TE Bvwg Beschluss 2018/11/6 L508 2136641-1

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Veröffentlicht am 06.11.2018
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Entscheidungsdatum

06.11.2018

Norm

AsylG 2005 §3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

L508 2136641-1/15E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, StA. Bangladesch, vertreten durch RA MMag. Salih SUNAR, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.09.2016, Zl. XXXX, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF), ein Staatsangehöriger aus Bangladesch und der sunnitischen Religionsgemeinschaft zugehörig, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 18.11.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz (AS 17).

2. Im Rahmen der Erstbefragung am Tag der Antragstellung (AS 15 - 25) gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen zu Protokoll, dass er als stellvertretender Generalsekretär der "Jubo Dal" (nachfolgend: JD) des Distrikts Faridpur von Mitgliedern der regierenden Partei Awami Liga (nachfolgend: AL) einmal - und zwar sechs Monate vor seiner Ausreise - körperlich attackiert und verletzt worden sei. Letztendlich sei er von Mitgliedern der AL mit dem Umbringen bedroht worden, weshalb er das Land verlassen habe. Zudem sei er von Mitgliedern der AL am 13.02.2013 in einer Polizeistation in Dhaka fälschlicherweise angezeigt worden. Man habe ihm Sachbeschädigung und Plünderung während einer Demonstration vorgeworfen. Am 11.08.2013 sei er fälschlicherweise wegen eines Raubüberfalles angezeigt worden. Somit würde er auch von der Polizei gesucht werden.

3. Im Rahmen einer Einvernahme im Asylverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 12.05.2016 (AS 313 - 327) gab der BF zu seinen Ausreisegründen befragt zu Protokoll, dass während einer Demonstration der Bangladesh Nationalist Party (nachfolgend: BNP) (Oppositionspartei) gegen die AL (regierungsführende Partei) in Paltan am 13.02.2013 ein Minister der BNP (Delor Hossen Seidi) verhaftet worden sei. Daraufhin sei diese Demonstration eskaliert. Autos seien demoliert und ca. 200 Menschen - drei davon tödlich - verletzt worden. Die Teilnehmer dieser Demonstration - auch er - seien daraufhin angezeigt worden. Nach diesem Vorfall sei er nach Hause geflüchtet.

Im Distrikt Shalta seien am 11.08.2013 am Markt Unruhen ausgebrochen. Mitglieder der AL hätten diese Unruhen, welche sich bis zu ihm nach Hause ausgebreitet hätten, angezettelt. Es seien Brandanschläge und Plünderungen verübt worden. Er sei nicht dabei gewesen, aber wegen angeblicher Beteiligung angezeigt worden.

Zudem wolle er die allgemein schlechte Lage in Bangladesch erwähnen. Er hätte das Land verlassen bevor die Lage dort noch schlechter werde.

Nachgefragt zu Details gab der BF unter anderem zu Protokoll, dass er bei der Demonstration in Paltan nicht persönlich dabei gewesen sei. Die Anzeige sei lediglich ein Versuch der AL gewesen, ihn diesbezüglich zu beschuldigen. Damals habe es eine Demonstration der BNP mit ca. 10.000 Personen gegeben. Zu dieser seien noch 2.000 Personen der AL dazugekommen. Im Zuge von Tumulten und Auseinandersetzungen seien mehrere Personen der AL getötet worden. Dies hätte er persönlich nicht gesehen, sondern nur von anderen Personen erfahren. Die Polizei habe ihn zu Hause gesucht, da er in Dhaka angezeigt worden sei. Man habe ihn beschuldigt, an der Demonstration teilgenommen, Autos zerstört und Bomben geworfen zu haben. Er sei von einem Freund gewarnt worden, dass ein Haftbefehl gegen ihn existiere. Es sei bei seiner Familie Nachschau gehalten und das Haus durchsucht worden. Ein Mitglied der AL oder die Polizei sei nie persönlich an ihn herangetreten. Er hätte sich seit dieser Demonstration immer versteckt gehalten. Bei diesen Unruhen sei auch von Seiten der BNP Gewalt ausgegangen. Von beiden Konfliktparteien seien Häuser angesteckt und Sachbeschädigungen begangen worden. Er habe sich an die Polizei gewandt, es sei aber keine Anzeige aufgenommen worden. Bezüglich der Unruhen in Shalta am 11.08.2013 sei er nicht persönlich angezeigt worden. Er hätte lediglich von seinen Freunden und Kollegen gehört, dass viele verhaftet worden seien. Der Vater werde nach wie vor nach seinem Verbleib befragt und sei deshalb sogar verletzt worden. Er befürchte, dass er in Haft genommen und erhängt werden würde.

