TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/5 W236 1264879-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.11.2018
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Entscheidungsdatum

05.11.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §53 Abs3 Z6

Spruch

W236 1264879-3/30E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Lena BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Russische Föderation, vertreten durch Rechtsanwältin Mag. Julia KOLDA, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.01.2018, Zl. 751163601-161376262, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.07.2018 zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbots gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und Z 6 FPG auf 10 (zehn) Jahre herabgesetzt wird.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Verfahren über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten:

1.1. Der damals minderjährige Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, reiste nach einjährigem Aufenthalt in Polen am 01.08.2005 gemeinsam mit seinem Vater in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte - vertreten durch seinen Vater als gesetzlichen Vertreter - am 02.08.2005 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Vater des Beschwerdeführers machte hinsichtlich seiner Fluchtgründe im Wesentlichen geltend, dass er von russischen Militärbehörden verfolgt werde, weil er als Widerstandskämpfer in den Jahren 1995 und 1996 gegen die russische "Besatzung" gekämpft habe. Darüber hinaus habe er einem hochrangigen Minister der Republik Itschkeria im Jahr 2000 Unterschlupf gewährt und werde deswegen von den tschetschenischen Behörden verfolgt. Er habe Schlimmes in Tschetschenien erlebt und leide unter diesen Erlebnissen heute noch psychisch. Für den Beschwerdeführer wurden keine individuellen Fluchtgründe geltend machte.

Letztlich gab das Bundesasylamt dem Asylantrag des Vaters des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 30.08.2006 gemäß § 7 AsylG statt und stellte fest, dass ihm damit gemäß § 12 AsylG, die Flüchtlingseigenschaft zukomme. Begründend wurde ausgeführt, dass das Bundesasylamt nach Durchführung eines amtswegigen Ermittlungsverfahrens zur Ansicht gekommen sei, dass alle Voraussetzungen für eine Asylgewährung und ein Familienverfahren vorliegen.

Mit Bescheid vom selben Tag wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten im Familienverfahren abgeleitet von seinem Vater zuerkannt. Dieser Bescheid erwuchs am 23.09.2006 in Rechtskraft.

2. Verfahren über die Aberkennung des Status des Asylberechtigten:

2.1. Am 03.10.2014 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Verständigung über eine rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers ein. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des zuständigen Landesgerichts für Strafsachen vom 23.09.2014 (rechtskräftig mit dem selben Tag) wegen des Vergehens der versuchten Nötigung gemäß § 15 iVm § 105 Abs. 1 StGB, des Verbrechens des vollendeten und versuchten schweren Raubes gemäß § 15 iVm § 142 Abs. 1, § 143 1. und 2. Fall StGB, des Verbrechens des teils vollendeten und teils versuchten Raubes gemäß § 15 iVm § 142 Abs. 1 StGB und des Verbrechens der Erpressung gemäß § 144 Abs. 1 StGB, als Jugendlicher zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt.

Der gekürzten Urteilausfertigung ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer als Mitglied einer kriminellen Vereinigung (einer Jugendband namens "XXXX"), die als ein auf längere Zeit angelegter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen darauf ausgerichtet war, dass von ihren Mitgliedern laufend Verbrechen des Raubes ausgeführt werden, jeweils unter Mitwirkung anderer Mitglieder dieser Vereinigung:

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am 07.12.2013 gemeinsam mit drei Mittätern drei Opfern Bargeld wegzunehmen und abzunötigen versuchte, indem sie die Opfer ansprachen und aufforderten, ihre Brieftaschen herzuzeigen und sie fragten, ob sie Bargeld dabeihätten, und der Beschwerdeführer, nachdem sich die Opfer entfernen wollten, eine drohende Körperhaltung einnahm und die Fäuste ballte, woraufhin die Opfer die Flucht ergriffen und es beim Versuch blieb;

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am 24.12.2013 gemeinsam mit sieben Mittätern drei Opfern zwei Mobiltelefone, zwei Packungen Zigaretten und € 0,30 Bargeld abnötigten, indem sie die Opfer verfolgten, ein Mittäter die Opfer aufforderte stehenzubleiben und ein weiterer Mittäter sie in ein Gespräch verwickelte, während die anderen sie umzingelten und ein Mittäter sie zur Herausgabe der Handys aufforderte, eine Pistolenattrappe einem Opfer gegen den Kopf hielt und zur Herausgabe aller Wertsachen aufforderte und letztlich ein Mittäter einem Opfer gegen den Kopf trat (der Beschwerdeführer hielt sich während dieser Tatausführung in unmittelbarer Nähe auf und trug dadurch zum Aufbau der Drohkulisse bei);

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am 26.12.2013 mit sechs Mittätern unter Verwendung einer Waffe (wobei lediglich zwei Mittäter davon wussten, darunter nicht der Beschwerdeführer) zwei Opfern ein Mobiltelefon und € 80 Bargeld wegnahmen, indem der Beschwerdeführer ein Opfer an der Schulter ergriff, zu einer nahegelegenen U-Bahn-Unterführung zog und dort gemeinsam mit einem Mittäter an einer Wand fixierte, ihn nach Geld und Ausweis fragte, € 40 Bargeld und einen Ausweis aus seiner Jacke entnahm, ihm einen Faustschlag gegen das linke Jochbein versetzte und die weggenommenen Sachen einem Mittäter übergab, während ein weiterer Mittäter dem zweiten Opfer ein Butterflymesser an den Bauch setzte und drohte, ihn abzustechen, wenn er um Hilfe schreie, dieses Opfer gemeinsam mit anderen Mittätern ebenfalls zur U-Bahn-Unterführung brachte und unter Vorhalt des Messers dem Opfer sein Mobiltelefon, den Sperrcode und € 40 wegnahm;

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am 29.12.2013 mit zwei Mittätern zwei Opfern jeweils ein Mobiltelefon, € 35 Bargeld, eine Umhängetasche, drei Kappen und einen Kopfhörer abnötigte und wegnahm indem sie die Opfer durch Drohung mit Gewaltanwendung aus einer Spielhalle holten und sie veranlassten, mit ihnen mitzukommen, sie zur Herausgabe aller bei sich geführter Sachen aufforderten, ihnen Schläge gegen das Gesicht versetzten und sie mit dem Umbringen bedrohten, sodass ein Opfer die geforderten Sachen herausgab und ein Mittäter das andere Opfer durchsuchte, das Mobiltelefon daraus entnahm und die Umhängetasche samt der darin befindlichen Sachen an sich nahm, während sich der dritte Mittäter im unmittelbaren Nahebereich aufhielt und so zur Verstärkung der Drohkulisse beitrug;

