Entscheidungsdatum
05.11.2018Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W117 2114220-1/17E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Andreas DRUCKENTHANER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Bangladesch, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.08.2015, Zl. 1023649403-14756245, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.07.2017 und 25.10.2018 zu Recht erkannt:
I.
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 AsylG 2005 BGBI. I Nr. 100/2005 idgF der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
II.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 01.07.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz und brachte unter Vorlage von Urkunden zur Identität und zum Fluchtgrund detailliert vor, dass er als eines der führenden Mitglieder der Jugendorganisation der BNP an einer Demonstration am 15.12.2013 gegen die herrschende AL-Partei teilgenommen habe. Diese Demonstration sei in Gewalt ausgeartet - er, der Beschwerdeführer habe Blutergüsse am unteren Rücken und der Hüfte davongetragen - und würde die Polizei nach ihm suchen. Die Polizei wäre mehrmals bei ihm zu Hause vorstellig geworden.
Die Verwaltungsbehörde veranlasste eine Vor-Ort-Überprüfung der vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden:
Nach dem Ermittlungsergebnis handle es sich bei den beigebrachten Schriftstücken einer Geburtsurkunde, einer Registrierungskarte und eines Personalausweises um echte Dokumente, bei den aus einem Gerichtsakt (zur Bescheinigung des Fluchtgrundes vorgelegt) stammenden Aktenabschriften jedoch um Fälschungen. Die in der Geburtsurkunde aufgeführte Adresse sei aber nicht vollständig, die Heimatadresse existiere nicht.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.08.2015, Zahl: 1023649403/14756245, wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I), weiters wurde gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig ist (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV). Gleichzeitig wurde der Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 und 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V).
Begründend führte die Verwaltungsbehörde zum negativen Asylabspruch im Wesentlichen folgendes aus:
"Ihr gesamtes Vorbringen betreffend die Beweggründe für Ihre Ausreise aus Ihrem Heimatland stützt sich auf die Behauptung, dass Sie ein aktives Mitglied der Studentenorganisation der BNP-Partei gewesen wären und in dieser Funktion am 15.12.2013 an einer Protestkundgebung teilgenommen haben, bei der es zu einer
gewaltsamen Auseinandersetzung mit der Polizei und bewaffneten Mitgliedern der Awami- League-Partei gekommen sei. Ein Passant sei bei diesen tätlichen Auseinandersetzungen ums Leben gekommen. Da man Sie als Teilnehmer dieser Kundgebung identifiziert habe, drohe Ihnen nun aufgrund eines gegen Sie anhängigen Verfahrens die Verhaftung durch die Polizei, weshalb Sie sich zur Ausreise entschlossen hätten.
Diesem Vorbringen kann jedoch kein Glauben geschenkt werden.
Durchaus glaubwürdig und umfassend schilderten Sie Ihre Teilnahme an der Protestkundgebung am 15.12,2013, wobei Sie zahlreiche Details und persönliche Eindrücke anführten, sodass glaubhaft ist, dass Sie von einer realen Begebenheit sprachen. Ob die von Ihnen beschriebene Kundgebung allerdings am 15.12.2013 stattfand oder Ihre Beschreibung eine andere Kundgebung betrifft, an der Sie in Ihrem Heimatland teilgenommen haben, kann nicht verifiziert werden. Nicht glaubhaft sind jedenfalls die Folgen, die Sie für sich aus dieser Teilnahme ableiten und die Sie dazu gebracht haben sollen, den Ausreiseentschluss zu fassen.
Sie haben nämlich die Teilnahme an der Kundgebung mit der Behauptung verknüpft, dass die Polizei gegen mehrere Demonstranten wegen Mordes und verschiedener anderer Anschuldigungen ermittelt habe und nun gegen Sie eine Mordanklage in Ihrem Heimatland vorliege. Um diese Behauptung zu untermauern, legten Sie zahlreiche gerichtliche Aktenabschriften vor, insbesondere die Abschrift eines Anzeigeprotokolls, eines polizeilichen First Information Report (FIR), in dem Sie als Beschuldigter geführt werden, die Abschrift einer Anklageschrift, die Sie als Angeklagten auflistet, sowie die Abschrift eines gegen Sie erlassenen Haftbefehls. Diese Dokumente wurden von der ho. Behörde ins Deutsche übersetzt und mit Ihrer Zustimmung in Ihrem Heimatland von der Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl überprüft. Im Zuge dieser Recherche wurde das entsprechende Gericht aufgesucht, wobei sich herausstellte, dass ein Fall, der mit dem FIR Nr, 22 vom 18.12.2013 - wie von Ihnen vorgelegt - übereinstimmt, nicht existiert und es gar keinen Fall zu dieser Nummer gibt. Folglich gibt es auch weder einen FIR, noch eine Anzeige, einen Haftbefehl, eine Strafverfügung oder eine Anklageerhebung. Die von Ihnen vorgelegten Dokumente, die sich auf das Gericht beziehen, können daher nicht als echt und authentisch betrachtet werden, so das klare Fazit dieser Recherche. Den Länderfeststeilungen zufolge sind gefälschte bzw. betrügerisch erworbene Polizei- und Gerichtsdokumente in Bangladesch leicht erhältlich. Da die von Ihnen vorgelegten Dokumente auf keinem real existierenden Gerichtsakt beruhen, entsprechen die von Ihnen In den Raum gestellten polizeilichen und gerichtlichen Schritte gegen Sie offensichtlich nicht
den Tatsachen und sind die von Ihnen vorgelegten Dokumente als Totalfälschungen anzusehen. Infolgedessen entspricht auch das von Ihnen entworfene Bedrohungsszenario offensichtlich nicht den tatsächlichen Gegebenheiten und ist Ihren diesbezüglichen Behauptungen daher zur Gänze die Glaubwürdigkeit abzusprechen.
Darüber hinaus führten Sie weiters aus, nie Probleme mit den heimatlichen Behörden gehabt zu haben. Auf die Frage, welche Befürchtungen Sie im Fall einer Rückkehr in Ihr Heimatland haben, gaben Sie an, Angst vor einer Festnahme wegen des gegen Sie laufenden Gerichtsverfahrens zu haben. Da sich diese Causa als nicht existent herausgestellt hat, ist auszuschließen, dass Ihnen im Fall der Rückkehr aus diesem Grund eine Festnahme drohen könnte.
Weiters stellten Sie in den Raum, Angst vor Mitgliedern der Awami-League-Partei zu haben.
Diesbezüglich hatten Sie ausgeführt, dass einige Awami-League-Mitglieder die Polizei bei der Flausdurchsuchung im Flaus Ihrer Eltern nach der Protestkundgebung vom 15.12.2013 begleitet habe. Da Sie durch die Vorlage der gefälschten Gerichtsaktenabschriften der Behauptung, dass gegen Sie ein polizeiliches Ermittlungsverfahren geführt worden sei, zur Gänze den Boden entzogen haben, ist nicht glaubhaft, dass eine solche Flausdurchsuchung jemals stattgefunden hat und ist daher auch die behauptete Beteiligung von Awami-League- Mitgliedern an solchen Ermittlungsschritten nicht glaubhaft. Somit ergeben sich auch keine Anhaltspunkte für die Befürchtung, dass Ihnen von Seiten der Awami-League im Fall der Rückkehr Gefahr drohen könnte."
