Entscheidungsdatum
25.10.2018Norm
BFA-VG §7 Abs1 Z1Spruch
W186 2001772-1/25E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb.XXXX, StA. Marokko, vertreten durch Diakonie - Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17. Februar 2014, Zahl 831651304 - 14112054, und die darauf gestützte Anhaltung, zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG idgF iVm § 76 FPG iVm Art. 28 Dublin III-VO stattgegeben, der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben und die vollzogene Schubhaft für rechtswidrig erklärt.
Gleichzeitig wird die Anhaltung von 17.02.2014 bis 07.03.2014, für rechtswidrig erklärt.
II. Gemäß § 35 VwGVG iVm der VwG-Aufwandersatzverordnung hat der Bund (Bundesminister für Inneres) der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in Höhe von 737,60 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer gelangte eigenen Angaben zufolge von Italien kommend mit einem Zug illegal in das österreichische Bundesgebiet und brachte am 10. November 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz ein, wobei er die im Spruch genannten Personalien angab.
Von 12. November 2013 bis 11. Dezember 2013 wurde der Beschwerdeführer in Schubhaft genommen.
Im Zuge des Ermittlungsverfahrens wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer am 4. Juni 2012 in der Schweiz einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und ein Konsultationsverfahren eingeleitet, worüber der Beschwerdeführer nachweislich am 15. November 2013 in Kenntnis gesetzt wurde.
Mit Schreiben vom 15. November 2013 gab die Schweiz bekannt, dass der Beschwerdeführer am 4. Juni 2013 nach Zustimmung Italiens dorthin überstellt wurde. In weiterer Folge wurde ein Konsultationsverfahren mit Italien eingeleitet und der Beschwerdeführer am 18. November 2013 hierüber in Kenntnis gesetzt.
Von 12. Dezember 2013 bis 18. Dezember 2013 war der Beschwerdeführer in der Betreuungsstelle Ost, ab 18. Dezember 2013 in der Betreuungsstelle Nord aufhältig. Diese hat der Beschwerdeführer am 20. Dezember 2013 unbekannten Aufenthalts verlassen.
Am 26. Dezember 2013 um 19:15 Uhr wurde der Beschwerdeführer in Wien 12, Schedifkaplatz 3 einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen, wobei er sich mit einer Verfahrenskarte gemäß § 50 AsylG 2005 mit dem Vermerk "Aufenthalt auf Gebiet Baden beschränkt" auswies. Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme am 27. Dezember 2013 führte der Beschwerdeführer aus, er sei am 10. November 2013 von Italien kommend mit einem Zug nach Österreich eingereist. Er besitze derzeit keine Barmittel, habe während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet in Wien an verschiedenen Adressen Unterkunft genommen, ohne behördlich gemeldet zu sein, habe in Österreich keine Angehörigen und keine Beschäftigung. Seine Familie lebe in Marokko und habe er zwei Jahre hindurch die Grundschule besucht. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 27. Dezember 2013, 1375887/FrB/13, wurde gegen den Beschwerdeführer zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung bzw. der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, die Schubhaft verhängt. Begründend wurde ausgeführt der Beschwerdeführer sei im Bundesgebiet ohne Unterstand und ohne gültiges Reisedokument und sei gegen ihn ein Ausweisungsverfahren eingeleitet worden. Er sei ledig, habe keine Sorgepflichten, verfüge weder über eine aufrechte Meldung noch über erforderliche Barmittel. Da sein Aufenthalt auf das Gebiet Baden beschränkt worden sei, habe er eine Gebietsverletzung gemäß § 12 AsylG 2005 begangen. Im Falle einer Belassung auf freiem Fuß sei davon auszugehen, dass er sich dem weiteren behördlichen Verfahren durch Untertauchen zu entziehen trachte. Am 30. Dezember 2013 wurde der Beschwerdeführer wegen Haftunfähigkeit infolge eines Hungerstreiks aus der Schubhaft entlassen.
