TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/5 W174 2191332-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.11.2018
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Entscheidungsdatum

05.11.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76
VwGVG §35 Abs1

Spruch

W174 2191332-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Viktoria MUGLI-MASCHEK, als Einzelrichterin, über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.03.2018, Zahl:

1096095905/180306095/RDNÖ, und die Anhaltung in Schubhaft vom 29.03.2018 bis 10.04.2018 zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 FPG stattgegeben und der angefochtene Mandatsbescheid aufgehoben.

Gleichzeitig wird die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vom 29.03.2018 bis 10.04.2018 für rechtswidrig erklärt.

II. Dem Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 VwGVG nicht stattgegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet stellte der Beschwerdeführer am 23.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.03.2017, Zl. 1096095905 - 151837157, gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.) und die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

1.2. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.11.2017 mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.12.2017, GZ W123 2151286-1/8E, gemäß "§§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF §§ 52, 55 FPG idgF" als unbegründet abgewiesen.

Zur Situation des Beschwerdeführers in Österreich führte das Bundesverwaltungsgericht in der Begründung an, er sei gesund, ledig und unbescholten. Er finanziere sich seinen Unterhalt in Österreich aus Leistungen der Grundversorgung, gehe derzeit keiner beruflichen Tätigkeit nach und verfüge über keine Einstellungszusage. Der Beschwerdeführer könne lesen und schreiben und besuche derzeit einen Kurs zur Erlangung des Pflichtschulabschlusses. Zudem sei er zur Verrichtung für gemeinnützige Hilfstätigkeiten in der Gemeinde stundenweise eingesetzt. Er sei in keinem Verein aktiv und habe ein ÖSD-Zertifikat auf dem Niveau B1. Die Kernfamilie des Beschwerdeführers lebe nicht in Österreich, es seien keine Hinweise für eine intensive Beziehung zu allfälligen in Österreich aufhältigen Angehörigen oder ihm sonst besonders nahestehenden Personen hervorgekommen. Der Beschwerdeführer verfüge auch sonst über keine nennenswerten sozialen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Abgesehen von gemeinnützigen Tätigkeiten gehe er keiner geregelten Arbeit nach.

1.3. Mit Beschluss vom 27.02.2018, E 356/2018-6, wies der Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ab (Spruchpunkt I.) und lehnte die Behandlung der gegen das Erkenntnis gerichteten Beschwerde ab (Spruchpunkt II.).

1.4. Am 28.03.2018 wurde der Beschwerdeführer mittels Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG an seiner Meldeadresse festgenommen und in das zuständige Polizeianhaltezentrum in Verwaltungsverwahrungshaft überstellt.

1.5. Mit gegenständlichem Mandatsbescheid vom 29.03.2018 verhängte das Bundesamt gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung.

Dies begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer illegal nach Österreich eingereist sei und einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, welcher rechtskräftig negativ entschieden worden sei. Seit seiner Einreise gehe der Beschwerdeführer keiner legalen Erwerbstätigkeit nach. Er besitze kein gültiges Reisedokument und könne Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen. Er verfüge nicht über ausreichend Barmittel, um seinen Unterhalt zu finanzieren. In Österreich sei er weder beruflich noch sozial verankert, spreche nicht Deutsch, habe keine nennenswerten Freunde oder Verwandte im Bundesgebiet. Es könne nicht festgestellt werden, dass in seinem Fall schwere psychische Störungen oder schwere oder ansteckende Krankheiten vorlägen.

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes müsse die Behörde durchaus annehmen, dass sich der Beschwerdeführer dem Verfahren durch Untertauchen entziehen würde und somit ein dringender Sicherungsbedarf bestehe, zumal er sich bereits dem Verfahren entzogen habe, indem er untergetaucht und zur Personenfahndung ausgeschrieben worden wäre.