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter innerhalb offener Frist Beschwerde. Bei richtiger Würdigung der Umstände wäre der Antrag keinesfalls abzuweisen gewesen. Es hätten umfangreiche "Ermittlungstätigkeiten" durchgeführt werden müssen.
Nach zusammengefasster Wiederholung des Vorbringens des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen wurde weiters ausgeführt, dass trotz der widerspruchsfreien Schilderung der Fluchtgründe und der Vorlage von Urkunden der Antrag des Beschwerdeführers auf "inter. Schutz" abgewiesen und in unrichtiger Einschätzung der politischen und juristischen Lage im Herkunftsland des "BF" ihm auch nicht der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei.
Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung und die Gewährung von Asyl.
Mit Beschluss W152 2114220-1/3Z vom 16.09.2015 Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG idgF die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Da eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des § 18 Abs. 5 BFA-VG derzeit nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit von vornherein auszuschließen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.
Am 17.07.2017 wurde eine öffentlich mündliche Verhandlung durchgeführt. Diese nahm entscheidungswesentlich folgenden Verlauf:
Dem Beschwerdeführer wird nochmals der entscheidungswesentliche Umstand im Asylverfahren, nämlich zur Bescheinigung seines Asylsvorbringens gefälschte/falsche Urkunden in Vorlage gebracht zu haben, im Detail vorgehalten. Sie haben also ein Konvolut an Dokumenten in Vorlage gebracht, welches von der Verwaltungsbehörde zunächst übersetzt wurde und dann vor Ort einer Überprüfung zugezogen wurde. Die beim der Verwaltungsbehörde eingerichtete Staatendokumentation ergab als Ergebnis:
1) Name des Antragsstellers und die Angaben zu den Eltern konnten nicht verifiziert werden;
2) Übermittelte Adresse ist nicht korrekt und konnte auch die ständige Anschrift des Antragstellers nicht gefunden werden;
3) Die vom Antragstellers vorgelegte Nummer eines Gerichtsfalles existiert nicht;
4) sämtliche Dokumente, die zu diesem Gerichtsfall, übermittelt wurden, haben sich als fabrizierte, gefälschte Dokumente herausgestellt.
Zu 3)
Das behauptete Gericht wurde persönlich vor Ort durch eine Vertrauensperson aufgesucht und wurde erhoben, dass kein entsprechender Fall anhängig sei.
Dieses Ergebnis wurde dem negativen Asylbescheid zugrunde gelegt und sind Sie in der Beschwerde dieser Grundlage nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes insofern unzureichend entgegen getreten, als sie der Verwaltungsbehörde dem Vorwurf gemacht haben, dass die belangte Behörde im gesamten Gebiet von Bangladesch nachfragen hätte müssen, ob ihr Fall woanders angelegt sei.
RI: Was sagen Sie dazu?
BF: Dieser Art von Vorortüberprüfung der Verwaltungsbehörde ist äußerst Fragwürdig. Ich habe der Instanz meiner Geburtsurkunde vorgelegt werde und man konnte deshalb meine Identität feststellen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum man meine Identität nicht feststellen konnte. Ich habe ja eine Geburtsurkunde der Verwaltungsbehörde vorgelegt und da steht auch ganz genau, von welcher Behörde es ausgestellt wurde. Man braucht nur dort hingehen und nicht eben meine falsche Adresse aufsuchen. Außerdem habe ich der Verwaltungsbehörde meine Schulzeugnisse vorgelegt, die Schule gibt es ja dort noch. Man hätte dort auch feststellen können wer ich bin. Auf der Geburtsurkunde steht auch der Name meiner Eltern. Falls man meinen Namen anzweifelt, hätte man auch anhand der der Name der Geburtsurkunden die eigengetragen sind, meine Identität feststellen.
Im Zuge meines Parteiengehörs habe ich die Verwaltungsbehörde ersucht mir einen vollständigen Bericht auszuhändigen, damit ich im Einzelnen dagegen äußern kann. Das wurde mir verweigert. Ich habe nicht gewusst wo die Überprüfung durchgeführt wurde, ob das Gericht auch für mich zuständig ist, ist auch fragwürdig, weil das Gericht ja für meinen Wohnsitz zuständig ist. Es hab hunderte Fälle, in denen Überprüfungen durch die Verwaltungsbehörde durchgeführt wurden und in etlichen Fällen wurde die Entscheidung der Verwaltungsbehörde aufgehoben, weil diese Art dieser Überprüfung nicht lückenlos war. Außerdem wurde in vielen Fällen die Identität der Beschwerdeführer angegeben und somit entsteht ein neuer Asylgrund. Man hätte auch in meiner näheren Umgebung Fragen durchführen können, ob ich dort wohnhaft bin. Wir sind dort bekannt. Meine politische Tätigkeit ist ebenso bekannt. Man kann nicht einfach pauschal sagen, dass ich politisch nicht tätig bin. Ich habe der Verwaltungsbehörde richtige Dokumente vorgelegt, diese sind nicht fabriziert. Diese Art der Anklage ist dem Bundesverwaltungsgericht bekannt und es ist bekannt, dass die Regierung die Opposition durch fingierte Anklagen seitens der Justiz verfolgen lässt. Ich bin ein aktives politisches Mitglied, ich war ein ordentlicher Funktionär. Die Behörde hat mir nicht nachweislich sagen können, dass ich kein ordentlicher Funktionär wär. Unlängst wurde mich eine weitere Anklage eingebracht. Es ist auch in der Zeitung erschienen. Ich lege die Zeitung von damals vor. Ich bin sogar mit Lichtbild abgedruckt und auf Seite 2 befindet sich unter anderem ein Artikel über mich.
Dolmetscher nimmt Einsicht in die Zeitung "Daily Deshkal" vom 29.02.2016 und übersetzt die entsprechenden Stellen. Auf der letzten Seiet als Titelseite steht:
"Überschrift: Lebensgefährliche Bedrohung"
"Man hat bei der Behörde eine Beschwerde eingebracht und um Schutz angesucht."
Dolmetscher gibt nach Einsicht in der Zeitung an, dass der BF als Mittäter mit dem Ehemann einer Frau/des Opfers, das Opfer gefoltert/geschlagen zu haben, um die Mitgift der Familie zu holen. Es geht um eine Mitgift von 600.000 Taka (= 6.000 Euro).
Dolmetscher gibt an, dass der Name des BF ausdrücklich aufscheint und per Foto abgelichtet ist.
Am 16.06.2015 sei wiederholt die Mitgift erpresst worden. Bereits am 13.06.2015 war die Frau bei der Polizei und hatte um Schutz angesucht. Am 16.09.2015 sei die Frau auch misshandelt wurde und der Beschwerdeführer Mittäter. Dolmetscher gibt auch, dass ein anderer Mittäter auch namentlich angegeben wird. Angeführt wird auch, dass dein Haftbefehl erlassen wurde. Die Frau habe mehrfach um Schutz angesucht und mehrere Beschwerden erhoben.
