinflußt, da ein wechselseitiges ungünstiges Zusammenwirken in relevantem funktionsbeeinträchtigendem Ausmaß vorliegt, der Gesamtgrad der Behinderung wird daher um eine Stufe erhöht.

Durch Leiden 3 und 4 kommt es nicht zu einer negativen Beeinflussung von Leiden 1, sie erhöhen daher nicht weiter.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Die angegebenen Beschwerden in den Daumengelenken beidseits und die in den Befunden angeführten Veränderungen entsprechen einer geringgradigen, altersentsprechenden Abnützung, bieten derzeit keine funktionelle Einschränkung und erreichen daher keinen Grad der Behinderung.

Leiden 3 (somatoforme Schmerzstörung) und 4 (chronische Bronchitis) des Vorgutachtens können bei der Untersuchung nicht nachvollzogen werden und erreichen daher keinen Grad der Behinderung.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Leiden 5 bis 9 des Vorgutachtens werden aus der Beurteilung herausgenommen, da sie im Vergleich zum Vorgutachten keine behinderungsrelevanten Funktionseinschränkungen bieten.

Eine einschätzungsrelevante Veränderung mit Verschlechterung des Gesundheitszustandes in allen Abschnitten der Wirbelsäule wurde in der Beurteilung berücksichtigt.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Der Gesamtgrad der Behinderung bleibt unverändert.

X Dauerzustand

(...)

Prüfung der Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

1. Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine. Trotz der Funktionseinschränkung seitens der Wirbelsäule ist eine ausreichende Gehstrecke von einigen hundert Metern bewältigbar, das Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel, sowie das Bewältigen von Hindernissen ist durch den ausreichenden Bewegungsumfang aller Gelenke der unteren Extremitäten durchführbar und zuzumuten. Funktionseinschränkungen der oberen Extremitäten bestehen nicht, somit ist das Anhalten möglich und der sichere Transport gewährleistet. Die Notwendigkeit von Unterarmstützkrücken kann bei der Untersuchung nicht nachvollzogen werden und ist somit nicht als behinderungsrelevant einzustufen.

2. Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein"

3.1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30.12.2016 wurde der Antrag vom 08.09.2016 auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung abgewiesen. Festgestellt wurde, dass die Voraussetzungen für folgende Zusatzeintragung vorliegen: "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996". Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass im Ermittlungsverfahren ein Gutachten zur Feststellung des Grades der Behinderung eingeholt worden sei. Nach diesem Gutachten betrage der Grad der Behinderung 50%. Somit seien keine Änderungen des Grades der Behinderung eingetreten. Die Voraussetzungen für die Berichtigung des Behindertenpasses würden somit nicht vorliegen.

3.2. Mit Bescheid vom 03.01.2017 wurde der Antrag vom 08.09.2016 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen. Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass das im Ermittlungsverfahren eingeholte Gutachten ergeben habe, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen würden.

3.3. Mit Bescheid vom 20.01.2017 wurde der Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO abgewiesen.

4. Gegen den Bescheid vom 30.12.2016 und zwar in jenem Umfang, in dem die Neufestsetzung des Grades der Behinderung abgewiesen wurde, wurde von der BF fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin führte sie aus, dass der Gutachter zu dem Ergebnis gekommen sei, dass das führende Leiden 1 durch das Leiden 2 so beeinflusst werde, dass ein wechselseitiges ungünstiges Zusammenwirken in relevantem, funktionsbeeinträchtigendem Ausmaß vorliege. Dies führe zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung auf insgesamt 50 %. Eine weitere Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung sei vom Sachverständigen verneint worden, weil es seiner Ansicht nach durch die Leiden 3 und 4 zu keiner negativen Beeinflussung des Leidens 1 komme. Die BF vertrete dazu die Ansicht, dass eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung für sie nicht nur deswegen bestehe, weil massive Veränderungen der Wirbelsäule eingetreten sein, sondern weil dazu noch die vom Sachverständigen bestätigte chronische Darmstörung und Bauchwandherniation mit Funktionseinschränkung treten würden. Immerhin sei bei der BF im Zusammenhang mit der chronischen Darmstörung bereits ab dem Jahr 1997 eine Laktose-, ab 2003 zusätzlich auch eine Fructose- und Histaminintoleranz amtsärztlich festgestellt und aufgrund dessen bereits seit 1997 ein dauernder Grad der Behinderung von 30 % festgestellt worden. Im Jahr 2012 seien bei der BF noch neun Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt worden, nun nur noch vier Beeinträchtigungen. So sei nicht nachvollziehbar, dass die im Sachverständigengutachten im Jahr 2012 festgestellten Fingerpolyarthrosen und Kniegelenksarthrosen mit ursprünglich 10 % Grad der Behinderung nunmehr im Jahr 2016 keinen Grad der Behinderung mehr erreichen. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb eine Abnützung, die bereits im Jahr 2012 zu einer Funktionsbeeinträchtigung im Ausmaß von 10 % geführt hat, im Jahr 2016 zu keiner Funktionsbeeinträchtigung mehr führen sollte, zumal sich der Gesundheitszustand bei der BF in allen Abschnitten der Wirbelsäule festgestelltermaßen verschlechtert hat. Wie der Sachverständige bestätigte, treten sowohl eine chronische Darmstörung als auch die Bauchwandherniation mit Funktionseinschränkung dazu. Ebenso unplausibel sei die Einschätzung des Sachverständigen aus dem Fachbereich der Orthopädie, dass dieser die im Gutachten des Jahres 2012 festgestellte chronische Bronchitis sowie die festgestellte somatoforme Schmerzstörung nun nicht mehr nachvollziehen könne.