Ab 3. Jänner 2014 befand sich der Beschwerdeführer wieder in der Betreuungsstelle Ost.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29. Jänner 2014, 831651304-EAST Ost, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom 10. November 2013 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100 idgF, als unzulässig zurückgewiesen und für die Prüfung des Antrages gemäß Artikel 16/1/c iVm Artikel 20/1/c der Verordnung Nr. 604/2103 des Europäischen Parlaments und des Rates Italien für zuständig erklärt. Mit Spruchpunkt II. wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Absatz 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, die Außerlandesbringung angeordnet und gemäß § 61 Absatz 2 FPG die Abschiebung nach Italien für zulässig erklärt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, der keine aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Beschwerde mit Erkenntnis vom 10.04.2014 als unbegründet ab.
Am 12. Februar 2014 verließ der Beschwerdeführer die Betreuungsstelle Ost und wurde polizeilich "obdachlos" an der Adresse Zohmanngasse 28, 1100 Wien, gemeldet.
Am 17. Februar 2014 um 16:13 Uhr wurde der Beschwerdeführer im Zuge einer Personenkontrolle in 1020 Wien, Praterstern Bahnhofshalle, aufgegriffen und nach Rücksprache mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Festnahme nach dem BFA-VG ausgesprochen.
Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am selben Tag, Beginn um 19:48 Uhr, gab der Beschwerdeführer an, er sei vor ca. drei Monaten nach Österreich eingereist und habe einen Asylantrag gestellt. Gegen den negativen Bescheid habe er Beschwerde eingebracht und sei diese derzeit noch anhängig und offen. Er wisse, dass für sein Asylverfahren Italien zuständig sei. Er wolle jedoch nicht nach Italien und selbst im Falle der Zurückschiebung nach Italien werde er wieder nach Österreich kommen. Dem Beschwerdeführer wurde zur Kenntnis gebracht, dass die gegen ihn getroffene Asylentscheidung bereits durchsetzbar sei und er, sollte ihm bis zum 20. Februar 2014 durch das Bundesverwaltungsgericht nicht die aufschiebende Wirkung zuerkannt werden, zum nächstmöglichen Termin nach Italien überstellt werde. Befragt nach seiner Wohnadresse antwortete der Beschwerdeführer, er wohne derzeit in Wien, Näheres sei ihm nicht bekannt und verfüge er über eine behördliche Meldung beim Verein Ute Bock. Seine Postabgabestelle habe er letzte Woche betraut, die Mitarbeiter hätten ihm geraten, zur Polizei zu gehen; dies habe er gemacht und sei dort festgenommen worden. Er sei ledig und für niemanden sorgepflichtig. Er habe keine Eltern und in Österreich keine Angehörigen, lediglich eine Freundin. An Barmitteln besitze er € 15,- und werde er in Österreich von Freunden unterstützt.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17. Februar 2014, 831651304 - 14112054, wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Absatz 2a Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. In ihrer Begründung stellte die belangte Behörde fest, der Beschwerdeführer sei kein österreichischer Staatsbürger, er sei Asylwerber, da sein Asylverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei, sondern sich derzeit im Stande der Beschwerde befinde. Gegen den Beschwerdeführer sei eine durchsetzbare Anordnung zur Außerlandesbringung erlassen worden, die aufschiebende Wirkung sei ihm bis dato nicht zuerkannt worden, weshalb die getroffene Maßnahme zulässig sei. Der Beschwerdeführer verfüge über eine obdachlosen Meldung in Wien, wobei es sich jedoch lediglich um eine reine Briefkastenadresse handle. Befragt nach seinem Wohnort, habe der Beschwerdeführer keine nähere Adresse bekanntgegeben. Er halte sich somit im Verborgenem auf und habe die Behörde Grund zur Annahme, dass der