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ebenfalls am 29.12.2013 mit zumindest sechs Mittätern zwei Opfern ein Mobiltelefon sowie € 100 Bargeld abgenötigte, indem der Beschwerdeführer gemeinsam mit drei anderen Mittätern die Opfer durch Drohung mit Gewaltanwendung aus einer Spielhalle holten und sie gemeinsam mit den weiteren Beteiligten zwangen, sie zu einem abgeschiedenen Ort zu begleiten, wo der Beschwerdeführer unter Vorhalt eines Messers ein Opfer zur Herausgabe von Wertsachen aufforderte und diesem Opfer einen Faustschlag gegen den Solarplexus versetzte, sodass dieser € 50 Bargeld und sein Mobiltelefon übergab, sowie nach weiteren Drohungen auch das zweite Opfer € 50 Bargeld und sein Mobiltelefon herausgab, und ein Mittäter dem ersten Opfer auch die Armbanduhr wegnahm, während die weiteren Beteiligten die Opfer umzingelten und voneinander trennten; in weiterer Folge im Anschluss an diese Tat ein Mittäter das erste Opfer aufforderte, € 100 zu bringen und damit sein Mobiltelefon auszulösen, andernfalls das erste Opfer aufgeschlitzt und in die Donau geworfen werde, wenn er nicht zeitgerecht zurück sein sollte, wobei die anderen durch ihre Anwesenheit die Drohkulisse verstärkten, sodass das erste Opfer € 60 Bargeld behob und übergab; der Beschwerdeführer und ein weiterer Mittäter versuchten im Anschluss daran die beiden Opfer durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper zur Unterlassung der Verständigung der Polizei und der Anzeigeerstattung zu nötigen, da sie sie sonst "abstechen" und "umbringen" würden;

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ebenfalls am 29.12.2013 mit zwei Mittätern unter Verwendung einer Waffe einem Opfer € 10 Bargeld und einem Opfer ein Mobiltelefon abgenötigte, indem ein Mittäter die Opfer fragte, was sie alles bei sich hätten, der Beschwerdeführer unter Vorhalt eines Taschenmessers die Opfer bedrohte und ihnen Schläge mit der flachen Hand gegen das Gesicht versetzte, und der dritte Mittäter etwas abseitsstehend einen Schlagstock/Nunchaku drohend in Händen hielt, sodass die Opfer die Sachen übergaben;

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am 30.12.2013 mit sechs Mittätern drei Opfern insgesamt € 35 Bargeld abnötigte, indem der Beschwerdeführer ein Opfer ansprach, ihm seine Hand um den Nacken legte, die anderen Mittäter die Opfer umzingelten und zwangen, sie zu einer abgeschiedenen Stelle zu begleiten, in der Folge der Beschwerdeführer die Opfer bedrohte, ein Opfer aufforderte, sein Bargeld herauszugeben und, nachdem dieser "nur" € 5 Bargeld herausgab, das Opfer durchsuchte und weitere € 20 Bargeld an sich nahm, einer der Mittäter einem Opfer Faustschläge gegen den Kehlkopf und die linke Schläfe versetzte, sodass dieser €

10 Bargeld ausfolgte und ein weiterer Mittäter das dritte Opfer aufforderte, seine Geldbörse vorzuzeigen und diese durchsuchte, während die übrigen Beteiligten durch ihr gemeinschaftliches Auftreten die Drohkulisse verstärkten;

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am 14.03.2014 mit bis zu zehn weiteren Mittätern einem Opfer seine Brieftasche samt € 25 Bargeld wegnahm, indem sich der Beschwerdeführer gemeinsam mit den Mittätern das Opfer und dessen Freund umringte, das Opfer nach Geld fragte, ein weiterer Mittäter versuchte, die Brieftasche des Genannten aus seiner Hosentasche zu entnehmen, als das Opfer sich dagegen zu wehren versuchte, weitere Mittäter ihm einen Stoß gegen den Brustbereich versetzten, wodurch er zu Boden fiel, sie ihn anschließend auf die Seite drehten und die Brieftasche entnahmen, während weitere Mittäter den Freund des Opfers mit Gewalt daran hinderten, dem Opfer zu Hilfe zu kommen;

Als mildernd wurden der bisher tadellose Lebenswandel, das teilweise Geständnis des Beschwerdeführers und der Umstand gewertet, dass es teilweise beim Versuch blieb. Erschwerend wurden das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, die teilweise doppelte Qualifikation des Raubes und die Tatbegehung während des laufenden Verfahrens gewertet.

Der Beschwerdeführer befand sich von 22.05.2014 bis 03.05.2015 (darin enthalten, die angerechnete Untersuchungshaft von 22.05.2014 bis 23.09.2014) in Strafhaft und wurde dann vorzeitig bedingt entlassen.

2.2. Am 02.12.2015 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verdachts, Mitglied einer terroristischen Vereinigung (IS-Islamic State) zu sein, festgenommen. Im Zuge seiner Festnahme wurden ein russischer Inlandsreisepass des Beschwerdeführers, ausgestellt am 08.06.2012, und ein russischer Reisepass des Beschwerdeführers, ausgestellt am 04.09.2015, sichergestellt. Dazu gab der Beschwerdeführer an, dass ihm die Reisepässe jeweils bei regelmäßigen, längeren Aufenthalten in Tschetschenien ausgestellt worden seien. Diese Aufenthalte hätten gemeinsam mit seiner Familie stattgefunden (es wurden auch Reisepässe des Vaters, der Mutter und der Schwester sichergestellt).

2.3. Mit Urteil des zuständigen Landesgerichts für Strafsachen vom 13.09.2016 (rechtskräftig mit dem selben Tag) wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung gemäß § 278b Abs. 2 StGB und wegen des Vergehens des unbefugten Führens bzw. Besitzes einer Schusswaffe der Kategorie B gemäß § 50 Abs. 1 Z 1 WaffG als Jugendlicher zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt. Die bedingte Entlassung aus der Vorhaft wurde widerrufen.

Der gekürzten Urteilausfertigung ist zu entnehmen, dass sich der Beschwerdeführer ab einem nicht mehr näher festzustellenden Zeitpunkt im Sommer 2015 bis zumindest 02.12.2015 als Mitglied an einer terroristischen Vereinigung, nämlich der in der UN-Sanktionsliste aufscheinenden Terrororganisation IS-Islamic State, die darauf ausgerichtet ist, dass von einem oder mehreren Mitgliedern dieser Vereinigung eine oder mehrere terroristische Straftaten ausgeführt werden oder Terrorismusfinanzierung betrieben wird, auf andere Weise in dem Wissen beteiligte, dass er dadurch die Vereinigung IS-Islamic State oder deren strafbare Handlungen fördert, indem er auf den von ihm betriebenen Facebook-Seiten "XXXX" und "XXXX" Fotos von sich selbst mit Bekleidung samt IS-Logo sowie mit Faustfeuerwaffen veröffentlichte und zum Anschluss an den Kampf des IS aufrief, Propagandavideos des IS hochlud und für jedermann einsehbar veröffentlichte, selbst zumindest ein Propagandavideo für den IS erstellte und ankündigte, sich selbst bald in das vom IS kontrollierte Gebiet zu begeben. Weiters hat der Beschwerdeführer, wenn auch nur fahrlässig, unbefugt Schusswaffen der Kategorie B, nämlich eine Faustfeuerwaffe Marke "Walther", Typ P99, besessen.

