TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/16 I413 1435192-2

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Veröffentlicht am 16.10.2018
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Entscheidungsdatum

16.10.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs2 Z1
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a

Spruch

I413 1435192-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. MAROKKO, alias Algerien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, p.A. ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol, vom XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

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Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 07.01.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz und gab an, algerischer Staatsbürger zu sein. Er begründete seinen Asylantrag damit, dass er Probleme in Algerien habe; sein Vater sei gestorben und er müsse für die Familie sorgen. Aus diesem Grund sei er geflüchtet; er sei nach Österreich gekommen, um zu arbeiten und seiner Familie zu helfen. Im Falle einer Rückkehr nach Algerien habe er Angst um seine Existenz.

2. Mit Bescheid vom XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Algerien ausgewiesen (Spruchpunkt III.)

3. Die gegen diesen Beschluss vom 02.05.2013 erhobene Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.08.2015 als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich des Spruchpunktes III. des Bescheides wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

4. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 15, 127 StGB und § 27 SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 4 Monaten rechtskräftig verurteilt.

5. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 127, 130 1. Fall, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten rechtskräftig verurteilt.

6. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten rechtskräftig verurteilt.

7. Mit Bescheid vom 08.04.2016, Zl. 13-830025808/2765695, wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass eine Abschiebung nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt I.). Zudem wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt II.).

8. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 15, 127, 130 Abs. 1 1. Fall, 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten rechtskräftig verurteilt.

9. Mit Schreiben vom 19.04.2017 wurde der belangten Behörde mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer von der Botschaft des Königreiches Marokko als marokkanischer Staatsbürger identifiziert wurde und wurde der Ausstellung eines Heimreisezertifikates zugestimmt.

10. Mit Bescheid vom XXXX, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Ferner wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 22.12.2013 verloren hat (Spruchpunkt V.). Zudem wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.) und gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

11. Der Beschwerdeführer befindet sich seit 07.09.2018 in Schubhaft und ist seine Abschiebung nach Marokko für den 20.10.2018 geplant.

12. Gegen den Bescheid vom XXXX richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 02.10.2018 (bei der belangten Behörde eingelangt am 02.10.2018), in der zusammengefasst angegeben wurde, die belangte Behörde wäre bei der Erlassung des gegenständlichen Bescheides an das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.08.2018 (gemeint wohl 2015) gebunden gewesen, wonach der Beschwerdeführer algerischer Staatsbürger sei. Weiters sei auch nicht berücksichtigt worden, dass der Beschwerdeführer eine in Österreich lebende Tochter habe. Außerdem habe es die belangte Behörde unterlassen, bezüglich dem Einreiseverbot eine individuelle Gefährlichkeitsprognose zu treffen.

13. Mit Schriftsatz vom 03.10.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 09.10.2018, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zunächst wird der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist volljährig, ledig, Staatsangehöriger von Marokko und bekennt sich zum muslimischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Araber an. Der Beschwerdeführer gab bei seiner Antragsstellung am 07.01.2013 an, Staatsangehöriger von Algerien zu sein, was sich jedoch als unrichtig herausstellte. Aufgrund der Mitteilung der marokkanischen Botschaft vom 19.04.2017 steht fest, dass der Beschwerdeführer marokkanischer Staatsbürger ist. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Er hält sich seit (mindestens) 07.01.2013 in Österreich auf.

Während seines bisherigen Aufenthalts in Österreich war der Beschwerdeführer nicht durchgehend gemeldet. Er gab der belangten Behörde nicht durchgängig seinen Aufenthaltsort in Österreich bekannt.

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde am 02.05.2013 abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht am 11.08.2015 als unbegründet abgewiesen, wobei die Frage der Prüfung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen wurde. Diese Entscheidung ist rechtskräftig.

Aufgrund seiner falschen Angaben über seine Staatsbürgerschaft kann nicht festgestellt werden, wo die Familie des Beschwerdeführers, bestehend aus der Mutter XXXX, tatsächlich lebt. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Es konnte auch nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer eine in Österreich lebende Tochter hat.

