TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/5 W191 2136990-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.11.2018
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Entscheidungsdatum

05.11.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W191 2136990-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Sri Lanka, vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.09.2016, Zahl 1031649108-140120354, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.07.2018 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 wird XXXX der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Sri Lanka zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 05.11.2019 erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein Staatsangehöriger von Sri Lanka und Angehöriger der Volksgruppe der Tamilen, reiste schlepperunterstützt per Flugzeug am 27./28.08.2014 von Moskau kommend in Österreich ein und anschließend weiter in die Schweiz, wo er am 03.09.2014 erkennungsdienstlich behandelt wurde. Am 29.10.2014 wurde er gemäß Dublin-Übereinkommen von der Schweiz per Flugzeug nach Österreich rücküberstellt.

1.2. In seiner Erstbefragung am 30.10.2014 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes des Stadtpolizeikommando Schwechat gab der BF im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Tamil im Wesentlichen Folgendes an:

Er sei von Sri Lanka (Colombo) aus per Flugzeug am 15.08. oder 16.08.2014 nach Moskau und von dort über Wien in die Schweiz gereist, wo sein Schwager lebe. Dieser habe die Reise organisiert. Eine Schwägerin lebe in London. Seine Familie lebe in Sri Lanka.

Als Fluchtgrund gab der BF an, dass er seit 2003 für TRO (Tamil Rehabilitation Organization) gearbeitet habe. 2004 habe sich die LTTE gespaltet und er habe dadurch große Probleme bekommen. Sein Haus sei 2005 bombardiert worden. 2006 habe er die Arbeit bei TRO beendet. Seiher sei er mehrmals gezwungen worden, die Tamil Partei zu unterstützen, die die Regierung unterstütze. Weil er dies nicht getan habe, sei er 2008 von der Regierungspartei inhaftiert und eine Woche lang misshandelt worden. 2012 sei er nochmals inhaftiert worden und sei mit Hilfe des Politikers Selvaraj (später auch Salvarajah, Selvarasa) aus dem Gefängnis entlassen worden. Dieser hätte ihm aber mitgeteilt, dass er bei nochmaliger Verhaftung das Gefängnis nicht überleben werde. Deshalb sei er geflohen.

1.3. Der BF wurde am 09.04.2015 vom Landesgericht Korneuburg, 501 Hv 12/15b, wegen §§ 223 Abs. 2, 224 StGB (Strafgesetzbuch, Urkundenfälschung, Fälschung besonders geschützter Urkunden - Reisepass) zu einer Freiheitsstrafe von sechs Wochen, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt.

1.4. Bei seiner Einvernahme am 15.09.2015 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA), Regionaldirektion Steiermark, im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Englisch, bestätigte der BF die Richtigkeit seiner bisher gemachten Angaben und legte seinen Personalausweis, seinen Führerschein sowie eine Kopie und Übersetzung seiner Geburtsurkunde vor.

Er gab an, zu Hause lebten noch seine Mutter, eine Schwester und drei Brüder. Sein Vater und ein weiterer Bruder sei verstorben. Er sei verheiratet, seine Frau und sein 15 Monate alter Sohn lebten bei seinen Eltern in XXXX , Batticaida. Mit seiner Frau telefoniere er täglich, er vermisse sie und sein Kind. Die Geschwister seiner Frau würden als Asylwerber in der Schweiz leben. Er habe als Elektriker gearbeitet.

Er sei dreimal gewaltsam festgehalten worden, 2001 für sechs Monate, 2008 für ein Monat und im Jahr 2012 vier bis fünf Tage.

Der BF gab an, er habe bei der TRO, einer NGO, Menschen der tamilischen Volksgruppe, die durch Kriegshandlungen gelitten hatten, geholfen. 2007 seien die TRO verboten und deren Mitarbeiter verfolgt worden. Er sei seit 2010 Mitglied der TNA (Tamils Nations Party), deren Parlamentsabgeordnete Salvarajah habe ihm zur Entlassung aus dem Gefängnis im Jahr 2012 geholfen. Nach seiner Entlassung habe er das Gefühl gehabt, dass er ständig beobachtet werde. Deshalb habe er aufgehört, zuhause zu wohnen, und habe bei Verwandten übernachtet. Er habe noch vor seiner Ausreise geheiratet, seinen Sohn aber noch nie gesehen.

Der BF sagte zu, seine Heiratsurkunde vorzulegen, und wurde aufgefordert, seine Mitgliedsausweise bei TRO und TNA vorzulegen.

Dem BF wurden Länderfeststellungen zu Sri Lanka vorgelegt und zur Übersetzung angeboten. Er gab dazu an, es sei zwar eine neue Regierung an der Macht, aber die alten Machthaber seien nach wie vor hinter ihm her. Die Medienberichte, wonach es keinen Krieg mehr gebe, seien nicht zutreffend. Seine Familienangehörigen seien nicht in Gefahr, weil sie die an der Macht befindliche Partei unterstützten.

1.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 21.09.2016 den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 29.10.2014 gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Sri Lanka nicht zu (Spruchpunkt II.) und verband diese Entscheidung in Spruchpunkt III. gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde ihm nicht erteilt. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Sri Lanka gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Eine asylrelevante Verfolgung liege nicht vor, das Vorbringen des BF sei unglaubhaft. Er habe keine Verfolgung im Sinne des AsylG glaubhaft gemacht und es bestünden keine stichhaltigen Gründe gegen eine Abschiebung des BF nach Sri Lanka. Im Falle der Rückkehr drohe ihm keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde.

Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen und es komme daher auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG nicht in Betracht. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF nach Sri Lanka. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.

Beweiswürdigend führte das BFA (zusammengefasst) aus, dass der BF bezüglich seiner behaupteten Herkunftsregion, Volks- und Staatsangehörigkeit aufgrund seiner Sprach- und Lokalkenntnisse - im Gegensatz zu seinem Fluchtvorbringen - glaubwürdig wäre. Die Feststellungen zur Situation in Sri Lanka wären glaubhaft, weil sie verlässlichen, seriösen, aktuellen und unbedenklichen Quellen entstammten, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei sei.

Seine Fluchtgeschichte habe der BF nicht glaubhaft machen können, da es nicht verständlich erscheine, dass er einen Reisepass und ein Visum für die Russische Föderation erlangen hätte können, wenn er gesucht werde. Er habe keinen Mitgliedsausweis für TNA oder TRO vorlegen können, sondern lediglich eine Heiratsurkunde mit einem Schreiben bezüglich seiner früheren Tätigkeit.

Aus den Feststellungen der Staatendokumentation gehe hervor, dass alleine aufgrund des Umstandes der Rückkehr keine Diskriminierung durch die Innen- oder Sicherheitsbehörden zu erwarten sei, es sei allerdings damit zu rechnen, dass bei der Einreise geprüft werde, "ob ggf. einzelfallbedingte Erkenntnisse - wie insbesondere eine frühere LTTE-Mitgliedschaft - oder andere nach sri-lankesischem Recht strafbare Vorwürfe vorliegen."