5. Weiters wurde Beschwerde gegen den Bescheid vom 03.01.2017 erhoben und vorgebracht, dass der BF aufgrund der Funktionsbeeinträchtigungen betreffend die Wirbelsäule das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das sichere Ein- und Aussteigen, sowie der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht möglich sei. Aufgrund ihrer degenerierten Wirbelsäule sei ein (aufrechter) Gang ohne Krücken nicht mehr möglich. Die körperliche Belastbarkeit sei erheblich eingeschränkt.

Ebenfalls angefochten wurde der Bescheid vom 20.01.2017.

6. Die gegenständlichen Beschwerden und die Bezug habenden Verwaltungsakte wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 08.03.2017 von der belangten Behörde vorgelegt. Dieses ersuchte um Erstellung ergänzender medizinischer Sachverständigengutachten:

6.1. Dr. XXXX , FA für Neurologie, führt in seinem nervenfachärztlichen Sachverständigengutachten vom 12.09.2017 basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF wie folgt aus:

"(...) Nervenärztliche Betreuung: Keine

Subjektive derzeitige Beschwerden: Es werden Schmerzen in der gesamten Wirbelsäule angegeben, Gangstörung, Schmerzen auch im Bereich der Handgelenke

Sozialanamnese: Lebt alleine, pensioniert, kein Pflegegeld

Medikamente (neurologisch/psychiatrisch): keine

Neurostatus:

Die Hirnnerven sind unauffällig, die Optomotorik ist intakt, an den oberen Extremitäten bestehen keine Paresen, bis auf zeitweise Feinmotorikstörung bds.

Die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar, die Koordination ist intakt, an den unteren Extremitäten bestehen keine Paresen,

Fersen/Zehenspitzen/Einbeinstand bds. mit Anhalten möglich

die Muskeleigenreflexe sind seitengleich untermittellebhaft auslösbar.

Die Koordination ist intakt, die Pyramidenzeichen sind an den oberen und unteren Extremitäten negativ. Die Sensibilität wird zeitweise in den OE im Bereich des N. medianus als gestört angegeben

Das Gangbild ist breitbasig mit 2 Krücken, relativ flüssig Stiegensteigen alternierend möglich

Psychiatrischer Status:

Örtlich, zeitlich, zur Person und situativ ausreichend orientiert, keine Antriebsstörung, Auffassung regelrecht, keine kognitiven Defizite, Affekt ausgeglichen, Stimmungslage dysthym, Durchschlafstörung, keine produktive Symptomatik, keine Suizidalität.

Auf Grund der heutigen Untersuchung lässt sich keine Änderung der Einschätzung aus nervenärztlicher Sicht objektivieren.

Stellungnahme:

Abl. 49-56: Es bestehen keine zusätzlichen Funktionsausfälle aus nervenärztlicher Sicht die einen gesonderten GdB ergeben. Die Betroffene steht nicht in nervenärztlicher Behandlung und nimmt keine fachspezifischen Medikamente. Die Bewegungseinschränkungen sind hauptsächlich durch Schmerzen eingeschränkt, welche in den orthopädischen GdBs enthalten sind.

Abl. 11: kein nervenärztlicher Befund

Abl. 28-48: keine nervenärztlicher Befunde"

6.2. Dr. XXXX , FA für Unfallchirurgie, führt in seinem Gutachten vom 12.09.2017 basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF im Wesentlichen wie folgt aus:

"(...) Derzeitige Beschwerden:

Ich kann nicht aufrecht stehen. Ich habe fast keine Kraft mehr, weil ich viel Kraft beim Gehen, beim Stehen, beim Fortbewegen benötige. Im Stehen muss ich mich ständig mit einer Hand anhalten. Ich habe Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule, im Bereich der Halswirbelsäule. Kann fast nicht liegen. Kann den Kopf nur schlecht bewegen. Ich habe Schmerzen an den Knien. Das rechte Knie hat sich seit der Operation vor 2 Jahren nicht mehr erholt. Die Hüftgelenke schmerzen eigentlich immer. Die Daumengrundgelenke tun weh, die Sattelgelenke. Die Ellenbogengelenke schmerzen, auch die Großzehengrundgelenke. Aufrecht kann ich nur wenige Schritte gehen. Selbst im Zimmer muss ich mich anhalten. Sonst muss ich mit Krücken gehen, muss mich abstützen. Ich benötige viel Kraft beim Gehen, weil ich die Balance suchen muss.