Insbesondere wegen seines illegalen Aufenthaltes, der nichtvorhandenen finanziellen Mittel, der fehlenden Möglichkeit einer legalen Erwerbsausübung, der nicht vorhandenen Möglichkeit der sozialen und wirtschaftlichen Integration, der fehlenden gesicherten Zukunft und des bisher gezeigten Verhaltens sei die Anwendung von gelinderen Mitteln im gegenständlichen Fall nicht in Betracht gekommen.

Der Bescheid wurde vom Beschwerdeführer am selben Tag übernommen, die Unterschrift jedoch verweigert.

1.6. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG vom selben Tag wurde dem Beschwerdeführer für ein etwaiges Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt. Der Beschwerdeführer verweigerte bei Übergabe dieser Verfahrensanordnung erneut die Unterschrift.

1.7. Am 04.04.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen die Anordnung der Schubhaft und die Anhaltung des Beschwerdeführers ein.

Beantragt wurde, das Bundesverwaltungsgericht möge 1. den bekämpften Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung der Schubhaft und die bisherige Anhaltung in rechtswidriger Weise erfolgt sei; 2. in eventu ein gelinderes Mittel anordnen; und 3. eine mündliche Verhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchführen.

Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass sich die Schubhaft im gegenständlichen Fall eindeutig als unverhältnismäßig darstelle. Der Beschwerdeführer habe bis zu seiner Verhaftung an seiner Meldeadresse gewohnt und bis vor kurzem auch die Schule in diesem Ort besucht. In seinem Ort sei er bereits bestens integriert und habe mehrere nahestehende Personen, welche ihn unterstützen würden. Er sei für die belangte Behörde stets erreichbar gewesen, habe mit dieser immer kooperiert und sich nie dem Verfahren entzogen. Die Tatsache, dass eine durchsetzbare aufenthaltsbeende der Maßnahme bestehe, reiche für sich alleine nicht aus, um eine Schubhaft zu verhängen. Seine Patin habe umgehend € 30 Gebühren für die gegenständliche Beschwerde bezahlt und den Beschwerdeführer in der Schubhaft besucht. Somit sei er sehr wohl gut integriert. Zudem spreche er sehr gut Deutsch, die gesamte Beratung habe auf Deutsch durchgeführt werden können. Die Feststellung der Behörde, dass der Beschwerdeführer nicht Deutsch spreche, sei somit nicht richtig. Die gegenständliche Situation zeige zudem auf, dass der Beschwerdeführer zentrale Bezugspunkte an seiner Meldeadresse habe (seine Patin). Auch würde er sich dem Verfahren nicht entziehen und sich ebendort aufhalten. Eine Fluchtgefahr sei nicht ersichtlich und eine Gefahr des Untertauchens nicht zu befürchten.

Das Bundesamt habe gänzlich unrichtige Sachverhaltselemente im Bescheid angeführt, insbesondere, dass der Beschwerdeführer nicht Deutsch spreche und nicht integriert sei. Beide Feststellungen seien unsubstantiiert, aktenwidrig und schlichtweg unrichtig. Auch dass der Beschwerdeführer nicht mit der Behörde kooperiere, sei nicht nachvollziehbar und völlig unbegründet. Die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft sei ebenso nicht begründet worden. Der gesamte Bescheid enthalte entweder keine oder schlichtweg falsche Feststellungen. Das Bundesamt habe den festen Wohnsitz des Beschwerdeführers und sein geordnetes Privatleben sowie seine Anknüpfungspunkte überhaupt nicht gewürdigt. Zudem habe die Behörde die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft nicht ausreichend begründet. Es handle sich bloß um Textbausteine und nicht um eine fallbezogene Prüfung.

1.8. Mit Schriftsatz vom 05.04.2018 stellte die belangte Behörde den Antrag, das Bundesverwaltungsgericht wolle den hier angefochtenen Bescheid der Erstbehörde vollinhaltlich bestätigen, die Beschwerde abweisen und die Verfahrenskosten ersetzen.

Begründet würde dies im Wesentlichen damit, dass eine Vorführung vor die afghanische Botschaft am 06.04.2018 vorgesehen und eine Charterabschiebung am 10.04.2018 geplant sei.