Im Übrigen wurde dem BF angeboten, in die allgemeinen Feststellungen des Bundesamtes zur Lage in seinem Heimatland Einsicht zu erhalten und hierzu innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

Der BF verzichtete auf diese Möglichkeit (AS 324).

Schließlich brachte der BF in der Einvernahme vor dem Bundesamt ein Konvolut an bangladeschischen Unterlagen in Vorlage.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.09.2016 (AS 341 - 411) wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Dies im Wesentlichen mit der Begründung der mangelnden Glaubwürdigkeit.

5. Dagegen erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht Beschwerde (AS 455 - 459) an das Bundesverwaltungsgericht. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

6. Aufgrund aktuellerer Länderfeststellungen zu Bangladesch wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichts mit Schreiben vom 10.09.2018 (OZ 13Z) gem. § 45 (3) AVG Beweis erhoben, dh. den Parteien des Verfahrens das Ergebnis der Beweisaufnahme zugestellt und ihnen die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eingeräumt; somit wurde insbesondere aufgrund der vorliegenden aktuelleren Feststellungen zu Bangladesch (zu den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle vgl. etwa Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß - im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 4 AsylG 1997 - das E. vom 11.November 1998, 98/01/0284, bzw. auch E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210) bestätigt, dass die Feststellungen des BFA nach wie vor gültig sind (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise in diesem speziellen Fall einer sonst schlüssigen und umfassenden Beweiswürdigung des Bundesasylamtes siehe Erkenntnis des VwGH vom 17.10.2006, Zahl: 2005/20/0459-5, ebenso Beschluss des VwGH v. 20.6.2008, Zahl 2008/01/0286-6; vgl. auch Erk d. VfGH v. 10.12.2008,

U 80/08-15, wo der unterlassene schriftliche Vorhalt an den BF nach dem Verstreichen eines mehrjährigen Zeitraumes seit der Einbringung eines Rechtsmittels gegen den angefochtenen Bescheid in Bezug auf die aktuelle asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat und die Einräumung der Möglichkeit, hierzu Stellung zu nehmen [neben dem zusätzlichen Unterlassen der Durchführung einer Verhandlung] ausdrücklich als Akt der behördlichen Willkür bezeichnet wurde und hieraus e contrario ableitbar ist, dass aus der Sicht des VfGH die Durchführung einer schriftlichen Beweisaufnahme gem. § 45 AVG im hier erörterten Umfang einen tauglichen Ermittlungsschritt darstellen kann, welcher das erkennende Gericht von der Verpflichtung zur Durchführung einer Verhandlung in gewissen Fällen befreien kann. Ein solcher Fall liegt hier vor.)

Gleichzeitig wurde der BF, binnen selbiger Frist, um Bekanntgabe ersucht, ob sich hinsichtlich seines Privat- oder Familienlebens seit Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides Änderungen ergeben haben bzw. aufgefordert seine derzeitige Lebenssituation in Österreich schriftlich darzustellen und gegebenenfalls durch geeignete Bescheinigungsmittel zu belegen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ließ - im Gegensatz zum BF - diese Frist zur Stellungnahme ungenützt verstreichen.

7. Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt A)

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt

Gemäß §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss. Gemäß Abs. 3 sind auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z2).

