Entscheidungsdatum
31.10.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W115 2107148-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , bevollmächtigt vertreten durch RA XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX , vom XXXX , Pass Nr. XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung:
Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) hat dem Beschwerdeführer am XXXX einen bis XXXX befristeten Behindertenpass ausgestellt und einen Grad der Behinderung in Höhe von 80 vH eingetragen sowie die Zusatzeintragung "Fahrpreisermäßigung" vorgenommen.
2. Am XXXX hat der Beschwerdeführer unter Vorlage medizinischer Beweismittel bei der belangten Behörde einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gestellt.
2.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Unfallchirurgie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am XXXX , mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorliegen würden.
2.2. Im Rahmen des von der belangten Behörde gemäß § 45 Abs. 3 AVG erteilten Parteiengehörs wurden vom Beschwerdeführer ohne Vorlage weiterer medizinischer Beweismittel Einwendungen erhoben.
2.3. Zur Überprüfung der Einwendungen wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am XXXX , mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung weiterhin mit 80 vH bewertet wurde und von einem Dauerzustand auszugehen ist, dass jedoch die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorliegen würden.
2.4. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG abgewiesen.
Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass das durchgeführte medizinische Beweisverfahren ergeben habe, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorliegen würden. Die erhobenen Einwendungen seien einer abermaligen Überprüfung durch einen ärztlichen Sachverständigen unterzogen worden und es sei von diesem festgestellt worden, dass die vorgebrachten Einwendungen nicht geeignet gewesen seien, eine Änderung des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens zu bewirken.
In der rechtlichen Beurteilung zitierte die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des BBG und Auszüge aus der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen).
Weiters wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde das Ergebnis des eingeholten Sachverständigengutachtens Dris. XXXX übermittelt.
3. Gegen diesen Bescheid wurde vom bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers unter Berufung auf die erteilte Vollmacht fristgerecht Beschwerde erhoben.
Unter Vorlage medizinischer Beweismittel wurde im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass der Beschwerdeführer an Rheuma, Diabetes, Wirbelsäulenfehlstellung, Wunden an den Beinen, Sozialphobie, Klaustrophobie, Depressionen, Belastungsstörung sowie an einer Versteifung im Nacken bzw. Wirbelbereich leide. Zudem leide der Beschwerdeführer auch an Übergewicht und sei auf die Verwendung von Unterarmstützkrücken angewiesen, um sich fortbewegen zu können. Weiters bestünden Schmerzen im Schulter-, Ellbogen-, Finger-, Hüft- und Kniegelenksbereich. Er beziehe auch seit dem Jahr XXXX eine Berufsunfähigkeitspension. Die nächsten Haltestellen von öffentlichen Verkehrsmitteln seien weit über 100 m vom Wohnort des Beschwerdeführers entfernt und diese Wegstrecke sei von ihm nur unter unzumutbarer Anstrengung zu bewältigen. Aufgrund der Lage des Wohnortes sei die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln dem Beschwerdeführer nicht zumutbar und er sei zur Erreichung seiner erforderlichen medizinischen Behandlungen auf die Verwendung eines Autos angewiesen. Der Beschwerdeführer leide an offenen und massiven Ödemen im Bereich der Unterschenkel bzw. Füße. Während der Untersuchung hätten beide Gutachter sich geweigert die bestehenden Verbände abzunehmen, sodass tatsächlich überhaupt keine Begutachtung der Ödeme und der Beine stattgefunden habe. Das Ein- und Aussteigen bei öffentlichen Verkehrsmitteln bereite dem Beschwerdeführer massive Probleme. Insbesondere sei ihm das Benützen von nicht barrierefreien öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich. So sei das Ein- und Aussteigen in Straßenbahnen der alten Garnituren, bei denen hohe Stufen zu überwinden seien, für den Beschwerdeführer aufgrund der Unterarmstützkrücken und des hohen Übergewichtes nicht bzw. nur mit erheblichen Problemen möglich. Er sei auf Unterarmstützkrücken zur Fortbewegung angewiesen, wodurch ihm ein Anhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich sei, da er, wenn er die Unterarmstützkrücken mit einer Hand halte nur mehr eine Hand frei habe, um sich festzuhalten. Er könne jedoch sein massives Gewicht mit nur einer Hand schon bei einer normalen Bremsung nicht abstützen und es bestehe somit hohe Sturz- und Verletzungsgefahr. Auch sei es dem Beschwerdeführer aufgrund seiner Belastungsstörung nicht möglich öffentliche Verkehrsmittel ohne Angstzustände - insbesondere bei hohem Personenandrang - zu benützen. Zudem sei aufgrund der bestehenden Leiden die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel nur mit Schmerzen möglich. Da der Beschwerdeführer an einer erheblichen Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten, an einer erheblichen Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit sowie an einer Einschränkung der psychischen Fähigkeiten und Funktionen leide, sei ihm die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar. Als Beweis wurden die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und einzuholende Sachverständigengutachten aus den Fachbereichen Neurologie/Psychiatrie, Orthopädie und Innere Medizin genannt.
4. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurden vom Bundesverwaltungsgericht Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, und Dr. XXXX , Facharzt für Nervenheilkunde, basierend auf den persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers jeweils am XXXX , mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für beantragte Zusatzeintragung nicht vorliegen würden.
4.1. Mit Schreiben vom XXXX wurde dem bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers und der belangten Behörde vom Bundesverwaltungsgericht das Ergebnis der Beweisaufnahme im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 17 VwGVG iVm
§ 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu zu äußern.
Die belangte Behörde hat keine Einwendungen vorgebracht.
4.2. Der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers hat mit Schriftsatz vom XXXX zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens unter Vorlage weiterer medizinischer Beweismittel im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass der Beschwerdeführer bereits seit seinem 20. Lebensjahr an Rheuma leide. Er könne daher aufgrund dieser Krankheit und seines Gewichts die Strecke nur mit Pausen zurücklegen und müsse sich dabei auch öfters hinsetzen, weshalb ein Sitzplatz bei den Stationen der öffentlichen Verkehrsmittel dringend notwendig sei. Aufgrund der Rheumaerkrankung fehle es ihm auch an Kraft in den Händen und könne er sich daher nicht mehr richtig festhalten, weshalb eine Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht sicher sei. Darüber hinaus erschwere die Verwendung von Krücken das Anhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln, da das Anhalten mit einer Hand aufgrund des hohen Gewichtes des Beschwerdeführers keinesfalls möglich sei. In den beiden eingeholten Gutachten werde nicht auf die Rheumaerkrankung des Beschwerdeführers oder seine Schmerzen und Beschwerden im Schulter- und Rückenbereich eingegangen. Aufgrund des starken Rheumas und der orthopädischen Beschwerden sei es ihm nicht möglich öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Es werde daher der Antrag auf Einholung von Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Orthopädie und der Inneren Medizin aufrechterhalten und dahingehend präzisiert, dass aus dem Fachgebiet der Inneren Medizin ein Rheumatologe zu bestellen sei. Aufgrund der beim Beschwerdeführer seit XXXX vorliegenden großflächigen Ulcera an beiden Beinen, sei eine Basistherapie der Rheumaerkrankung kontraindiziert. Die vom Sachverständigen aus dem Bereich der Allgemeinmedizin in den Raum gestellte Ausweitung der Schmerztherapie sei entgegen der Ansicht des Sachverständigen nicht möglich, da beim Beschwerdeführer die Diagnose einer Schlafapnoe gestellt worden sei, welche durch die hochdosierte Schmerztherapie bedingt sei. Eine weitere Verabreichung von hochdosierten Schmerzmitteln sei daher nicht möglich, da sich hierdurch die Schlafapnoe verschlechtern würde, sodass davon auszugehen sei, dass die Schmerztherapie bereits ausgeschöpft sei. Diesbezüglich werde auf die beigelegte schlafmedizinische Stellungnahme vom XXXX verwiesen. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, weshalb zur Untersuchung der Extremitäten die Verbände nicht abgenommen worden seien, da die großflächige Ulcera nur bei Abnahme der Verbände sichtbar sei und eine Erkrankung an den Beinen einen wesentlichen Faktor für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln darstelle. Es werde daher der Antrag auf neuerliche Befundung und Begutachtung durch den Sachverständigen für Allgemeinmedizin im Hinblick darauf gestellt, dass die Verbände an den Beinen vollständig zu entfernen und die Wunden bzw. Ödeme genauestens zu untersuchen seien.