Das Vorbringen des BF sei sehr vage und nicht plausibel nachvollziehbar und entspreche daher nicht der Wirklichkeit.

1.6. Dem Verwaltungsakt liegen auf den Seiten 199 bis 211 die im angefochtenen Bescheid zuvor angeführten Unterlagen (Heiratsurkunde und Bestätigungsschreiben eines Direktors der TRO vom 28.09.2007 sowie ein Schreiben des Parlamentsabgeordneten Pon. Selvarasa vom 18.09.2014 und ein Schreiben des Schwagers des BF aus der Schweiz vom 29.09.2014), beim BFA eingelangt am 25.09.2015, ein.

1.7. Gegen oben angeführten Bescheid brachte der BF mit Schreiben seines zur Vertretung bevollmächtigten Rechtsberaters vom 07.10.2016 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und "Verletzung von Verfahrensvorschriften" ein.

In der weitwendigen Beschwerdebegründung wurde das Vorbringen des BF im Verfahren wiederholt.

Moniert wurde im Wesentlichen, der Bescheid sei erst mehr als ein Jahr nach der Einvernahme des BF vor dem BFA erlassen worden. Die Länderfeststellungen seien veraltet. Der BF sei gefoltert worden und weise psychische und physische Folterspuren auf und werde die Einholung eines diesbezüglichen medizinischen (psychiatrischen) Sachverständigengutachtens beantragt. Den BF würde bei seiner Rückkehr Repression und Haft erwarten. Die Haftbedingungen seien menschenrechtswidrig.

1.8. Das BVwG führte am 30.07.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Englisch durch, zu der der BF persönlich in Begleitung seiner Vertreterin erschien. Die belangte Behörde verzichtete im Vorhinein auf die Teilnahme an einer Verhandlung.

Dabei gab der BF auf richterliche Befragung im Wesentlichen Folgendes an (Auszug aus der Verhandlungsschrift):

"[...] RI [Richter]: Was ist Ihre Muttersprache?

BF: Tamil. Ich spreche darüber hinaus Englisch und Singhalesisch.

RI an D [Dolmetsch]: In welcher Sprache übersetzen Sie für den BF?

D: Englisch.

RI befragt BF, ob er D gut verstehe; dies wird bejaht.

Zur heutigen Situation:

RI: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, der heutigen Verhandlung zu folgen?

BF: Ja.

RI: Leiden Sie an chronischen oder akuten Krankheiten oder anderen Leiden oder Gebrechen?

BF: Nein.

[...]

Der BF hat bisher eine Heiratsurkunde, einen Führerschein, einen Personalausweis und eine Geburtsurkunde sowie Bescheinigungsmittel zu seinem Fluchtvorbringen und eine Bestätigung Deutschprüfung A1 vorgelegt.

Heute legt er Belege zu seiner Integration vor (Dienstvertrag aufschiebend bedingt, Deutschprüfung A2, Kursbestätigungen und Empfehlungsschreiben).

[...]

Zur Identität und Herkunft sowie zu den persönlichen

Lebensumständen:

RI: Sind die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zu Ihrem Namen und Geburtsdatum sowie zu Ihrer Staatsangehörigkeit korrekt?

BF: Ja.

RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volks- oder Sprachgruppe gehören Sie an?

BF: Ich bin Tamile.

RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an, und wenn ja, welcher?

BF: Ich bin Hindu.

RI: Sind Sie verheiratet, oder leben Sie in einer eingetragenen Partnerschaft oder sonst in einer dauernden Lebensgemeinschaft?

BF: Ich bin verheiratet und habe einen Sohn.

RI: Haben Sie in Ihrem Herkunftsstaat eine Schul- oder Berufsausbildung absolviert?

BF: Ich habe die Schule absolviert und ein Studium der Künste abgebrochen. Ich war als Elektriker berufstätig.

RI: Wo und wie leben Ihre Verwandten?

BF: Meine Eltern leben zuhause in Sri Lanka. Meine Ehefrau und meine Sohn leben seit ca. 2013 bei ihren Eltern.

RI: Sind oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei oder einer anderen politisch aktiven Bewegung oder Gruppierung?

BF: Ja, von 2010 bis 2013 war ich für die Partei TNA aktiv tätig. Ich habe bei Treffen teilgenommen.

RI: Vor 2010 waren Sie nicht für die Partei tätig?

BF: Nein, ich war nicht für sie aktiv, ich habe für eine andere Firma als Elektriker gearbeitet.

Zur derzeitigen Situation in Österreich:

RI: Haben Sie in Österreich lebende Familienangehörige oder Verwandte?

BF: Nein.

RI ersucht D, die folgenden Fragen nicht zu übersetzen. RI stellt diverse Fragen.

RI: Sprechen Sie Deutsch? Haben Sie mich bis jetzt auch ohne Übersetzung durch den D verstehen können?

BF: Ja.

RI stellt fest, dass der BF die zuletzt gestellten und nicht übersetzten Fragen verstanden und halbwegs auf Deutsch beantwortet hat.

RI: Besuchen Sie derzeit einen Deutschkurs, oder haben Sie einen Deutschkurs bereits besucht?

BF: Ja, ich besuche derzeit den B1-Deutschkurs.

RI: Haben Sie Arbeit in Österreich? Gehen Sie einer regelmäßigen Beschäftigung nach?

BF: Nein.

RI: Besuchen Sie in Österreich bestimmte Kurse oder eine Schule, oder sind Sie aktives Mitglied in einem Verein? Gehen Sie sportlichen oder kulturellen Aktivitäten nach?

BF: Ich kenne hier einige Österreicher, die soziale Feiern und Veranstaltungen durchführen, und ich nehme an diesen teil. Ich mag Musik (Livemusik) und musiziere auch selber, ich singe Lieder in meiner Sprache. Es sind feierliche Lieder.

RI: Wurden Sie in Österreich jemals von einem Gericht wegen einer Straftat verurteilt oder von einer Behörde mit einem Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot belegt?

BF: Ja. Wenn ich in meinem Land geblieben wäre, hätte ich mich getötet, denn die Regierung tötet Tamilen.

Frage wird wiederholt.

BF: Der Schlepper hat mir den Reisepass gegeben, ich bin damit aus meinem Land hierher gekommen. Ich habe letztes Mal auch eine Strafe dafür vom Gericht bekommen.

RI: Unterhalten Sie von Österreich aus noch Bindungen an Ihren Herkunftsstaat, insbesondere Kontakte zu dort lebenden Familienangehörigen, Verwandten, Freunden oder zu sonstigen Personen? Wenn ja, wie sieht dieser Kontakt konkret aus (telefonisch, brieflich, per E-Mail), bzw. wie regelmäßig ist dieser Kontakt?