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2. Zur Entscheidungsbegründung:

2.1. Obwohl gem. § 17 iVm § 58 VwGVG seit 01.01.2014 der § 66 Abs. 2 AVG in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht mehr anzuwenden ist und gem. § 58 VwGVG stattdessen § 28 Abs. 3 VwGVG mit genanntem Datum in Kraft trat, womit das Erfordernis des § 66 Abs. 2 leg.cit, wonach die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, weggefallen ist, und sich die Regelungsgehalte beider Normen nicht somit gänzlich decken, findet die einschlägige höchstgerichtliche Judikatur zu § 66 Abs. 2 AVG grundsätzlich weiterhin Anwendung.

Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm. 11).

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:

* Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.

* Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.

* Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 10.09.2014, Ra 2014/08/0005 die im Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063 angeführten Grundsätze im Hinblick auf Aufhebungs- und Zurückweisungsbeschlüsse des Verwaltungsgerichtes gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG nochmals bekräftigt und führte ergänzend aus, dass selbst Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, keine Zurückverweisung der Sache rechtfertigen, wenn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden mündlichen Verhandlung im Sinn des § 24 VwGVG zu vervollständigen sind (vgl. hierzu auch VwGH Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016).

Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner Rechtsprechung auch eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit (aktuellen) Länderberichten verlangt (VwGH 26.11.2003, 2003/20/0389).

Im Erkenntnis vom 17.10.2006 (Zl 2005/20/0459) hat der VwGH betont, dass eine Behebung nach § 66 Absatz 2 AVG nur zulässig ist, wenn eine weitere Verhandlung/Einvernahme erforderlich ist, was nicht der Fall wäre, wenn die Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens durch schriftliches Parteiengehör saniert hätten werden können.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nun zusammengefasst in verschiedenen Erkenntnissen betont, dass eine umfangreiche und detaillierte Erhebung des asylrechtlich relevanten Sachverhaltes durch die Behörde erster Instanz durchzuführen ist.

Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 07.11.2008, Zl. U 67/08-9, ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes. Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 m. w. N., 14.421/1996, 15.743/2000).

2.2. Die von der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts geforderte ganzheitliche Würdigung bzw. die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens ist im gegenständlichen Fall unterblieben und ist die belangte Behörde nach dem Dafürhalten des Bundesverwaltungsgerichts ihrer Begründungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Im vorliegenden Fall sind die seitens der Höchstgerichte gestellten Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren in qualifizierter Weise unterlassen worden.

Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Z 1 und 2 VwGVG, welche zu einer meritorischen Entscheidungspflicht führen, nicht gegeben sind. Weder steht, wie anhand der darzustellenden Ermittlungsmängel zu zeigen ist, der maßgebliche Sachverhalt fest, noch ist die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden. Dies vor allem, weil die aufzuzeigenden Ermittlungslücken derart erheblich sind, dass zu deren Beseitigung über eine der Feststellung des Sachverhalts dienende mündliche Verhandlung hinausgehende weitere Ermittlungsschritte zu setzen wären, welche durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, welches - anders als das Bundesverwaltungsgericht - eine asyl- und fremdenrechtliche Spezialbehörde ist (so ist die sog. Staatendokumentation beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingerichtet, vgl. § 5 BFA-Einrichtungsgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012), rascher und effizienter durchgeführt werden können.

2.2.1. Aus folgenden Gründen muss angenommen werden, dass das BFA den entscheidungsrelevanten Sachverhalt nur ansatzweise ermittelt hat:

Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer von sich aus ein relativ umfangreiches Fluchtvorbringen - unter Vorlage zahlreicher Bescheinigungsmittel - erstattet hat und kann dem Bundesamt daher nicht gefolgt werden, wenn es im Rahmen der Beweiswürdigung ausführt, dass sich das Vorbringen als unglaubwürdig darstellt, zumal sich aus der Beweiswürdigung des BFA letztlich nicht schlüssig ergibt, warum dem Fluchtvorbringen kein Glauben geschenkt wird.