4.3. Zur Überprüfung der Einwendungen und neu vorgelegten medizinischen Beweismittel wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Innere Medizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am XXXX , mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorliegen würden.
4.4. Mit Schreiben vom XXXX wurde dem bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers und der belangten Behörde vom Bundesverwaltungsgericht das Ergebnis der Beweisaufnahme im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu zu äußern.
Die belangte Behörde hat keine Einwendungen vorgebracht.
4.5. Der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers hat mit Schriftsatz vom XXXX zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens unter Vorlage eines Schreibens der Deutschen Rentenversicherung hinsichtlich der Rentenanpassung zum XXXX und eines Auszuges hinsichtlich des Bezuges von Pflegegeld der Stufe 1 im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass im Gutachten Dris. XXXX nicht auf den Umstand eingegangen worden sei, dass der Beschwerdeführer berufsunfähig sei und eine Berufsunfähigkeitspension und mittlerweile auch Pflegegeld der Stufe 1 beziehe. Entgegen den Ausführungen des Sachverständigen, dass für eine rheumatische Erkrankung in relevantem Ausmaß kein Anhaltspunkt bestehe, werde festgehalten, dass diese Erkrankung bereits vor dem Arbeits- und Sozialgericht Thema gewesen sei und auch in den vorgelegten Patientenbriefen Dris. XXXX vom XXXX und Dris. XXXX vom XXXX eine "chronische Polyarthritis" bzw. "Rheuma" angeführt werde. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer im Jahr XXXX für etwa neun Wochen im XXXX aufhältig gewesen, wobei ein Großteil der Behandlung die rheumatische Erkrankung betroffen habe. Im Ergebnis folge daraus, dass die Diagnose des Gutachtens des Sachverständigen Dr. XXXX nicht zutreffend sei und wesentliche Umstände der Erkrankung des Beschwerdeführers negiere. Es werde daher der Antrag auf Ergänzung des vorliegenden Gutachtens hinsichtlich der zuvor aufgeworfenen Fragen und Einholung eines Gutachtens aus dem Fachgebiet der Rheumatologie gestellt.
4.6. Mit Schriftsatz vom XXXX wurden vom bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers medizinische Unterlagen des XXXX , Klinik für Innere Medizin III, in Vorlage gebracht, welche stationäre Krankenhausaufenthalte des Beschwerdeführers im Jahr XXXX dokumentieren.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Da sich der Beschwerdeführer mit der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war dies zu überprüfen.
1. Feststellungen:
Das Bundesverwaltungsgericht geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem, für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus.
1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland. Er ist Inhaber eines Behindertenpasses.
1.2. Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:
Allgemeinzustand gut. Größe: 196 cm. Gewicht: 160 kg (höchstes Gewicht betrug 188 kg). Knochenbau normal. Haut und Schleimhäute unauffällig. Lymphknoten nicht tastbar. Augen isokor, prompte
Lichtreaktion. Zunge normal. Zähne: eigene, 4 Implantate. Hals:
unauffällig, Schilddrüse nicht tastbar. Pulse vorhanden. Keine Gefäßgeräusche. Venen nicht gestaut.
Thorax: symmetrisch, mäßig elastisch, leichte Gynäkomastie. Lunge:
sonorer Klopfschall, vesikuläres Atemgeräusch. Herz: reine rhythmische Herztöne, RR 150/90, Frequenz 80/Min rhythmisch.