Behandlungen / Medikamente / Hilfsmittel:

Medikamente: Colofac, Thyrex, Diovan, CAD 3, Herzschutz-ASS, Concor, Oleovit D3, Seractil, Biobene Cholesterin Complex

Laufende Therapie: für nächste Woche ist eine Kur in XXXX geplant

Hilfsmittel: 2 Unterarmstützkrücken

Sozialanamnese:

lebt alleine

Objektiver Untersuchungsbefund

Größe: 166 cm, Gewicht ca. 56 kg

Allgemeinzustand: altersentsprechend Ernährungszustand: normal

Kommt in Begleitung der Schwester zur Untersuchung. Verwendet 2 Unterarmstützkrücken. Das Gangbild ist flüssig, sicher, insgesamt hinkfrei. Aus- und Ankleiden wird überwiegend im Sitzen durchgeführt. Beim Gehen im Untersuchungsraum ohne Stützkrücken ist der Oberkörper deutlich nach vorgeneigt, Hüft- und Kniegelenke sind leicht gebeugt.

Caput/Collum: unauffällig

Thorax: symmetrisch, elastisch

Abdomen: klinisch unauffällig, kein Druckschmerz

Obere Extremitäten:

Schultergürtel steht horizontal. Symmetrische Muskelverhältnisse. Durchblutung und Sensibilität sind ungestört. Benützungszeichen sind seitengleich.

An den Händen bestehen deutlich Arthrosen an den Fingerendgelenken. Die Gelenke sind druckschmerzhaft. Teilweise besteht eine Fehlstellung der Endglieder. Es besteht Druckschmerz an Daumengrund- und Sattelgelenken, hier keine auffälligen arthrotischen Auftreibungen.

Die Handgelenke sind altersentsprechend unauffällig, bandfest, frei beweglich.

An den Ellenbogen innenseitig besteht Druckschmerz an den Oberarmknorren.

Übrige Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Beweglichkeit:

Schultern, Ellbogen, Vorderarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger sind seitengleich altersentsprechend beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar, der Faustschluss ist komplett. Nacken- und Kreuzgriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Untere Extremitäten:

Beim Barfußgang ist der Oberkörper deutlich nach vorgeneigt. Ausgeprägt Streckhaltung mit angedeuteter paradoxer Kyphosierung der Lendenwirbelsäule.

Hüft- und Kniegelenke sind je etwa 20° gebeugt. Zehenballstand und Fersenstand jeweils mit Anhalten. Einbeinstand mit Anhalten, dabei werden die Füße gut 20 cm zum Boden abgehoben. Die tiefe Hocke ist 1/2 möglich. Beinlänge ist gleich. Die Durchblutung ist ungestört. Die Sensibilität wird an den ersten 2 Zehen links als bamstig, sonst als ungestört angegeben. Die Fußsohlenbeschwielung ist seitengleich ausgebildet. Das linke Großzehengrundgelenk ist arthrotisch aufgetrieben, druck- und bewegungsschmerzhaft.

Rechtes Knie:

Ergussfrei. Zohlen-Test hoch positiv, insgesamt bandfest, diffus Druckschmerz am Gelenksspalt. Endlagenschmerz beim Strecken und Beugen.

Linkes Knie:

Zohlen-Test positiv, bandfest, ergussfrei.

Die Innenrotation an beiden Hüften ist endlagenschmerzhaft.

Beweglichkeit:

Hüften S 0-0-120 beidseits. R (S 90°) 10-0-20 beidseits. Knie S rechts 0-10-130, links 0-5-135. Sprunggelenke seitengleich frei. Großzehengrundgelenk S rechts 30- 0-30, links 20-0-5.

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken sind horizontal. Annähernd im Lot. Ganz zarte Rotationskomponente am thorakolumbalen Übergang. Streckhaltung von der mittleren Brustwirbelsäule bis zum Kreuzbein. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch deutlich verschmächtigt. Mäßig Hartspann zervikal. Druckschmerz zervikal. Klopfschmerz über den Dornfortsätzen der Halswirbelsäule. Seitlich der unteren Lendenwirbelsäule besteht links eine sagittale, rechts 2 horizontale alte unauffällige Narben. ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.

Beweglichkeit:

Halswirbelsäule: KJA 4/14. Seitwärtsneigen nach rechts 20-0-10, Rotation nach rechts 30-0-40.

Brustwirbelsäule/Lendenwirbelsäule: Beim Vorwärtsbeugen, mit Anhalten links, besteht ein FBA von 30 cm. Seitwärtsneigen ist nur ansatzweise möglich, Rotation im Sitzen 20-0-20°.

Beantwortung der Fragen:

1. Ausführliche Stellungnahme, ob sich auf Grundlage des Vorbringens der BF zu ihrem orthopädischen Krankheitsbild in der Beschwerde vom 08.02.2017 (Abl. 49- 56), und dem dazu im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Befund (Abl. 11) und den neu vorgelegten medizinischen Beweismitteln (Abl. 28-48) ein einschätzungswürdiger Leidenszustand der BF bzw. sonstige Änderungen nach der Einschätzungsverordnung ergibt.

wenn ja:

2.2. Bewertung und Begründung des GdB für die Gesundheitsschädigung nach der EVO

1 Zustand nach Versteifungsoperation L3/4, 02.01.03 50%

multisegmentale degenerative Veränderungen an der gesamten Wirbelsäule

Unterer Rahmensatz dieser Position, da rezidivierende Schmerzzustände mit Therapiebedarf bestehen, eine Haltungsinsuffizienz mit Einschränkungen im Alltag, aber kein relevantes neurologisches Defizit.