Als mildernd wurde das Geständnis des Beschwerdeführers gewertet, erschwerend wurden die einschlägige Vorstrafe, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und der unmittelbare Rückfall gewertet.

Der Beschwerdeführer befand sich von 02.12.2015 bis 02.10.2018 (darin enthalten, die angerechnete Untersuchungshaft von 02.12.2015 bis 13.09.2016) in Strafhaft. Aus einer vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Haftauskunft vom 23.02.2018 ergibt sich, dass der Beschwerdeführer am 02.12.2016 mit drei anderen Insassen eine Flucht aus der Justizanstalt plante. Während der Haft wurden gegen den Beschwerdeführer zwei Ordnungsstrafverfügungen verhängt: Dem Beschwerdeführer wurde eine Ordnungsstrafe in Form einer Geldbuße in Höhe von € 20 auferlegt, da er am 12.06.2017 unerlaubt und vorsätzlich einen USB Stick in seiner Gewahrsame hatte. Eine weitere Ordnungsstrafe in Form einer Geldbuße in Höhe von € 50 wurde dem Beschwerdeführer auferlegt, da er am 09.07.2017 unerlaubt ein Mobiltelefon, eine Simkarte und ein Ladekabel in seiner Gewahrsame hatte.

2.4. Am 22.02.2017 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich in deutscher Sprache einvernommen. Hierbei führte er auf Nachfrage, wann er sich dazu entschlossen habe, für den IS zu werben, an, dass er sich eigentlich nicht dazu entschlossen habe, es sei einfach so gekommen. Er habe nie Kontakt zum IS gehabt und seine Eltern wären gegen das alles. Er wisse nicht, wie er als junger Mensch auf so die Idee gekommen sei, für Terroristen zu werben. Seine Eltern seien gegen das alles. Sein Vater habe ihm bereits gesagt, dass er nicht mehr nach Hause zu kommen brauche. Befragt nach seiner Einstellung zum Terrorismus gab der Beschwerdeführer an, er wolle nicht mehr nach Syrien oder den Irak und er wolle auch nicht für den IS kämpfen. Die Pistole habe er nur zum Spaß besessen. Auf Vorhalt, dass der Beschwerdeführer bereits einschlägig vorbestraft und anzunehmen sei, dass er wieder eine derartige Straftat begehen werde, antwortete er, dass er nicht glaube, so etwas noch einmal zu machen. Er sei nie ein Terrorist oder Islamist gewesen und wolle das auch nicht in Zukunft sein. Auf Nachfrage, ob dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsland Verfolgung, unmenschliche Behandlung oder die Todesstrafe drohe, führte er an, Angst zu haben, dass man ihm vorwerfe in Österreich wegen Terrorismus verurteilt worden zu sein. Dem Beschwerdeführer wurde daraufhin mitgeteilt, dass die österreichischen Behörden dies nicht weitergeben würden und es somit nicht an die Behörden seines Herkunftslandes gelangen könnte. Der Beschwerdeführer antwortete daraufhin, dass die alles wissen und man ihn töten würde. Er glaube in Russland würden noch einige Tanten von ihm leben. Im Falle der Rückkehr glaube er, dass man ihn umbringen werde. In Österreich habe er die Volks- und Hauptschule besucht, er sei allerdings nie berufstätig, sondern immer nur im Gefängnis gewesen. Seine Eltern seien zurzeit nicht gegen ihn, nur dann, wenn er sich dem IS zuwende.

2.5. Am 13.03.2017 wurde der Vater des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt zum Zwecke der Asylaberkennung wegen seiner Reise nach Tschetschenien einvernommen. Auf Nachfrage gab er an, dass er sich seit seiner Einreise in Österreich nur einmal vor ein oder zwei Jahren in der Russischen Föderation aufgehalten habe. Den ihm ausgestellten Reisepass habe er nicht persönlich beantragt, dieser sei ihm zugeschickt worden. Auf Vorhalt, dass der Beschwerdeführer vor Sicherheitsbehörden angegeben habe, sich wiederholt mit seinem Vater in Tschetschenien aufgehalten zu haben, gab der Vater des Beschwerdeführers an, dass dies nicht stimme. Er sei nur einmal in Tschetschenien gewesen. Auf Nachfrage, wie lange er sich seit der Asylgewährung in Tschetschenien aufgehalten habe, gab der Vater des Beschwerdeführers an, dass er nicht in Tschetschenien gewesen sei, sondern nur in Russland. Er sei einen Monat in Stawropol gewesen, da seine Großmutter krank gewesen sei und sie ihn und die Kinder, damit meine er den Beschwerdeführer und seine Tochter XXXX, sehen hätte wollen. Für diese Reise habe er sich den Reisepass ausstellen lassen. Seine Ex-Frau sei damals nicht mit gewesen. Auch der Beschwerdeführer sei seit der Asylgewährung nur einmal in Russland gewesen. Als sie damals in Stawropol gewesen seien, sei der Beschwerdeführer mit seinen Onkeln weiter nach Tschetschenien gefahren, wo sie ein paar Wochen geblieben seien. Dort sei dann die Polizei zu einem Onkel des Beschwerdeführers gekommen und habe diesen nach dem Beschwerdeführer befragt. Daraufhin habe der Onkel Angst bekommen und habe den Beschwerdeführer zurück nach Stawropol gebracht. Dann seien sie gemeinsam zurück nach Österreich gefahren. Auf Vorhalt der Angaben des Beschwerdeführers vor Sicherheitsbehörden, mehrmals in Russland gewesen zu sein und zwei Reisepässe zu besitzen, gab dessen Vater an, dass der Inlandsreisepass des Beschwerdeführers aus dem Jahr 2012 nach Österreich geschickt worden sei. Der Reisepass sei ausgestellt worden, als sie in Russland gewesen seien. Auf Nachfrage gab der Vater an, dass er nicht der Meinung sei, dass der Beschwerdeführer schuldig sei. Wenn er sich diesen Leuten hätte anschließen wollen, wäre er nicht mehr sein Sohn. Das Mädchen, das behauptet habe, ihn zu lieben, habe vor Gericht dann gegen ihn ausgesagt.

