Entscheidungsdatum
25.10.2018Norm
ASVG §410Spruch
L510 2005888-1/6E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX (bezeichnet als XXXX), vertreten durch Mag. Dr. Gerhard Podovsovnik, LL.M., gegen den Bescheid der XXXX Gebietskrankenkasse vom 25.07.2013, Kto.Nr.:
XXXX, GZ: XXXX, beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
1. Mit im Spruch angeführten Bescheid der XXXX GKK (folgend kurz: "GKK") wurde die XXXX (folgend kurz. Firma B.), als Dienstgeberin verpflichtet, im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG die von der GKK mit der Beitragsvorschreibung vom 08.07.2010 nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von € 612.769,10 sowie Verzugszinsen gem. § 59 Abs. 1 ASVG in der Höhe von € 22.156,97, sohin einen Gesamtbetrag von € 634.926.07, an die GKK zu entrichten.
Die Verpflichtung werde unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der §§ 30, 33, 34, 35 Abs. 1, 42 Abs. 3, 44 Abs. 1, 45, 49 Abs. 1 und 2, 50, 54, 58 Abs. 1, 2 und 4, 59 Abs. 1 und 410 ASVG und § 6 des Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetzes (BMSVG) ausgesprochen und nehme Bezug auf die Beitragsvorschreibung vom 08.07.2010 sowie den Prüfbericht vom 12.07.2010, die jeweils einen integrierten Bestandteil dieses Bescheides darstellen würden.
Zum Sachverhalt wurde dargelegt, dass die Dienstgeberin ("XXXX") mit Geschäftssitz in XXXX, im Firmenbuch des Landesgerichts XXXX zu FN XXXX eingetragen sei. Alleingesellschafter und Geschäftsführer der XXXX sei Herr XXXX (Herr H.), geboren am XXXX, gewesen, welcher die Gesellschaft seit 05.01.2005 selbständig vertreten habe. Der Unternehmensgegenstand der XXXX sei Betonstahlverlegearbeiten gewesen. Die XXXX führte als Subauftragnehmer Eisenarmierungs- und Bewehrungsarbeiten durch.
Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom XXXX zu XXXX sei über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet und ein Masseverwalter bestellt worden. Infolge Eröffnung des Konkursverfahrens sei die XXXX mit XXXX aufgelöst worden. Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom XXXX zu XXXX sei der Konkurs mangels Deckung der Kosten des Verfahrens gem. § 123a IO aufgehoben worden. Gem. § 40 FBG sei die Firma von Amts wegen gelöscht worden. Dieser Umstand sei am XXXX ins Firmenbuch eingetragen worden.
Die GKK tätigte inhaltliche Ausführungen zu im Zuge der abgeschlossenen GPLA für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2009 im Betrieb der XXXX festgestellten Melde- und Beitragsdifferenzen.
2. Die Zustellung des bezeichneten Bescheides erfolgte an die XXXX, vertreten durch Dr. Gerhard Podovsovnik, LL.M.
3. Mit Schriftsatz vom 25.08.2013 erhob Herr H. durch seine Vertretung Einspruch [nunmehr: Beschwerde] gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid. Im Wesentlichen wurde dargelegt, dass der angefochtene Bescheid an einem Zustellmangel leide, da der einschreitende Rechtsanwalt keine Vollmacht einer gelöschten Firma haben könne. Der einschreitende Rechtsanwalt habe in seiner Antragstellung auf Ausstellung eines Bescheides nicht angegeben die Firma B. zu vertreten, sondern vielmehr Herrn H. als ehemaligen Geschäftsführer der Firma B. Eine Beauftragung und Bevollmächtigung der Firma B. könne es schon alleine deswegen nicht geben und auch keine Zustellvollmacht bestehen, weil diese Gesellschaft nicht mehr existiere und daher den Anwalt nicht bevollmächtigen könne. Die Zustellung leide daher an einem Mangel.
4. Mit Schriftsatz vom 13.03.2014 erfolgte die Beschwerdevorlage durch die GKK. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass Geschäftsführer der (bereits liquidierten) Firma B. Herr H. sei. Im laufenden Verfahren sei immer Rechtsanwalt Dr. Podovsovnik für Herrn
H. als ehemaligen handelsrechtlichen Geschäftsführer und Alleingesellschafter der XXXX eingetreten (siehe "Wiederaufnahme Beitragseinhebungsverfahren XXXX Rückstandsausweis" vom 24.09.2012, bzw. "Antrag auf Ausstellung eines Bescheides" vom 18.10.2012) und sei somit für die juristische Person im Auftrag des Herrn H. als Geschäftsführer tätig.
Den Bescheidantrag habe Herr H. (vertreten durch seinen Rechtsanwalt) auch nur in seiner Funktion als Geschäftsführer der Firma B. stellen können. Der Bescheid sei faktisch der rechtlichen Vertretung von Herrn H. (Antragsteller) zugestellt worden.
Dienstgeberin (im gegenständlichen Prüfzeitraum) und somit Bescheidadressat sei die Firma B. gewesen, welche liquidiert worden sei. Geschäftsführer (und Antragsteller des Beitragspflichtbescheides) sei Herr H., welcher jedoch durch Rechtsanwalt Dr. Podovsovnik vertreten wurde. Somit sei der angefochtene Beitragspflichtbescheid an den Geschäftsführer der Dienstgeberin - dieser vertreten durch seinen Rechtsanwalt - zugestellt worden.
Wenn der Rechtsanwalt jedoch einwende, dass es sich um einen unrichtigen Bescheidadressaten handeln würde, sei auf das "falsa demonstratio non nocet'-Prinzip ("eine falsche Bezeichnung schadet nicht") zu verweisen; es würde sich lediglich um eine reine Fehlbezeichnung handeln, für die der zivilrechtliche Grundsatz "falsa demonstratio non nocet" gelte.