2 Fingerpolyarthrosen und Kniegelenksarthrosen 02.02.01 10%

Unterer Rahmensatz dieser Position, da nur unwesentliche Beweglichkeitseinschränkung an den Kniegelenken besteht.

Leiden 1 und 2 aus dem GA 1. Instanz werden heute gemeinsam als Leiden 1 berücksichtigt, da dem Endgefertigten eine Trennung nicht sinnvoll erscheint und der Gesamtleidenszustand in der Bewertung unverändert bleibt.

Das heutige Leiden 2 wird zusätzlich berücksichtigt.

OP-Bericht über Carpaltunnelsyndromoperation von 2004, ohne Restbeschwerden und objektivierbares Funktionsdefizit bewirkt kein einschätzungsrelevantes Leiden.

Orthop. Befundbericht vom 06.02.2017 sieht die Ursache für die Vorverlagerung des Körperlots in den Veränderungen an der Brustwirbelsäule und der bestehenden Muskelschwäche und empfiehlt intensive Heilgymnastik.

Magnetresonanztomographie der Brust- und Lendenwirbelsäule vom 16.01.2017 beschreibt Atrophie der Rückenmuskulatur degenerative und postoperative Veränderungen.

Orthop. Befundbericht vom 05.12.2016 beschreibt die Haltungsinsuffizienz, Muskelatrophie, den Zustand nach Versteifung L3/4 mit späterer Osteosynthesematerialentfernung. Verordnet Magnetresonanztomographieuntersuchungen von Brust- und Lendenwirbelsäule. MR-Befund rechtes Knie von 14.08.2014 beschreibt einen Zustand nach Innenmeniskusteilentfernung und degenerative Veränderungen, die im Wesentlichen als altersentsprechend zu werten sind.

Internistischer Befund von 04/2010 beschreibt Fingerpolyarthrosen ohne Hinweis auf entzündliche Gelenkerkrankung.

Röntgenbefund beider Hände von 2009 beschreibt Fingerendgelenksarthrosen.

MR-Befund linkes Knie von 2002 beschreibt Degeneration, im Wesentlichen altersentsprechend.

Orthop. Befundbericht vom 03.08.2016 beschreibt die Haltungsinsuffizienz mit vorgebeugtem Oberkörper, leicht gebeugten Hüften und Kniegelenken ohne neurologisches Defizit.

Ein wechselseitiges ungünstiges Zusammenwirken zwischen einem Wirbelsäulenleiden und einem Reizdarm besteht nicht.

Fachbezogen besteht keine erhebliche Einschränkung an den unteren Extremitäten. An den Gelenken bestehen keine relevanten Funktionsbehinderungen. Mit Anhalten können die Beine gut vom Boden abgehoben werden.

Wie schon im angefochtenen Gutachten angeführt, ist die Verwendung von 2 Unterarmstützkrücken auf Grund des klinischen Befundes nicht nachvollziehbar. Die Verwendung eines Gehstockes wäre ausreichend. Eine intensive Heilgymnastik, wie von Prof. XXXX empfohlen, sollte durchgeführt werden.

Die Fingerpolyarthrosen und die Kniegelenksarthrosen werden heute unter der Pos. 02.02.01 mit 10% berücksichtigt, auf Grund der geringen, klinisch nicht relevanten Beweglichkeitseinschränkung an den Kniegelenken. Eine wechselseitige ungünstige Leidensbeeinflussung mit der Wirbelsäule besteht aber nicht.

Es besteht keine relevante Beweglichkeitseinschränkung an den Gelenken der unteren Extremitäten, wie auch dem detaillierten klinischen Status im Vorgutachten zu entnehmen war.

Wie oben angeführt, reicht aus Sicht des Endgefertigten die Verwendung eines Gehstockes für ein sicheres Gangbild aus. Damit können auch Niveauunterschiede sicher überwunden werden."

6.3. Dr. XXXX , FA für Innere Medizin, führt in seinem zusammenfassenden Gutachten vom 19.10.2017, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der BF Folgendes aus:

"(...)

Ergänzende Anamnese mit der Berufungswerberin:

Darmleiden seit mindestens 1997, Fructose- und Lactoseintoleranz sind durch einen Atemlufttest diagnostiziert worden. Die Darmbeschwerden haben sich in der letzten Zeit verschlechtert, besonders seit der Wirbelsäulen-OP im November 2012 und der Implantatentfernung im Dezember 2015.

Sie gibt an, nun eher zu Verstopfung zu neigen, müsse zum Stuhlgang stark pressen, was ihr schwerfällt und Schmerzen bereitet. Abführmittel nimmt sie nicht, Stuhlgang etliche Male täglich, wobei immer nur kleine Stuhlportionen abgesetzt werden können. Durchfälle treten hin und wieder auf. Sie weist auch darauf hin, an einer Rectozele und an einer Intussuszeption zu leiden, dadurch sind die Schwierigkeiten bei der Defäkation verstärkt.