Abdomen: adipös, mediane Narbe nach Sanierung einer Hernie. Leber und Milz nicht abgrenzbar. Nierenlager frei.
Extremitäten und Wirbelsäule: Wirbelsäule altersgemäß, normal strukturiert und der Statur angepasstes normales Bückvermögen. Arme normal, altersadäquate Befunde. Verbände im Bereich beider Füße/Unterschenkel.
Gangbild: etwas verlangsamt, doch mit ausreichender Sicherheit, eine Unterarmstützkrücke rechts.
Neurologisch: HN unauffällig. Halswirbelsäule in alle Richtungen schmerzbedingt etwas eingeschränkt beweglich. Obere Extremitäten:
gering rechts betonter Haltetremor, grobe Kraft seitengleich. Reflexe seitengleich mittellebhaft. VdA normal. FNV unauffällig. Feinmotorik erhalten. Trophik, Tonus seitengleich. Frontal- und PyZ negativ. Untere Extremitäten: PSR schwach auslösbar. ASR nicht auslösbar. VdB einzeln möglich. Lasegue rechts vor links endlagig positiv. Grobe Kraft seitengleich. Bab. negativ. Sensibilität:
Hypästhesie an den unteren Extremitäten nach distal auf spitz-stumpf, sowie linke Gesichtshälfte. Stand: unauffällig, gering unsicher bei Augenschluss. Zehen- und Fersenstand leistbar. Gang:
etwas nach vorne gebeugt mit einer Unterarmstützkrücke rechts und einem "Plastiksackerl" links, ausreichend schnell und sicher möglich. Alternierendes Stiegen steigen möglich.
Psychisch: Patient klar, wach, orientiert. Duktus nachvollziehbar, das Ziel erreichend, jedoch von Klage erfüllt. Keine produktive Symptomatik oder wahnhafte Verarbeitung. Von der Stimmung leichtgradig depressiv. Im pos. Skalenbereich nur sehr eingeschränkt affizierbar, psychomotorisch unauffällig. Realitätssinn erhalten. Auffassung, Konzentration uneingeschränkt. Angabe von Durchschlafstörungen.
1.2.2. Art der Funktionseinschränkungen:
-
Chronisch venöse Insuffizienz bei erheblicher Adipositas mit Ulzerationen vor allem am linken Unterschenkel/Fuß und geringfügig auch am rechten Unterschenkel
-
Posttraumatische Belastungsstörung mit ängstlicher Symptomatik und depressiver Verstimmung
-
Chronische Polyarthritis
-
Diabetes mellitus II - orale Medikation
-
Hypertonie
-
Mutation des Gerinnungsfaktors V mit resultierender APC-Resistenz
1.2.3. Auswirkungen der Funktionseinschränkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Der Beschwerdeführer kann sich im öffentlichen Raum selbstständig fortbewegen, eine kurze Wegstrecke (ca. 300 - 400 m) aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, gegebenenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe (Unterarmstützkrücke rechts), ohne Unterbrechung zurücklegen bzw. wird durch die Verwendung allenfalls erforderlicher Behelfe die Benützung des öffentlichen Transportmittels nicht in hohem Maße erschwert. Die dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich nicht maßgebend auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens aus. Der sichere und gefährdungsfreie Transport im öffentlichen Verkehrsmittel ist nicht erheblich eingeschränkt.
Die festgestellten Funktionseinschränkungen wirken sich - auch im Zusammenwirken - nicht in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel aus.
Es bestehen weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren noch der oberen Extremitäten.
Der Beschwerdeführer ist unter allfälliger Verwendung einer Unterarmstützkrücke rechts ausreichend in der Lage, sich fortzubewegen. Das Gangbild ist unter Verwendung einer Unterarmstützkrücke rechts etwas verlangsamt, aber ausreichend schnell und sicher. Kurze Wegstrecken und Niveauunterschiede können überwunden werden, da die Beugefunktion im Bereich der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke ausreichend ist. Das sichere Ein- und Aussteigen ist gewährleistet. Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit des Beschwerdeführers sind ausreichend.