Beschwerdeführer seine Adresse bewusst nicht nenne, um sich dem Verfahren, insbesondere der Überstellung nach Italien zu entziehen. So habe der Beschwerdeführer angegeben, nicht nach Italien zu wollen und im Falle einer Überstellung wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren; es bestehe daher ein erhebliches Risiko des Untertauchens und zeige sich der Beschwerdeführer trotz gesetzlicher Verpflichtung zur Ausreise aus Österreich ausreiseunwillig. Er sei in Österreich weder beruflich noch sozial verankert und habe keine Angehörigen, welche im Bundesgebiet aufhältig seien. In Abwägung der Anordnung eines gelinderen Mittels hielt die belangte Behörde fest, dass eine finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund der finanziellen Situation des Beschwerdeführers schon von vornherein nicht in Betracht käme. Auch mit der Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und mit einer periodischen Meldeverpflichtung könne im Fall des Beschwerdeführers kein Auslangen gefunden werden. Aufgrund der persönlichen Lebenssituation des Beschwerdeführers und aufgrund seines bisherigen Verhaltens bestünde im Fall des Beschwerdeführers ein hohes Risiko des Untertauchens, womit jedoch die Sicherung der Abschiebung vereitelt wäre. Infolge des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers sie auch die Haftfähigkeit gegeben.
Gegenständlicher Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 17. Februar 2014 durch persönliche Übernahme zugestellt.
Am selben Tag trat der Beschwerdeführer wiederum in den Hungerstreik.
3. Mit Schriftsatz vom 20. Februar 2014 hat der Beschwerdeführer gegen den oben genannten Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Darin wird beantragt, die Verhängung der Schubhaft und die andauernde Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären. Weiters wurde beantragt, Kostenersatz im Umfang der anzuwendenden Pauschalersatzverordnung (Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand) und der Eingabegebühr zuzuerkennen.
Die Beschwerde wurde im Wesentlichen zusammengefasst damit begründet, dass die Haft unverhältnismäßig sei. Der Beschwerdeführer verfüge über eine Obdachlosenmeldung beim Verein Ute Bock; dort sei es notwendig, sich mindestens einmal in zwei Wochen zu melden, ansonsten eine Abmeldung erfolge. Somit sei sehr wohl eine "behördliche Greifbarkeit" gegeben und handle es sich dabei keineswegs um eine "Briefkastenadresse". Zudem sei der Beschwerdeführer regelmäßig bei einer Freundin aufhältig gewesen und werde versucht, die genaue Adresse zu eruieren. Der Grund für das Verlassen der Betreuungsstelle am 12. Februar 2014 seien Probleme mit einem Zimmerkollegen gewesen, die ihm ua. ein Schlafen nicht möglich gemacht hätten. Das erforderliche Sicherungsbedürfnis, welches die Anordnung von Schubhaft rechtfertigen könnte, liege somit beim Beschwerdeführer nicht vor. Die Schubhaftverhängung und die weitere Anhaltung in Schubhaft seien daher rechtswidrig. Allenfalls käme die Verhängung eines gelinderen Mittels in Betracht. Zudem sei die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers zu prüfen, da dieser offenbar an einer psychischen Krankheit leide. Lediglich in Textbausteinen behandle die belangte Behörde das Thema des gelinderen Mittels, ohne dabei auf die konkreten Umstände des Beschwerdeführers einzugehen. Dem Beschwerdeführer wird sein bisheriges Verhalten negativ angelastet, ohne dabei anzuführen, welches konkretes Verhalten gemeint sei. Der Beschwerdeführer sei obdachlos gemeldet gewesen und die Behörde somit über seinen Aufenthaltsort informiert. Es wäre sohin das Mittel einer periodischen Meldung zu prüfen und erst nach Verstoß dieser Auflage eine weitere Prüfung der Zulässigkeit der Schubhaft geboten gewesen.