1981 wurde die Schilddrüse operiert ( XXXX -Spital), laut Angabe hat es sich um eine Struma maligna gehandelt, eine onkologische Nachbehandlung ist damals nicht gemacht worden.

Die Beschwerdeführerin gibt außerdem an, auch unter chronischer Bronchitis und chronischer Sinusitis zu leiden, besonders im Winter, bei Kälte kommt es zu eitrigen Entzündungen. Wenn diese Umstände eintreten, benötigt sie Antibiotika. Eine Dauertherapie nimmt sie nicht ein, wenn es ihr schlechter geht, wendet sie allerdings Pulmicort an, manchmal auch mehrere Wochen lang.

Erhöhter Blutdruck ist seit etwa 1995 in Behandlung.

Aktuelle Medikation, physikalische Behandlung und andere Maßnahmen:

Colofac retard, Thyrex, Diovan, Kalzium D3 Stada, Herzschutz ASS, Concor, Oleovit D3, Seractil, Biovene Cholesterinkomplex

Ergänzung der Anamnese durch mitgebrachte Spitalsberichte, Röntgen- und Laborbefunde:

26.02.2016, Röntgen Universitätsprofessor Dr. XXXX , Sonografie des Oberbauches unauffällig, in der Sonografie der Bauchdecke zeigt sich oberhalb des Nabels sowie beidseits unterhalb des Nabels eine Dehiszenz der Bauchdecke mit einer Bauchwandherniation. Unterhalb des Nabels jeweils knapp 2 cm breite Bauchwandlücke und oberhalb des Nabels gut 3 cm messende Bauchwandlücke. Die Herniationen werden gebildet durch Darmschlingen und mesenteriales Fettgewebe. Kein Hinweis auf Flüssigkeit oder Inkarzeration.

Untersuchungsbefund (klinisch-physikalischer Status):

Allgemeinzustand etwas reduziert, Ernährungszustand gut, 166 cm, 56 kg, ziemlich gleichbleibend

Knochenbau: normal, Haut und Schleimhäute: unauffällig

Lymphknoten nicht tastbar

Augen: isokor, prompte Lichtreaktion

Zunge: normal, Zähne: Teilersatz, Kronen

Hals: blande Narbe nach Schilddrüsen-OP, Restschilddrüse nicht tastbar, Pulse vorhanden, keine Gefäßgeräusche, Venen nicht gestaut

Thorax: symmetrisch, elastisch

Lunge: sonorer Klopfschall, vesikuläres Atemgeräusch

Herz: reine rhythmische Herztöne

RR 150/85, Frequenz 80/Min. rhythmisch

Abdomen: Bauchdecken weich, kleine Nabelhernie, wie auch sonografisch dokumentiert, mediane Narbe, quere Narbe nach Entfernung der Gebärmutter

Leber am Rippenbogen, Milz nicht abgrenzbar

Rektal nicht untersucht, Nierenlager frei

Extremitäten: Arme normal, an den Beinen Pulse tastbar, keine

Varizen, keine Ödeme Gangbild, Gelenksstatus und Wirbelsäule: siehe orthopädisches Gutachten

Beurteilung und Beantwortung der im nicht nummerierten Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.03.2017 gestellten Fragen

C. An den Facharzt für Innere Medizin - mit Zusammenfassung

Frage 3.1:

Es ergeben sich Änderungen.

Frage 3.2:

Diagnosen:

1. Zustand nach Versteifungsoperation L 3/4, multisegmentale degenerative Veränderungen an der gesamten Wirbelsäule

02.01.03 - 50 %

Unterer Rahmensatz dieser Position, da rezidivierende Schmerzzustände mit Therapiebedarf bestehen, eine Haltungsinsuffizienz mit Einschränkungen im Alltag, aber kein relevantes neurologisches Defizit.

2. Reizdarm-Syndrom - chronische Darmstörung leichten Grades;

07.04.05 - 30%

Unterer Rahmensatz, da wohl eine Laktose- und Fructosemalabsorbtion vorliegen, aber nur eine geringe Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes besteht. Rectozele und Intussuszeption, welche zusätzliche Beschwerden bei der Stuhlentleerung mit sich bringen, sind in dieser Position erfasst.

3. Bauchwandherniation geringer Ausprägung

07.08.01 - 10%

Unterer Rahmensatz, da nur geringe Beschwerden bestehen und keine weiterführenden Maßnahmen erforderlich sind.

4. Hypertonie

05.01.01 - 10%

5. Fingerpolyarthrosen und Kniearthrosen

02.02.01 - 10%

Unterer Rahmensatz dieser Position, da nur unwesentliche Beweglichkeitseinschränkung an den Kniegelenken besteht.

keine Diagnose im Fachgebiet Neurologie und Psychiatrie

kein Grad der Behinderung: sporadisch auftretende Bronchitis, da kein Dauerleiden im engeren Sinn sowie Schilddrüsenoperation vor Jahren mit Notwendigkeit der Hormonsubstitution ohne funktionelle Auswirkung.

Frage 3.3:

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 %.