BF: Ja. Ich spreche telefonisch täglich mit meiner Frau.

RI: Wieso ist Ihre Frau nicht in Gefahr?

BF: Sie ist nicht mit mir zusammen hierher gekommen. Ich hatte mich versteckt gehabt. Ich war nach der Heirat bei ihr zuhause.

Zu den Fluchtgründen und zur Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat:

RI: Sie wurden bereits im Verfahren vor dem Bundesasylamt zu den Gründen, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben bzw. warum Sie nicht mehr in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren können (Fluchtgründe), einvernommen. Die diesbezüglichen Niederschriften liegen im Akt ein.

Sind Ihnen diese Angaben noch erinnerlich und, wenn ja, halten Sie diese Angaben vollinhaltlich und unverändert aufrecht, oder wollen Sie zu Ihren Fluchtgründen noch etwas ergänzen oder berichtigen, das Ihnen wichtig erscheint? Können Sie Ihre Fluchtgründe kurz zusammengefasst noch einmal wiedergeben?

BF: Ja, ich habe die Wahrheit gesagt.

Die Frage wird wiederholt.

BF: Ich habe ein Problem mit der Regierung. Ich arbeitete für die TRO. Sie war in Beziehung mit der LTT. Wer auch immer für die Regierung während dem Krieg arbeitete, war in Gefahr. Wer auch immer der LTT während dem Krieg half, war nach dem Krieg in Gefahr, von der Regierung getötet zu werden.

RI: Sie haben für die Regierung gearbeitet?

BF: Nein, ich arbeitete nicht für die Regierung, ich war bei einer NGO.

RI wiederholt Frage.

BF: Nein, ich meinte, wer auch immer für die TRO arbeitete, wie ich, war nach dem Krieg in Gefahr, von der Regierung getötet zu werden.

RI: Sie haben gesagt, die Geschwister Ihrer Frau leben in der Schweiz und haben dort Asyl beantragt. Wie ist der Status jetzt?

BF: Sie sind Staatsbürger in der Schweiz. Sie kamen dorthin vor zehn oder fünfzehn Jahren.

RI: Haben sie dort Asyl erhalten?

BF: Ja.

RI: Warum?

BF: Sie wurden von der Regierung verfolgt und sind dann in die Schweiz geflohen.

RI: Wie haben sie das bewiesen?

BF: Sie waren betroffen, sie hatten Dokumente und legten diese vor, und die Regierung sagte ok.

RI: Im Akt befinden sich auf Seite 209 bzw. 211 Schreiben von Landsleuten von Ihnen, worum handelt es sich hierbei?

BF: Das waren kurze Schreiben, die die Familienangehörigen meiner Schwester auf Anraten eines Anwaltes zum Zwecke der Familienzusammenführung in der Schweiz ausgestellt haben.

RI: Es befindet sich im Akt ein Schreiben eines Direktors der TRO, in dem Sie schließlich als "social worker" beschrieben werden. Was bedeutet das?

BF: Dass Leute wie ich im Krieg anderen geholfen haben. Das ist die Aufgabe dieser NGO.

RI: Dieses Schreiben ist aus 2007. Sie haben vorhin gesagt, vor 2010 waren Sie nicht politisch tätig?

BF: Ich war nicht politisch tätig, ich war für diese NGO als Helfer tätig. Ich half bei der Lebensmittelverteilung, Medikamentenverteilung und wirtschaftlicher Hilfe. Wir halfen bei der Familienzusammenführung.

RI: Im Akt liegt auf Seite 297 eine Bestätigung ein. Welcher Officer von welcher Behörde hat diese ausgestellt?

BF: Der Ehemann meiner Schwester hat sich bei der Polizeistation nach meinem Weggehen darüber beschwert, dass Personen nach mir gesucht haben.

RI: Und die Polizeistation hat diese Bestätigung problemlos ausgestellt?

BF: Sie hatten Angst und haben eine Beschwerde darüber gemacht.

RI: Der Police Officer hat das tatsächlich bestätigt?

BF: Ja, er bestätigte dies und hat lediglich eine Kopie davon übergeben.

RI: In der Beschwerde wird vorgeschlagen, Ihre Gesundheit aufgrund von Folterspuren zu überprüfen. Was sagen Sie dazu?

BF: Ja, ich habe einige Beweise an meinem Körper, dass ich geschlagen worden bin. Ich erlitt Brüche und Markierungen (Stiche und Schnitte).

RI: Mit dem Messer?

BF: Mit dem Messer und Waffen. Ich hatte auch einen Knochenbruch im Gesicht.

BFV [Vertreterin des BF]: Wir haben keine medizinischen Belege eingeholt.

RI: Geht es Ihnen heute noch schlecht, aufgrund dieser Folter?

BF: Nein, manchmal bekomme ich Kopfschmerzen.

Der RI bringt unter Berücksichtigung des Vorbringens des BF auf Grund der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Informationen die dieser Niederschrift beiliegenden Feststellungen und Berichte über die allgemeine Lage im Herkunftsstaat (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 24.05.2018) in das gegenständliche Verfahren ein.

Der RI erklärt die Bedeutung und das Zustandekommen dieser Berichte. Im Anschluss daran legt der RI die für die Entscheidung wesentlichen Inhalte dieser Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat dar.

RI folgt BFV Kopien dieser Erkenntnisquellen aus und gibt ihr die Möglichkeit, dazu sowie zu den bisherigen Angaben des BF eine mündliche Stellungnahme abzugeben oder Fragen zu stellen.

BFV: Der BF hat auch einen Bruder in Australien, der dort Asyl erhalten hat. Ich ersuche um Einräumung einer Frist von - zwei Monaten - zur Vorlage von Belegen bezüglich dieses Bruders und bezüglich der Familie der Schwester der Frau des BF in der Schweiz. Weiters werden wir eine ärztliche Bestätigung bezüglich der Gesundheit des BF vorlegen.

Zum LIB nehme ich wie folgt Stellung: Diesbezüglich verweise ich auf die Seite 35 zur Frage der Rückkehrer. Hier wird nach dem LIB zwischen Personen mit und jenen ohne Reisepass differenziert. Festzuhalten ist, dass der BF nicht in Besitz eines gültigen Reisepasses seines Heimatlandes ist. Personen ohne gültiges Reisedokument werden bei einer Einreise regelmäßig von der Einreisebehörde sowie der Kriminalpolizei einer Personenüberprüfung unterzogen, und werden diese auch befragt. Aufgrund seiner politischen Aktivitäten in der Vergangenheit (NGO, Tamilische Partei) würde dieser im Falle einer Rückkehr ins Visier der Regierung geraten und läuft er Gefahr, aufgrund einer zumindestens unterstellten oppositionellen Gesinnung mitunter gefoltert und inhaftiert zu werden. Sohin liegen im Falle des BF zumindestens Gründe im Sinne des § 8 AsylG vor.