Der Beschwerdeführer besuchte sechs Jahre lang die Grundschule, über eine Berufsausbildung oder berufliche Erfahrung verfügt er nicht. Es besteht aber kein Hindernis für ihn, einfache Tätigkeiten oder Hilfsarbeiten durchzuführen, weshalb er eine Chance hat, im marokkanischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Der Beschwerdeführer ist mehrfach einschlägig in Österreich vorbestraft. Er wurde mit folgenden Urteilen des Landesgerichtes Innsbruck jeweils rechtskräftig verurteilt: Er wurde vom Landesgericht XXXX, wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls gemäß §§ 15, 127 StGB und wegen der vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Deliktsfall (Abs 2) SMG sowie wegen der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 3 (§ 27 Abs 1 Z 1 achter Deliktsfall) SMG zu einer auf eine Probezeit von drei Jahre bedingt nachgelassenen Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Als erschwerend wertete das Gericht das Zusammentreffen von drei Vergehenstatbeständen, der Umstand, dass das Vergehen nach § 27 Abs 1 SMG durch mehrere Begehungsformen verwirklicht wurde, die Begehung strafbarer Handlungen trotz anhängigen Verfahrens und die Tatbegehung in Tätermehrheit, als mildernd die geständige Verantwortung, die bisherige Unbescholtenheit, eine eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit aufgrund einer anzunehmenden Gewöhnung an Suchtgifte (Konsum von Haschisch und Tabletten). Bereits am XXXXden Beschwerdeführer erneut zu XXXX wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 1. Fall, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, zu XXXX wegen § 127 StGB zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von zwölf Monaten und widerrief die mit Urteil vom XXXX, gewährte bedingte Freiheitsstrafe. Als mildernd wertete das Gericht, dass sich der Beschwerdeführer überwiegend geständig zeigte, dass die Taten teilweise beim Versuch blieben und der Beschwerdeführer im Tatzeitraum teilweise jugendlich, teilweise unter 21 Jahre alt und wegen Alkohol- und Tablettenkonsums eingeschränkt zurechnungsfähig war. Als erschwerend wertete das Gericht die einschlägige Vorstrafe, den langen Tatzeitraum, den äußerst raschen Rückfall und die Tatbegehung während anhängen Verfahrens. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des Diebstahls gemäß § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten rechtskräftig verurteilt. Mit Urteil vom XXXX, verurteilte das Landesgericht XXXX den Beschwerdeführer wegen des Vergehens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 130 Abs 1 erster Fall und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von 18 Monaten. Als mildernd wertete das Gericht das Alter unter 21 Jahren, das teilweise Geständnis, den Umstand, dass die Taten teilweise beim Versucht geblieben sind und die Sicherstellung der Diebesbeute, als erschwerend das Zusammentreffen von zwei Vergehen, die Tätermehrheit, die Rückfallvoraussetzungen nach § 39 StGB und den raschen Rückfall.

Er ist nicht selbsterhaltungsfähig, geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezieht keine Leistungen von der staatlichen Grundversorgung. Soweit er nicht in Justizanstalten seine Straftaten verbüßte, zuletzt vom XXXX, verdiente er seinen Lebensunterhalt während seines bisherigen Aufenthalts in Österreich durch die Begehung von Straftaten.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf. Er spricht kein Deutsch

1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Marokko:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom XXXX getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle (Stand 17.08.2018) "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Marokko vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Marokko ist ein sicherer Herkunftsstaat. Es ist politisch wie sicherheitspolitisch ein stabiles Land. Marokko ist fähig und willig, seine Bürger zu schützen. Justiz und Sicherheitsapparate funktionieren. Die Justiz ist gemäß der geltenden Verfassung unabhängig. Ein rechtsstaatliches, faires Verfahren mit dem Recht, Berufung einzulegen, ist gesetzlich gewährleistet. Über Beeinflussung der Gerichte durch Korruption oder durch außergerichtliche Einflussmaßnahmen wird berichtet. Der Sicherheitsapparat besteht aus Polizei- und paramilitärischen Organisationen Eine zivile Kontrolle über Sicherheitskräfte ist abgesehen von Einzelfällen effektiv. Folter steht unter Strafe, wobei Berichte über Folterungen und Gewaltanwendung gegenüber Gefangenen bestehen. Die in Marokko verbreitete Korruption steht unter Strafe, welche aber nicht effektiv vollzogen wird. Eine Reform der Korruptionsbekämpfungsbehörde ist geplant, aber noch nicht verwirklicht.