Es liegt keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vor

Frage 3.4:

Stellungnahme zu Aktenblatt 49 - 56, sofern es das internistische

Fachgebiet betrifft: die Beeinträchtigung des Darmtraktes wurde nun wieder mit 30 % eingestuft, da verschiedene Komponenten für die Symptomatik maßgeblich sind.

Eine einschätzungswürdige chronische Bronchitis konnte nicht festgestellt werden.

Hypertonie wurden Geduldsdiagnosenliste aufgenommen.

Abweichungen gegenüber dem Gutachten vom 06.03.2012 sind überdies auch durch die Anwendung der Einschätzungsverordnung bedingt.

Stellungnahme zu Aktenblatt 28 - 48: im internistischen Fachbereichen wurde der Operationsbericht in Aktenseite 37 berücksichtigt, ebenso die Ergebnisse der Darmuntersuchungen. Dies bedingt die höhere Einschätzung des Darmleidens. In Aktenblatt 32 wurde wohl eine chronische Bronchitis festgestellt, jedoch eine konsequente Therapie über zwei Monate und dann Kontrolle empfohlen, was schon darauf hinweist, dass nicht ein Dauerleiden ohne Besserungsmöglichkeit vermutet wurde.

In Aktenblatt 30 Operationsbericht betreffend die Schilddrüsenoperation - auch wenn damals ein bösartiges Geschehen vermutet wurde, ist der spätere Verlauf zufriedenstellend gewesen, ohne Rezidiv und ohne Metastasierung. Daher kein anhaltender Grad der Behinderung.

Stellungnahme zu Aktenblatt 14-18: höhere Einschätzung der internistischen Leiden, begründet durch Angaben der Beschwerdeführerin, Ergebnis der klinischen Untersuchung und Berücksichtigung vorliegender Befunde.

Frage 3.5:

Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.

Frage 3.6:

Der Gesamtgrad der Behinderung ist seit Antragstellung anzunehmen."

7. Mit Schreiben vom 04.12.2017 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht der BF und der belangten Behörde die Gutachten Dris XXXX , Dris XXXX und Dris XXXX zur gefälligen Kenntnisnahme und allfälliger Stellungnahme binnen zweier Wochen.

Hierzu führte die BF aus, dass ein Zustand nach CTS Operation beiseits bestanden habe und 2012 als Grad der Behinderung bewertet worden sei, im nunmehrigen Gutachten jedoch nicht mehr eingestuft worden sei. Das orthopädische Sachverständigengutachten beziehe sich nicht auf die vorgelegten Befunde, die BF habe bei der Untersuchung nicht lange gehen und keine Stufen überwinden müssen. Die Befunde seien nicht angeschaut worden. 2012 sei vom gleichen Gutachter eine somatoforme Schmerzstörung mit 30 % festgestellt worden, die im nunmehrigen Gutachten ohne Angabe von Gründen nicht erwähnt werde. Im internistischen Gutachten sei die somatoforme Schmerzstörung unberücksichtigt geblieben. 1997 seien für das Reizdarmsyndrom und Lactoseintoleranz ein Grad der Behinderung von 30 % als "dauernd" zuerkannt worden. Sie habe Resorptionsstörungen, Gastritis, sowie 2 schwere Darminfektionen durchgemacht. Dies würde die Chronifizierung der Magen- und Dünndarmerkrankung mit 30 % untermauern. Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung von nach wie vor 50 % könne nicht nachvollzogen werden. Die rezidivierende Bronchitis und Nebenhöhlenentzündung seien als Dauerleiden zu qualifizieren.

Weiters brachte die BF im Zuge einer Urkundenvorlage am 12.03.2018 vor, dass sie im Wirbelsäulenzentrum des orthopädischen Spital XXXX in Behandlung gewesen und auf die Verwendung von Gehhilfen (Krücken und Rollator) angewiesen sei, da sie aufgrund ihrer Spondylodese drohe, nach vorne überzufallen.

8. Die daraufhin befasste Sachverständige DDr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, Fachärztin für Unfallchirurgie, führt in ihrem Gutachten vom 30.06.2018, basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF, aus:

"(..)

Vorgeschichte:

1981 STE, 1933 HE, 11/2003 CTS Operation rechts, 02/2004 CTS Operation links

02/2000 Arthroskopie rechtes Kniegelenk mit Meniskusteilresekticn

2012 Bandscheibenoperation L3/L4 im AKH, Spondylodese L3/L4

02/2013 Rehabilitation, seither kein Rehabilitationsaufenthalt, von PVA abgelehnt

12/2015 Entfernung des dorsalen Spondylodesematerials L3/L4

03/2014 2. Arthroskopie rechtes Kniegelenk mit Meniskusteilresektion

Zwischenanamnese seit 09/2017: 04/2018 Ringbandspaltung rechter Daumen im Krankenhaus XXXX

Sozialanamnese: Ledig, keine Kinder, lebt alleine in Wohnung im 4. Stockwerk +7 Stufen. Berufsanamnese: Pensionistin, Angestellte im Rechnungswesen, Personalverrechnung, ehrenamtliche Mitarbeiterin einer Selbsthilfegruppe für gastroenterologische Erkrankungen