BF: Für solche Fälle ist ein Spezialgericht zuständig, das ist ein Sondertribunal zum Schutze von Frauen und Kindern. Bei Verurteilung durch dieses Gericht erhält man häufig 10 jährige Haftstrafen.
Genau deswegen wollte ich den Untersuchungsbericht der Verwaltungsbehörde haben, damit ich weiß, um welches Gericht es sich handelt. Das ist jetzt ein neues Verfahren und ich lege entsprechende Dokumente im Original vor. Diese Dokumente wurden mir per DHL übermittelt.
Der Beschwerdeführer legt auch noch Fotos über Demonstrationen und Übergriffe der Polizei und gibt an: "Ich bin zwar nicht auf den Fotos direkt abgebildet, aber es zeigt das alltägliche Vorgehen der Polizei."
Das sind jetzt ganz andere Unterlagen, als die ich der Verwaltungsbehörde vorgelegt habe. Ich habe in Bangladesch einen Rechtsanwalt beauftragt und man hat mir gesagt, dass mein altes Verfahren beim "Gericht der Periodisch tagenden Berufsrichtern" in Dhaka anhängig ist. Dieses Gericht heißt im Original "Session Judge and Court".
BF: Ich möchte noch einmal betonen, dass diese Überprüfung nicht in Ordnung ist.
BF legt original Dokumente zum soeben behaupteten Zeitungsbericht vor und ich möchte nochmals eine Überprüfung der alten Urkunden und ich kann innerhalb einer Woche mindestens 10 Geschäftszahlen des Bundesverwaltungsgerichtes vorlegen, in denen das Überprüfungsergebnis der Verwaltung falsch beurteilt wurde. Ich werde das sicher in den nächsten 10 Tagen bekannt geben. Ich werde zu meinem Anwalt gehen, den ich bereits gekündigt habe, er hat diese Fälle.
RI: Sie sind also hiermit ausdrücklich einverstanden, dass ich wieder eine Vorort Überprüfung zu diesen Dokumenten beantrage.
BF: Ja, ich bin ausdrücklich damit einverstanden.
(...)"
Am 25.10.2018 wurde die Verhandlung fortgesetzt.
Verlesen wird der Akteninhalt; Festgehalten wird, dass der Dolmetscher zwischenzeitlich die vom BF vorgelegten Urkunden übersetzt hat. Von einer Vorortüberprüfung wurde Abstand genommen. Nicht nur im Hinblick auf die bestehende Judikatur des Bundesverwaltungsgerichtes zu bisher bedenklichen Vorortüberprüfungen, sondern auch im Hinblick auf die schon im gegenständlichen Verfahren aus der Sicht des zuständigen Einzelrichters bedenkliche Vorortüberprüfung unter dem Aspekt des Datenschutzes.
Festgehalten wird nämlich, das die Urkunden des BF seine Identität betreffend für echt und wahr befunden wurden. Hinsichtlich der Dokumente, die für das Fluchtvorbringen vorgelegt wurden, stellt sich diese Überprüfung mehr als bedenklich dar, da der eingeschaltete Vertrauensanwalt zu den Polizeibehörden und Gericht in Bangladesch ging und dort die wahre und richtige Identität des BF bekannt gab. Zu prüfen bleibt nämlich in diesem Zusammenhang, ob nicht durch die Verhaltensweise des Vertrauensanwaltes selbst ein Asylgrund für den BF gesetzt wurde. Dies bleibt aber der Entscheidung, die heute aufgrund der Komplexität des Falles nicht ergeht, vorbehalten und ist im Zusammenhang mit der Ländersituation zu prüfen.
In diesem Sinne wurde daher zum Schutze des BF von einer neuerlichen Vorortüberprüfung der in der letzten Verhandlung vorgelegten Urkunden Abstand genommen und sich auf die bloße Übersetzung derselben beschränkt. All die vorgelegten Urkunden unterliegen jedoch der freien Beweiswürdigung. Mit dem BF werden die in der letzten Verhandlung vorgelegten Urkunden erörtert und er dazu befragt.
BF: Ich bin in dieser Causa des Frauen- und Kinderpräventionsgesetzes als Drittangeklagter geführt, auch das habe ich vorgelegt zur Bescheinigung, dass mir Verfahren angehängt werden; die jetzige Awami League (AL)-Regierung versucht uns als Oppositionsmitglieder, egal um welche Art von Anklagen es sich handelt, uns verfolgen zu lassen. Wie aus den Dokumenten ersichtlich war ich zu den Tatzeiten gar nicht dort. Aber trotzdem wurde ich aus politischen Rachemotiven angeklagt. Mir wurde Mittäterschaft zur Last gelegt. Es ist so, sie (AL) schauen einfach in den jeweiligen Regionen und Ortschaften nach offenen Strafverfahren und sie versuchen uns da irgendwie hineinzubringen. Die Informationen kommen von der Polizei oder der korrupten Staatsanwaltschaft. So schaut das ganze viel echter aus, als wenn ein ganzes Verfahren neu konstruiert würde. Das wäre dann auch im Falle eines Machtwechsels schwer zu beseitigen, weil es ja das Verfahren an und für sich gibt. Ich will das an einem Beispiel erklären. Bei Tumultartigen Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern der AL und BNP und daraus resultierenden Anklagen würde bei einem Machtwechsel logischer weise die Anklage eingestellt oder fallen gelassen. Bei solchen Anklagen aber, kann man nicht ohne weiters das Verfahren einstellen. Deswegen versuchen die das in dieser Form uns zu unterjubeln. Sie sehen die Geschicklichkeit der Behörden daran, dass ich als Drittangeklagter auftauche. Eben nicht als Erstangeklagter, das ginge ja gar nicht von vornherein.
R: Kommen Wir zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde, warum die Ihnen kein Asyl gegeben hat. Die Verwaltungsbehörde ging, abgesehen von der Glaubwürdigkeit der Identität davon aus, dass sie an der Protestkundgebung am 15.12.2013 tatsächlich teilgenommen hätten, weil sie zahlreiche Details und persönliche Eindrücke anführten, sodass glaubhaft ist, dass sie von einer realen Gegebenheit sprachen. Aber ob die von ihnen beschriebene Kundgebung tatsächlich am 15.12.2013 stattfand, oder ob ihre Beschreibung eine andere Kundgebung betrifft, kann nicht verifiziert werden. Nicht glaubhaft sind die Folgen, die Sie aus der Teilnahme ableiten zwar deswegen nicht glaubhaft, weil sie Unterlagen vorlegten, die eben nicht bescheinigen konnten, dass die von Ihnen angeführten Strafverfahren, sie betreffend, tatsächlich existieren, weil der Vertrauensanwalt nachgefragt hat und die Nachfrage ergeben hat: kein Strafverfahren.