Zwar hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Rahmen der Beweiswürdigung den Versuch unternommen, Argumente für die Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens darzulegen, jedoch halten mehrere dieser Ausführungen der belangten Behörde einer Schlüssigkeitsprüfung nicht stand, handelt es sich dabei beispielsweise doch einerseits - entgegen den im Akt befindlichen Unterlagen (vgl. AS 133 - 141, 171 - 179) - um den pauschalen aktenwidrigen Hinweis, dass der Beschwerdeführer keinerlei Beweise (Anzeigebestätigungen) für die laut seinen Angaben fingierten Anzeigen bezüglich Sachbeschädigung und Plünderung in Vorlage gebracht habe. Andererseits wird dem BF im Rahmen der Beweiswürdigung negativ angelastet, dass dieser behauptet habe, Generalsekretär der JD in seinem Distrikt gewesen zu sein, obwohl er in der von ihm vorgelegten "Parteimitgliederliste" in einer ganz anderen Funktion, nämlich als Schriftführer, aufscheine. Diesbezüglich ist zunächst festzuhalten, dass der BF bereits in der Erstbefragung darlegte, dass er in der JD des Distrikts Faridpur lediglich die Funktion eines stellvertretenden Generalsekretärs ausgeübt habe (AS 23). Wenn man nun die vom BF vorgelegte Liste mit den Funktionsträgern in der JD betrachtet (AS 211) zeigt sich, dass der BF als "Joint Secretary" ausgewiesen wird, was durchaus mit "stellvertretender Generalsekretär" übersetzt werden könnte. Des Weiteren darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass die belangte Behörde die mangelnde Glaubwürdigkeit des BF auch darauf stützt, dass dieser seine behauptete Mitgliedschaft in der Oppositionspartei BNP bzw. der JD durch offensichtlich - auch für einen Laien sofort erkennbar - verfälschte Fotografien und Zeitungsausschnitte zu untermauern versucht habe, wobei der BF - auf diese offensichtlich verfälschten Unterlagen angesprochen - im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA am 12.05.2016 zu Protokoll gab, dass ihm diese Unterlagen von seinem Onkel erst vor kurzem aus der Heimat geschickt worden wären und er deshalb nicht die Zeit gehabt habe, diese zu sichten, was wiederum in Widerspruch zur vorgelegten "DHL Express Versandtasche", mit welcher er die vorgelegten Beweise aus der Heimat erhalten hätte, stehe, zumal diese mit dem 28.11.2013 als Aufgabedatum datiert sei. Insoweit sich jedoch weder diese Fotografien und Zeitungsausschnitte noch die "DHL Express Versandtasche" im vorgelegten Verwaltungsakt befinden, sind diese Ausführungen des BFA für das Bundesverwaltungsgericht nicht nachvollziehbar.

Es ergibt sich schon aus den Feststellungen der belangten Behörde in Verbindung mit dem notorischen Erkenntnisstand des Bundesverwaltungsgerichts, dass Menschen (und deren Familien) in Bangladesch aufgrund ihrer politischen Gesinnung sehr wohl Repressionen von staatlicher oder dritter Seite ausgesetzt sein können. Das Vorbringen des Beschwerdeführers erscheint daher auch nicht von vornherein als unmöglich.

Entscheidend für die Kassationsentscheidung ist im gegenständlichen Fall aber insbesondere, dass sich zahlreiche bangladeschische Dokumente im Verwaltungsakt befinden, die im Zuge des Verfahrens vor dem BFA nicht ausreichend gewürdigt wurden. Ein vom Beschwerdeführer schon im Rahmen der Einvernahme vorgelegte Konvolut an Unterlagen umfasst jedenfalls mehr als die im bekämpften Bescheid zumindest als Beweismittel angeführten Schriftstücke. So werden bei der Aufzählung der von der belangten Behörde herangezogenen Beweismittel lediglich ein Auszug aus dem Geburtenbuch, eine Staatsbürgerschaftsurkunde und ein Haftbefehl vom 01.01.2015 angeführt (AS 352). In der Einvernahme vor dem BFA am 12.05.2016 wird aber noch festgehalten, dass eine Mitgliedsbestätigung der Partei BNP auf Bezirksebene, eine Ernennungsurkunde als Generalsekretär, drei Anklageschriften, eine Mitgliedsliste der Gruppierung JD und eine Anzeigebestätigung des Vaters zum Akt genommen werden (AS 315). Problematisch erscheint in diesem Zusammenhang bereits, dass sich trotz eines längeren Aktenstudiums durch das Bundesverwaltungsgericht die im Verwaltungsakt befindlichen Unterlagen nicht all diesen zuvor genannten Bezeichnungen zweifelsfrei zuordnen lassen. Das Bundesverwaltungsgericht geht nun davon aus, dass es sich bei den entsprechenden Schriftstücken um zwei FIRs (AS 133 - 141 [Übersetzung: AS 275 - 279]), 171 - 179) und drei weitere behördliche - bangladeschische - Dokumente (AS 143 - 169, 181 - 193, 209 [Übersetzung: AS 281 - 285, 287 - 291]) bezüglich des Vorfalles am 13.02.2013, eine Art Anklageschrift bezüglich eines Vorfalles am 29.03.2013 (AS 195 - 207) und eine Liste mit Funktionären der BNP bzw. JD (AS 211) - jeweils in englischer Sprache - handelt, die aber lediglich teilweise einer deutschen Übersetzung zugeführt wurden. Bei den weiteren Dokumenten in bengalischer Sprache (AS 213 - 214,