Der Beschwerdeführer sei illegal ins Bundesgebiet eingereist und habe am 23.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht, der am 28.12.2017 in zweiter Instanz rechtskräftig entschieden worden sei. Das Bundesamt verwies auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, das das gesamte Fluchtvorbringen als unglaubwürdig erkannt habe. Zudem werde dort angeführt, dass der Beschwerdeführer Informationen vorenthalten und in diesem Sinne nicht mit der Behörde kooperiert habe. Weiters, dass es keine Verwandten im Bundesgebiet gebe. Es sei festgestellt worden, dass er einen Deutschkurs B1 bestanden habe und über einen Bekanntenkreis verfüge. Insbesondere vor dem Hintergrund der erst relativ kurzen Aufenthaltsdauer könne von einer verfestigten und gelungenen Eingliederung in die österreichische Gesellschaft nicht ausgegangen werden. So habe der Beschwerdeführer den Großteil seines bisherigen Lebens in Afghanistan verbracht und dort seine Sozialisation erfahren. In Afghanistan würden zudem seine Verwandten leben. Zusammenfassend habe das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass der Beschwerdeführer kein besonderes Maß an persönlicher, sozialer und wirtschaftlicher Integration dargetan habe. Die in der Erkenntnisbeschwerde, deren Behandlung durch den VfGH abgelehnt worden sei, angeführten Integrationsschritte wären, wie auch durch das Bundesverwaltungsgericht bereits gewürdigt, nicht geeignet, von einer persönlichen, sozialen oder wirtschaftlichen Integration zu sprechen.

Ebenso könne nicht auf die Grundversorgung zurückgegriffen werden, da diese mit Abschluss des Asylverfahrens und der Einleitung der Durchsetzung und Effektuierung der Ausreiseentscheidung gemäß der Auskunft der niederösterreichischen Landesregierung beendet werde. Die Selbstverständlichkeit, einer Frist zur freiwilligen Ausreise nicht nachgekommen zu sein, zeige bereits den fehlenden Willen an der Einhaltung der Rechtsnormen und Gesetze. Die mangelnden finanziellen Mittel würden sich sowohl aus dem Umstand ergeben, dass die Grundversorgung wegen der Durchsetzbarkeit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes als Einnahmequelle wegfalle, als auch aus dem Auszug der Anhaltedatei, welche als finanzielle Mittel einen Eingang im Zuge der Festnahme von zehn Euro ausweisen würden. Zudem müsse festgehalten werden, dass der Beschwerdeführer jegliche Unterschriftsleistungen verweigert habe, was nicht für den Kooperationswillen mit der Behörde spreche.

Die hier von den Vertretern aufgezeigten, weniger gewichtigen, Integrationsschritte im Bundesgebiet würden den Beschwerdeführer keineswegs davon abhalten, unterzutauchen. In diesem Zusammenhang seien das vom Fremden gesetzte Verhalten bzw. die seine Person betreffenden Umstände, welche in der Judikatur als typische nicht zu berücksichtigende Begleitumstände des Flüchtlings angesehen würden, wie Mittellosigkeit, fehlende Dokumente und andere Sachverhalte, sehr wohl bei der Beurteilung der Fluchtgefahr miteinzubeziehen. Aus der Verpflichtung auszureisen könne zwanglos eine Verpflichtung des Beschwerdeführers erkannt werden, seine freiwillige Ausreise zu befördern. Alle diese Umstände würden in einer Zusammenschau sehr wohl die behördenseitig festgestellte Fluchtgefahr dokumentieren.