BF: Ich bringe vor, dass die Recherche völlig unseriös von statten ging; die Polizei wird doch nicht bei solchen Verfahren offenlegen, dass tatsächlich gegen mich ein Verfahren anhängig ist, weil dies würde ja eigentlich logischerweise zur Konsequenz haben, dass man mich gar nicht mehr nach Bangladesch abschieben kann, sodass Sie meiner nicht mehr habhaft werden würden. Im gegenteiligen Fall aber, würden sie mich sofort fassen, weil mich ja Österreich in aller Seelenruhe abschieben kann. Ich habe mich bei meiner Familie erkundigt und möchte sagen, das der Vertrauensanwalt über meine politische Tätigkeit gar keine Recherchen anstellte. Es ist auch in der Entscheidung der Verwaltungsbehörde nicht nachweislich dargestellt, das ich nicht politisch aktiv war. Man baut nur auf dieser unseriösen Recherche seitens des Vertrauensanwaltes auf. Ich habe ja ausführlich zu meiner politischen Kompetenz im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens vorgebracht, nach meinem Wissen wurde das nicht in Zweifel gezogen. Die politisch motivierten Anklagen werden so lange weitergeführt, damit die Sicherheitsbehörden die Macht haben, um uns weiterhin zu verfolgen. Die Gerichtsbarkeit ist völlig unfair, sie wird dominiert und beeinflusst von der AL. Jetzt hat sich dieser Einfluss auch auf das Höchstgericht erstreckt. Ich gebe Ihnen nur ein Beispiel. Der Höchstrichter namens S.K. Sinha hat regierungskritische Äußerungen getätigt. Er wurde vom Militärgeheimdienst abgeholt, misshandelt und wurde zum Flughafen geführt und gezwungen, das Land zu verlassen. Davor musste er seinen Rücktritt unterschreiben. Dieser Richter ist jetzt in den USA und hat um Asyl dort angesucht. Er hat auch ein Buch über das korrupte
Land Bangladesch veröffentlicht. Dieses Buch heißt: "A broken dream". In diesem Buch wird alles im Detail beschrieben, wie Verfahren in Bangladesch manipuliert werden. Er beschrieb auch dort, wie er unter Druck gesetzt wurde, wie er misshandelt wurde, etc.
Das ist nur ein Beispiel. Da handelt es sich um einen Höchstrichter. Wie sehr müssen die Richter von kleineren Gerichten den Machtapparat fürchten.
Damit nimmt der BF auch zur Ländersituation Stellung. Festgehalten wird, dass das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation inklusive des Berichtes über die Asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch zugrunde gelegt wird. Dem BF wird zur Kenntnis gebracht die Ländersituation in Bangladesch.
BF gibt dazu an, dass bestätigt ja eigentlich meine Ausführungen voll und ganz. Ich möchte extra auf den Punkt Lage im Gefängnis zu sprechen kommen. Im Falle der Rückkehr würde ich jedenfalls festgenommen werden und entsprechend diesen Länderbericht wäre ich der Gefahr von Folter und unmenschlicher Behandlung ausgesetzt. Dieser Bericht steht ja eigentlich ganz im Einklang mit meinen Ausführungen.
R: Kommen wir zur Situation in Österreich.
BF: Ich arbeite seit fast zwei Jahren legal (21 Monate). Ich absolviere aktuell eine Lehre. Ich habe die Deutschzertifikate A2 und B1.
Der Beschwerdeführer legt in Kopie vor: Zertifikat B1 und A2.
In die Originale wird Einsicht genommen. Diese erscheinen unzweifelhaft und werden dem BF wieder retourniert.
BF legt vor: Jahreszeugnis vom 02. Februar 2018, betreffend Lehrberuf Restaurantfachmann. Er legt weiters eine Schulnachricht vom 29. Juni 2018 und eine Schulnachricht vom 30. Juni 2017. Sämtliche Zeugnisse zeigen eindeutig positive Noten im durchschnittlich bzw. oberen Bereich.
BF legt vor: Einen Versicherungsdatenauszug, welcher bescheinigt, dass er seit 1.2.2017 Lehrling ist.
BF legt weiters vor: Lohnzettel über seine bisherigen Tätigkeiten und einen Einkommensteuerbescheid aus dem Jahr 2017; Dieser weist ein Guthaben von 400 € auf. Die entsprechenden Unterlagen werden in Kopie zum Akt genommen. Das Original wird dem BF wieder ausgehändigt.
R: Haben Sie noch Verwandte in Bangladesch und wie häufig ist der Kontakt zu den Verwandten?
BF: Meine Eltern leben in Bangladesch und ein Bruder und eine Schwester. Beide sind älter als ich. Meine Schwester ist schon verheiratet. Ich habe kaum Kontakt mit meinen Eltern, weil ich so ausgelastet bin mit Arbeit, Deutsch lernen und mich zu integrieren. Außerdem haben die Eltern Angst, mit mir zu kommunizieren wegen meiner Verfolgungsgefahr. Ich möchte betonen, dass ich unbescholten bin. Seit zwei Jahren bin ich selbsterhaltungsfähig. Ich falle auf keinen Fall der Republik zur Last und wenn ich mit meiner Ausbildung fertig bin, stehe ich natürlich wirtschaftlich auch besser da.
R: Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft nach dem Lehrabschluss vor?
BF: Mit diesem Abschluss bekomme ich eine Konzession für die Gastronomie. Ich möchte am Anfang die Konzession nicht selbst ausüben, möchte weiter Erfahrung sammeln und später selbständig ein Restaurant eröffnen. Aber zunächst möchte ich unselbständig als Geschäftsführer eines bestehenden Restaurants arbeiten, um Erfahrungen zu sammeln.
R: Wie schauen Ihre Wohnverhältnisse aus? Haben Sie einen Meldezettel und Mietvertrag mit?
BF legt Mietzinszahlungsbestätigungen und einen Mietvertrag vor. Ich lebe dort in einer Wohngemeinschaft als Untermieter. Ich habe ein unbeschränktes Wohnrecht für fünf Jahre, beginnend von 2016 an.
BF legt auch eine Meldebestätigung vor.
R: Wie muss ich mir Ihr Leben in Österreich vorstellen?
BF: Ich möchte anführen, dass ich B2 auch vorhabe, aber möchte betonen, dass ich für den Lehrabschluss kein B2 brauche. Ich habe von der Berufsschule aus sehr viele österreichische Freunde, mit denen ich meine wenige Freizeit verbringe. Ich habe auch eine Freundin, als Lebenspartnerin würde ich sie aber noch nicht bezeichnen. Seit 9 Monaten sind wir zusammen. Aber wir haben noch getrennte Wohnungen. Das ist eine österreichische Staatsbürgerin. Sie arbeitet als Teilzeitkellnerin, besucht aber auch die Uni Wien.
R: Sind Sie bei einem Verein?
BF: Ich bin Mitglied des Roten Kreuzes. Das ist mein kleiner Beitrag zum Sozialwesen. Ich spende 24 € pro Jahr. Ich bin auch Mitglied der Bangladesch-Österreichischen Gesellschaft, das ist ein soziokultureller Verein. Seit über 40 Jahren bestehend. Der Verein organisiert viele kulturelle und soziale Events und da findet auch ein reger Austausch zwischen Österreichern und Bengalen statt.
Der BF legt die Bestätigung in Kopie vor.
BF: Ansonsten spiele ich Cricket. Ich gehe mit meinen Freunden bowlen und im Sommer gehe ich schwimmen. Im Sommer spiele ich auch Basketball."
(...)"
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Sachverhalt:
Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt die im Spruch genannte Identität und ist Staatsangehöriger von Bangladesch.