225 - 267) bleibt unklar, ob es sich hierbei um die zuvor

angeführten Dokumente in englischer Sprache handelt oder diese zusätzliche Unterlagen darstellen, zumal diese bangladeschischen Unterlagen keiner Übersetzung zugeführt wurden und auch nicht in erkennbarer Weise beschriftet wurden. Ferner brachte der BF im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung weitere Urkunden, zunächst per E-Mail vom 25.05.2016 in Kopie (AS 293), später mit Schreiben vom 06.06.2016 im Original (AS 311), in Vorlage, wobei sich nur die Kopien im Akt befinden. Hierbei handelt es sich um eine bangladeschische Geburtsurkunde (AS 295 [Übersetzung: AS 337]), eine bangladeschische Staatsbürgerschaftsurkunde (AS 303 bzw. 335 [Übersetzung: AS 333]) und weitere Schriftstücke in bengalischer Sprache (AS 297 - 301, 305), wobei für das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennbar ist, ob es sich hierbei um den in die deutsche Sprache übersetzten Haftbefehl (AS 329 - 331) handelt. Insgesamt ist für das Bundesverwaltungsgericht bezüglich dieses Konvoluts an Unterlagen nicht vollständig erkennbar, um welche Dokumente es sich dabei jeweils konkret handelt, da kein entsprechender Hinweis auf den im Akt befindlichen Dokumenten angebracht wurde. Im Einvernahmeprotokoll werden zwar einzelne Dokumente angeführt, doch ist eine Zuordnung der einzelnen Dokumente zu den im Verwaltungsakt befindlichen Dokumenten nicht abschließend möglich. Eine Übersetzung dieser Dokumente erfolgte überdies ebenfalls nicht vollständig. Für das Bundesverwaltungsgericht war somit auch nicht vollständig und nachvollziehbar erkennbar, welchen Inhalts diese Dokumente sind und ob sie - insbesondere in der Zusammenschau mit den Länderfeststellungen - von Relevanz für das gegenständliche Verfahren sind.

Insbesondere aufgrund dieses Umstandes muss angenommen werden, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt wurde.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt auch nicht, dass es sich bei einer Mehrzahl von "Anzeigenbestätigungen", "FIRs" usw. aus Bangladesch um Fälschungen handeln kann, aber dennoch erweist sich das Ermittlungsverfahren der Behörde als grob mangelhaft, wenn sie sich mit den vorgelegten Unterlagen nicht erkennbar ausreichend auseinandersetzt. Tatsächlich wurde vorgelegtes Dokumentationsmaterial nicht einmal als Beweismittel angeführt und damit folglich ignoriert bzw. die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen und behördlichen Schreiben unberücksichtigt gelassen. Die vorgelegten Dokumente sind nun allesamt in den Verwaltungsakt aufzunehmen und zweifelsfrei zu kennzeichnen, sodass nachvollziehbar ist, um welche Dokumente es sich konkret handelt. Es müssen auch die Dokumente den im Einvernahmeprotokoll angeführten Dokumenten eindeutig zugeordnet werden können. Selbiges gilt für die im späteren Verlauf des Verfahrens im Wege der rechtsfreundlichen Vertretung vorgelegten Unterlagen. Soweit die Dokumente für die Beurteilung des vorliegenden Antrags auf internationalen Schutz entscheidungsrelevant sind, sind sie auch verständlich zu übersetzen. In der entsprechenden Erörterung der Unterlagen ist jedenfalls anzuführen, worum es sich bei den bangladeschischen Schriftstücken handelt und warum den damit verbundenen Inhalten Beweiskraft hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers zukommt oder nicht.