Der angefochtene Bescheid verstoße überdies gegen Unionsrecht, weil Art. 15 Rückführungsrichtlinie RL 2008/115/EG vorsehe, dass die Rechtmäßigkeit der Inhaftnahme für die Zwecke der Abschiebung gerichtlich zu überprüfen sei. Wenn die Haft durch eine "administrative authority" angeordnet werde, hätten die Mitgliedstaaten sicher zu stellen, dass die Anhaltung einer raschen richterlichen Überprüfung unterzogen werde. Diese Verpflichtung sei im österreichischen Recht nicht umgesetzt worden, weil eine amtswegige Überprüfung nur durch die Verwaltungsbehörde selbst und eine Überprüfung durch ein unabhängiges Tribunal erst nach vier Monaten vorgesehen sei.
Der Beschwerdeführer werde auch in seinem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und im Recht auf persönliche Freiheit und Sicherheit verletzt, da die Norm des § 22a BFA-VG nicht den Anforderungen des Legalitätsprinzips des Art. 18 B-VG entspreche. Aus den anzuwendenden Rechtsnormen sei nicht ersichtlich, ob eine Beschwerde gemäß § 22a BFA-VG unter Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG oder unter Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG falle. Im Falle der Schubhaftbeschwerde handle es sich um ein Rechtsmittel besonderer Art: Sowohl Elemente einer Bescheidbeschwerde als auch einer Maßnahmenbeschwerde würden kombiniert. Eine Regelung, die Art. 129a Abs. 1 Z 3 B-VG aF (der die Entscheidungskompetenz des UVS sichergestellt habe, weil ihm diese Zuständigkeit durch das 9. Hauptstück des FPG aF zugewiesen gewesen sei) entspreche, fehle in der geltenden Verfassung.
Darüber hinaus habe das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG auch als Titelbehörde festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Eine verfassungskonforme Interpretation der Regelung des § 22a Abs. 3 BFA-VG scheine aber aufgrund der Formulierung des Art. 130 B-VG jedenfalls ausgeschlossen, da die Kompetenz zur Prüfung, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, dem Verwaltungsgericht nicht zugewiesen sei. Dem Bundesverwaltungsgericht komme gemäß Art. 130 B-VG lediglich die Kompetenz zu, bereits gesetzte Verwaltungsakte und bereits gesetztes Verwaltungshandeln der Administrativbehörden zu überprüfen. Die Kompetenz zur Erlassung eines neuen Schubhaft-Titels anstelle des Mandatsbescheides der Verwaltungsbehörde durch das Verwaltungsgericht sei nicht vorgesehen und würde das Verwaltungsgericht dadurch seine verfassungsrechtlich vorgegebenen Kompetenzen überschreiten. Dies hätte einen Verstoß gegen das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG zur Folge.
Schließlich widerspreche es dem Telos der Richtlinie 2008/115/EG (RückführungsRL), wenn die Schubhaftbeschwerde mit einem Kostenrisiko für den Angehaltenen verbunden wäre. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe sei entgegen der RückführungsRL nicht vorgesehen. Ein mögliches Kostenrisiko unterlaufe daher die Effektivität des Rechts auf gerichtliche Überprüfung der Inhaftnahme. Daher werde beantragt, der Behörde im Falle des Obsiegens keine Kosten zuzusprechen, im Falle des Obsiegens des Beschwerdeführers aber Kostenersatz in Höhe der Aufwandersatzverordnung zu zahlen.