Ausgehend von den Ausführungen der Verwaltungsbehörde
"Durchaus glaubwürdig und umfassend schilderten Sie Ihre Teilnahme an der Protestkundgebung am 15.12.2013, wobei Sie zahlreiche Details und persönliche Eindrücke anführten, sodass glaubhaft ist, dass Sie von einer realen Begebenheit sprachen."
werden die Angaben des Beschwerdeführers in seiner Asyleinvernahme als Sachverhalt zugrunde gelegt - die Annahme der Verwaltungsbehörde setzt aber auch das politische Engagement des Beschwerdeführers für die BNP voraus, in deren Zusammenhang die Teilnahme an der in Gewalt ausgearteten Demonstration zusehen ist. Auch die diesbezüglichen Ausführungen in der Asyleinvernahme werden zum Sachverhalt erhoben:
"LA: Waren Sie in Ihrem Heimatland politisch tätig oder gehörten Sie einer politischen Partei an?
VP: Ja, natürlich, ich war Mitglied der politischen Partei Bangladesh Chatra Dal, das ist eine Studentenorganisation der BNP (= Bangladesh Nationalist Party).
LA: Seit wann waren Sie Parteimitglied?
VP: Seit meiner Matura. Solange ich noch nicht 18 war, konnte ich keine Funktion bekleiden. Im Jahr 2013, am 12.03.2013, wurde ich Öffentlichkeitssekretär dieser Parteifraktion.
LA: Sind Sie nach wie vor Parteimitglied?
VP: Ja, natürlich. Ich wurde ja nicht ausgeschlossen.
LA: Welche Ziele verfolgt die Partei BNP?
VP: Jetzt haben wir Probleme mit Korruption. Korruptionsbekämpfung ist unser erstes Ziel. In letzter Zeit hatten wir auch das Problem, dass Privatpersonen von Mitarbeitern der Sicherheitsbehörden getötet werden. Wir forcieren die Agrarwirtschaft, weil unsere Wirtschaft ganz auf Basis der Agrarwirtschaft funktioniert. Wir möchten auch weniger Import betreiben, sondern Waren aus Bangladesch ins Ausland exportieren. Außerdem wollen wir die Probleme mit Flutkatastrophen bekämpfen. Jetzt haben wir auch ein ernsthaftes Problem, weil in unserer Verfassung die Funktion der Übergangsregierung deinstalliert wurde, und wir protestieren immer wieder dafür, eine Übergangsregierung zu installieren und unter Aufsicht dieser Übergangsregierung Parlamentswahlen zu ermöglichen, weil unter der Regierung die Wahlen nicht fair ablaufen.
LA: Was war Ihre Aufgabe als Öffentlichkeitssekretär?
VP: Wir haben Studenten bzw. Schüler zu Diskussionen eingeladen und wir versuchten, unsere Ziele rüberzubringen.
LA: Bis wann haben Sie diese Tätigkeit aktiv ausgeübt?
LA: Bis wann haben Sie diese Tätigkeit aktiv ausgeübt?
VP: Offiziell habe ich diese Funktion seit 12.03.2013 ausgeübt, tatsächlich war ich bereits seit meiner Matura in dieser Funktion tätig. Schon 2011 habe ich den HSC-Abschluss gemacht und ab da habe ich in dieser Funktion gearbeitet.
LA: Fragewiederholung!
VP: Bis zum 15.12.2013.
LA: Waren Sie danach noch in irgendeiner Form für die Partei aktiv?
VP: Nein, nachher war ich auf der Flucht.
LA: Waren Sie jemals Mitglied einer bewaffneten Gruppierung?
VP: Nein. Wir betrieben friedliche Politik.
LA: Hatten Sie persönlich jemals Probleme mit den Behörden (oder staatsähnlichen Institutionen) Ihres Heimatlandes?
VP: Ja, im Zuge unserer Demonstrationen hatte ich immer wieder Probleme mit der Polizei. Persönliche Probleme hatte ich mit der Behörde nicht, ausgenommen von dieser Anklage.
(...)
LA: Aus welchem Grund verließen Sie Ihr Heimatland? Schildern Sie dies bitte möglichst lebensnah, d.h. mit sämtlichen Details und Informationen, sodass die Behörde Ihr Vorbringen nachvollziehen kann! Nehmen Sie sich dafür ruhig Zeit!
VP: Nach dem HSC-Abschluss engagierte ich mich intensiver für meine Partei[ die BNP, und zwar bei der Chatra Dal, der Studentenorganisation dieser Partei. Im Jänner 2014 hat die Awami League Wahlen angekündigt. Sie sind ohnehin durch eine Wahlmanipulation an die Macht gekommen. Nach 5 Jahren haben sie nun noch einmal versucht, das wieder zu tun. Wir haben dagegen immer wieder unsere Stimme erhoben, auch Protestkundgebungen und landesweite Streiks organisiert. Um die Tötung unserer Parteileute durch die Sicherheitsbehörden zu unterbinden, haben wir immer wieder Protestkundgebungen und Demonstrationen organisiert, um die Bürger darauf aufmerksam zu machen, damit sie dagegen ihre Stimme erheben. Wenn 160 Millionen Menschen dagegen mobil machen, kann niemand mehr etwas tun. Viele unserer Parteileute wurden verschleppt und wir wissen nicht, ob diese Leute noch am Leben sind.
LA: Bitte schildern Sie, was Ihnen persönlich zugestoßen ist!
VP: Wegen dieser Sachen, von denen ich gesprochen habe, haben wir am 15.12.2013 eine Protestkundgebung veranstaltet, um gegen diese Dinge zu protestieren. Wir forderten die Regierung auf, diese Dinge zu stoppen. Wir forderten auch die Freilassung der illegal festgenommenen Parteimitglieder. Wir hatten vor; 2014 die nächsten Wahlen zu boykottieren und haben die Bevölkerung darum ersucht, uns dabei zu unterstützen, also nicht zu den Wahlen zu gehen, damit die Wahlbehörde die nötigen Stimmen nicht erhält und die Wahl für nichtig erklärt wird. Wir waren ca. 200-300 Menschen dort, das war gegen 11 Uhr. Nachgefragt, das war in der Ortschaft Konapara in der Nähe von Matuail, Dhaka. Wir wurden plötzlich von bewaffneten Awami League-Mitgliedern angegriffen, die warfen Molotow-Cocktails auf uns, um unsere Kundgebung aufzulösen.