RI: Was würde Ihnen konkret passieren, wenn Sie jetzt wieder in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?

BF: Sie würden mich sofort am Flughafen verhaften, denn sie wissen, dass ich Tamile bin.

RI: Bis vor einigen Jahren war es wohl so, aber hat sich das nicht verbessert?

BF: Nein, es ist noch immer so. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen auch Nachrichten diesbezüglich vorlegen. Dieses Monat am 23.07.2018 gab es ein Treffen der Vereinten Nationen, wo Herr BEN oder so dies gesagt hat.

Ermittlungsermächtigung:

RI: Sind Sie damit einverstanden, dass entsprechend den vom Bundesverwaltungsgericht zu treffenden Anordnungen in Ihrem Herkunftsstaat allenfalls Erhebungen unter Verwendung Ihrer personenbezogenen Daten durchgeführt werden, wobei diese jedenfalls nicht an staatliche Stellen Ihres Herkunftsstaates weitergegeben werden?

BF: Ja, ich habe keinen Einwand.

RI: Wenn Sie für die Tamilen immer nur so tätig waren, dass Sie Hilfeleistungen erbracht haben, wieso glauben Sie, sind Sie dann mehrmals eingesperrt und auch gefoltert worden?

BF: Weil die NGO, für die ich tätig war, ein Teil der LTE war. Die Regierung kennt mich und hat diese NGO verboten.

RI: Wieso haben Sie für diese NGO gearbeitet, wenn einige Jahre vorher Ihr Haus von der Regierung bombardiert worden ist?

BF: Ich begann im Jahre 2003, für diese NGO zu arbeiten. Sie haben kostenlose Kurse für Computer angeboten, und ich habe an diesem Unterricht teilgenommen. Ich habe danach begonnen, für sie zu arbeiten. Die Regierungspartei wollte nicht, dass ich für die NGO arbeite. Sie haben unser Haus bombardiert. Die von der Regierung und von den Medien verbreiteten Nachrichten sind nicht zutreffend. Die von mir vorher erwähnte Veranstaltung von der UNO zeigt dies.

BFV: Dazu kommt, dass der BF eindeutig einen politischen Hintergrund aufweist.

RI befragt BFV, ob sie noch etwas Ergänzendes vorbringen will; dies wird verneint.

RI befragt BF, ob er noch etwas Ergänzendes vorbringen will.

BF: Ich werde versuchen, so schnell wie möglich die angeforderten Belege vorzulegen.

RI befragt BF, ob er D gut verstanden habe; dies wird bejaht. [...]"

Das BFA beantragte nicht die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde und beteiligte sich auch sonst nicht am Verfahren vor dem BVwG. Dem BFA wurde die Verhandlungsschrift samt Beilagen übermittelt.

1.9. Mit Schreiben seiner Vertreterin vom 04.09.2018 legte der BF in der ihm gewährten Nachfrist ergänzend folgende Belege vor:

* Belege bezüglich seines Bruder in Australien (Reisepass, Führerschein, Versicherungskarte, Schreiben bezüglich Schutzgewährung)

* Ambulanter Patientenbrief betreffend den BF vom 24.08.2018, laut welchem beim BF diagnostiziert wurde: "Anpassungsstörung mit überwiegend depressiver Symptomatik (F43.2), Postcommotionelles Syndrom (in guter Übereinstimmung mit den Angaben zu dem vom Pat. beschriebenen Schädel-Hirn-Trauma 2012)"

Auch diese Unterlagen wurden dem BFA übermittelt.

2. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschriften der Erstbefragung am 30.10.2014 und der Einvernahme vor dem BFA am 15.09.2015, die vom BF vorgelegten Belege zu seiner Person (Personalausweis, Führerschein, Geburtsurkunde) und zu seinem Fluchtvorbringen sowie die Beschwerde vom 07.10.2016

* Einsicht in Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des BF im erstbehördlichen Verfahren (offenbar Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Aktenseiten 142 bis 163)

* Einvernahme des BF im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 30.07.2018 sowie Einsichtnahme in folgende in der Verhandlung vorgelegte Dokumente zu seiner Integration:

? Dienstvertrag (aufschiebend bedingt)

? Deutschdiplom A2

? Kursbestätigungen sowie

? Empfehlungsschreiben

* Einsichtnahme in folgende in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG zusätzlich in das Verfahren eingebrachte Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des BF:

o Feststellungen und Berichte über die allgemeine Lage im Herkunftsstaat (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 24.05.2018)

* Einsicht in die vom BF im Beschwerdeverfahren ergänzend vorgelegten Belege betreffend seine Gesundheit und seinen Bruder in Australien

3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):

Folgende Feststellungen werden aufgrund des glaubhaft gemachten Sachverhaltes getroffen:

3.1. Zur Person des BF:

3.1.1. Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , ist Staatsangehöriger von Sri Lanka, gehört der tamilischen Volksgruppe an, bekennt sich zur Religionsgemeinschaft der Hindus und ist seit 13.06.2013 verheiratet (ein Sohn).

3.1.2. Lebensumstände:

Der BF lebte bis August 2014 gemeinsam mit seiner Familie (zunächst Mutter, Schwester, drei Brüder, dann mit seiner Ehefrau) in XXXX , Batticaida, Sri Lanka, sowie in der Folge teilweise versteckt bei Verwandten. Er arbeitete zuvor als Elektriker.

Der BF lebt seit über vier Jahren in Österreich, hat die Deutschprüfung A2 abgelegt, verfügt über einen Arbeits-Einstellungszusage und macht Live-Musik.

3.2. Zu den Fluchtgründen des BF:

Der BF arbeitete ab 2003 für TRO (Tamil Rehabilitation Organization), einer NGO, die Tamilen, die Opfer der Kriegshandlungen geworden waren, (bei der Familienzusammenführung) half. Im Jahr 2005 ist sein Haus bombardiert worden, im Jahr 2006 hat er die Arbeit bei TRO beendet.

Weil er die Tamil-Partei, die die Regierung unterstützte, nicht unterstützte, wurde er 2008 ein zweites Mal (nach 2001) von der damaligen Regierungspartei inhaftiert und eine Woche lang misshandelt. 2012 wurde der BF noch einmal inhaftiert und mit Hilfe eines Politikers (Selvaraj) wieder aus dem Gefängnis entlassen. Seither lebte der BF in ständiger Angst vor neuerlicher Inhaftierung.

Da seit ca. drei Jahren eine neue Regierung an der Macht ist und den Länderberichten zufolge keine Kriegssituation mehr gegeben ist, konnte der BF mit seinem Vorbringen asylrelevante Gründe für das Verlassen seines Heimatstaates nicht glaubhaft machen, zumal er aus dem Gefängnis entlassen worden war.

3.3. Zu einer möglichen Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat:

3.3.1. Es konnte vom BF - auch angesichts der geänderten (verbesserten) Lage in Sri Lanka - nicht glaubhaft vermittelt werden, dass er im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret und individuell einer Verfolgung aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt wäre.