Marokko verfügt über einen umfassenden Grundrechtebestand, lediglich das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit fehlt. Die Grundrechte werden durch den Vorbehalt in Bezug auf die Monarchie, den islamischen Charakter von Staat und Gesellschaft und die territoriale Integrität beschränkt. Ferner fehlen zT Durchführungsgesetze. Allgemein bestehen grundrechtliche Probleme hinsichtlich der Sicherheitskräfte sowie schlechter Haftbedingungen. Staatliche Repressionen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer religiösen Überzeugung können nicht festgestellt werden. Die Haftbedingungen sind generell schlecht und entsprechen nicht internationalen Standards. Hygienische Verhältnisse und die medizinische Versorgung in Gefängnissen sind nicht gut. Gefängnisse sind in Marokko überbelegt. Es existieren Berichte über folterähnliche Praktiken in Gefängnissen. Die Todesstrafe wird weiterhin in Marokko verhängt. Seit 1993 wurden aber keine Todesstrafen mehr vollstreckt.

Eine nach Marokko zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Marokko.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde, die lediglich Rechtsvorbringen erstattet, vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit sowie Glaubens- und Volkszugehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde (Protokoll vom 07.01.2013 und vom 21.03.2013, Seite 4). Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen. Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme durch die belangte Behörde (Protokoll vom 07.01.2013, Seite 3 und vom 21.03.2013, Seite 5) sowie aus dem Umstand seines erst kurzen Aufenthalts in Österreich. Der Beschwerdeführer gab in seiner Einvernahme am 03.09.2018 an, eine in Österreich lebende Tochter zu haben, diese allerdings noch nie gesehen zu haben, da er zum Zeitpunkt der Geburt im Gefängnis gewesen sei. Da er weder das Geburtsdatum wusste noch vaterschaftsbezeugende Dokumente vorlegen konnte, kann nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer eine in Österreich lebende Tochter hat.

Die Feststellung zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers gründet sich auf das Schreiben vom 19.04.2017 von der Botschaft des Königreiches Marokko, wonach der Beschwerdeführer als marokkanischer Staatsbürger identifiziert wurde und die Zusicherung zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates erteilt wurde. Die Identität des Beschwerdeführers steht daher fest.

Die Feststellungen zu seinem Aufenthalt in Österreich ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und dem eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Die Feststellungen zum bisherigen Verfahren basieren auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes sowie - hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens - auf dem hg Gerichtsakt.

Die Feststellung über die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers sowie die Strafzumessungsgründe ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 12.10.2018 sowie aus den im Verwaltungsakt einliegenden Urteilen des Landesgerichts Innsbruck.

Die Feststellungen zu seinem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 08.10.2018 abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem. Aus den Urteilen des Landesgerichts Innsbruck ist die Vermögenslosigkeit des Beschwerdeführers abzuleiten, weshalb die Feststellung seiner mangelnden Selbsterhaltungsfähigkeit zu treffen war. Aus den im Akt einliegenden Vollzugsinformationen betreffend die Verbüßung von Haftstrafen sowie aus dem eingeholten Auszug aus dem ZMR ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer sich mehrfach in der Justizanstalt XXXX aufhielt. Aus den Strafurteilen ist unmissverständlich zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt während seines bisherigen Aufenthalts außerhalb der Haftzeiten durch kriminelle Handlungen, namentlich durch Suchtgift- und Eigentumsdelikte finanzierte.

2.3. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Marokko vom 17.08.2018 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Marokko ergeben sich aus den folgenden Meldungen und Berichten:

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AA - Auswärtiges Amt (10.2017a): Marokko - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/-/224120, Zugriff 31.7.2018

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2018a), LIPortal - Marokko - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/marokko/geschichte-staat/, Zugriff 31.7.2018

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ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (9.2015): Asylländerbericht Marokko

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AA - Auswärtiges Amt (8.8.2018): Marokko - Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/marokkosicherheit/224080#content_0, Zugriff 8.8.2018

-

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (8.8.2018): Reiseinformation Marokko, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/marokko/, Zugriff 8.8.2018