Das BFA übersah auch, dass beweiswürdigende Überlegungen zur Stichhaltigkeit einer Fluchtgeschichte sich regelmäßig nicht auf das Vorbringen des Asylwerbers beschränken dürfen. Vielmehr bedarf es idR auch einer Betrachtung der konkreten fallbezogenen Lage im Herkunftsstaat des Betreffenden, weil seine Angaben letztlich nur vor diesem Hintergrund einer Plausibilitätskontrolle zugänglich sind (VwGH 18.4.2002, 2001/01/0002; in diesem Sinne auch VwGH 28.1.2005, 2004/01/0476). Von den Asylbehörden ist eine Einbeziehung des realen Hintergrundes der von einem Asylwerber vorgetragenen Fluchtgeschichte in das Ermittlungsverfahren zu erwarten. Die Behauptungen des Asylwerbers sind auch am Verhältnis zu der Berichtslage in Bezug auf das Ereignis, von dem er betroffen gewesen sein will, zu messen (VwGH 30.9.2004, 2001/20/0135, in diesem Sinne auch VwGH 31.5.2005, 2005/20/0176). Auch der Verfassungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis 2001/10/02 B 2136/00 davon aus, dass sich die Asylbehörden nicht mit Feststellungen zur allgemeinen Situation im Herkunftsstaat begnügen dürfen, sondern fallbezogen konkrete Ermittlungen in Bezug auf das individuelle Vorbringen tätigen müssen, um dieses einer Plausibilitätskontrolle unterziehen zu können. Nach Ansicht des zitierten VfGH Erkenntnis besteht diese Verpflichtung selbst dann, "wenn die vom Beschwerdeführer gegebene Schilderung von vornherein als kaum glaubwürdig und als irreal erscheint. Dies entbindet die Asylbehörde nicht von ihrer Verpflichtung die notwendigen Ermittlungen vorzunehmen".

Insgesamt wird damit den Anforderungen an eine Bescheidbegründung im Sinne der § 58 und § 60 AVG nicht entsprochen.

In einer Gesamtschau erweist sich das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde daher als mangelhaft.

Im fortgesetzten Verfahren wird sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl daher unter Berücksichtigung sämtlicher zum Entscheidungszeitpunkt bekannter Bescheinigungsmittel und Ausführungen des BF umfassend mit der Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens auseinanderzusetzen haben. Das BFA wird jedenfalls eingehende Ermittlungen zum Fluchtvorbringen des BF - allenfalls durch Erhebungen vor Ort - zu tätigen haben. Eine neuerliche Befragung und Würdigung des Vorbringens unter Zugrundelegung aktueller und individueller Feststellungen wird das BFA ebenfalls nachzuholen haben.

2.2.2. Insofern ist dem Bundesamt vorzuwerfen, dass es im vorliegenden Fall einerseits keine ausreichenden Ermittlungen in Hinblick auf das fluchtrelevante Vorbringen des Beschwerdeführers getätigt hat und sich auch die getroffene Beweiswürdigung als nicht haltbar erweist. Im fortgesetzten Verfahren wird sich das Bundesamt mit dem entsprechenden Vorbringen des Beschwerdeführers hinreichend auseinanderzusetzen haben und werden sämtliche vom Beschwerdeführer in Vorlage gebrachten Beweismittel entsprechend zu würdigen sein. Des Weiteren wird nach ergänzender Einvernahme des Beschwerdeführers und nach Heranziehung entsprechender aktueller und individueller Herkunftslandquellen, die Glaubwürdigkeit des - fluchtrelevanten - Vorbringens des Beschwerdeführers zu beurteilen und anschließend auf dieser Basis einer rechtlichen Würdigung zu unterziehen sein.