3.3.2. Dem BF würde jedoch - auch unter Berücksichtigung seiner vormaligen Mitgliedschaft bei einer der LTTE nahestehenden tamilischen NGO (wenn auch nicht als Kämpfer oder Terrorist), der zudem schon dreimal in Haft genommen worden war und nachweislich über gesundheitliche Folgeschäden (wahrscheinlich von Folter) aufweist, derzeit bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Sri Lanka - zumal er über keinen gültigen Reisepass verfügt (der bei seiner Ausreise verwendete Reisepass war vom Schlepper gefälscht worden) - ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

3.4. Zur Lage im Herkunftsstaat des BF:

Aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnisquellen werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des BF getroffen:

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA vom 24.05.2018 (Schreibfehler teilweise korrigiert)

"[...] 2. Politische Lage

Sri Lanka ist eine konstitutionelle Mehrparteienrepublik mit einer frei und direkt gewählten Regierung (USDOS 20.04.2018). Der direkt vom Volk gewählte Präsident hat eine große Machtfülle und ist gleichzeitig Staats- und Regierungschef. Der von ihm ernannte Ministerpräsident führt ein eigenes Ressort neben den zahlreichen Fachministerien. Das Einkammerparlament mit 225 Sitzen geht mittels eines modifizierten Verhältniswahlrechts aus allgemeinen, gleichen Wahlen hervor. Die unitarische Staatsverfassung weist seit Verabschiedung des 13. Verfassungszusatzes 1987 begrenzt dezentralisierende Elemente auf. Es wurden neun Provinzen geschaffen, die gewählte Provinzräte und -regierungen haben mit einem leitenden Minister (Chief Minister) an der Spitze, dem ein vom Präsidenten ernannter Gouverneur an die Seite gestellt ist. Unterhalb der Provinzebene existieren die Ebenen der Distrikte und der Kommunalverwaltung mit ebenfalls gewählten Stadt- und Gemeinderäten (AA 3.2018a).

In seiner zweiten Amtszeit ab 2009 besaß der damalige Präsident Rajapaksa eine umfassende Machtfülle und erhielt Zugriff auf die Besetzung von Positionen in eigentlich unabhängig angelegten Institutionen, im öffentlichen Dienst, bei Justiz und Polizei. Die demokratischen Strukturen des Landes waren zunehmend Belastungsproben ausgesetzt. Obwohl unter Präsident Rajapaksa die weitgehend zerstörte Infrastruktur im Norden und Osten wiederhergestellt wurde, bemühte er sich nicht, die Wiederversöhnung weiter voranzutreiben. Mit dem im April 2015 verabschiedeten 19. Verfassungszusatz wurden einzelne Vollmachten des Präsidenten gestrichen, und im Gegenzug wurde die Rolle des Parlaments gestärkt. 2016 lief auch ein neuer Verfassungsreformprozess an, dessen Kernelemente eine Neuregelung des Verhältnisses zwischen Zentralregierung und Provinzen (Dezentralisierung), ein neues Wahlrecht und die Abschaffung der exekutiven Präsidentschaft sind. Ziel der Regierung ist es, die Reform 2018 abzuschließen. Präsident und Ministerpräsident haben im September 2017 angekündigt, dass künftig bei allen Wahlen ein System gelten soll, das eine Mischung von Mehrheits- und Verhältniswahl vorsieht (AA 3.2018a).

Wahlen werden regelmäßig auf der Grundlage des allgemeinen Wahlrechts und eines Mehrparteienwettbewerbs durchgeführt (BTI 2018). Am 08.01.2015 wählten die Wähler bei der vorgezogenen Präsidentschaftswahl den Oppositionskandidaten Maithripala Sirisena für fünf Jahre zum Präsidenten (AA 3.2018a; vgl. USDOS 20.04.2018). Er erhielt die Unterstützung von 51,28% der Wähler, während für den bisherigen Amtsinhaber 47,58% stimmten. Die Wahlbeteiligung war mit 81,5% sehr hoch. Sirisena wurde bereits am 09.01.2015 vereidigt (AA 3.2018a).

Bei der Parlamentswahl am 17.08.2015 erzielte eine Allianz der liberalen United National Party (UNP) mit anderen Parteien im Rahmen der United National Front for Good Governance 45,66%. Die UPFA, ein Parteienbündnis, dessen Mehrheit eine Rückkehr Rajapaksas in die Politik als Premierminister angestrebt hatte, unterlag mit 42,38%. Die Wahlbeteiligung war mit rund 77% für eine Parlamentswahl sehr hoch. Die Sri Lanka Freedom Party (SLFP) des Präsidenten und die UNP des Premierministers unterzeichneten am 21.08.2016 eine Vereinbarung, mit der sie sich auf eine Zusammenarbeit zunächst für zwei Jahre verständigten. Im August 2016 wurde entschieden, die Zusammenarbeit auf die gesamte Legislaturperiode von fünf Jahren auszudehnen. Oppositionsführer ist mit R. Sampanthan von der Tamil National Alliance (Bündnis gemäßigter tamilischer Parteien) erstmals seit 1977 wieder ein Vertreter der Tamilen (AA 3.2018a).

Die neue Regierung unter Premierminister Wickremeshinghe konnte zahlreiche Versprechen des "100-Tage-Programmes" umzusetzen. Unter anderem wurden mit dem 19. Verfassungszusatz Verfassungsänderungen von Präsident Rajapaksa rückgängig gemacht und die Machtfülle des Präsidenten beschnitten (AA 3.2018a).

Bei den Lokalwahlen am 10.02.2018 mussten die Regierungsparteien einen Rückschlag hinnehmen. Die neue Partei, Sri Lanka People's Front (Sri Lanka Podujana Peramuna, SLPP), die den Ex-Präsidenten Rajapaksa unterstützt, erzielte 44.65% der Stimmen, die UNP 32,63% und die SLFP (mit Verbündeten) 13,38%. Gründe dafür waren die Unzufriedenheit über steigende Preise für Grundnahrungsmittel sowie mangelnde Erfolge bei der Korruptionsbekämpfung (AA 3.2018a).

Am 01.10.2015 hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen im Konsens mit Sri Lanka die Resolution "Promoting reconciliation, accountability and human rights in Sri Lanka" (A/HRC/30/L.29) und im März 2017 eine Folgeresolution beschlossen. Sri Lanka hat sich damit bereit erklärt, die mutmaßlichen im Bürgerkrieg begangenen (Kriegs-)Verbrechen in einem glaubwürdigen Prozess aufzuarbeiten (AA 16.12.2017).

