TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/18 W208 2189760-2

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Veröffentlicht am 18.10.2018
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Entscheidungsdatum

18.10.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.6 Abs1
GEG §6a Abs1
GEG §9 Abs1
VwGVG §8a

Spruch

W208 2189760-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über den Antrag auf Verfahrenshilfe von XXXX, XXXX, zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des PRÄSIDENTEN OBERLANDESGERICHTES WIEN vom 31.07.2018, GZ 100 Jv 50499-33a/18 Ziv 401544/17-5 betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

A) Der Antrag auf Verfahrenshilfe wird gemäß § 8a VwGVG abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Im Grundverfahren brachte die antragstellende Partei (im Folgenden: aP) Rekurs gegen die Abweisung der Verfahrenshilfe und Zurückweisung eine Wiederaufnahmeklage (XXXX) ein. Der Rekurs wurde zurückgewiesen. Der aP wurden Gerichtsgebühren in einer Höhe von €

184,- (gem. TP 1 Anmerkung 3 GGG und § 6a GEG) rechtskräftig mit Zahlungsauftrag vom 09.03.2016 vorgeschrieben und zur Einbringung dieser Gebühren vom zuständigen Bezirksgericht rechtskräftig eine Fahrnisexekution bewilligt (XXXX), wodurch sich der aushaftende Betrag um € 63,70 (Exekutionskosten) auf € 248,50 erhöhte.

2. Mit Schreiben vom 25.01.2018 brachte die bP einen Stundungsantrag gemäß § 9 Abs 1 GEG ein und ersuchte die Forderung für 6 Monate zu stunden.

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 02.02.2018 wurde dem Stundungsantrag nicht stattgegeben.

4. Gegen diesen Bescheid erhob die bP am 08.03.2018 Beschwerde und wurde der Bescheid vom BVwG mit Beschluss vom 11.05.2018, GZ W208 2189760-1/2E behoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückverwiesen.

5. Mit dem nunmehr für den Verfahrenshilfeantrag gegenständlichen Bescheid vom 31.07.2018 wurde der Antrag auf Stundung zurückgewiesen, wobei tragendes Argument war, dass mittlerweile der von der aP am 25.01.2018 beantragte Stundungszeitraum von 6 Monaten bereits verstrichen, die aP faktisch bereits in den Genuss der Stundung gekommen sei und somit kein Rechtschutzbedürfnis mehr vorliege.

6. Gegen diesen Bescheid beabsichtigt die aP eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) einzubringen und stellte mit Schreiben vom 14.09.2018 (Postaufgabedatum 18.09.2018) einen Antrag auf Verfahrenshilfe in vollem Umfang. Der Antrag enthält ein Vermögensbekenntnis und wird angeführt, dass sie nicht in der Lage wäre als juristische Laiin eine Beschwerde einzubringen, weil der Fall viel zu schwer sei.

7. Mit Schreiben vom 25.09.2018 (eingelangt am 28.09.2018) legte die belangte Behörde den gegenständlichen Antrag inklusive des Bescheides dem BVwG zu Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der im Punkt I. angeführte Sachverhalt wird festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zum rechtserheblichen Sachverhalt konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage erfolgen und sind unbestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. § 8a Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) idgF regelt seit 01.01.2017 die Gewährung von Verfahrenshilfe vor dem BVwG außerhalb von Verwaltungsstrafverfahren.

Voraussetzung dafür ist, dass die Gewährung von Verfahrenshilfe auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist es nicht erforderlich, dass Verfahrenshilfe in allen erdenklichen Verfahren zu gewähren ist.

Gegenständlich wird der Verfahrenshilfeantrag abgewiesen, da die Eintreibung von Gerichtsgebühren nicht in den Anwendungsbereich des Art 6 EMRK fällt, weil keine "civil rights" betroffen sind und auch Art 48 GRC nicht anwendbar ist, weil kein Bezug zu Regelungen der Europäischen Union vorliegt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen hat, fallen Angelegenheiten der Gerichtsgebühren nicht in den Anwendungsbereich des Art 6 EMRK (vgl. VwGH 11.01.2016, Ra 2015/16/0132). Gerichtsgebühren sind Bundesabgaben, weshalb ihre Vorschreibung keine Entscheidung über "civil rights" iSd Art 6 EMRK ist (VwGH 24.09.2009, 2008/16/0051).

Da somit bereits diese Voraussetzung des § 8a VwGVG nicht erfüllt ist, und alle darin genannten Voraussetzungen gemeinsam (kumulativ) vorliegen müssen, erübrigt sich eine diesbezüglich weitere Prüfung.

Im Übrigen sehen auch das allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), das Gerichtliche Einbringungsgesetz (GEG) und das Gerichtsgebührengesetz (GGG) keine Rechtsgrundlage für die Gewährung von Verfahrenshilfe vor.

Der Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe ist daher spruchgemäß abzuweisen.

3.2. Abschließend ist anzumerken, dass die Voraussetzungen für eine Beschwerde vor dem BVwG gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde in § 9 Abs 1 VwGVG angeführt sind:

Die Beschwerde hat demnach zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist (= Zustelldatum des Bescheides).

Diese Voraussetzungen sind auch von einem juristischen Laien in aller Regel erfüllbar und sind mangelhafte Beschwerden unter den Voraussetzungen des § 13 Abs 3 AVG ohnehin zur Verbesserung zurückzustellen.

Im konkreten Fall ist der Ablauf des beantragten Stundungszeitraumes von 6 Monaten auch einem juristischen Laien leicht erkennbar.

3.3. Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art 6 Abs 1 EMRK und Art 47 GRC nicht ersichtlich (vgl. dazu auch VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung/Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben dargestellten Grundsatzentscheidungen des VwGH wird verwiesen.

Schlagworte

Beschwerdeinhalt, Civil Rights, Gerichtsgebührenpflicht,
Verfahrenshilfeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W208.2189760.2.00

Zuletzt aktualisiert am

14.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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