2.6. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.01.2018 wurde der dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.08.2006, Zl. 05 11.636-BAG, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen. Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

Begründend führte das Bundesamt zusammengefasst aus, dass vor dem Hintergrund der beiden Verurteilungen des Beschwerdeführers der Aberkennungsgrund gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 3 und 4 AsylG 2005 vorliege. Der Beschwerdeführer stelle nicht zuletzt durch die Verurteilung wegen Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung und wegen illegalen Waffenbesitzes eine massive Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreichs dar. Es könne nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in der Russischen Föderation Verfolgung irgendeiner Art drohen würde bzw. dass seine Existenzgrundlage völlig entzogen wäre. Der Beschwerdeführer habe lediglich unsubstantiierte und spekulative Angaben zu einer drohenden Verfolgung durch staatliche Behörden bei seiner Rückkehr vorgebracht, es wären jedoch keinerlei Indizien oder Anhaltspunkte vorgelegen, dass der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit konkret Gefahr liefe, für den Fall einer Rückkehr in die Heimat einer unmenschlichen Behandlung unterworfen zu werden. Seine Verurteilung sei weder öffentlich bekannt, noch habe festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer als Person in irgendeiner Form öffentlich mit Terrorismus in Verbindung gebracht worden wäre. Die Russische Föderation habe sich im Rahmen der EMRK zur Einhaltung des Prinzips "ne bis in idem" verpflichtet und es seien auch keine Hinweise bekannt, dass das Doppelbestrafungsverbot in der Russischen Föderation nicht beachtet würde. Auch stünde dem Beschwerdeführer im Falle einer Verletzung dieses in der EMRK verbrieften Rechtes durch innerstaatliches Recht der Rechtsweg in Form einer Beschwerdeerhebung an den EGMR offen. Der Beschwerdeführer sei ein junger, gesunder und arbeitsfähiger Staatsangehöriger der Russischen Föderation und sei selbsterhaltungsfähig. Es wären keine persönlichen Umstände erkennbar, dass der Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr nicht eine Arbeit aufnehmen und seinen Lebensunterhalt aus eigenem bestreiten könne. Er habe bis zu seinem siebten Lebensjahr in der Russischen Föderation gelebt und somit seine Sozialisierung dort erfahren, weshalb er mit der Sprache und dem kulturellen Umfeld vertraut sei.

Seine (damals noch) asylberechtigten Eltern und Geschwister würden in Österreich leben, weitere Beziehungen zu in Österreich lebenden Personen hätten nicht festgestellt werden können. Der Beschwerdeführer habe in Österreich lediglich seine Eltern als Bezugspersonen genannt, ein enger Bezug zu den in Österreich lebenden Verwandten sei nicht zu erkennen gewesen. Da der Beschwerdeführer sich bereits seit 2005 in Österreich aufhalte, sei jedenfalls ein schützenswertes Privatleben in Österreich zu ersehen. Der Eingriff in dieses erscheine vor dem Hintergrund der strafrechtlichen Verurteilungen und dem Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich bisher nicht erwerbstätig gewesen sei, sowie seiner Ansicht, sich dem IS anzuschließen, als gerechtfertigt. Der Beschwerdeführer habe mehr als deutlich gemacht, nicht gewillt zu sein, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Es bestehe daher ein gewichtiges öffentliches Interesse an der Einhaltung der fremdenrechtlichen Bestimmungen und damit an der Beendigung seines Aufenhaltes. Durch sein Vorhaben, freiwillig nach Syrien zu gehen, habe der Beschwerdeführer auch eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass es ihm psychisch und emotional durchaus möglich und zumutbar wäre, seine persönlichen familiären Kontakte und Bindungen zu Österreich für eine unbestimmte Zeit abzubrechen. Der Beschwerdeführer habe einen Teil seiner Jugend in Russland verbracht und sei dort aufgewachsen, dass er im Falle einer Rückkehr bei der Wiedereingliederung in die dortige Gesellschaft unüberwindbare Hürden zu bewältigen hätte, sei nicht zu ersehen. In Zusammenschau aller Umstände ergebe sich, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht nur geeignet, sondern dringend geboten sei.

Da der Beschwerdeführer eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, sei das unbefristete Einreiseverbot zu erlassen gewesen. Die von ihm ausgehende Gefährlichkeit ergebe sich auch daraus, dass er geplant habe, sich dem IS anzuschließen, obwohl und gerade weil er Kenntnis von den Methoden und Kriegsgräuel des IS gehabt habe. Es habe daher davon ausgegangen werden müssen, dass der Absichtlichkeit seines Handelns eine tiefgehende und weitreichende innere Sympathie und Übereinkunft mit der Ideologie des IS zugrunde liege. Auch wenn der Beschwerdeführer sich seither wohlverhalten habe, könne nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass durch ihn keine Gefahr für die Gemeinschaft mehr ausgehe. Der diesbezügliche Beobachtungszeitraum sei nicht nur zu kurz, sondern aufgrund seiner Haft auch ungeeignet, um bereits von einem gesetzestreuen weiteren Verhalten zu sprechen. Vor diesem Hintergrund sei auch die aufschiebende Wirkung abzuerkennen und dem Beschwerdeführer keine Frist zur freiwilligen Ausreise zu setzen gewesen.

2.7. Nachdem der Schwester des Beschwerdeführers am 22.09.2017 und den Eltern des Beschwerdeführers am 06.11.2017 jeweils Daueraufenthalte - EU gewährt worden waren, wurden den Eltern, der Schwester und den drei jüngeren Brüdern des Beschwerdeführers mit Bescheiden jeweils vom 25.01.2018 der Status der Asylberechtigten aberkannt und ihnen der Status der subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt. Im Bescheid des Vaters des Beschwerdeführers wurde begründend festgehalten, dass der Vater selbst angegeben habe, in der Russischen Föderation keine Verfolgung mehr zu befürchten und zu Besuchszwecken wieder nach Russland reisen zu wollen. Die Gründe, die zur Asylgewährung geführt hätten, liegen daher nicht mehr vor, weswegen der gesamten Familie der Status der Asylberechtigten abzuerkennen gewesen sei.

2.8. Gegen den Bescheid vom 24.01.2018 erhob der Beschwerdeführer mit handschriftlichem Schreiben in deutscher Sprache vom 29.01.2018 fristgerecht Beschwerde, in welcher er vorbrachte, dass er sich nicht für den IS oder Islamisten interessiere und mit dem Irak oder Syrien nichts zu tun habe. Es sei auch nicht richtig, dass er eine Schusswaffe besessen habe und dass sein Vater nichts mit ihm zu tun haben wolle. Das sei vom zuständigen Beamten falsch aufgenommen worden, sein Vater wolle lediglich mit dem IS nichts zu tun haben. Er sei keine Bedrohung für die Gesellschaft und wolle in Österreich ein rechtschaffenes und geregeltes Leben führen. Er sei erst 19 Jahre alt und halte sich bereits seit 15 Jahren in Österreich auf, er sei hier aufgewachsen und gut integriert. Dass er viele Fehler gemacht habe, wisse er und er habe verstanden, dass es falsch gewesen sei, er bereue seine Straftaten sehr. Nach seiner Entlassung wolle er arbeiten gehen und ein geregeltes Lebens als ehrbarer Bürger führen. Er bitte die Behörde um eine zweite und letzte Chance.