Die Regierung möchte die nationale Wiederversöhnung vorantreiben. Gegenüber dem Menschenrechtsrat erklärte sich die Regierung bereit, zahlreiche Maßnahmen umzusetzen. Im August 2016 wurde ein Gesetz zur Einrichtung eines Büros für Vermisste ("Office of Missing Persons") beschlossen, die des leitenden Beauftragten (Commissioners) jedoch erst im Februar 2018 ernannte. Auch eine Wahrheitskommission ("Truth and Reconciliation Commission") soll eingerichtet werden. Weitere wichtige Schritte hat die Regierung noch vor sich, darunter auch die Verfassungsreform, deren Prozess 2017 ins Stocken geraten ist (AA 3.2018a).

3. Sicherheitslage

Das staatliche Gewaltmonopol ist unangefochten. Allerdings gibt es in Teilen des Nordens und Ostens ein erhöhtes Sicherheitsrisiko mit einigen gewalttätigen Zwischenfällen. Im April 2014 erschoss das sri-lankische Militär drei mutmaßliche tamilische Nationalisten in Nedunkerni (Distrikt Vavuniya). Im Oktober 2016 wurden zwei tamilische Studenten von der Polizei an einem Kontrollpunkt in Kokuvil (Bezirk Jaffna) erschossen. Im Zusammenhang mit dem zweiten Vorfall wurden fünf Polizisten verhaftet (BTI 2018).

Seit Ende des Bürgerkriegs im Mai 2009 haben in Sri Lanka keine Terroranschläge mehr stattgefunden. Militär und Polizei sind weiterhin sichtbar präsent (AA 08.05.2018).

Die Landrückgabe wird fortgesetzt - nach dem aktuellen Zeitplan der Regierung (Oktober 2017) soll Ende 2018 noch eine Fläche von etwa 145 km2 bei den Sicherheitskräften verbleiben, bei der es sich vor allem um staatliches Land handeln soll. Der umfassende Sicherheits- und Überwachungsapparat dürfte insbesondere im Norden und Osten noch intakt sein, tritt aber nach außen nicht mehr so häufig wie früher in Erscheinung (AA 16.12.2017).

Am 01.03.2018 ist Sri Lanka der Konvention über Streumunition von 2008 beigetreten, weniger als drei Monate nachdem das Land dem Minenverbotsvertrag von 1997 beigetreten ist (HRW 14.03.2018). Bis auf kleine noch nicht entminte Gebiete im Nordosten und einzelne "Hochsicherheitszonen" um Militäreinrichtungen in der Nord- und der Ostprovinz können sich Sri Lanker im ganzen Land frei bewegen und niederlassen (AA 16.12.2017). Im Juni 2017 betrug die verbliebene verminte Gesamtfläche 25,5km2, die sich über zehn Distrikte verteilt, was eine deutliche Reduktion gegenüber 68km2 im Jahr 2014 darstellt. Bei der derzeitigen Rate könnte Sri Lanka bis Ende 2021 frei von Landminen sein (MAG 02.04.2018).

4. Rechtsschutz / Justizwesen

Die Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis diskriminiert nicht nach Merkmalen wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung. Die neue Regierung muss aber noch eine Lösung für die zahlreichen "Altfälle", also bereits Inhaftierte, finden. Darunter sind auch politische Gefangene, die auf Grundlage des Prevention of Terrorism Act (PTA) inhaftiert wurden. Die Regierung hat zugesagt, diese Fälle zu überprüfen. Sippenhaft wird nicht praktiziert. Keiner Person oder Personengruppen wird kategorisch der Rechtsschutz verweigert (AA 16.12.2017).

Der 2015 verabschiedete 19. Verfassungszusatz hat die Macht des Präsidenten in mehrfacher Hinsicht begrenzt. Er verringerte etwa den Einfluss des Präsidenten auf die Justiz und die Verwaltung, indem er die bisher praktisch uneingeschränkte Befugnis des Präsidenten einschränkte, eine Reihe öffentlicher Amtsträger direkt zu ernennen, darunter Richter des Obersten Gerichtshofs und des Berufungsgerichts, den Generalstaatsanwalt, den Generalprüfer und den Generalinspekteurs der Polizei. Diese Ernennungen sowie Ernennungen in die Wahlkommission, die Kommission für den öffentlichen Dienst, die nationale Polizeikommission, die Menschenrechtskommission, die Kommission zur Untersuchung von Korruptions- und Bestechungsvorwürfen und die Abgrenzungskommission können nun vom Präsidenten nur noch auf Empfehlung des Verfassungsrates vorgenommen werden, dem sowohl Vertreter der Regierung als auch der Opposition angehören (BTI 2018).

Unter der neuen Regierung haben Ermittlungsbehörden und Justiz begonnen, mutmaßliches Unrecht in der Vergangenheit - z.B. das Verschwinden von Journalisten, ungewöhnliche Todesfälle, Korruption, Geldabflüsse ins Ausland - zu untersuchen. Zahlreiche Kommissionen sind tätig. In manchen Bereichen, wie z.B. bei der Aufklärung von Todesfällen, gibt es Fortschritte. Auch gegen Militärangehörige wird ermittelt. Die Kommissionen laden regelmäßig hochrangige Vertreter der Rajapaksa-Zeit - auch Mahinda Rajapaksa und seine Familienmitglieder - zu Verhören vor, haben aber noch keine Verurteilung erreicht (AA 16.12.2017).

Kritisch diskutiert wird momentan ein Reformentwurf des Strafprozessrechts, welcher Untersuchungsgefangenen den Zugang zu einem Rechtsbeistand erst nach Abgabe ihrer ersten Aussage gewähren würde. Auch der neueste (noch inoffizielle) Entwurf der Strafprozessordnung (Oktober 2017) beinhaltet keinen unbedingten Zugang von Untersuchungsgefangenen zu ihren Anwälten (AA 16.12.2017).

Die Untersuchungshaftzeiten sind lang; es dauert oftmals mehr als ein Jahr, bis überhaupt entschieden wird, ob eine Anklage erhoben wird. Ausländer und Sri Lanker sind davon gleichermaßen betroffen. Die zulässige reguläre Haftdauer bis zur Anklageerhebung beträgt zwölf Monate - verlängerbar in dreimonatigen Etappen bis maximal 24 Monate, falls die Staatsanwaltschaft eine Erklärung zur Notwendigkeit abgibt. Insbesondere bei Inhaftierungen nach dem Antiterrorismusgesetz (Prevention of Terrorism Act, PTA) kam es oft zu sehr langen, in einzelnen Fällen bis zu fast zwanzigjährigen Gefängnisaufenthalten ohne Urteil oder richterliche Entscheidung. Nach Angaben der Opposition waren Ende 2015 noch immer 217 von ehemals ca. 12.000 LTTE-Mitgliedern oder -Sympathisanten, die sich bei Kriegsende gestellt hatten, ohne Gerichtsurteil inhaftiert. Derzeit (31.05.2017) sollen aufgrund des PTA noch 56 Tamilen inhaftiert sein (AA 16.12.2017).