Zur Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung führt die Beschwerde aus, dass einer Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zukomme. § 57 Abs. 2 AVG stehe der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen, weil dieser Bestimmung durch § 22a Abs. 5 BFA-VG und § 13 iVm § 17 VwGVG derogiert werde. § 13 VwGVG selbst werde durch keine andere Bestimmung derogiert. Der Beschwerde komme daher die aufschiebende Wirkung zu. Die Schubhaft sei daher im Zeitpunkt des Einbringens der Schubhaftbeschwerde umgehend aufzuheben, weil die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im bekämpften Bescheid nicht ausgeschlossen worden und die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gesetzlich nicht vorgesehen sei. Dies torpediere zwar den Zweck des § 76 FPG. Im Lichte der Art. 13 iVm Art. 5 Abs. 4 EMRK und dem PersFrBVG sei eine andere Auslegung jedoch nicht denkbar. Die Schubhaft möge daher unmittelbar nach Einlangen der Beschwerde aufgehoben werden, in eventu wolle festgestellt werden, dass die Anhaltung in Schubhaft zwischen der Erhebung des Rechtsmittels und der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts rechtswidrig gewesen sei.
Überdies sei die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides mangelhaft. So sei dem Beschwerdeführer nur eine zweiwöchige Beschwerdefrist eingeräumt worden. Ob dem Beschwerdeführer ein weiterer Rechtsschutz bei andauernder Anhaltung zukomme, führe die Rechtsmittelbelehrung nicht aus. Daher sei der Bescheid rechtswidrig.
4. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Beschwerde mit Erkenntnis vom 26.02.2014 gemäß § 76 Abs. 2a Z 1 FPG iVm §22a Abs. 1 BFa-VG als unbegründet ab (Spruchpunkt I.) und stellte gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen.
Einer dagegen erhobenen Revision gab der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 19.05.2015 statt, und hob das Erkenntnis im Umfang seiner Anfechtung (Spruchpunkte I. und II.) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.
Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass § 22a Abs. 1 und 2 BFA-VG durch den Verfassungsgerichtshof am 12.03.2015, G 151/2014 u.a., aufgehoben worden war und sich daher die auf § 22a Abs. 1 BFA-VG gestützte Abweisung der Beschwerde mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses schon deshalb als inhaltlich rechtswidrig erweise.
Das BVwG habe es im Fortsetzungsausspruch - der sich ausschließlich auf den verfassungsrechtlich unbedenklichen § 22a Abs. 3 BFA-VG stützte - unterlassen auf Art. 28 der Dublin III-VO Bezug zu nehmen, was vor dem Hintergrund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.02.2015, Zl. Ro 2014/21/0075, rechtswidrig sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Bescheid vom 17.02.2014 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt. Der Beschwerdeführer befand sich auf Grund dieses Bescheides in Schubhaft. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.02.2014 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft abgewiesen (Spruchpunkt I.) und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen (Spruchpunkt II.). Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.05.2015 wurde einer dagegen erhobenen Revision stattgegeben und das Erkenntnis in seinen Spruchpunkten I. und II. wegen der Aufhebung des § 22a Abs. 1 und 2, sowie mangels innerstaatlich gesetzlich festgelegter Kriterien zur Konkretisierung der in Art. 28 Abs. 2 Dublin III-VO für die Verhängung von Schubhaft u.a. normierten Voraussetzung des Vorliegens von "Fluchtgefahr", als rechtswidrig aufgehoben.
Die Schubhaft des Beschwerdeführers endete mit seiner Überstellung nach Italien am 07.03.2014. Sie wurde von 17.02.2014 bis 07.03.2014 im Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel vollzogen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt.
3. Rechtliche Beurteilung:
1. Gemäß § 76 Abs. 3 FPG idF BGBl. I. Nr. 87/2012 ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Gemäß § 57 Abs. 1 AVG ist die Behörde berechtigt, wenn es sich bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen. Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann gemäß § 57 Abs. 2 AVG bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.
Gemäß § 22a Abs. 5 BFA-VG ist gegen die Anordnung der Schubhaft eine Vorstellung nicht zulässig.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3).
§ 22a Abs. 1 und 2 BFA-VG in der dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgericht vom 26.02.2014 zugrunde gelegen habenden Fassung wurden vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 12.03.2015, G 151/2014 ua., aufgehoben. Der Verfassungsgerichtshof sprach zudem aus, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten und die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind.