Auch weise die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darauf hin, dass sich bei typisierender Betrachtung mit Fortschreiten des Verfahrens auf internationalen Schutz aus der Sicht des Fremden die Wahrscheinlichkeit verdichten könne, letztendlich abgeschoben zu werden, sodass sich dadurch die Fluchtgefahr erhöhen könne. Im Hinblick auf das Privatleben des Beschwerdeführers würden die vorgebrachten integrativen Merkmale, die sich im Kern auf lediglich geringe Kenntnisse der deutschen Sprache und das Vorhandensein eines Bekannten- und Freundeskreises beschränken würden - insbesondere angesichts der noch kurzen Aufenthaltsdauer - nicht so stark ins Gewicht fallen. Es sei davon auszugehen, dass im Falle des Beschwerdeführers ein nur geringer Grad an Integration erreicht worden sei.

Im Falle des Beschwerdeführers sei der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG zweite Variante erfüllt. An der Eignung dieses Tatbestandes, abstrakt Fluchtgefahr zu begründen, könne aber kein Zweifel bestehen. Verstärkend dürften fallbezogen die Existenz einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung sowie der geringe Grad der sozialen Verankerung in Österreich miteinbezogen werden, sodass insgesamt die Annahme, es liege auch konkret Fluchtgefahr vor, bestätigt worden sei.

Sollte das Bundesverwaltungsgericht beabsichtigen, nicht antragsgemäß zu entscheiden, werde seitens der erkennenden Behörde ersucht, eine mündliche Verhandlung zur Klärung des Sachverhaltes durchzuführen. Weiters würden die gemäß § 35 Abs. 1, 3 und 5 VwGVG der obsiegenden Partei zustehenden Aufwendungen für den Schriftsatzaufwand, im Falle einer mündlichen Verhandlung des Verhandlungsaufwandes, sowie sämtliche weitere anfallende Gebühren im gegenständlichen Verfahren geltend gemacht.

1.9. Am 09.04.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht das Interviewergebnis der Vorführung des Beschwerdeführers vor die Botschaft am 06.04.2018 ein. Demnach sei die Zustimmung für die Ausstellung eines Heimreisezertifikates erteilt worden, dieses werde am 09.04.2018 übergeben.

1.10. Ebenfalls am 09.04.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht das polizeiamtsärztliche Gutachten vom 28.03.2018 ein, das die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers bestätigte. Weiters die Amtsbescheinigung vom 09.04.2018 darüber, dass die Tauglichkeit zum Transport in einem Luftfahrzeug gegeben sei.

1.11. Am 10.04.2018 wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen und erfolgreich aus dem Bundesgebiet abgeschoben.

1.12. Am 17.04.2018 langten beim Bundesverwaltungsgericht Integrationsunterlagen, Meldezettel und Empfehlungsschreiben für den Beschwerdeführer ein. Laut dem Begleitschreiben gehe aus den nunmehr übermittelten Unterlagen und der eingebrachten Beschwerde eindeutig hervor, dass der Beschwerdeführer einen festen Wohnsitz gehabt habe, dort stets aufhältig sowie außergewöhnlich gut integriert gewesen sei und niemals eine Fluchtgefahr bzw. Verdunkelungsgefahr gemäß § 76 FPG vorgelegen habe.

Vorgelegt wurden diverse Unterlagen über den Pflichtschulabschluss-Lehrgang, die Integrationserklärung, zwei Unterstützungsschreiben für den Beschwerdeführer, ein ÖSD Zertifikat A1 vom 15.06.2016, ein ÖSD Zertifikat A2 vom 05.09.2016, ein Zertifikat Deutsch Österreich B1 vom 18.08.2017, die Bestätigung über die Verrichtung ehrenamtlicher Tätigkeiten des Beschwerdeführers in seiner Marktgemeinde, die Bestätigung eines Arztes darüber, dass der Beschwerdeführer bei Übersetzungstätigkeiten geholfen habe, die Teilnahmebestätigung ein einem erste Hilfe Kurs vom 05.04.2017, der Meldezettel des Beschwerdeführers sowie die Teilnahmebestätigung an einem Werte und Orientierungskurs des Österreichischen Integrationsfonds.