Im Rule of Law Index 2017-18 des World Justice Project (WJP) rangiert Sri Lanka auf Platz 59 von 113 Ländern, was eine Verbesserung um neun Plätze im Vergleich zu 2016 bedeutet. In der Subskala Ziviljustiz nimmt das Land den Rang 91 und in der Subskala Strafjustiz den Platz 53 von 113 Staaten ein (WJP 31.01.2018).

5. Sicherheitsbehörden

Die Polizei ist für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit zuständig und untersteht dem Ministerium für Recht und Ordnung. Das Militär untersteht dem Verteidigungsministerium und ist für die äußere Sicherheit zuständig. Nach der Strafprozessordnung kann das Militär aufgefordert werden, speziell abgegrenzte Aufgaben der inneren Sicherheit zu übernehmen. Die fast 6.000 Mitglieder zählende paramilitärische Special Task Force fällt in die Verantwortung das Ministerium für Recht und Ordnung, koordiniert aber gelegentlich auch Operationen der inneren Sicherheit mit dem Militär. Der Präsident dient als Verteidigungsminister, aber der zivile Verteidigungssekretär hat die tägliche operative Verantwortung für das Heer (USDOS 20.04.2018).

Die sri-lankische Regierung hat noch nicht die vollständige Kontrolle über den gesamten Verwaltungs- und Sicherheitsapparat (Militär, Polizei, Geheimdienste) gewonnen. Alte Verhaltensmuster bestehen teilweise noch fort: Auch 2017 berichten einzelne Menschenrechtsaktivisten vor allem im Norden und Osten von gelegentlichen Schikanen durch staatliche Sicherheitskräfte. Insbesondere im Militär und bei den Geheimdiensten gibt es Elemente, die den Kurs der neuen Regierung nicht unterstützen, sich einer Kontrolle entziehen und ex-Präsident Rajapaksa loyal gesinnt sind. Der Widerstand bei Teilen der Sicherheitskräfte lässt sich auch aus dem Umstand erklären, dass sie unter dem vormaligen Premierminister Rajapaksa eine tragende Rolle mit weitgehenden Kompetenzen bei gleichzeitiger Straflosigkeit hatten. Die neue Regierung hingegen drängt den Einfluss des Militärs zurück und unterwirft sein Handeln der geltenden Rechtsordnung (AA 16.12.2017).

Polizei- und Sicherheitskräfte wenden gelegentlich missbräuchliche Praktiken, wie willkürliche Verhaftungen, außergerichtliche Hinrichtungen, erzwungenes Verschwindenlassen, Vergewaltigung, Folter und lange andauernde Inhaftierung ohne Prozess an (FH 2017). Während eine Quelle davon berichtet, dass Tamilen unverhältnismäßig oft betroffen sind (FH 2017), berichtet eine andere, dass unverhältnismäßiger Zwang nicht gegen eine bestimmte Gruppe als solche gerichtet ist (AA 16.12.2017).

Die Sicherheitskräfte hatten nur begrenzte interne Mechanismen, um Missbrauchsfälle zu untersuchen. Opfer können Fälle direkt vor den Obersten Gerichtshof bringen, aber auch das HRCSL und die Strafgerichte können Fälle untersuchen. Die Regierung hat in mehreren hochkarätigen Fällen gegen Mitglieder der Sicherheitsdienste Anklage erhoben und Verurteilungen erwirkt. Das Ministerium für Recht und Ordnung ist für die Feststellung zuständig, ob eine Tötung durch Sicherheitskräfte gerechtfertigt war (USDOS 20.04.2018). Bedingt durch einen Arbeitsrückstand und Ressourcenmangel waren unabhängige Kommissionen langsam bei Untersuchungen zu behauptetem Fehlverhalten von Polizei und Militär (FH 2017).

Zivilgesellschaftliche Organisationen behaupteten, dass die Regierung und die Gerichte weitgehend zögern, gegen Sicherheitskräfte vorzugehen, obwohl sich die Situation im Vergleich zu 2016 gebessert hat. Strafverfolgungen wegen Missbrauchs durch Sicherheitskräfte und die Polizei sind selten, nehmen aber, ebenso wie Verfolgungen wegen Korruption und Ordnungswidrigkeiten, zu. Für Straftaten aus den Konfliktjahren bestand jedoch weiterhin weitgehend Straffreiheit für Beamte des Sicherheitsapparats, die in Fälle angeblicher gezielter Tötungen von Parlamentariern, mutmaßliche Entführungen und Tötungen von Journalisten und Privatpersonen verwickelt waren. Am 04.04.2017 erklärte die Polizei jedoch, dass Polizei- und Militärbeamte nicht von polizeilichen Ermittlungen ausgenommen werden können. Im Lauf des Jahres wurden 26 Offiziere wegen krimineller Handlungen strafrechtlich verfolgt (USDOS 20.04.2018).

Die Regierung führte in der Verteidigungsakademie eine Menschenrechtsausbildung ein, um die Achtung der Menschenrechte zu verbessern, und unterstützte interne Ausbildung durch das IKRK (USDOS 20.04.2018).

6. Folter und unmenschliche Behandlung

Das Verbot der Folter ist in Art. 11 der Verfassung verankert. Internationalen Organisationen und Presseberichten zufolge ist Folter durch Polizisten weiterhin verbreitet, um Geständnisse zu erpressen. Dies hat auch der UN-Sonderberichterstatter über Folter Méndez nach seinem Besuch im April/Mai 2016 festgestellt und darauf hingewiesen, dass 90% der Verurteilungen in Sri Lanka aufgrund von Aussagen in Polizeigewahrsam erfolgten (AA 16.12.2017).

Die Menschenrechtskommission von Sri Lanka (HRCSL) berichtet, dass Folter im ganzen Land Routine ist und weiterhin angewandt wird. Bis September 2017 wurden 271 Foltervorwürfe staatlicher Akteuren gemeldet. Viele Berichte beziehen sich auf Polizeibeamte, die angeblich Verdächtige "aufmischen", um Geständnisse zu erhalten (USDOS 20.04.2018). UNHCR Sri Lanka verzeichnete für die ersten acht Monate 2016 208 Beschwerden aufgrund von Folter (2015: 420; 2014:

489; 2013: 600, jeweils gesamtes Jahr). Während Folter früher vor allem Tamilen betraf, stellen jüngere Berichte von Human Rights Watch (HRW) sowie lokalen Menschenrechtsorganisationen heraus, dass Singhalesen in gleichem Maße betroffen sind (AA 16.12.2017).

Das Gesetz macht Folter strafbar und schreibt eine Freiheitsstrafe von nicht weniger als sieben Jahren und nicht mehr als zehn Jahren vor. Die Regierung unterhält einen Ausschuss zur Verhütung von Folter, der den Vorwurf der Folter prüft und vorbeugende Maßnahmen ergreift (USDOS 20.04.2018). Die gerichtliche Verfolgung von Folter ist mit enormem Zeit- und Geldaufwand für die Opfer verbunden, so dass in der Realität kaum ein Fall zur Anzeige kommt. HRW zufolge haben auch Fälle, die vor Gericht behandelt werden, auf Grund langer Verfahren, hoher Gerichtskosten und Einflussnahme durch die Polizei kaum eine Chance auf Verurteilung der Täter (AA 16.12.2017).