5. In weiterer Folge wurde die Verwaltungssache dem BVwG vorgelegt.
6. Mit 22.01.2016 wurde die Sache der GA L510 neu zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Die Firma B. mit Geschäftssitz in XXXX, war im Firmenbuch des Landesgerichts XXXX zu FN XXXX eingetragen. Alleingesellschafter und Geschäftsführer war Herr H., welcher die Gesellschaft seit 05.01.2005 selbständig vertrat. Der Unternehmensgegenstand war Betonstahlverlegearbeiten. Die Firma B. führte als Subauftragnehmer Eisenarmierungs- und Bewehrungsarbeiten durch. Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom XXXX zu XXXX wurde über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet und ein Masseverwalter bestellt. Infolge Eröffnung des Konkursverfahrens wurde die Firma B. mit XXXX aufgelöst. Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom XXXX zu XXXX wurde der Konkurs mangels Deckung der Kosten des Verfahrens gem. § 123a IO aufgehoben. Gem. § 40 FBG wurde die Firma von Amts wegen gelöscht. Dieser Umstand wurde am XXXX ins Firmenbuch eingetragen.
2. Am 18.10.2012 stellte Herr H., vertreten durch Mag. Dr. Gerhard Podovsovnik, LL.M., als ehemaliger handelsrechtlicher Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Firma B. einen Antrag auf Ausstellung eines Bescheides in Bezug auf den Rückstandsausweis vom 19.07.2010.
2. Beweiswürdigung:
Der für die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes relevante Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus der vorliegenden Aktenlage.
1. Die unter 1.1. dargelegten Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt und wurden verfahrensgegenständlich nicht bestritten.
2. Die Feststellungen zum Bescheidantrag ergeben sich aus dem im Akt aufliegenden Schreiben vom 18.10.2012 und wurden nicht bestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 idgF, (B-VG) werden mit 01.01.2014 die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern, das Bundesvergabeamt und der unabhängige Finanzsenat (im Folgenden: unabhängige Verwaltungsbehörden) aufgelöst; ferner werden die in der Anlage genannten Verwaltungsbehörden (im Folgenden: sonstige unabhängige Verwaltungsbehörden) aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei diesen Behörden anhängigen Verfahren sowie der bei den Aufsichtsbehörden anhängigen Verfahren über Vorstellungen (Art. 119a Abs. 5) geht auf die Verwaltungsgerichte über; dies gilt auch für die bei sonstigen Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind, mit Ausnahme von Organen der Gemeinde.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt gem. § 414 Abs. 2 ASVG iVm § 410 Abs. 1 ASVG Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A) Zurückweisung
1. § 28 VwGVG
(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
[....]
(1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
(2) (...)
(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.
2. Gegenständlich ergibt sich somit folgendes:
Die Löschung einer GmbH im Firmenbuch wirkt nach der Judikatur des VwGH (2014/13/0035 vom 28.10.2014) insofern nur deklarativ, als sie nicht zum Verlust der Parteifähigkeit führt, solange Vermögen vorhanden ist. Gegenständlich wurde mit Beschluss des Landesgerichts der Konkurs mangels Deckung der Kosten des Verfahrens gem. § 123a IO aufgehoben. Gem. § 40 FBG wurde die Firma von Amts wegen gelöscht. Dieser Umstand wurde am XXXX ins Firmenbuch eingetragen.
Ein vorhandenes abwickelbares Aktivvermögen der GmbH lag somit nicht vor, weshalb von der Vollbeendigung der GmbH auszugehen war. Eine Zustellung an diese konnte damit nicht mehr rechtswirksam erfolgen.
Die Vertretungsvollmacht von Mag. Dr. Gerhard Podovsovnik, LL.M. bezog sich zudem auf die Vertretung des Herrn H. als ehemaligen Geschäftsführer und Alleingesellschafter. Da von der Vollbeendigung der GmbH auszugehen war und Mag. Dr. Gerhard Podovsovnik, LL.M. Herrn H. vertrat, wird den Beschwerdeangaben gefolgt, wonach der Rechtsanwalt keine Vollmacht der gelöschten GmbH haben konnte.
Da die Zustellung des bezeichneten Bescheides jedoch an die genannte GmbH, vertreten durch den Rechtsanwalt, erfolgte, lag keine rechtswirksame Zustellung vor.
Sofern sich die GKK auf den Grundsatz "falsa demonstratio non nocet" beruft, ist festzuhalten, dass dieser Grundsatz gegenständlich nicht greifen kann. Bei diesem Grundsatz geht ein vom objektiven Erklärungswert abweichender Wille, den der andere Teil erkennt, vor. Würde man diesem Grundsatz im Bereich der Zustellproblematik folgen, wären sämtliche Regelungen und sämtliche Judikatur im und um das Zustellgesetz ins ad absurdum geführt.
Aufgrund der bereits vorgelegenen Vollbeendigung der GmbH war auch eine Heilung der falschen Empfängerbezeichnung nicht möglich, weshalb der Bescheid als nicht erlassen anzusehen und die Beschwerde mangels Vorliegens eines Bescheides spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen war.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Wie sich aus der oben wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, besteht im Hinblick auf gegenständlich relevanten Fragen eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die vorliegende Entscheidung weicht von dieser Rechtsprechung auch nicht ab, sondern stützt sich maßgeblich auf diese Judikatur.
Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass die Beschwerde zurückzuweisen war.
Schlagworte
Bescheidadressat, Firmenbuch - Löschung, ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L510.2005888.1.00Zuletzt aktualisiert am
15.01.2019