1.13. Mit Beschluss vom 25.04.2018, Ra 2018/18/0057-11, gab der Verwaltungsgerichtshof einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht statt (Spruchpunkt I.) und wies wegen Versäumung der Einbringungsfrist die außerordentliche Revision des Beschwerdeführers gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.12.2017 zurück (Spruchpunkt II.).

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2.1. Getroffene Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Afghanistans, kein österreichischer Staatsbürger und somit Fremder im Sinne des FPG.

Es wird festgestellt, dass gegen den Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Schubhhaftverhängung und Anhaltung eine aufrechte durchsetzbare Rückkehrentscheidung bestand.

Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt seiner Anhaltung in Schubhaft haftfähig.

Der Beschwerdeführer verfügte zum Zeitpunkt seiner Inschubhaftnahme über € 50 Barmittel. Er war im Bundesgebiet nicht legal erwerbstätig.

Der Beschwerdeführer war seit August 2016 an seinem letzten Hauptwohnsitz gemeldet, an dem er bei seiner Inhaftierung auch angetroffen wurde. Er verfügte über eine durchgehende amtlich registrierte Wohnsitzmeldung.

Der Beschwerdeführer besuchte in Österreich die Schule, verfügt über ein ÖSD Zertifikat B1, war sozial gut integriert und ehrenamtlich tätig.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Vorfeld Versuche unternommen hatte, unterzutauchen oder zu irgendeinem Zeitpunkt für die Behörde nicht greifbar gewesen ist.

2.2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes sowie der Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts, der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei- Vollzugsverwaltung.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen und zu der Integration des Beschwerdeführers in Österreich sowie seinen Deutschkenntnissen basieren auf den von ihm vorgelegten Unterlagen und Unterstützungs-Erklärungen (Punkt 1.12).

Die Feststellungen zur Haftfähigkeit des Beschwerdeführers beruhen auf dem polizeiamtsärztlichen Gutachten vom 28.03.2018.

Weitere Beweise waren wegen der bereits im Zuge des Ermittlungsverfahrens erlangten Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen.

2.3. Rechtliche Beurteilung:

2.3.1. Verfahrensrechtliche Voraussetzungen, insbesondere Zuständigkeit:

2.3.1.1. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrens-gesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungs-gerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.

2.3.1.2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung (Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft) hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist, er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

Gemäß Abs 1a leg. cit gelten für Beschwerden gemäß Abs. 1 die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß Abs 3 leg. cit. jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß Abs. 4 leg.cit die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Gemäß Abs. 5 leg. cit. ist gegen die Anordnung der Schubhaft eine Vorstellung nicht zulässig."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung in der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

2.3.2. Zu Spruchpunkt A) I. Kassation der Behördenentscheidung und Rechtswidrigkeit der Schubhaftanhaltung vom 29.03.2018 bis 10.04.2018:

Der Beschwerdeführer wurde auf Grund des Mandatsbescheides der belangten Behörde vom 29.03.2018, Zahl: 1096095905/180306095/RDNÖ, vom 29.03.2018 bis 10.04.2018 in Schubhaft angehalten.

Voraussetzungen für die Schubhaft:

Gemäß § 76 Abs. 1 FPG Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

Die Schubhaft darf gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG aF dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist.

Gemäß § 76 Abs. 3 FPG liegt Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert (Z 1); ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind (Z 1a); ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist (Z 2); ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat (Z 3); ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt (Z 4); ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde (Z 5); ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist (Z 6); insbesondere sofern der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat (lit. a), der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen (lit. b), oder es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt (lit. c), ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt (Z 7); ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftsnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a oder § 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme (Z 8) und der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes (Z 9).

Gemäß Abs 4 leg. cit. ist die Schubhaft schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß Abs 5 leg. cit. wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

Stellt ein Fremder gemäß Abs. 6 leg. cit. während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Der volljährige Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, kein österreichischer Staatsbürger und somit Fremder im Sinne des FPG.