Wir waren in Panik. Obwohl wir diese Kundgebung friedlich durchführten, wurden wir von der Polizei von hinten aus mit Stöcken angegriffen. Die Menschen liefen herum und waren in Panik und tiefen in alle Himmelsrichtungen. Wir wurden von den Awami-Mitgliedern mit Hockey-Schlägern angegriffen. Manche hatten auch Faustwaffen. Die Menschen liefen panisch davon. Ich bin dann gestolpert und zu Boden gestürzt. Da hat jemand, den ich nicht gekannt habe, der aber sicher von der Awami-League war, mich mit einem Stock auf die Hüfte geschlagen. Ich lag mit dem Gesicht zum Boden hin und er
schlug mich mit dem Stock auf den Rücken. Ich bin dann zu einem Geschäft gelaufen, um mich zu schützen. Ich ging hinein und der Verkäufer wollte nicht, dass ich hereinkomme. Bei mir war auch der Präsident Monjurui Alam Rana. Wir sind einige Zeit lang dort geblieben, bis dieser Platz leer war. Nachgefragt, wir blieben in diesem Geschäft, bzw. das war eine Wäscherei. Dort haben wir uns versteckt. Viele unserer Parteileute wurden verletzt. Es wurde auch behauptet, dass auch einige Angreifer verletzt wurden. Wir haben gehört, dass ein zufälliger Passant schwer verletzt wurde. Eswurde in weiterer Folge behauptet, dass das ein Mitglied der Awami League war. Diese Art von Behauptung kommt in unserem Land immer wieder vor. Ein Passant wird getötet und am nächsten Tag heißt es, dass er ein Funktionär war. Diese miese Methode verwenden sie gegen uns. Dieser Passant wurde dann ins Spital gebracht. Ich habe das gehört, war aber nicht dabei. Zwei Tage danach erlag er seinen Verletzungen. Eigentlich wurden wir angegriffen und unsere Leute wurden verletzt. Weil die Polizei mit der Awami League unter einer Decke steckt, wurden wir als Täter angezeigt, dabei sind wir in Wahrheit die Opfer
Die Regierung versucht jetzt, durch solche Anzeigen bzw. Anklagen untere Oppositionspolitik zu unterbinden. Ich habe dann meinen Parteifreund gefragt, was wir machen sollen, ob wir in unsere Gegend zurückkehren sollen. Er meinte, das wäre jetzt nicht klug, da ein Tumult passiert sei, wer weiß, was als Nächstes passiert. Er meinte, wir sollten einige Zeit an einem sicheren Ort verbringen. In der Nacht dieses Tages hörten wir, dass die Polizei bei Alam war. Das hat seine Familie ihm telefonisch mitgeteilt. Die Polizei ging sehr brutal gegen seine Familie vor, deshalb sagte er zu mir, dass ich auf keinen Fall nach Hause zurückkehren soll. Ich war dann bei meiner Tante.
Dann habe ich erfahren, dass zwei Tage nach dem Vorfall dieser Passant gestorben ist.
Ich habe mit meinem Bruder telefoniert. Mein Bruder sagte mir, dass die Polizisten auch bei mir waren. Wir hatten am 15.12. mehrere Transparente, auf einem der Transparente war mein Foto und das von Monjurul Alam zu sehen. Anhand dessen hat die Polizei mehrere Personen identifiziert und aufgesucht. Nachdem mein Bruder gesagt hatte, dass
ich von der Polizei gesucht wurde, beschloss ich, das Land zu verlassen. Ich fuhr deshalb zuerst nach Indien und habe von Indien aus die weitere Ausreise organisiert.
Namentlich hätten sie mich sicher nicht gefunden, aber ich bin mir sicher, dass sie mich anhand des Fotos auf dem Transparent identifiziert haben.
LA: Welche Verletzungen haben Sie persönlich davongetragen?
VP: Ich hatte Blutergüsse (ASt. zeigt auf den unteren Rücken bzw. Hüfte) und Schmerzen. Ich war bei meiner Ankunft in Österreich sehr krank und hatte noch auf der Reise starke Schmerzen.
LA: Bitte beschreiben Sie den Zeitraum von Ihrer Flucht in das Geschäft, zusammen mit Ihrem Parteifreund, bis zu Ihrer Ankunft bei der Tante!
VP: Als wir reingingen, wollte der Betreiber nicht, dass wir reinkommen. Wir sind trotzdem reingegangen und haben die Metalljalousien geschlossen. Es gab dort einen sehr großen Tisch, auf dem Sachen gebügelt werden. Unter diesem Tisch haben wir uns versteckt. Wir haben die Explosionen der Moiotow-Cocktails und schreiende Menschen gehört. Mehrmals wurde auch auf die Metalljalousien mit Stöcken geschlagen. Da war
dem Betreiber dann recht, dass wir zugemacht hatten. Es war schon dunkel, dann wurde es ruhig. Der Betreiber hat durch einen Schlitz in der Jalousie hinausgeschaut. Es war aber noch nicht so weit, es waren noch viele Polizisten dort. Es waren auch viele bewaffnete Awami League-Leute dort, die auf und ab gingen und suchten. Alam hat versucht, mit seinem Mobiltelefon zu telefonieren und herauszufinden, wer sich wo aufhält Gegen 19 Uhr war die Luft rein. Dann sind wir hinaus geschlüpft. Hinter dieser Wäscherei war eine Schnellstraße. Wir haben aber nicht diese Straße, sondern eine andere, weniger frequentierte genommen. Es gibt dort eine Gasse, die durch ein Beamtenwohnviertel führt. Dort geht die Polizei nicht durch. Für uns war das daher ein sicherer Ort. Durch diese Gasse sind wir zu einer anderen Straße gelangt. Ich hatteSchmerzen. Wir fuhren mit einer Dreirad-Autorikscha nach Tongi. Auf dem Weg nach Tongi fuhren wir bei einer Apotheke vorbei. Dort war ein Arzt im Dienst Der hat mich auch gefragt, woher ich die Verletzungen hatte, und ich sagte, dass ich einen Verkehrsunfall hatte. Er hat nur gegrinst. Dann sind wir nach Tongi zu dem Bekannten von Alam gefahren. Als ich am nächsten Tag zu meiner Tante kam, wurde ein Privatarzt geholt und ich wurde von ihm versorgt, er hat mir auch Medikamente verschrieben.
LA: Wo verbrachten Sie also die Nacht vom 15. auf den 16.12.2013?
VP: Wir waren in Tongi, dort kamen wir spät nachts an und verbrachten dann einige Stunden bei einem Bekannten von Alam.
LA: Wann erfuhren Sie von der Anzeigeerstattung gegen Sie?
VP: Nach dem 18.12.2013.
LA: Bitte beschreiben Sie das genauer!
VP: Am 19.12, glaube ich. Nachgefragt, die Polizisten waren schon vor der Anzeige bei mir zu Hause und bei mehreren Parteikollegen. Am 19.12. war die Polizei wieder bei mir und da wurde meiner Familie mitgeteilt, dass unter anderem auch ich angezeigt wurde.
LA: Die Frage war, wie Sie persönlich von der Anzeigeerstattung erfahren haben?
VP: Mein Bruder hat mir telefonisch mitgeteilt, dass die Polizei da war und ich angezeigt wurde. Er sagte, dass ich keinesfalls zurückkommen soll. Es ginge konkret um eine Mordanzeige. Nachgefragt, was der Bruder sonst noch über den Besuch der Polizei erzählt hat: Mein Bruder sagte, dass nicht nur die Polizei, sondern auch einige Awami- League-Mitglieder da waren. Die Polizisten haben das Haus nur durchsucht. Die AwamiLeague-Mitglieder haben auch einige Gegenstände im Haus demoliert.
LA: Wie oft war die Polizei inzwischen bei Ihnen zu Hause?
VP: Als ich noch in Bangladesch war, war die Polizei mindestens 3 Mal bei mir zu Hause, danach auch noch einige Male. Genau kann ich das nicht sagen.
LA: Welche Strafe würde Ihnen im Fall einer Verurteilung drohen?