Bei ausreichender Funktionsfähigkeit der oberen Extremitäten sind das Festhalten beim Ein- und Aussteigen sowie die Möglichkeit Haltegriffe zu erreichen und sich festzuhalten ausreichend. Der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist daher gesichert durchführbar.
Die vorgebrachten Schmerzen liegen nicht in einem Ausmaß vor, welches die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschwert. Ein Ausmaß der Schmerzen, welches eine wesentliche Gangbildbeeinträchtigung und Gangleistungsminderung für kurze Wegstrecken nach sich ziehen würde oder das Festhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln gravierend erschweren würde, kann nicht festgestellt werden.
Es konnten auch weder erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit noch erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder von Sinnesfunktionen festgestellt werden, es ist auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorhanden. Darüber hinaus besteht eine zumutbare und erfolgsversprechende Therapieoption hinsichtlich der psychiatrischen Diagnose, da in dieser Hinsicht das Behandlungsangebot nicht voll ausgeschöpft ist.
2. Beweiswürdigung:
Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen sowie deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründen sich - in freier Beweiswürdigung - auf die im Beschwerdeverfahren eingeholten Sachverständigengutachten sowie auf die vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Beweismittel.
Die eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX , Dris. XXXX und Dris. XXXX sind schlüssig, nachvollziehbar und weisen - auch in Zusammenschau mit den durch die belangte Behörde eingeholten Sachverständigengutachten - keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wurde zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionseinschränkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausführlich Stellung genommen. Die nunmehr erfolgte Aufnahme der Gesundheitsschädigung "Mutation des Gerinnungsfaktors V mit resultierender APC Resistenz" in die Diagnoseliste, stellt keinen Widerspruch in den Gutachten dar, sondern resultiert diese aus der erstmaligen Befassung eines Facharztes für Innere Medizin.
Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchungen des Beschwerdeführers erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein höheres Funktionsdefizit beschrieben als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.
Dr. XXXX führt aus allgemeinmedizinischer Sicht schlüssig und nachvollziehbar aus, dass der beträchtlich übergewichtige, sich in normalem Allgemeinzustand befindliche Beschwerdeführer mit seinen adäquat versorgten Läsionen an beiden Beinen öffentliche Verkehrsmittel benützen kann, da keine Funktionseinschränkungen vorliegen, die die selbstständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken. Der Sachverständige erläutert diesbezüglich nachvollziehbar, dass die Folgen der chronisch venösen Insuffizienz das Gangbild und die Gangleistung zwar beeinträchtigen, eine erhebliche Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verunmöglichen würde, dadurch aber nicht vorliegt. Weiters führt Dr. XXXX nachvollziehbar aus, dass der Beschwerdeführer in der Lage ist, unter Verwendung einer Unterarmstützkrücke und mit fachgerecht verbundenen Beinen eine Gehstrecke von rund 10 Minuten auf jeden Fall zurückzulegen. Diese Beurteilung steht auch im Einklang mit dem Gutachten Dris. XXXX , welcher im Einklang mit der klinischen Untersuchung anschaulich darlegt, dass das Gangbild des Beschwerdeführers unter Verwendung einer Unterarmstützkrücke rechts zwar etwas breitbeinig aber ausreichend schnell und sicher ist, sowie das Stiegen steigen alternierend gelingt. Weiters führt Dr. XXXX in Übereinstimmung mit dem erhobenen klinischen Status aus, dass die Haltefunktion der oberen Extremitäten ausreichend erhalten ist. Vom Beschwerdeführer kann eine ausreichend lange Gehstrecke somit bewältigt werden und auch das Ein- und Aussteigen sowie die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel sind ausreichend möglich. Auch der Sachverständige Dr. XXXX beschreibt hinsichtlich der Ulcera, dass der Beschwerdeführer zwar eine konsequente Pflege und Betreuung seiner Ulcera benötigt, die Gehstrecke dadurch aber nicht beeinträchtigt wird.