Nach der Rechtsprechung zählen zu den Kriterien gemäß § 76 Abs 3 FPG mangelnde soziale Verankerung in Österreich und insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet, welche die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen können und der damit angesprochenen fehlenden Integration des Fremden in Österreich, bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Gegen den Beschwerdeführer bestand zum Zeitpunkt der Schubhhaftverhängung und Anhaltung eine aufrechte durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Gleichzeitig war die dagegen gerichtete außerordentliche Revision samt Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu diesem Zeitpunkt noch beim Verwaltungsgerichtshof anhängig und wurde erst nach der Abschiebung des Beschwerdeführers wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist zurückgewiesen. Auch wenn einer außerordentlichen Revision per se keine aufschiebende Wirkung zukommt, kann man im hier konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände allein aus der Tatsache, dass sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft noch nicht um eine Ausreise bemüht hatte, nicht darauf schließen, er würde versuchen, sich einer Abschiebung zu entziehen und untertauchen. Auch zeigt in einem solchen Fall der Umstand, dass der Beschwerdeführer der Frist zur freiwilligen Ausreise nicht nachgekommen ist, noch nicht auf, dass es ihm am Willen fehlt, die Rechtsnormen und Gesetze einzuhalten, wie von der Behörde in ihrer Stellungnahme angenommen.

Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer vor Verhängung der Schubhaft nicht einvernommen und ihm somit kein Parteiengehör gewährt. Trotzdem führte sie in der Bescheidbegründung unter anderem aus, er sei weder beruflich noch sozial verankert und spreche nicht Deutsch. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes habe sie annehmen müssen, dass sich der Beschwerdeführer dem Verfahren durch Untertauchen entziehen werde, zumal er sich bereits dem Verfahren entzogen habe, indem er untergetaucht sei und zur Personenfahndung habe ausgeschrieben werden müssen. Dieser von der Behörde festgestellte Sachverhalt, widerspricht dem Inhalt der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten. Aus diesen Akten werden weder diesbezügliche Hinweise ersichtlich, noch führte die Behörde dazu im bekämpften Bescheid weiter aus oder erwähnte das Bundesamt in seiner Stellungnahme vom 05.04.2018 davon etwas.

In diesem Schriftsatz verwies das Bundesamt im Laufe des gegenständlichen Schubhaftverfahrens vielmehrt lediglich auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend das Asylverfahren des Beschwerdeführers, in welchem das gesamte Fluchtvorbringen als unglaubwürdig erkannt worden sei. Auch sei in diesem Erkenntnis angeführt worden, dass der Beschwerdeführer Informationen vorenthalten und in diesem Sinne nicht mit der Behörde kooperiert habe, sodass vor dem Hintergrund der erst relativ kurzen Aufenthaltsdauer nicht von einer verfestigten und gelungenen Eingliederung in die österreichische Gesellschaft ausgegangen werden könne. Dazu ist festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht im von der Behörde herangezogenen Asylverfahren die Voraussetzungen zur Erteilung von internationalem bzw. subsidiärem Schutz und zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu prüfen hatte. Demzufolge war in diesem Asylverfahren in Bezug auf die Beurteilung der Integration des Beschwerdeführers ein anderer Maßstab anzuwenden, als dies die Behörde bei der Prüfung der Zulässigkeit der Anordnung von Schubhaft notwendigerweise anzuwenden hat. Den Mittelpunkt im Schubhaftverfahren bildet vielmehr die Beurteilung der Frage, ob die Gefahr besteht, dass sich der Beschwerdeführer der Abschiebung etwa durch Untertauchen entziehen würde. In diesem Sinne kann auch allein aus dem Umstand, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers vom Bundesverwaltungsgericht im Asylverfahren als unglaubwürdig erkannt worden ist, für sich noch nicht der Schluss gezogen werden, der Beschwerdeführer werde daher zukünftig nicht mit den Behörden kooperieren und sich einer Abschiebung zu entziehen versuchen. Wäre dies eine zulässige Schlussfolgerung, hätte die Behörde jeden negativ beschiedenen Asylwerber unmittelbar nach Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung "automatisch" in Schubhaft zu nehmen.