VP: Die höchste Strafe ist die Todesstrafe. Es kommt auch zur Vollstreckung. Mord kann aber auch mit lebenslanger Haft bestraft werden, ln Haft werden aber die Häftlinge regelmäßig misshandelt.
LA: Welche Beweismittel liegen gegen Sie vor?
VP: Der Ermittlungsbeamte behauptet, dass er alles ermittelt hat und diese Anschuldigung als wahr befunden hat. Ich habe keinen Zugang zu den internen Akten, ich weiß nicht, wie er das beweisen kann. Außerdem ist diese Anklage ja wie gesagt politisch motiviert, um uns zu unterdrücken.
LA: Sie haben auch ein Schreiben von einem Rechtsanwalt vorgelegt. Wann haben Sie diesen engagiert?
VP: Nachdem die Polizei am 19.12.2013 bei mir zu Hause war und mitteilte, dass ich definitiv angezeigt werde, wurde dieser Rechtsanwalt engagiert. Nachgefragt, mein Bruder hat sich darum gekümmert.
LA: Hat der Rechtsanwalt Akteneinsicht genommen?
VP: Ich gehe davon aus. Sonst könnte er ja keine Dokumente beantragen.
LA: Dann müsste Ihnen doch bekannt sein, welche Beweismittel gegen Sie vorliegen!
VP: Ich habe mit dem Anwalt nie direkt gesprochen. Mein Bruder hält den Kontakt. Das Telefonieren von Österreich aus ist sehr teuer, ich habe daher nie mit dem Anwalt gesprochen.
LA: Sie haben aber Kontakt zu Ihrem Bruder. Haben Sie nicht über Ihren Bruder nachgefragt, was konkret gegen Sie vorliegt?
VP: Ich habe natürlich danach gefragt Mein Bruder sagte, dass dieser Fall von der Polizei als echt bestätigt wurde. Egal, was man jetzt dagegen sagt, kann man das nicht rückgängig machen. Der Fall wurde schon ans Gericht weitergeleitet. Der Vorfall fand kurz vor den Wahlen statt. Am 05.01.2014 fanden dann die Wahlen statt. Solche Anzeigen gab es landesweit gegen BNP-Leute.
LA: Haben Sie persönlich Gewalt gegen diesen Passanten geübt?
VP: Nein, ich habe ja auch heute erwähnt, dass die Kundgebung von unserer Seite friedlich war.
LA: Wie konnten Sie sich befreien, als Sie auf dem Boden lagen und auf den Rücken geschlagen wurden?
VP: Dieser Mann hat auf mich eingeschlagen und ging dann zu einem anderen weiter.
Ich lag noch auf dem Boden, aber er schlug mich nicht mehr, warum weiß ich nicht. Ich stand dann auf und lief davon.
LA: Haben Sie bei der Kundgebung mit Handy gefilmt?
VP: Nein, darauf bin ich nicht gekommen, in so einer Situation ist man in Panik und denkt nicht daran. Man denkt nur daran, sich zu retten.
LA: Haben Sie somit alle Ihre Gründe für die Asylantragsteliung genannt?
VP: Das sind alle Gründe, mehr kann ich nicht dazu angeben.
LA: Welche Befürchtungen haben Sie für den Fall einer Rückkehr in Ihr Heimatland?
VP: Ich habe Angst, dass ich im Fall der Rückkehr von den Sicherheitskräften bzw.
Justizbehörde festgenommen werde und in der Justizhaft bzw. in der Polizeihaft Übergriffen der Beamten ausgesetzt wäre. Ich wäre da nicht sicher. Es kommt auch häufig vor, dass Häftlinge in der Haft getötet werden. Nachher wird das dann vertuscht.
Misshandlungen in der Haft gehören zum Alltag.
Aufgrund der Plausibilität und Widerspruchsfreiheit der Angaben des Beschwerdeführers zu seiner nachfolgenden Flucht - die Verwaltungsbehörde ist diesen in ihrer negativen Entscheidung nicht entgegengetreten - werden dieselben zum Sachverhalt erhoben.
"LA: An welcher Adresse haben Sie unmittelbar vor der Ausreise gelebt?
VP: An meiner Wohnsitzadresse in der Islamia Road, Lane 14/16, Dogai, Demra, Gemeindeverband Matuail, Distrikt Dhaka, Bangladesch. Dabei handelt es sich um mein Elternhaus, das im Eigentum meiner Eitern steht.
LA: Mit wem haben Sie an dieser Adresse gelebt?
VP: Früher mit meinem Bruder; meiner Schwester und meinen Eltern. Meine Schwester ist mittlerweile verheiratet und lebt woanders. Außerdem haben wir zwei Mieter, weil wir Teile des Hauses vermietet haben.
LA: Haben Sie an dieser Adresse auch die letzten Tage vor Ihrer Ausreise verbracht?
VP: Nein. Ab dem 15.12.2013 war ich nicht mehr dort. Ich bin dann davon gelaufen und nicht mehr zurückgekehrt. Nachgefragt, am 15.12.2013 war ich zuletzt dort. Da war ich bei einer Versammlung meiner Partei, danach war ich nicht mehr zu Hause.
LA: Wo haben Sie die Zeit vom 15.12.2013 bis zu Ihrer Ausreise verbracht?
VP: Ich war zuerst bei einem Parteifunktionär namens Monjurul Alam Rana. Er ist Präsident der Chatra Dal und des Gemeindeverbandes bzw. hat er mich in die Gegend von Tongi gebracht. Dort war ich eine Nacht bei einem Bekannten von ihm. Dann fuhr ich zu meiner Tante mütterlicherseits, d.h. der Schwester meiner Mutter. Dort war ich auch eine Nacht. Dann fuhr ich nach Savar. Es lebt dort ein weitschichtiger Onkel mütterlicherseits. Dort blieb ich bis zu meiner Ausreise, bis zum 20.12.2013.
LA: Haben Sie Ihr Heimatland also am 20.12.2013 verlassen?
VP: Ja, in der Nacht vom 20. auf den 21.12.2013.
LA: Wie haben Sie Ihr Heimatland verlassen?
VP: Die Grenze zwischen Bangladesch und Indien habe ich illegal mit Hilfe eines Fußschleppers überquert, ln der Grenzregion gibt es immer wieder solche Schlepper; die die Leute über die Grenze bringen. Dann war ich in Kalkutta, weniger als einen Monat lang. Dann fuhr ich nach Neu Delhi. Ich hatte aber keinen Reisepass und mein Geld war schon fast aus. Dort habe ich einen Schlepper kennen gelernt. Weiters lernte ich dort
einen Mann kennen, der mir sagte, dass demnächst illegale Migranten in Indien ausgeforscht werden, weil die Sicherheitsbehörden vor den Wahlen aktiv gegen Illegale vorgehen möchte. Ich hatte deshalb Angst. Außerdem arbeitet die Regierung in Bangladesch mit der Regierung in Indien eng zusammen. Viele unserer Parteileute, die Zuflucht in Indien gesucht haben, wurden an die Justiz ausgeliefert und nach Bangladesch zurück gebracht. Es gibt dort Extremisten, die immer wieder Anschläge verüben. Falls die indischen Sicherheitsbehörden mich als solchen verdächtigen sollte, hätte ich ein schweres Leben, sagte dieser Mann zu mir. Ich nahm mit meinem Bruder Kontakt auf. Er hat mir Geld geschickt. Ich reiste daraufhin mit einem Flugzeug mit einem gefälschten Reisepass, den mir der Schlepper besorgt hatte, über Weißrussland in die Ukraine.