§ 22a Abs. 3 BFA-VG wurde nicht als verfassungswidrig aufgehoben, der Verfassungsgerichtshof hielt das Bedenken, § 22a Abs. 3 BFA-VG widerspreche den Anforderungen des Art. 130 B-VG, im Erkenntnis vom 12.03.2015, G 151/2014 ua., nicht aufrecht.
Am 19.06.2015 traten in Entsprechung des Erkenntnisses VfGH 12.03.2015, G 151/2014 ua., (s. RV 582 BlgNR 25. GP 7) § 22a Abs. 1, 1a und 2 BFA-VG in Kraft. Im Zeitpunkt der Aufhebung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.02.2014 durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.05.2015 war das Bundesverwaltungsgericht sohin gemäß § § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG zur Entscheidung befugt.
Zu A.I.) Schubhaftbescheid vom 17.02.2014 und darauf gestützte Anhaltung in Schubhaft von 17.02.2014 bis 07.03.2014
1. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG idF BGBl. I Nr. 87/2012 können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Anordnung zur Außerlandesbringung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen. Gemäß Abs. 1a dürfen unmündige Minderjährige nicht in Schubhaft angehalten werden.
Das Bundesamt kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn
1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Rückkehrentscheidung erlassen wurde;
2. gegen ihn ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gemäß § 27 AsylG 2005 eingeleitet wurde;
3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Anordnung zur Außerlandesbringung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder
4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.
Das Bundesamt hat gemäß Abs. 2a über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn
1. gegen ihn eine zurückweisende Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 und eine durchsetzbare Anordnung zur Außerlandesbringung oder eine durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;
2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;
3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;
4. der Asylwerber, gegen den gemäß § 27 AsylG 2005 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 13 Abs. 2 BFA-VG nicht nachgekommen ist;
5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder
6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 bis 4 vorliegt, und die Schubhaft für die Sicherung eines Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.
Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung), ABl. 29. Juni 2013, L 180, 31:
"Artikel 2 Definitionen
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung a) - m) [...] n) ‚Fluchtgefahr' das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte."
"Artikel 28 Haft
(1) Die Mitgliedstaaten nehmen eine Person nicht allein deshalb in Haft, weil sie dem durch diese Verordnung festgelegten Verfahren unterliegt. (2) Zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren, dürfen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dieser Verordnung, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen und nur im Falle dass Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. (3) Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird. Wird eine Person nach diesem Artikel in Haft genommen, so darf die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Verfahren gemäß dieser Verordnung durchführt, ersucht in derartigen Fällen um eine dringende Antwort. Diese Antwort erfolgt spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs. Wird innerhalb der Frist von zwei Wochen keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen. Befindet sich eine Person nach diesem Artikel in Haft, so erfolgt die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat, sobald diese praktisch durchführbar ist und spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der stillschweigenden oder ausdrücklichen Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person durch einen anderen Mitgliedstaat oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf oder die Überprüfung gemäß Artikel 27 Absatz 3 keine aufschiebende Wirkung mehr hat. Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen im Sinne des Unterabsatz 3 statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten. Die Artikel 21, 23, 24 und 29 gelten weiterhin entsprechend. (4) Hinsichtlich der Haftbedingungen und der Garantien für in Haft befindliche Personen gelten zwecks Absicherung der Verfahren für die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat, die Artikel 9, 10 und 11 der Richtlinie 2013/33/EU."
Gemäß Artikel 49 Dublin-III-Verordnung ist diese Verordnung auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003.
Die belangte Behörde verhängte im angefochtenen Bescheid die Schubhaft über den Beschwerdeführer zur Sicherung seiner Überstellung nach ITALIEN, da gegen ihn eine durchsetzbare Anordnung zur Außerlandesbringung nach ITALIEN erlassen wurde. Es handelte sich daher um das Vorliegen eines "Dublin-Falles", weshalb Art. 28 der Dublin III-VO anzuwenden gewesen wäre. Dies unterließ die belangte Behörde jedoch.