2.9. Am 04.07.2018 fand am Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung im Beisein des Beschwerdeführers, einer Vertrauensperson (Sozialarbeitsbetreuer des Beschwerdeführers) und zweier Zeugen (Eltern des Beschwerdeführers) sowie einer Dolmetscherin für die russische Sprache (für die Eltern des Beschwerdeführers) statt. In dieser Verhandlung wurde der Beschwerdeführer ausführlich zu seinem Leben und seinen familiären Anknüpfungspunkten in Österreich befragt. Dabei wurde ein Audio-Mitschnitt abgespielt, der von der ebenfalls anwesenden Schwester des Beschwerdeführers vom Tschetschenischen ins Deutsche übersetzt wurde.

Der Beschwerdeführer legte in der Verhandlung folgende Unterlagen vor:

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ein Bestätigungsschreiben des Psychologischen Dienstes der Justizanstalt vom 21.06.2018 über regelmäßige Inanspruchnahme von Psychotherapie/klinisch-psychologischer Betreuung des Beschwerdeführers seit Juli 2017 (einmal pro Woche);

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ein Unterstützungsschreiben von Freunden, wonach der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr sicher sterben müsste und man ihm eine zweite Chance geben solle.

2.10. Mit Eingabe vom 04.07.2018 wurde eine sozialarbeiterische Stellungnahme jenes Betreuers des Beschwerdeführers, der auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung anwesend war und aussagte, vorgelegt, in welcher im Wesentlichen ausgeführt wird, dass der Beschwerdeführer seit Herbst 2013 dem Sozialarbeiterteam bekannt sei. Während seiner ersten Inhaftierung sei es gelungen, eine stabile, vertrauensvolle Beziehung zum Beschwerdeführer aufzubauen. Obwohl die Betreuung nach seiner Entlassung im Frühjahr 2015 aufrechterhalten worden sei, sei der Beschwerdeführer im Herbst 2015 erneut inhaftiert worden. Abermals sei ein Betreuungssetting implementiert worden. Derzeit befinde sich der Beschwerdeführer in enger Betreuung einer Psychologin der Justizanstalt und zweier Sozialarbeiter. Aus sozialarbeiterischer Sicht sei der Beschwerdeführer ein schüchterner, verschlossener Jugendlicher, der es erst nach einiger Zeit schaffe, sich zu öffnen. Sein soziales Alter entspreche nicht seinem realen Alter, sondern liege darunter. Vor allem in Gruppen mit Gleichaltrigen habe er sich als Außenseiter gezeigt, der sich schwertue, Anschluss zu finden. In dem Milieu, in dem er sich bewegt habe, sei er eher ein Mitläufer gewesen, der sich besonders beweisen haben müssen. Sein delinquentes Verhalten und besonders seine Sympathie für den sogenannten "Islamischen Staat" seien in starker Verbindung mit dem Wunsch, ein "negativer" Held zu sein gestanden und sich so einen Status zu verschaffen. Das sei in zahlreichen Gesprächen deutlich geworden. Der Beschwerdeführer habe sich von dem sogenannten "Islamischen Staat" sowie der jihadistischen Szene und der Ideologie distanziert. Für die Zeit nach seiner Enthaftung sei ein Betreuungssetting mit dem Verein Neustart und dem Verein XXXX vorgesehen. Auch die Eltern und Geschwister würden in dieses ganzheitliche Betreuungssetting eingebunden. Nach seiner Entlassung könne der Beschwerdeführer bei seinen Eltern wohnen, sein Ziel sei es, eine Lehre als Karosseriebautechniker, KFZ-Mechaniker oder Schlosser zu finden, diese Ausbildung zu beenden und perspektivisch eine eigene Familie zu gründen.

2.11. In einer Stellungnahme vom 01.08.2018 zu den in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorgelegten Länderberichten verwies die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers auf einen Bericht des Roten Kreuzes vom 29.08.2017, wonach laut einer Expertin, "eine Person, die im Ausland wegen einer Mitgliedschaft in der Terrororganisation Islamischer Staat verurteilt wurde und eine Haftstrafe verbüßt hat" keinesfalls nach Russland zurückgeschickt werden dürfe. Die Situation für den Beschwerdeführer sei massiv gefährlich, sollte er in den Herkunftsstaat zurückgebracht werden. Es werde immer wieder darüber berichtet, dass Rückkehrer verschwinden würden. Dass es dazu keine Unterlagen gebe, liege daran, dass die Leute, die "aus dem Weg geräumt würden", ihr Schicksal nicht mehr teilen könnten.

Der Stellungnahme sind die in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorgelegten, an die Familie des Beschwerdeführers geschickten, Text- und Sprachnachrichten aus dem Tschetschenischen ins Deutsche übersetzt angeschlossen. Aus der Textnachricht geht hervor, dass viele Menschen in Tschetschenien umgebracht würden, jedoch keiner etwas dagegen machen könne, da die Macht bei Putin liege. Aus dem bereits in der Verhandlung vorgespielten Audio file der Nachbarin der Familie aus Tschetschenien geht hervor, dass die tschetschenischen Behörden Bescheid bekämen, wenn jemand nach Tschetschenien zurückkehre. Auch der Sohn eines Bekannten sei mitgenommen worden und werde nicht mehr nach Hause gelassen. Man werde ihn quälen und keiner wisse, was mit ihm passieren könne. Die Eltern des Beschwerdeführers sollten alles tun, damit er nicht abgeschoben werde. Selbst damals, als der Beschwerdeführer nur zu Besuch in Tschetschenien gewesen sei und sich kaum vor die Türe gewagt habe, sei die Polizei plötzlich vor der Türe gestanden. Sie hätten gewusst, dass ein Bursche aus Österreich nach Hause gekommen sei, und gesagt, dass Rückkehrer Verräter seien und Lügen erzählten.

Auch der Leiter des Vereins XXXX habe für den Beschwerdeführer eine positive Prognose abgegeben und beschreibe die konstante und erfolgreiche Therapiearbeit betreffend den Beschwerdeführer. Aus all diesen Gründen werde der Beschwerdeantrag aufrechterhalten.