Polizei- und Militärkräfte setzten unter dem Antiterrorismusgesetz (Prevention of Terrorism Act, PTA) Folter und sexuellen Missbrauch ein, um Geständnisse zu erwirken (USDOS 20.04.2018). Auf Grundlage des PTA können Verdächtige - unter Hinweis auf die angeblich noch andauernde Bedrohung der inneren Sicherheit - bis zu 18 Monate in Administrativhaft gehalten werden (AA 16.12.2017; vgl. AI 22.02.2018). Die Polizei darf körperlichen Zwang ausüben, um Aussagen zu erhalten. Gemäß PTA sind diese Aussagen grundsätzlich vollständig verwertbar (AA 16.12.2017; vgl. USDOS 20.04.2018). Der den PTA ablösende Counter Terrorism Act (CTA) wurde noch nicht verabschiedet (AA 16.12.2017).

Der PTA wurde 1979 als Reaktion auf separatistische Aufstände, insbesondere der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE), erlassen und während der 26 Jahre des Bürgerkriegs weitreichend eingesetzt. Doch während andere Notfallregelungen mit dem Ende des Konflikts im Mai 2009 ausgelaufen sind, blieb der PTA in Kraft. Noch 2016 wurden mindestens elf Personen im Rahmen des PTA wegen angeblicher terroristischer Aktivitäten verhaftet (HRW 29.01.2018). Im Februar 2017 verkündigte der damalige Justizminister Wijedayasa Rajapakshe, dass die Regierung weitere Verhaftungen im Rahmen des PTA ausgesetzt habe. Schätzungsweise 70 bis 130 Personen befanden sich noch wegen PTA-Verhaftungen in Gewahrsam (USDOS 20.04.2018). Das Anti-Terrorgesetz "Prevention of Terrorism Act" (PTA) ist trotz umfassender Kritik aus dem In- und Ausland noch in Kraft, neue Fälle werden jedoch seit Ende 2016 nicht mehr unter dem PTA behandelt (AA 16.12.2017). Sri Lanka hat es versäumt, seine Verpflichtung von 2015 zu erfüllen, den PTA aufzuheben und durch Rechtsvorschriften, die den internationalen Standards entsprechen, zu ersetzen (AI 22.02.2018; vgl. HRW 29.01.2018).

Die "International Truth und Justice Project" und Associated Press berichten über Anschuldigungen von Entführungen und Folter sowie sexuellem Missbrauch durch Sicherheitskräfte. Die meisten Opfer waren tamilische Männer, die beschuldigt wurden, Verbindungen zur LTTE zu haben (USDOS 20.04.2018).

Es git in Sri Lanka keine Körperstrafen und unverhältnismäßige Strafen. Misshandlungen bei der Festnahme von Tatverdächtigen sowie in den Gefängnissen kommen aber weiterhin vor (AA 16.12.2017).

7. Korruption

Gesetzlich sind Strafen für behördliche Korruption vorgesehen, doch die Regierung setzt dieses Gesetz nicht effektiv um. Regierungsbeamte sind manchmal in korrupte Aktivitäten unter Straffreiheit involviert. Im Laufe des Jahres gab es zahlreiche Berichte über Korruption in der Regierung (USDOS 20.04.2018).

Das Gesetz verpflichtet alle Kandidaten für Parlaments-, Kommunal-, Provinz- und Präsidentschaftswahlen, ihr Vermögen und ihre Verbindlichkeiten gegenüber dem Parlamentspräsidenten zu erklären. Einige, aber nicht alle Kandidaten bei den Parlamentswahlen, haben ihre Finanzberichte vorgelegt. Die Behörden haben die Einhaltung nicht durchgesetzt. Nach dem Gesetz kann man gegen Zahlung einer Gebühr auf die Aufzeichnungen über das Vermögen und die Schulden der gewählten Amtsträger zugreifen (USDOS 20.04.2018).

Im aktuellen Transparency International Corruption Perceptions Index rangiert Sri Lanka unter 180 Ländern und Territorien an 91. Stelle mit einer Punkteanzahl von 38 von bestmöglichen 100 (TI 2017). In der Unterskala "Abwesenheit von Korruption" des World Justice Project nimmt Sri Lanka Rang 58 von 113 Staaten ein (WJP 31.01.2018). Im World Competitive Index 2017/18 des Weltwirtschaftsforums nimmt Sri Lanka im Segment "illegale Zahlungen und Bestechungen" Rang 86 von 137 Staaten ein (WEF 26.12.2017).

8. Wehrdienst und Rekrutierungen

Es gibt in Sri Lanka keine allgemeine Wehrpflicht (AA 16.12.2017). Man kann sich im Alter von 18 bis 22 Jahren freiwillig zum Militärdienst melden, wobei für die Luftwaffe eine fünfjährige Dienstverpflichtung erforderlich ist (CIA 01.05.2018).

9. Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechte sind in der sri-lankischen Verfassung geschützt. Sri Lanka hat zudem zahlreiche internationale Menschenrechtsabkommen ratifiziert, darunter den Pakt über die bürgerlichen und politischen Rechte, den Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, die Anti-Folter-Konvention (jedoch nicht das Zusatzprotokoll CAT-OP) und die Kinderrechtskonvention (AA 16.12.2017).

Zu den wichtigsten Menschenrechtsfragen gehörten unrechtmäßige Tötungen, Folter, sexueller Missbrauch, willkürliche Verhaftungen, langwierige Inhaftierungen, fehlende Rückgabe von Eigentum durch das Militär sowie Überwachung und Belästigung von zivilgesellschaftlichen Aktivisten und Journalisten. Die Diskriminierung von Tamilen und nichtkonfessionellen christlichen Gruppen durch die Regierung und die Sicherheitskräfte hielt an. Gleichgeschlechtliches Sexualverhalten ist gesetzlich verboten, wird aber selten strafrechtlich verfolgt (USDOS 20.04.2018).

Zahlreiche NGOs engagieren sich aktiv für ärmere Bevölkerungsschichten und die neue Regierung ist viel offener für ihre Aktivitäten als die frühere Regierung, die eine restriktive Politik verfolgte. Prominente Akteure, die mit zivilgesellschaftlichen Organisationen verbunden sind, sind heute in Regierungskommissionen tätig (z.B. Bestechungs-, Polizei- und Justizkommissionen). Das gesamte zivilgesellschaftliche Umfeld unterscheidet sich stark von dem, was Gruppen während der Mahinda-Rajapaksa-Jahre erlebten. Auch internationale NGOs werden nun von der neuen sr

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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