Entgegen dieser von der Behörde somit zu Unrecht bejahten Fluchtgefahr, war der Beschwerdeführer, wie aus den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten ersichtlich wird, schon seit August 2016 an seinem Hauptwohnsitz angemeldet und wurde auch an diesem bei seiner Inhaftierung von den Organen des Öffentlichen Sicherheitsdienstes angetroffen. Der Beschwerdeführer verfügte zudem nicht nur über durchgehende amtlich registrierte Meldungen im Bundesgebiet, sondern besuchte in Österreich die Schule, nahm an diversen Kursen teil, legte ein positives ÖSD Zertifikat B1 vor, war sozial gut integriert und ehrenamtlich tätig. Somit hat sich der Beschwerdeführer während seines Aufenthalts im Bundesgebiet durchgehend um Integration bemüht und setzte diese seine Integrationsschritte nicht erst zu einem Zeitpunkt, als er damit zu rechnen hatte, abgeschoben zu werden, also mit dem Ziel seine Abschiebung zu erschweren oder gar zu verhindern.

Es trifft zwar zu, dass der Beschwerdeführer, wie von der Behörde in der Stellungnahme argumentiert, im Schubhaftverfahren Unterschriftsleistungen verweigert hat, was gegen seinen Kooperationswillen spricht und dass er zum Zeitpunkt seiner Inschubhaftnahme weder in der Grundversorgung stand, noch erwerbstätig war sowie nur Barmittel in Höhe von € 50 bei sich hatte.

Andererseits konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Vorfeld seiner Inhaftierung jemals Versuche unternommen hat, unterzutauchen oder sich der Behörde zu entziehen. Er war zu jedem Zeitpunkt für die Behörde erreichbar und war unbescholten, sodass in einer Gesamtschau im konkreten Fall aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht vom Vorliegen einer Fluchtgefahr im Sinne von § 76 FPG auszugehen war.

Zusammenfassend ergibt sich aus den obigen Ausführungen, dass im Fall des Beschwerdeführers sowohl der Sicherungsbedarf an sich, als auch die Verhältnismäßigkeit für die Anhaltung in der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung im Zeitpunkt der Erlassung des behördlichen Mandatsbescheides nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit vorlagen, weshalb die Anordnung der Schubhaft und die daran anschließende Anhaltung in Schubhaft vom 29.03.2018 bis 10.04.2018 als rechtswidrig zu qualifizieren waren.

2.3.3. Zu Spruchpunkt A) II. Kostenbegehren:

Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 leg. cit. den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Gemäß Abs. 7 leg. cit. ist Aufwandersatz auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge ist in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, wie folgt festgesetzt:

1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro

2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro

6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro

7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro.

Die belangte Behörde hatte einen Antrag auf Ersatz der Aufwendungen gemäß § 35 VwGVG gestellt. Als unterlegener Partei steht dem Bundesamt der beantragte Aufwandsersatz nicht zu, Ihr Antrag war dementsprechend abzuweisen.

2.3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde sowie eingegangener Stellungnahmen geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

2.3.5 Zu Spruchpunkt B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Durch die Novellierung des § 22a BFA-VG und § 76 FPG sind die Probleme bzw. Unklarheiten hinsichtlich einer Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für Schubhaftbeschwerden (samt Klarstellung über das anzuwendende Verfahrensrecht) ebenso ausgeräumt, wie es nun gesetzlich definierte Gründe für die Annahme einer Fluchtgefahr gibt. Wie oben ausgeführt sind keine anderen Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen und es waren keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen, sodass im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage die Revision nicht zuzulassen war.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, Deutschkenntnisse, Einvernahme,
Integration, Kooperation, Kostentragung, Mittellosigkeit,
Parteiengehör, Rechtswidrigkeit, Schubhaftbeschwerde, Schulbesuch,
Wohnsitz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W174.2191332.1.00

Zuletzt aktualisiert am

14.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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