-

EDA - Eidgenössisches Departemenet für auswärtige Angelegenheiten (8.8.2018): Reisehinweise für Marokko, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/marokko/reisehinweise-marokko.html, Zugriff 8.8.2018

-

FD - France Diplomatie (8.8.2018): Conseils aux Voyageurs - Maroc

-

Sécurité,

https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/maroc/, Zugriff 8.8.2018

-

AA - Auswärtiges Amt (10.2017b): Marokko - Außenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/-/224118, Zugriff 8.8.2018

-

CIA - Central Intelligence Agency (12.7.2018): The World Factbook

-

Morocco,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mo.html, Zugriff 8.8.2018

-

CIA - Central Intelligence Agency (11.7.2018): The World Factbook

-

Western Sahara,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/wi.html, Zugriff 8.8.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (7.2018a), LIPortal - Marokko - Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/marokko/geschichte-staat/, Zugriff 8.8.2018

-

AA - Auswärtiges Amt (14.2.2018): AA-Bericht zu Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/1424844/4598_1519120123_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-im-koenigreich-marokko-stand-november-2017-14-02-2018.pdf, Zugriff 1.8.2018

-

ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (9.2015): Asylländerbericht Marokko

-

USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430366.html, Zugriff 1.8.2018

-

AI -Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Morocco/Western Sahara,

https://www.ecoi.net/de/dokument/1425081.html, Zugriff 1.8.2018

-

TI - Transparency International (21.2.2018): Corruptions Perceptions Index 2017,

https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017, Zugriff 17.8.2018

-

HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Morocco and Western Sahara,

http://www.ecoi.net/local_link/334712/476546_de.html, Zugriff 3.8.2018

-

USDOS - U.S. Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom - Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436851.html, Zugriff 7.8.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2018b): LIPortal - Marokko - Gesellschaft, https://www.liportal.de/marokko/gesellschaft/, Zugriff 7.8.2018

-

AA - Auswärtiges Amt (10.2017c): Marokko - Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/wirtschaft/224082, Zugriff 7.8.2018

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (7.2018c): Marokko - Wirtschaft, http://liportal.giz.de/marokko/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 7.8.2018

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DIS - Danish Immigration Service (2.2017): Morocco - Situation of Unaccompanied Minors,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1490253625_morocco-situationofunaccompaniedminors-06032017.pdf, Zugriff 6.7.2017

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VB - Verbindungsbeamter des BMI in Rabat (30.5.2017):

Anfragebeantwortung Kinder und Jugendliche, nach direkter Rücksprache mit einem Mitarbeiter der NGO "Association Marocaine des Droits Humains" (AMDH), sowie mit Frau Saida SAGHER von der Organisation "BAYTI" (übersetzt "mein Haus") in Casablanca, einer Organisation, die sich speziell für Straßenkinder einsetzt; übermittelt per E-Mail vom 30.5.2017

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Nichtgewährung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage:

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG, abzuweisen war.

3.2. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Rechtslage:

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, ist gemäß § 10 Abs. 2 AsylG diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:

Zu prüfen ist, ob die von der belangten Behörde getroffene Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Das vorliegende Asylverfahren erreichte, gerechnet von der Antragstellung am 07.01.2013 bis zum Datum der vorliegenden Entscheidung am 04.09.2018 zwar eine gewisse Dauer, welche aber wesentlich auf die Täuschung des Beschwerdeführers über seine wahre Staatsangehörigkeit und Identität sowie auf seine konsequente Missachtung der Meldevorschriften während seines bisherigen Aufenthalts zurückzuführen ist und daher der belangten Behörde nicht angelastet werden darf. Gerade aufgrund seines Wissens um die Unrichtigkeit seiner diesbezüglichen Angaben und die damit eingehergehende Unberechtigtheit seines Asylantrages, wusste der Beschwerdeführer um seinen prekären Aufenthaltsstatus in Österreich. Der seit 07.01.2013 andauernde Aufenthalt des Beschwerdeführers beruhte dessen somit auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser insbesondere aufgrund seines Bewusstseins über die Unrichtigkeit seiner Angaben im Asylverfahren während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann.