2.12. Nach Einräumung eines Parteiengehörs zu dem am 31.08.2018 neu erschienenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Russische Föderation, langte am 28.09.2018 eine Stellungnahme der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers ein, in welcher unter Hinweis auf die bisherigen Ausführungen auf die Gefahr des Verschwindens für den Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr verwiesen wird. Aus den Länderfeststellungen ergebe sich, dass Kadyrow in der gesamten Russischen Föderation auf Personen und Regimegegner zugreifen könne und die föderalen Exekutivkräfte wenig Handhabe dagegen hätten. Gegen (vermeintliche) dschihadistische Kämpfer werde hart vorgegangen. "Foreign Fighters", die in die Russische Föderation zurückkehren, müssten mit Strafverfahren rechnen. Die Schwere der Strafe hänge davon ab, ob sie sich den Behörden stellen und kooperieren. Vor diesem Hintergrund bestehe für den Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr Lebensgefahr oder die Gefahr Opfer unmenschlicher Behandlung zu werden. Die neuen Länderfeststellungen zeigen einmal mehr, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers eine Verletzung seiner Grundrechte nach Art. 2 und 3 EMRK darstelle. Darüber hinaus lebe seine gesamte Familie (Eltern, Geschwister) in Österreich. Er selbst sei als Kind nach Österreich gekommen und habe keinen persönlichen Bezug zum Herkunftsstaat. Dass er in Österreich straffällig geworden sei, bereue er zutiefst und zeige sich - gerade in seiner Therapie - über die Maße reumütig.

2.13. Am 05.10.2018 teilte die Justizanstalt mit, dass der Beschwerdeführer am 02.10.2018 aus der Strafhaft entlassen worden sei.

2.14. Auf Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichts übermittelte die Justizanstalt eine abschließende Haftauskunft zum Beschwerdeführer. Aus dieser ergibt sich, dass dem Beschwerdeführer, wegen der Weigerung am 29.05.2018 Harn für die Testung in der Krankenabteilung abzugeben, eine Ordnungsstrafe in Form einer Geldbuße in Höhe von €

30 auferlegt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grundlage der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungs- und Gerichtsakten des Beschwerdeführers und jenen seines Vaters, der Einsichtnahmen in das zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister sowie auf Grundlage der durchgeführten mündlichen Verhandlung am 04.07.2018 werden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zum wesentlichen Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer kam im August 2005 gemeinsam mit seinem Vater nach Österreich, wo er am 02.08.2005 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.08.2006 im Rahmen eines Familienverfahrens der Status des Asylberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 7 AsylG 1997 zuerkannt, da sein Vater im ersten Tschetschenienkrieg mitkämpfte und auch danach Kontakte zum tschetschenischen Widerstand pflegte.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.01.2018, wurde der dem Beschwerdeführer zuerkannte Status des Asylberechtigten aberkannt und ihm weder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt noch ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist. Gegen den Beschwerdeführer wurde zudem ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen und einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.2.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, sowie muslimischen Glaubens. Seine Identität steht fest und ist aus dem Spruchkopf der vorliegenden Entscheidung ersichtlich.

Der Beschwerdeführer verließ die Russische Föderation im Juni 2004; bis dahin lebte er in Tschetschenien, wo er geboren wurde und seine ersten Lebensjahr verbrachte. Er hielt sich nach seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet im August 2005 zunächst aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz und anschließend aufgrund seines Status als Asylberechtigter durchgängig rechtmäßig in Österreich auf. Der Beschwerdeführer beherrscht die Tschetschenische und schlechter die Russische Sprache.

Er besuchte in Österreich die Volks- und Hauptschule, einer geregelten Arbeit ging der Beschwerdeführer nie nach. Im Rahmen des Justizanstaltsbetriebes half er im Lehrbetrieb "Lebensmittel", "Anstaltsküche" und "Hauswerkstätte 2" mit. Weiters arbeitete er in der Haftanstalt im Rahmen einer Arbeitstherapie für jugendliche Strafgefangene als Schlosser. Einen Beruf erlernte der Beschwerdeführer nicht. Er spricht sehr gut Deutsch.

Der Beschwerdeführer ist gesund, arbeitsfähig und ledig.

1.2.2. Für den Beschwerdeführer scheinen im österreichischen Strafregister folgende Verurteilungen auf:

-

Mit Urteil des zuständigen Landesgerichts für Strafsachen vom 23.09.2014 (rechtskräftig mit dem selben Tag) wurde der Beschwerdeführer wegen Vergehens der versuchten Nötigung gemäß § 15 iVm § 105 Abs. 1 StGB, des Verbrechens des vollendeten und versuchten schweren Raubes gemäß § 15 iVm § 142 Abs. 1, § 143 1. und 2. Fall StGB, des Verbrechens des teils vollendeten und teils versuchten Raubes gemäß § 15 iVm § 142 Abs. 1 StGB und des Verbrechens der Erpressung gemäß § 144 Abs. 1 StGB, als Jugendlicher zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt.

Der gekürzten Urteilausfertigung ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer als Mitglied einer kriminellen Vereinigung (einer Jugendband namens "XXXX"), die als ein auf längere Zeit angelegter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen darauf ausgerichtet war, dass von ihren Mitgliedern laufend Verbrechen des Raubes ausgeführt werden, jeweils unter Mitwirkung anderer Mitglieder dieser Vereinigung zwischen Dezember 2013 und März 2014 zumindest acht Mal Opfern (teilweise unter Gewaltanwendung, teilweise durch Gewaltandrohung, teilweise durch Anhalten einer Waffe) Bargeld, Handys, Geldbörsen, Armbanduhren, Taschen und Ausweise abnötigte und diese bedrohte.

Als mildernd wurden der bisher tadellose Lebenswandel, das teilweise Geständnis des Beschwerdeführers und der Umstand gewertet, dass es teilweise beim Versuch blieb. Erschwerend wurden das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, die teilweise doppelte Qualifikation des Raubes und die Tatbegehung während des laufenden Verfahrens gewertet.

Der Beschwerdeführer befand sich von 22.05.2014 bis 03.05.2015 (darin enthalten, die angerechnete Untersuchungshaft von 22.05.2014 bis 23.09.2014) in Strafhaft und wurde dann vorzeitig bedingt entlassen.

Die bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe wurde mit Urteil des zuständigen Landesgerichts für Strafsachen vom 13.09.2016 widerrufen.

-

Mit Urteil des zuständigen Landesgerichts für Strafsachen vom 13.09.2016 (rechtskräftig mit dem selben Tag) wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung gemäß § 278b Abs. 2 StGB und wegen des Vergehens des unbefugten Führens bzw. Besitzes einer Schusswaffe der Kategorie B gemäß § 50 Abs. 1 Z 1 WaffG als Jugendlicher zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt.