Medikamente: Thyrex, Diovan, Concor, Amlodipin, Colofac, Herzschutz ASS, Calcium Vitamin D 3, Cholesterinkomplex, Pantozol bei Bedarf, Seractil, Oleovit D3, Nasenspray,

Otrivin Nasentropfen, Nasenöl, Pulmicort bei Bedarf

Allergien: Fructose, Lactose, Zuckeraustauscher

Nikotin: 0

Laufende Therapie bei Hausarzt Dr. XXXX , 1180

Derzeitige Beschwerden:

"Was mich am meisten belastet, ist, dass ich den Oberkörper nicht aufrecht halten kann. Schmerzen habe ich in den Schultern und im Kreuz mit Ausstrahlung in den linken Vorfuß, es ist schlimmer als vor der Operation. Schmerzen habe ich in den Hüften und in beiden Kniegelenken, in den Händen, Daumensattelgelenken, Handgelenken und Daumen.

Die letzte Coloskopie war 01/2013, das Gewicht ist mit 56 kg konstant. Habe eine Stuhlentleerungsstörung durch Intussuszeption, keine Verstopfung, eventuell soll eine Operation gemacht werden. Bin regelmäßig in gastroenterologischer Kontrolle, zuletzt vor einer Woche, wegen Schmerzen im Bauch. Letzte Gastroskopie war vor etwa 4-6 Jahren. Habe starke Blähungen, gelegentlich Erbrechen. Die Stuhlkonsistenz ist unterschiedlich, täglich Stuhl in kleinen Mengen, etwa 3-6 mal, habe Darmkrämpfe. 2008 wurde eine Sigmaentfernung wegen Divertikulose durchgeführt.

Mehrmals im Jahr habe ich eine eitrige Bronchitis und Nasennebenhöhlenentzündung, bekomme fast immer Antibiotika, letzte lungenfachärztliche Untersuchung war vor ein paar Monaten, Befund habe ich nicht bekommen.

Bin zweimal an der Wirbelsäule operiert worden, 2012 und 2015, Beschwerden habe ich an der Halswirbelsäule mit Verspannungen, bekomme 2 bis 3x mehrmals hintereinander Infusionen, dadurch Besserung. Hauptproblem ist jedoch, dass ich den Oberkörper nicht aufrichten kann und nicht aufrecht halten kann, kann nur stehen mit Anhalten, Gehen nur mit Anhalten, stehen kann ich nur, wenn ich die Knie etwa 15° gebeugt halte und bei Beugen im Hüftbereich. Nehme Seractil fast täglich, außer wenn ich Infiltrationen bekomme.

Lähmungen habe ich nicht, Gefühlsstörungen habe ich nicht, die Karpaltunnelsyndrom-Operationen waren erfolgreich. Lediglich im Bereich der linken Wade habe ich nach Venenoperation außenseitig eine Gefühlsstörung. Die Feinmotorik im Bereich der Hände ist jedoch noch nicht da. 2009 wurden hochgradige Arthrosen im Bereich der Fingergelenke beidseits festgestellt.

Hergekommen bin ich in Begleitung der Schwester mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

STATUS:

Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut.

Größe 164 cm, Gewicht 56 kg, RR 130/80, 79a

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen

Thorax: symmetrisch, elastisch

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rhythmisch

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.

Kleine Hernien oberhalb und unterhalb des Nabels, mediane Narbe, Narbe nach Entfernung der Gebärmutter

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.

Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.

Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Daumen rechts: Verband im Bereich des Grundgelenkszustands nach Ringbandspaltung.

Vereinzelt mäßige Polyarthrose der Fingergelenke mit Umfangsvermehrung und geringgradigem Streckdefizit vor allem im Bereich des DIP-Gelenks beider Mittelfinger und geringgradige Achsenabweichung Mittelfinger rechts und Ringfinger u Kleinfinger links plus geringgradiges Streckdefizit in diesem Bereich. Daumensattelgelenke sind äußerlich unauffällig, keine Subluxationsstellung. Thenar beidseits unauffällig, Opponensfunktion beidseits unauffällig. Zarte Narben nach CTS Operation beidseits.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke seitengleich frei beweglich, Daumen und Langfinger siehe oben. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist fast komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig,

Nacken- und Schürzengriff sind endlagig eingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.

Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zu 1/3 möglich. Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse.

Beinlänge ident.

Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.

Kniegelenk rechts: keine wesentliche Umfangsvermehrung, keine Überwärmung, kein Erguss, stabil.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften Beidseits S 0/120, IR/AR beidseits 10/0/25, Knie rechts 0/10/130 links 0/5/140, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich annähernd frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, Das Lot weicht in der Sagittalebene nach vorne ab, siehe Hinterhaupt-Wandabstand, keine wesentliche Skoliose,

Streckhaltung der gesamten LWS, Rückenmuskulatur ist verschmächtigt. Deutlich Hartspann, Narbe untere LWS paramedian links und rechts der LWS, jeweils unauffällig.

Ggr. Klopfschmerz über der unteren LW, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.

Aktive Beweglichkeit.