Hinsichtlich des Einwandes, dass die Verbände an den Beinen des Beschwerdeführers hätten abgenommen werden müssen, um das Ausmaß der Ulcera korrekt zu erfassen, ist festzuhalten, dass diese Gesundheitsschädigung durch die vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Beweismittel ausreichend dokumentiert ist (siehe diesbezüglich vor allem die Wunddokumentation der XXXX vom XXXX und den mikrobiologischen Befund von Dr. XXXX vom XXXX ) und diese Unterlagen von den befassten Sachverständigen Dris. XXXX und Dris. XXXX im Rahmen der Gutachtenserstellung auch berücksichtigt worden sind. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der sachverständigen Untersuchung das Ausmaß der aktuell vorliegenden Funktionseinschränkungen und die Auswirkungen dieser bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu beurteilen sind. Die aus den vorliegenden Ulzerationen resultierenden Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurden von den Sachverständigen Dris. XXXX und Dris. XXXX einer eingehenden Prüfung unterzogen und bei der Beurteilung berücksichtigt. Die Abnahme der Verbände war dafür nicht erforderlich.
Weiters beschreibt Dr. XXXX nachvollziehbar, dass beim Beschwerdeführer keine wesentlichen Wirbelsäulenverkrümmungen oder regionäre Versteifungen von einzelnen Wirbelsäulenabschnitten vorliegen und die bestehenden diversen Gelenksbeschwerden medikamentös therapiert werden. Dies steht im Einklang mit dem klinischen Untersuchungsbefund, in welchem eine altersgemäße normal strukturierte Wirbelsäule mit der Statur angepasst normalem Bückvermögen objektiviert werden konnte. Auch im Rahmen der neurologischen Untersuchung durch Dr. XXXX konnte eine schmerzbedingt nur leicht eingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule festgestellt werden.
Auch konnte in den eingeholten Sachverständigengutachten widerspruchsfrei objektiviert werden, dass die Haltefunktion der oberen Extremitäten beidseits gegeben ist. So besteht an den oberen Extremitäten ein geringer rechts betonter Haltetremor, die grobe Kraft ist jedoch seitengleich und die Reflexe sind seitengleich mittellebhaft. Auch ist die Feinmotorik erhalten und Tonus und Trophik sind seitengleich. Dr. XXXX beschreibt in diesem Zusammenhang schlüssig, dass das Benützen einer Unterarmstützkrücke das Anhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht verunmöglicht.
Hinsichtlich des wiederholten Vorbringens, dass der Beschwerdeführer an Rheuma leide, ist auszuführen, dass in den gutachterlichen Ausführungen von Dr. XXXX festgehalten wird, dass das Vorliegen einer vermutlich seronegativen Polyarthritis/Polyarthralgie nicht in Abrede gestellt wird und wurde diese Gesundheitsschädigung auch in die Diagnoseliste aufgenommen (Chronische Polyarthritis). Für das Vorliegen einer rheumatischen Erkrankung, welche eine erhebliche Einschränkung des Bewegungsapparates bedingt, konnten sowohl Dr. XXXX als auch Dr. XXXX keine Anhaltspunkte finden. Auch in den vorgelegten medizinischen Beweismitteln ist eine solche Erkrankung nicht dokumentiert.
Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer dargelegten Schmerzsituation wird in den eingeholten Sachverständigengutachten übereinstimmend ausgeführt, dass die beim Beschwerdeführer bestehende Schmerzmedikation eine ausreichende Schmerztherapie gewährleistet, um dem Beschwerdeführer einen ausreichenden Aktionsradius - er kann unter Anhalten ausreichend lang stehen und uneingeschränkt sitzen - zu ermöglichen. Es konnten in keinem der befassten Fachbereiche durch die Sachverständigen Anhaltspunkte dafür gefunden werden, dass trotz konsequenter Beachtung der vorgeschriebenen Schmerzbehandlung, Schmerzen in einem Ausmaß vorliegen, welche eine wesentliche Gangbildbeeinträchtigung und Gangleistungsminderung für kurze Wegstrecken nach sich ziehen oder das Festhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln gravierend erschweren würden. Eine Schmerztherapie ist möglich, zumutbar und erfolgversprechend und wird vom Beschwerdeführer auch durchgeführt. Diese Ausführungen stehen auch im Einklang mit den Ergebnissen der durchgeführten klinischen Untersuchungen, im Rahmen welcher aufgrund des beim Beschwerdeführer objektivierten vorliegenden Bewegungsumfangs nicht auf ein Ausmaß an Schmerzen geschlossen werden kann, welches die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verunmöglicht.