Der gekürzten Urteilausfertigung ist zu entnehmen, dass sich der Beschwerdeführer ab einem nicht mehr näher festzustellenden Zeitpunkt im Sommer 2015 bis zumindest 02.12.2015 als Mitglied an einer terroristischen Vereinigung, nämlich der in der UN-Sanktionsliste aufscheinenden Terrororganisation IS-Islamic State, die darauf ausgerichtet ist, dass von einem oder mehreren Mitgliedern dieser Vereinigung eine oder mehrere terroristische Straftaten ausgeführt werden oder Terrorismusfinanzierung betrieben wird, auf andere Weise in dem Wissen beteiligte, dass er dadurch die Vereinigung IS-Islamic State oder deren strafbare Handlungen fördert, indem er auf den von ihm betriebenen Facebook-Seiten "XXXX" und "XXXX" Fotos von sich selbst mit Bekleidung samt IS-Logo sowie mit Faustfeuerwaffen veröffentlichte und zum Anschluss an den Kampf des IS aufrief, Propagandavideos des IS hochlud und für jedermann einsehbar veröffentlichte, selbst zumindest ein Propagandavideo für den IS erstellte und ankündigte, sich selbst bald in das vom IS kontrollierte Gebiet zu begeben. Weiters hat der Beschwerdeführer, wenn auch nur fahrlässig, unbefugt Schusswaffen der Kategorie B, nämlich eine Faustfeuerwaffe Marke "Walther", Typ P99, besessen.

Als mildernd wurde das Geständnis des Beschwerdeführers gewertet, erschwerend wurden die einschlägige Vorstrafe, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und der unmittelbare Rückfall gewertet.

Der Beschwerdeführer befand sich von 02.12.2015 bis 02.10.2018 (darin enthalten, die angerechnete Untersuchungshaft von 02.12.2015 bis 13.09.2016) in Strafhaft, wobei er gemeinsam mit drei anderen Insassen am 02.12.2016 eine Flucht aus der Justizanstalt plante. Während der Haft wurden gegen den Beschwerdeführer insgesamt drei Ordnungsstrafverfügungen verhängt: Dem Beschwerdeführer wurde eine Ordnungsstrafe in Form einer Geldbuße in Höhe von € 20 auferlegt, da er am 12.06.2017 unerlaubt und vorsätzlich einen USB Stick in seiner Gewahrsame hatte. Eine weitere Ordnungsstrafe in Form einer Geldbuße in Höhe von € 50 wurde dem Beschwerdeführer auferlegt, da er am 09.07.2017 unerlaubt ein Mobiltelefon, eine Simkarte und ein Ladekabel in seiner Gewahrsame hatte. Wegen der Weigerung am 29.05.2018 Harn für die Testung in der Krankenabteilung abzugeben, wurde dem Beschwerdeführer eine Ordnungsstrafe in Form einer Geldbuße in Höhe von € 30 auferlegt.

Festgestellt wird, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

1.2.3. In Österreich leben die Eltern des Beschwerdeführers, seine Schwester und seine vier jüngeren Brüder sowie entferntere Verwandte.

Die Eltern des Beschwerdeführers sind seit Juni 2013 geschieden und leben zumindest seit März 2013 nicht mehr in einem gemeinsamen Haushalt. Der Beschwerdeführer lebte vor und zwischen seinen Haftaufenthalten bei seiner Mutter und seinen Geschwistern. Seit seiner Haftentlassung am 02.10.2018 wohnt der Beschwerdeführer erneut bei seiner Mutter.

Die Eltern des Beschwerdeführers sowie seine Schwester und drei seiner Brüder sind zum dauerhaften Aufenthalt in Österreich berechtigt. Den Eltern, der Schwester und drei seiner Brüder wurden mit Bescheiden jeweils vom 25.01.2018 der Status der Asylberechtigten aberkannt und ihnen der Status der subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt.

Ein Abhängigkeitsverhältnis zu den in Österreich aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen des Beschwerdeführers aus gesundheitlichen oder anderen Gründen besteht nicht. Die Beziehung, die im Wesentlichen seit Mai 2014 aufgrund der Haftaufenthalte des Beschwerdeführers nur durch Besuche in der Haft gelebt wurde, kann auch von der Russischen Föderation aus über elektronische Medien und Internet aufrechterhalten werden.

In Tschetschenien verfügt der Beschwerdeführer noch über seine Großfamilie. Insbesondere leben sein Großonkel und weitere Verwandte väterlicherseits sowie seine Tante mütterlicherseits in Tschetschenien. Die Eltern des Beschwerdeführers stehen zu diesen Verwandten in regelmäßigem Kontakt. Die Eltern des Beschwerdeführers verfügen noch über freundschaftliche Kontakte nach Tschetschenien. In Zentralrussland verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten.

1.3. Zur Situation im Falle der Rückkehr in die Russische Föderation:

Der Beschwerdeführer reiste im Sommer 2015 gemeinsam mit seinem Vater und seiner Schwester zu Besuchzwecken nach Stawropol und von dort mit einem Onkel weiter nach Tschetschenien, wo er sich zumindest eine Woche aufhielt.

Der Beschwerdeführer verfügt über einen russischen Inlandsreisepass, ausgestellt am 08.06.2012, und über einen russischen Reisepass, ausgestellt am 04.09.2015.

Festgestellt wird, dass dem Beschwerdeführer in der Russischen Föderation keine asylrelevante Verfolgung droht. Er war im Herkunftsstaat vor seiner Ausreise keiner Verfolgung ausgesetzt.

Dem Beschwerdeführer droht in der Russischen Föderation außerhalb des Nordkaukasus, insbesondere außerhalb von Tschetschenien, keine Doppelbestrafung und auch außerhalb der Strafverfolgung keine Verfolgung auf Grund des der Verurteilung in Österreich zugrundeliegenden Verhaltens. Dem Beschwerdeführer droht im Falle der Rückkehr in die Russische Föderation außerhalb der Teilrepublik Tschetschenien und des Föderationskreises Nordkaukasus keine Folter oder unmenschliche Behandlung auf Grund seiner Verurteilung in Österreich oder des dieser Verurteilung zugrundeliegenden Verhaltens. Dem Beschwerdeführer droht auch keine Verfolgung wegen seines Aussehens oder seiner ethnischen Volksgruppenzugehörigkeit. Ihm droht im Falle der Rückkehr in die Russische Föderation außerhalb des Nordkaukasus, insbesondere außerhalb Tschetscheniens, keine Verfolgung wegen der Asylantragstellung in Österreich und wegen des langjährigen Aufenthaltes außerhalb der Russischen Föderation.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar, sich in der Russischen Föderation außerhalb der Teilrepublik Tschetschenien und des Föderationskreises Nordkaukasus niederzulassen und anzumelden. Die wirtschaftlich stärkeren Metropolen und Regionen in Russland bieten trotz der derzeitigen Wirtschaftskrise bei vorhandener Arbeitswilligkeit entsprechende Chancen auch für russische Staatsangehörige aus den Kaukasusrepubliken. Der Beschwerdeführer hat auch Zugang zu Sozialbeihilfen, Krankenversicherung und medizinischer Versorgung. Es besteht keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer in anderen Teilen der Russischen Föderation Opfer fingierter Strafverfahren würde. Dem Beschwerdeführer droht auch keine Verfolgung bei der Wiedereinreise in die Russische Föderation außerhalb der Teilrepublik Tschetschenien und des Föderationskreises Nordkaukasus.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in der Russischen Föderation:

Das Bundesverwaltungsgericht brachte folgende Berichte und Informationen in das Verfahren ein und stellte sie den Parteien zur Wahrung des Parteiengehörs im Laufe des Verfahrens zur Verfügung:

? Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Russische Föderation, Gesamtaktualisierung am 21.07.2017 (letzte Kurzinformation eingefügt am 07.05.2018);

? Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Russische Föderation, Gesamtaktualisierung am 31.08.2018;

? Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 29.06.2017, Russische Föderation, Menschenrechtsverletzungen von im Ausland verurteilten Personen wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation;

? ACCORD Anfragenbeantwortung vom 28.09.2017, Russische Föderation, Menschenrechtsverletzungen von ihm Ausland verurteilten Personen wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation;

? ACCORD Anfragebeantwortung vom 31.05.2016, Russische Föderation, Lage von Personen, die nach negativem Asylbescheid zurückgekehrt sind;

? Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 24.05.2016 (Auszug), Russische Föderation, Lage von aus Syrien zurückkehrenden Kämpfern;

Aus diesen Länderberichten werden folgende Feststellungen getroffen:

1.4.1. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Russische Föderation, Gesamtaktualisierung am 31.08.2018:

1.4.1.1. Politische Lage im Allgemeinen

Die Russische Föderation hat ca. 143 Millionen Einwohner (CIA 12.7.2018, vgl. GIZ 7.2018c). Russland ist eine Präsidialdemokratie mit föderativem Staatsaufbau. Der Präsident verfügt über weit reichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik (GIZ 7.2018a, vgl. EASO 3.2017). Er ernennt auf Vorschlag der Staatsduma den Vorsitzenden der Regierung, die stellvertretenden Vorsitzenden und die Minister und entlässt sie (GIZ 7.2018a). Wladimir Putin ist im März 2018, bei der Präsidentschaftswahl im Amt mit 76,7% bestätigt worden. Die Wahlbeteiligung lag der Nachrichtenagentur TASS zufolge bei knapp 67% und erfüllte damit nicht ganz die Erwartungen der Präsidialadministration (Standard.at 19.3.2018). Putins wohl ärgster Widersacher Alexej Nawalny durfte nicht bei der Wahl kandidieren. Er war zuvor in einem von vielen als politisch motivierten Prozess verurteilt worden und rief daraufhin zum Boykott der Abstimmung auf, um die Wahlbeteiligung zu drücken (Presse.at 19.3.2018). Oppositionelle Politiker und die Wahlbeobachtergruppe Golos hatten mehr als 2.400 Verstöße gezählt, darunter mehrfach abgegebene Stimmen und die Behinderung von Wahlbeobachtern. Wähler waren demnach auch massiv unter Druck gesetzt worden, um an der Wahl teilzunehmen. Auch die Wahlkommission wies auf mutmaßliche Manipulationen hin (Tagesschau.de 19.3.2018, FH 1.2018). Putin kann dem Ergebnis zufolge nach 18 Jahren an der Staatsspitze weitere sechs Jahre das Land führen. Gemäß der Verfassung darf er nach dem Ende seiner sechsjährigen Amtszeit nicht erneut antreten, da es eine Beschränkung auf zwei aufeinander folgende Amtszeiten gibt (Tagesschau.de 19.3.2018, vgl. OSCE/ODIHR 18.3.2018).

Die Verfassung wurde per Referendum am 12.12.1993 mit 58,4% der Stimmen angenommen. Sie garantiert die Menschen- und Bürgerrechte. Das Prinzip der Gewaltenteilung ist zwar in der Verfassung verankert, jedoch verfügt der Präsident über eine Machtfülle, die ihn weitgehend unabhängig regieren lässt. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, trägt die Verantwortung für die Innen- und Außenpolitik und kann die Gesetzentwürfe des Parlaments blockieren. Die Regierung ist dem Präsidenten untergeordnet, der den Premierminister mit Zustimmung der Staatsduma ernennt. Das Parlament - Staatsduma und Föderationsrat - ist in seinem Einfluss stark beschränkt. Der Föderationsrat ist als "obere Parlamentskammer" das Verfassungsorgan, das die Föderationssubjekte auf föderaler Ebene vertritt. Er besteht aus 178 Abgeordneten: Jedes Föderationssubjekt entsendet je einen Vertreter aus der Exekutive und Legislative in den Föderationsrat. Die Staatsduma mit 450 Sitzen wird für vier Jahre nach dem Verhältniswahlrecht auf der Basis von Parteilisten gewählt. Es gibt eine Siebenprozentklausel. Wichtige Parteien sind die regierungsnahen Einiges Russland (Jedinaja Rossija) mit 1,9 Millionen Mitgliedern und Gerechtes Russland (Spravedlivaja Rossija) mit 400.000 Mitgliedern. Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) mit 150.000 Mitgliedern, die die Nachfolgepartei der früheren KP ist. Die Liberaldemokratische Partei (LDPR) mit 185.000 Mitgliedern, die populistisch und nationalistisch ausgerichtet ist, die Wachstumspartei (Partija Rosta), die sich zum Neoliberalismus bekennt; Jabloko, eine demokratisch-liberale Partei mit 55.000 Mitgliedern, die Patrioten Russlands (Patrioty Rossii), linkszentristisch, mit 85.000 Mitgliedern, die Partei der Volksfreiheit (PARNAS) und die demokratisch-liberale Partei mit 58.000 Mitgliedern (GIZ 7.2018a). Die Zusammensetzung der Staatsduma nach Parteimitgliedschaft gliedert sich wie folgt: Einiges Russland (339 Sitze), Kommunistische Partei Russlands (42 Sitze), Liberaldemokratische Partei Russlands (40 Sitze), Gerechtes Russland (23 Sitze), Vaterland-Partei (1 Sitz), Bürgerplattform (1 Sitz) (AA 5.2018b).

Russland ist eine Föderation, die aus 85 Föderationssubjekten (einschließlich der international umstrittenen Einordnung der Republik Krim und der Stadt föderalen Ranges, Sewastopol) mit unterschiedlichem Autonomiegrad besteht. Die Föderationssubjekte (Republiken, Autonome Gebiete, Autonome Kreise, Gebiete, Regionen und Föderale Städte) verfügen über jeweils eine eigene Legislative und Exekutive (GIZ 7.2018a, vgl. AA 5.2018b). Die Gouverneure der Föderationssubjekte werden auf Vorschlag der jeweils stärksten Fraktion der regionalen Parlamente vom Staatspräsidenten ernannt. Dabei wählt der Präsident aus einer Liste dreier vorgeschlagener Kandidaten den Gouverneur aus (GIZ 7.2018a).

Es wurden acht Föderationskreise (Nordwestrussland, Zentralrussland, Südrussland, Nordkaukasus, Wolga, Ural, Sibirien, Ferner Osten) geschaff

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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