LA: Wo haben Sie in Kalkutta gelebt?
VP: ln einer WG, einer Mietwohnung, in der auch Bengalen gelebt haben.
LA: Wer hat die Reise von Bangladesch nach Indien organisiert?
VP: Ich selbst mit Hilfe eines Schleppers, in der Grenzregion ist es leicht, einen Schlepper zu finden.
LA: Wie gelangten Sie von Savar/Dhaka in die Grenzregion?
VP: In der Nacht vom 19. auf den 20.12. bin ich gefahren, mit dem Bus. Ich war ca. 10 Stunden unterwegs. Nachgefragt, ausgestiegen bin ich in Heli, an der Grenze.
LA: Warum wollten Sie speziell nach Österreich kommen?
VP: Ich wollte nach Europa, in ein sicheres Land, wo ich um Asyl an suchen konnte. Der Schlepper hat mich hier in Österreich abgesetzt.
LA: Wie viel mussten Sie für die Reise insgesamt bezahlen?
VP: Umgerechnet 8.500,- € LA: Wie konnten Sie die Reise nach Europa finanzieren?
VP: Mein Vater hat mir das Geld gegeben."
Der Vertrauensanwalt sprach während des laufenden erstinstanzlichen Asylverfahrens unter völliger Offenlegung der auf der Basis echt verifizierter Personenstandsdokumente feststehenden wahren Identität des Beschwerdeführers bei Gericht (in Bangladesch) vor und fragte bei diesem nach, ob entsprechende Verfahren gegen den Beschwerdeführer anhängig (gewesen) seien - Seite 5 des Berichtes des Vertrauensanwaltes:
"As per the instructions we had visited the concerned court in ordert o retrieve the court dokuments for FIR No. 22 dated 18.12.2013 of Demra Police Station. On making such attempt, it has been found, that there is no case bearing FIR. No. 22, 18.12.2013.
(...)"
Der Beschwerdeführer ist im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der Gefahr der Verfolgung durch das herrschende Regime wegen unterstellter feindlicher politischer Gesinnung ausgesetzt.
Der Beschwerdeführer ist nicht nur im Bundesgebiet unbescholten, sondern hat ausgezeichnete Integrationsschritte gesetzt.
Zum Herkunftsstaat:
1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 23.3.2018, Oppositionsführerin Khaleda Zia zu fünf Jahren Haft verurteilt (relevant für Abschnitt 2. Politische Lage)
Am 8. Februar 2018 wurde Begum Khaleda Zia, die frühere Premierministerin von Bangladesch und Vorsitzende der oppositionellen Bangladesh Nationalist Party (BNP) durch ein Gericht in Dhaka für schuldig befunden, während ihrer ersten Amtszeit von 1991 bis 1996 Spendengelder in Höhe von 21 Millionen Taka (etwa 200.000 Euro) veruntreut zu haben, die für die wohltätige Organisation Zia Orphanage Trust bestimmt waren. Das Gericht verurteilte Khaleda Zia zu fünf Jahren Haft, vier Berater und ihren Sohn Tarique Rahman zu je zehnjährigen Haftstrafen (DW 8.2.2018; vgl. The Guardian 8.2.2018). Der in London im Exil lebende Tarique Rahman ist von der Parteiführung im Zuge des Urteils zum Leiter der BNP erkoren worden (Indianexpress 12.2.2018).
Die Anklage gegen Khaleda Zia und ihren ältere Sohn erfolgte bereits 2008 durch die damalige militärische Übergangsregierung (Indianexpress 12.2.2018).
BNP Generalsekretär Mirza Fakrul Islam Alamgir kritisierte das Urteil scharf als einen Versuch Khaleda Zia zu verunglimpfen und sie von der Teilnahme an den nächsten Wahlen auszuschließen und kündigte an, das Urteil anzufechten (DW 8.2.2018; vgl. The Guardian 8.2.2018).
Im Vorfeld der Urteilsverkündung gegen Khaleda Zia haben die Behörden am 30. Jänner damit begonnen landesweit Unterstützer der oppositionellen BNP zu verhaften (OMCT 22.3.2018). Die in Dhaka ansässigen Menschenrechtsorganisation Ain O Salish Kendra berichtet, dass in den acht Tagen vor der Urteilsverkündigung insgesamt 1.786 Personen, Mitglieder der BNP, der islamistischen politischen Partei Jamaat-e-Islami und parteilose, festgenommen wurden (HRW 8.2.2018). BNP-Sprecher Rizvi Ahmed spricht von der Verhaftung von ungefähr
3.500 Aktivisten und Funktionären (The Guardian 8.2.2018).
Noch vor der Urteilsverkündung kam es in Dhaka zu Zusammenstößen zwischen Gefolgsleuten der BNP und der Polizei. Im Fernsehen waren brennende Motorräder zu sehen. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein, um die Demonstranten, die ein behördliches Versammlungsverbot missachtet hatten, zu zerstreuen (DW 8.2.2018).
Auch nach der Urteilsverkündung kam es in Bangladeschs Großstädten zu Zwischenfällen bei denen Polizeibeamte und Anhänger der BNP verletzt wurden. In der nordöstlichen Stadt Sylhet feuerten Polizisten mit Gummigeschossen auf Demonstranten, wobei vier Personen verletzt wurden. In der Hafenstadt Chittagong wurden mindestens sieben BNP-Funktionäre, darunter der lokale Parteivorsitzenden verhaftet, nachdem es zu einem Handgemenge zwischen Anhänger der Opposition und der Polizei gekommen war (The Guardian 8.2.2018; vgl. BBC News 8.2.2018).
Etwa 5.000 Unterstützer der Opposition wurden bisher landesweit inhaftiert (OMCT 22.3.2018). Die Parteiführung der BNP fordert deren bedingungslose Freilassung (Dhaka Tribune 10.2.2018).
Seit der Inhaftierung von Khaleda Zia hat die BNP bei verschiedenen, friedlichen Aktionen, wie eine landesweite Flugblattaktion am 1. März, die Bildung einer Menschenkette in Dhaka am 6. März, sowie Sit-ins, symbolische Hungerstreiks und Protestzüge, ihre Freilassung gefordert (Dhaka Tribune 6.3.2018; vgl. Gulf Times 4.3.2018).
Am 19. März hat das Höchstgericht von Bangladesch den Beschluss des Obersten Gerichtshofs von Dhaka, der ehemaligen Premierministerin Khaleda Zia Kaution zu gewähren, bis zum 8. Mai ausgesetzt (ANI 19.3.2018).
Quellen:
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ANI - Asian News International (19.3.2018): B'desh SC stays Khaleda Zia's bail in orphanage graft case, https://www.aninews.in/news/world/asia/bdesh-sc-stays-khaleda-zias-bail-inorphanage-graft-case201803191613580001/, Zugriff 22.3.2018
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