Das Gewicht seiner privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Der Beschwerdeführer führt - wie die belangte Behörde zu Recht ausführt - nach eigenen Angaben keine Lebensgemeinschaft oder eine "familienähnliche" Beziehung in Österreich. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer eine in Österreich lebende Tochter hat. Hierzu fehlen alle Hinweise, sodass von einer reinen Schutzbehauptung auszugehen ist, die es dem Beschwerdeführer ermöglichen soll, weiterhin in Österreich zu verbleiben. Es fehlen alle Sachverhaltselemente, aus denen sich die Existenz gewisser in einem Zeitraum eines über fünfeinhalb Jahre langen Aufenthaltes entstandener - unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens relevanter - Bindungen allenfalls hätte ergeben können (wie etwa Teilnahme am Erwerbsleben und am sozialen Leben in Österreich, Selbsterhaltungsfähigkeit, Erwerb von nachweisbaren Sprachkenntnissen). Sein Aufenthalt ist zudem durch konstante Gefängnisaufenthalte gekennzeichnet, was ebenfalls kein Zeichen einer maßgeblichen Integration ist. Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und knapp den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.

Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Im Fall des Beschwerdeführers, der keine nennenswerten Integrationsschritte in Österreich vorzuweisen hat, kommt hinzu, dass er mehrfach einschlägig in Österreich wegen massiver Suchtmittel- und Eigentumsdelikten vorbestraft ist. Er wurde vom Landesgericht XXXX, wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls gemäß §§ 15, 127 StGB und wegen der vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Deliktsfall (Abs 2) SMG sowie wegen der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 3 (§ 27 Abs 1 Z 1 achter Deliktsfall) SMG zu einer auf eine Probezeit von drei Jahre bedingt nachgelassenen Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Als erschwerend wertete das Gericht das Zusammentreffen von drei Vergehenstatbeständen, der Umstand, dass das Vergehen nach § 27 Abs 1 SMG durch mehrere Begehungsformen verwirklicht wurde, die Begehung strafbarer Handlungen trotz anhängigen Verfahrens und die Tatbegehung in Tätermehrheit, als mildernd die geständige Verantwortung, die bisherige Unbescholtenheit, eine eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit aufgrund einer anzunehmenden Gewöhnung an Suchtgifte (Konsum von Haschisch und Tabletten). Knapp ein Jahr später, am XXXX wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 1. Fall, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, zu XXXXwegen § 127 StGB zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von zwölf Monaten und widerrief die mit Urteil vom XXXX, gewährte bedingte Freiheitsstrafe. Als mildernd wertete das Gericht, dass sich der Beschwerdeführer überwiegend geständig zeigte, dass die Taten teilweise beim Versuch blieben und der Beschwerdeführer im Tatzeitraum teilweise jugendlich, teilweise unter 21 Jahre alt und wegen Alkohol- und Tablettenkonsums eingeschränkt zurechnungsfähig war. Als erschwerend wertete das Gericht die einschlägige Vorstrafe, den langen Tatzeitraum, den äußerst raschen Rückfall und die Tatbegehung während anhängen Verfahrens. Wiederum im nächsten Jahr, mit Urteil vom XXXX, verurteilte ihn das Landesgericht XXXX wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten. Im selben Jahr, nur sieben Monate später, verurteilte das Landesgericht XXXX den Beschwerdeführer mit Urteil vom XXXX, wegen des Vergehens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 130 Abs 1 erster Fall und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von 18 Monaten. Als mildernd wertete das Gericht das Alter unter 21 Jahren, das teilweise Geständnis, den Umstand, dass die Taten teilweise beim Versucht geblieben sind und die Sicherstellung der Diebesbeute, als erschwerend das Zusammentreffen von zwei Vergehen, die Tätermehrheit, die Rückfallvoraussetzungen nach § 39 StGB und den raschen Rückfall.

Mit diesen rechtskräftig festgestellten Übertretungen sowohl gegen das SMG als auch gegen das StGB hat der Beschwerdeführer ein Verhalten gesetzt, das keine Achtung der (straf)rechtlich in Österreich (und insgesamt in der Union) geschützten Werte zeigt. Aus den Strafzumessungsgründen ist klar ersichtlich, dass die Spezialprävention dieser Bestrafungen beim Beschwerdeführer nicht fruchtet. Er zeigte sich gänzlich unbeeindruckt und beging während laufender Verfahren neue Strafdelikte. Auch die bedingte Strafnachsicht war nicht dazu geeignet, den Beschwerdeführer von der Begehung neuer Delikte abzuhalten. Daher überwiegt bei einer Gesamtbetrachtung unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), während die schwach ausgebildeten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich nicht dagegen halten können.