Insofern bedarf es jedenfalls detaillierter Erhebungen der die Person des Beschwerdeführers treffenden Sachlage, um zu einer haltbaren Beweiswürdigung hinsichtlich der Glaubwürdigkeit und zu einer tragbaren Entscheidung überhaupt im Verfahren gelangen zu können.

Zu Frage der Glaubwürdigkeit und auch zur Erörterung der Ländersituation wird die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren eine ergänzende Einvernahme des Antragstellers sowie ein ergänzendes Ermittlungsverfahren hinsichtlich der individuellen Situation des Beschwerdeführers aufgrund seiner behaupteten Bedrohung und Verfolgung durch den Staat Bangladesch und/ oder private Dritte durchzuführen haben.

Anzumerken ist abschließend, dass der Inhalt des Beschwerdeschriftsatzes und der Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme nunmehr Teil des vom BFA zu berücksichtigenden Sachverhaltes ist und sich die belangte Behörde mit den dort gemachten verfahrensrelevanten Einwendungen auseinanderzusetzen haben wird.

2.2.3. Die belangte Behörde hat unter Verstoß gegen den Grundsatz der Offizialmaxime, der sie zur amtswegigen Erhebung des gesamten wahren Sachverhaltes verpflichtet, keine umfassenden Ermittlungen getätigt und daraus resultierend auch keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Die aufgezeigte Mangelhaftigkeit ist wesentlich, weil vorweg nicht ausgeschlossen werden kann, dass deren Vermeidung für den Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Antragstellung auf internationalen Schutz zu einem günstigeren Ergebnis hätte führen können.

Damit hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bloß ansatzweise ermittelt.

Von einer ganzheitlichen Würdigung des individuellen Parteivorbringens kann im vorliegenden Fall somit nicht gesprochen werden und sind die im angefochtenen Bescheid beweiswürdigend angeführten Argumente im zu beurteilenden Fall keinesfalls in ausreichender Weise zur Begründung einer negativen Entscheidung geeignet.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird sich daher im fortgesetzten Verfahren mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in umfassender Weise auseinanderzusetzen zu haben. Im Rahmen einer ergänzenden detaillierten Befragung des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen - einer Bedrohung und Verfolgung durch den Staat Bangladesch und/ oder private Dritte - und nach ergänzenden aktuellen Länderfeststellungen wird das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die oben angesprochenen Punkte einer Klärung zuzuführen haben.

Unter diesen Gesichtspunkten leidet der angefochtene Bescheid unter erheblichen Ermittlungsmängeln in Bezug auf die Frage der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer konkret und gezielt gegen den Beschwerdeführer gerichteten Bedrohung und erweist sich für das Bundesverwaltungsgericht der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung einer allfälligen Gefährdung des Beschwerdeführers in Hinblick auf den Aspekt der Gewährung des Status des Asylberechtigten, als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten, wie oben dargelegt als so mangelhaft, dass weitere Ermittlungen diesbezüglich unerlässlich erscheinen.

2.3. Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 66 Abs. 2 AVG - nicht im Sinne des Gesetzes liegen, vor allem unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Spezialbehörde im Rahmen der Staatendokumentation gemäß § 5 BFA-Einrichtungsgesetz für die Sammlung relevanter Tatsachen zur Situation in den betreffenden Staaten samt den Quellen zuständig ist.

Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes - nicht ersichtlich.

Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.

Da der maßgebliche Sachverhalt noch nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen.

2.4. Im vorliegenden Fall konnte die Verhandlung im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 26.06.2014, Ra 2014/03/0063 sowie VwGH 10.09.2014, Ra 2014/08/0005 und VwGH Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016) ab. Durch das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in der Rechtsprechung auch nicht uneinheitlich beantwortet.

Schlagworte

Befragung, Begründungspflicht, Bescheinigungsmittel,
Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L508.2136641.1.00

Zuletzt aktualisiert am

14.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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