Wie der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf den Beschluss des deutschen Bundesgerichtshofes vom 26.06.2014, V ZB 31/14, in seinem Erkenntnis vom 19.02.2015, Zl. Ro 2014/21/0075, festgehalten hat, verlangt Art. 2 lit. n Dublin III-VO unmissverständlich gesetzlich festgelegte Kriterien zur Konkretisierung der im Unionsrecht für die Verhängung von Schubhaft (u.a.) normierten Voraussetzung des Vorliegens von "Fluchtgefahr". Ein Rückgriff auf Kriterien, die der Verwaltungsgerichtshof vor allem zum Tatbestand der Ziffer 4 des § 76 Abs. 2 FPG für die Annahme von "Fluchtgefahr" (Gefahr des "Untertauchens") als maßgeblich angesehen hat, reiche nicht, um den Vorgaben der Dublin III-VO zu entsprechen. Solche Umstände hätten vielmehr gesetzlich determiniert werden müssen. Solange dies nicht der Fall sei, komme daher Schubhaft gegen Fremde, die sich in einem Verfahren nach der Dublin III-VO befinden, zwecks Sicherstellung des Überstellungsverfahrens nach Art. 28 der Verordnung nicht in Betracht.
Aus diesem Grund war daher der Schubhaftbescheid vom 17.02.2014 sowie die darauf gestützte Anhaltung des BF in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären.
Da sich der Beschwerdeführer nicht mehr im Stande der Schubhaft befindet, ist auch der vom Verwaltungsgerichtshof behobene Fortsetzungsausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG nicht zu wiederholen (VwGH 24.11.2009, 2009/21/0192; 24.11.2009, 2009/21/0003; 25.03.2010, 2009/21/0195).
Vielmehr gründet sich die Anhaltung des Beschwerdeführers nach Aufhebung des Fortsetzungsausspruches als Titel für die Anhaltung (VwGH 26.01.2012, 2008/21/0626; 28.08.2012, 2010/21/0388; 24.01.2013, 2012/21/0140) wiederum auf den Bescheid vom 17.02.2014.
War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die auf den Schubhaftbescheid gestützte Anhaltung gelten (VwGH 08.09.2009, 2009/21/0162; 26.01.2012, 2008/21/0626; 11.06.2013, 2012/21/0114).
Aufgrund der Aufhebung des Bescheides war daher auch die darauf gestützte Anhaltung des BF bis 07.03.2014 als rechtswidrig zu erklären.
Zu A.III.) Kostenantrag
1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Der BF ist auf Grund der Beschwerdestattgabe obsiegende Partei und hat Anspruch auf Kostenersatz.
3. Nach § 35 Abs. 4 VwGVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat (Z 1), die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren (Z 2), sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand (Z 3). Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht. Aufwandersatz ist laut Abs. 7 auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
Der BF beantragte in der Beschwerde den Ersatz nach der VwG-Aufwandersatzverordnung
§ 1 VwG-AufwErsV bestimmt die Höhe des zu ersetzenden Schriftsatzaufwandes des BF als obsiegende Partei mit € 737,60. Die belangte Behörde hat daher dem BF € 737,60 zu ersetzen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu entnehmen ist, weicht die gegenständliche Entscheidung zur Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides und der vollzogenen Schubhaft im konkreten Fall weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch ist diese im gegenständlichen Fall als uneinheitlich zu beurteilen, wobei es diesbezüglich auch nicht an einer relevanten Rechtsprechung fehlt (vgl. dazu VwGH 19.02.2015, Zl. Ro 2014/21/0075).
Schlagworte
Fluchtgefahr, Kostenersatz, Rechtsgrundlage, Rechtswidrigkeit,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W186.2001772.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.01.2019