Die Aufenthaltsbeendigung von straffällig gewordenen Ausländern gilt grundsätzlich als legitimes Interesse eines Aufenthaltsstaates. Daher sind Straftaten wesentliche Gründe, die bei Rückkehrentscheidungen im Rahmen der Interessensabwägung zu Ungunsten eines Fremden ausschlagen können. Das wiederkehrende strafbare Verhalten des Beschwerdeführers und insbesondere seine Neigung, während anberaumter Strafverfahren bereits neue Delikte zu begehen verdeutlicht, dass er nicht gewillt ist, die für ihn maßgebenden Rechtsvorschriften seines Gastlandes einzuhalten.

Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellen würde. Daher wurde die Rückkehrentscheidung zu Recht erlassen und ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. abzuweisen.

3.3. Zum Ausspruch, dass die Abschiebung nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt III.):

3.3.1. Rechtslage:

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:

Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig wäre.

Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse VwGH 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 - 0062).

Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs 2 FPG, da dem Beschwerdeführer keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.

Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Marokko erfolgte daher zu Recht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 52 Abs 9 FPG abzuweisen war.

3.4. Zum Ausspruch, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 55 Abs 1a FPG besteht ua eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht, wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. Hierunter fallen neben Verfahren, in denen einer Beschwerde ex lege keine aufschiebende Wirkung zukam, auch die Verfahren, in denen das BFA die aufschiebende Wirkung aberkannt hat und in denen jeweils keine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG erfolgt ist.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde einer Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid vom 04.09.2018 die aufschiebende Wirkung - zu Recht, wie unten auszuführen sein wird - aberkannt.

Nach § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Bei der Rückkehr des Beschwerdeführers nach Marokko besteht keine Gefahr, dass diesem die Todesstrafe, die Folter, eine unmenschliche Behandlung oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes drohen, da sich sein gesamtes Fluchtvorbringen auf Algerien und nicht Marokko bezieht und rechtskräftig feststeht, dass ihm diesbezüglich keine Gefahr droht. Ein von Art 8 EMRK geschützter Eingriff in sein Privat- und Familienleben ist ebenfalls mangels Bestehens eines schützenswerten Privat- und Familienleben in Österreich nicht zu befürchten. Die nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchzuführende Interessensabwägung zwischen den Interessen des Beschwerdeführers und jenen Österreichs ergibt, wie bereits oben ausgeführt, einen Überhang der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheides. Damit waren keine Gründe für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG gegeben.

Zu Recht hat daher die belangte Behörde § 55 Abs 1a FPG zur Anwendung gebracht. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.

3.5. Verlust des Rechtes zum Aufenthalt (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

3.5.1. Rechtslage:

Gemäß § 13 Abs 1 AsylG ist ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Verlust des Aufenthaltsrechtes (Abs 2) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.

Das Recht des Asylwerbers zum Aufenthalt im Bundesgebiet geht gemäß § 13 Abs 2 AsylG verloren, wenn dieser straffällig geworden ist (Z 1), gegen ihn wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann, eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft eingebracht worden ist (Z 2), gegen ihn Untersuchungshaft verhängt wurde (§§ 173 ff StPO) (Z 3) oder er bei der Begehung eines Verbrechens (§ 17 StGB) auf frischer Tat betreten worden ist (Z 4). Der Verlust des Aufenthaltsrechtes ist dem Asylwerber mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Wird ein Asylwerber in den Fällen der Z 2 bis 4 freigesprochen, tritt die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der Straftat zurück (§§ 198 ff StPO) oder wird das Strafverfahren eingestellt, lebt sein Aufenthaltsrecht rückwirkend mit dem Tage des Verlustes wieder auf.

Hat ein Asylwerber sein Recht auf Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Abs. 2 verloren, kommt ihm faktischer Abschiebeschutz (§ 12) zu (

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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