Dr. XXXX führt in seinem Gutachten schlüssig aus, dass die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung mit Depression und Angst besteht und vom Beschwerdeführer eine zusätzliche klaustrophobe Symptomatik angegeben wird. Der Sachverständige beschreibt diesbezüglich nachvollziehbar, dass bezüglich der psychiatrischen Diagnose das Behandlungsangebot nicht voll ausgeschöpft ist, da keine stationäre Behandlung an einer psychiatrischen Klinik oder kein stationärer Rehab-Aufenthalt dokumentiert sind und auch keine ständige Betreuung durch einen Facharzt für Psychiatrie oder Neurologie erfolgt. Der Sachverständige beschreibt in diesem Zusammenhang, dass seit XXXX eine Psychotherapie dokumentiert ist, welche anamnestisch in wöchentlichen Abständen erfolgt, wobei die psychopharmakologische Therapie in Bezug auf die Verbesserung von Angst und Depression nicht voll ausgeschöpft ist. Er hält diesbezüglich zusammenfassend fest, dass trotz nicht ausgeschöpfter Therapieoptionen erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer und intellektueller Fähigkeiten nicht vorliegen. Diese Ausführungen des Sachverständigen blieben auch im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht erteilten Parteiengehörs unwidersprochen.
Ein bestehendes Schlafapnoesyndrom unter Behandlung stellt keine Indikation für die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dar. Auch der bestehende Diabetes mellitus und die Hypertonie haben keine Auswirkung auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit konnten ebenfalls nicht objektiviert werden.
Vom Beschwerdeführer ist somit kein Vorbringen erstattet worden bzw. sind keine Beweismittel vorgelegt worden, durch welche eine Erweiterung des Ermittlungsverfahrens angezeigt gewesen wäre. Dass sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers seit der sachverständigen Beurteilung maßgeblich verschlechtert hätte, ist von diesem nicht vorgebracht worden.
Die Angaben des Beschwerdeführers konnten somit nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.
Die Sachverständigengutachten Dris. XXXX , Dris. XXXX und Dris. XXXX werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.
Zur Erörterung der Rechtsfrage, ob dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, siehe die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II.3.1.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 46 BBG erster Satz beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt
(§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung einzutragen, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
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erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
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erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
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erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
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eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
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eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, idF BGBl. II Nr. 495/2013, wird auszugsweise Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 (auszugsweise):
Abs. 2 unterscheidet zwei Arten von Eintragungen; solche, die die Art der Behinderung des Passinhabers/der Passinhaberin betreffen und jene, die Feststellungen über Erfordernisse des Menschen mit Behinderung im täglichen Leben treffen, etwa die behinderungsbedingte Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen. Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
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arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
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Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
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hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
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Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
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COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
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Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
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mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden.
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
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Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr
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hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten
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schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen
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nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, 2008/11/0128 und die dort angeführte Vorjudikatur sowie VwGH vom 22.10.2002, 2001/11/0242 und 27.01.2015, 2012/11/0186).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH vom 22.10.2002, 2001/11/0242).
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH vom 14.05.2009, 2007/11/0080).
Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 - 400 m ausgeht (vgl. u.a. VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren. Aus diesem Grund ist der Umstand betreffend die mangelnde Infrastruktur (Vorhandensein und Erreichbarkeit, Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel, "Leben am Land") oder den Transport von schweren Gepäckstücken und das Tätigen von Einkäufen rechtlich nicht von Relevanz und kann daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258).