HWS: Kinn/Jugulum Abstand 3/15, F 20/0/20, R 40/0/40

BWS/LWS: FBA: 10 cm, Aufrichten ohne Abstützen, Ott 30/34, Schober 10/13, Rotation und

Seitneigen 20°

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität- Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit einer Krücke und in Begleitung der Schwester mit Anhalten, die Gesamtmobilität beim Aufstehen und Hinlegen auf die Untersuchungsliege ist sicher, zügig und kräftig. Das Gangbild barfuß ist verlangsamt, keine wesentliche Verkürzung der Schrittlänge, Spurbreite annähernd physiologisch, keine Schmerzäußerung beim Hinlegen bzw. Aufstehen. Aufrechtes Stehen leicht vorgeneigt mit einem Abstand des Hinterhaupts von der Wand von 19 cm bei einer Beugehaltung der Kniegelenke von 10-15°.

Das Aus- und Auskleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.

Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage klagsam.

STELLUNGNAHME:

ad A) Stellungnahme zu den Einwendungen der BF vom 16.01.2018 unter Berücksichtigung der hierzu vorgelegten Befunde Abl. 86-100, W217 214791-1:

Stellungnahme zu Carpaltunnelsyndrom beidseits:

Dokumentiert sind Carpaltunnelsyndrom-Operationen beidseits, 2003 bzw. 2004. Ein objektivierbares Funktionsdefizit liegt aktuell nicht vor, auch konnte im vorgelegten

Befund vom 13.3. 2018 lediglich ein incipientes CTS beidseits festgestellt werden, was aufgrund unauffälliger Klinik kein einschätzungsrelevantes Leiden darstellt.

Stellungnahme zu somatoforme Schmerzstörung, 2012 mit 30 % eingestuft: 2012 wurde eine somatoforme Schmerzstörung mit 30 % eingestuft mit der Begründung, dass unter antidepressiver Medikation eine deutliche Chronifizierungstendenz vorliege. Eine fachärztliche Behandlung mit antidepressiver Therapie ist in den letzten Jahren jedoch nicht dokumentiert, sodass die Beschwerden keiner gesonderten Einstufung unterzogen werden sondern in der Einstufung des orthopädischen Leidens berücksichtigt werden.

Stellungnahme zu Beschwerden des Gastrointestinaltrakts:

1997 ist bei Reizdarmsyndrom und Lactoseintoleranz ein Grad der Behinderung von 30 % als dauernd zuerkannt worden.

2016 wurde für Reizdarmsyndrom, chronische Darmstörung leichten Grades und Fructosemalabsorption eine Einstufung von 20 % vorgenommen, da eine geringe Beeinträchtigung des Kräfte-und Ernährungszustandes besteht.

lm internistischen Facharztgutachten vom 19.10.2017 wird das Darmleiden wieder mit 30 % eingestuft, da Rectozele und Intussuszeption in dieser Position erfasst sind.

Zusammenfassend konnte eine Malabsorption mit geringer Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes, ein Zustand nach Sigma-Operation mit Rectozele und Intussuszeption mit Beschwerden bei der Stuhlentleerung dokumentiert werden, sodass die Einstufung mit 30 % vorzunehmen ist.

Aktuelle Befunde über eine Gastritis liegen nicht vor, daher keine gesonderte Einstufung möglich. Der Zustand nach 2-maliger Darminfektion erreicht als vorübergehendes Leiden keine gesonderte Einstufung.

Stellungnahme zur Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung im Gutachten Dr. XXXX vom 19. 10. 2017:

vorgebracht wird, dass trotz Anhebens des Wirbelsäulenleidens auf 50 % und des Darmleidens auf 30 % dennoch kein höherer Gesamtgrad der Behinderung als 50 % ermittelt wurde.

Begründung: Im Gutachten vom 16.11.2016 wurde das Wirbelsäulenleiden in Position 1 und 2 erfasst. Da beide Leiden eine wechselseitige ungünstige Leidensbeeinflussung bewirken, liegt eine erhöhende Wirkung von Leiden 2 gegenüber Leiden 1 vor. Im fachärztlichen Gutachten Dr. XXXX wird das Wirbelsäulenleiden zusammengefasst und in Leiden 1 mit 50 % eingestuft

Das Reizdarmsyndrom bzw. Darmleiden wird im Gutachten vom 16.11.2016 mit 20 % eingestuft und im Facharztgutachten vom 19. 10. 2017 angehoben auf 30 %. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 %. Zwischen Wirbelsäulenleiden und Darmleiden liegt keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vor, da das führende Wirbelsäulenleiden nicht maßgeblich negativ durch das Darmleiden beeinflusst wird und somit keine erhöhende Wirkung hat. Die weiteren Leiden (Bauchwandhernien, Fingerpolyathrose und Kniearthrose) haben aufgrund der geringen Ausprägung keine funktionelle Relevanz und erhöhen damit das führende Leiden 1 nicht.

Stellungnahme zu Bronchitis und Nebenhöhlenentzündungen: Aktuelle Befunde über anhaltende behandlungswürdige Leiden im Bereich von Lunge und Nebenhöhlen liegen nicht vor, sodass kein Dauerleiden dokumentiert ist.

Stellungnahme zu vorgelegten Befunden:

Abl. 100, Röntgen Vo

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten