TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/7 W175 2177334-1

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Veröffentlicht am 07.11.2018
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Entscheidungsdatum

07.11.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W175 2177334-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Neumann als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , somalischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.10.2017, Zahl:

1138024007/161685516, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005, §§ 9, 18 BFA-Verfahrensgesetz und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) brachte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 15.12.2016 den gegenständlichen Antrag gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, (in Folge: AsylG) ein. Am 15.12.2016 fand die Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Am 16.02.2017 und am 10.10.2017 fanden fand vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) niederschriftliche Einvernahmen des BF im Rahmen des Asylverfahrens statt.

2. In der Erstbefragung am 15.12.2016 gab der BF in Somalisch befragt an, in Mogadischu, Somalia, geboren zu sein. Er sei volljährig und schiitischer Moslem. Er gehöre dem Clan der Shaanshi an. Einen Reisepass habe er nie besessen, er könne auch keine sonstigen Identitätsdokumente vorlegen.

Er habe weder eine Schul- noch eine Berufsausbildung und sei nie erwerbstätig gewesen. Seine Muttersprache sei Somalisch, er spreche Arabisch, beherrsche jedoch die Schrift nicht. Er sei ledig und habe keine Kinder. In Österreich habe er keine Verwandten oder näheren Bekannten. Seine Mutter lebe in Syrien, der Vater sei verstorben. Weitere Familienangehörige habe er nicht.

Er habe Somalia 1999 mit seiner Familie verlassen und 15 Jahre illegal in Syrien gelebt. Vor zwei Jahren habe er Syrien verlassen und sei schlepperunterstützt über die Türkei, Griechenland und Ungarn nach Österreich gelangt. Außer in Österreich habe er keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Sein Herz hänge an Österreich.

Auf Vorhalt der Eurodac-Treffer gab der BF an, über ein Jahr in Deutschland gewesen zu sein. Er sei dann nach Ungarn zurückgeschoben worden. Es habe in Deutschland ein Dublin-Verfahren gegeben, er wisse den Verfahrensstand nicht.

Zu seinem Fluchtgrund befragt gab der BF an, die Familie habe Somalia verlassen, da dort Krieg herrsche. Syrien habe er verlassen, da dort ebenfalls Krieg herrsche. In Ungarn habe er viele Probleme gehabt, keinen Job und keine Dokumente.

Befragt, was er bei einer Rückkehr nach Somalia befürchte, meinte der BF: "Weshalb soll ich nach Somalia zurückgehen? Dort ist es nicht sicher".

Der BF gab an, seit sieben Jahren Herzbeschwerden zu haben.

Dem BF wurde das Protokoll der Befragung rückübersetzt, er gab an, keine Verständigungsprobleme gehabt zu haben und bestätigte dies mit seiner Unterschrift.

3. In der Einvernahme im Asylverfahren vor dem BFA vom 16.02.2017 gab der BF nach erfolgter Rechtsberatung in Somalisch befragt an, dass er bei der Erstbefragung die Wahrheit gesagt habe.

Er habe keine Identitätsdokumente.

Er leide unter Herzproblemen. Kurz bevor er bewusstlos werde, verspüre er ein Stechen in der Brust und das Atmen falle ihm schwer. Er leide seit sieben Jahren darunter. In Österreich sei er deshalb im Dezember 2016 vier Tage im Krankenhaus gewesen. Er sei vier Tage bewusstlos gewesen. Medikamente seien ihm keine verschrieben worden. Auch seien keine weiteren Untersuchungen gemacht worden.

In Österreich lebe ein Cousin dritten Grades, er hab ihn jedoch nicht persönlich getroffen und habe auch keine besondere Beziehung zu ihm.

Dem BF wurde das Protokoll rückübersetzt, er gab an, keine Verständigungsprobleme gehabt zu haben und bestätigte dies mit seiner Unterschrift.

4.) Mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt wurde der BF am 28.03.2017 wegen §§ 15, 201 Abs. 1 StGB (versuchte Vergewaltigung) und §§ 127, 131 1. Fall StGB (räuberischer Diebstahl), zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.

5.) In einer Folgebefragung am 10.10.2017 gab der BF an, dass er nach wie vor Probleme mit dem Herzen habe. Er habe Asthma, nehme aber keine Medikamente. Manchmal werde er bewusstlos. Beim Arzt habe er einmal Schlaftabletten bekommen. Kurz vor seiner Inhaftierung sie er das letzte Mal bewusstlos gewesen. Er habe viel Alkohol getrunken. Es läge an seinem Herzen, er sei aber noch nicht untersucht worden.

Er sei in Mogadischu geboren und habe mit seinen Eltern Somalia verlassen, als er zwei Jahre alt gewesen sei. Er habe dann 15 Jahre in Syrien gelebt.

Er habe in Ungarn einen Asylantrag gestellt, da er dazu gezwungen worden sei. Danach habe er auch in Deutschland einen Antrag gestellt, er sei jedoch nach Ungarn abgeschoben worden. Dann sei er nach Österreich gekommen.

Er habe zu seiner Mutter in Syrien Kontakt, in Somalia kenne er niemanden. Der Vater sei in Somalia ermordet worden, es sei schon lange her, andere Verwandte habe nicht. Die Mutter habe in einem Hotel gearbeitet, er sei ausgebildeter Mechaniker und habe diesen Beruf in Syrien zwei Jahre ausgeübt. Zur Schule sei er nicht gegangen, er könne Arabisch lesen und schreiben.

Er habe vor seiner Verhaftung Alkohol getrunken und Marihuana geraucht, seit seiner Inhaftierung habe er nichts mehr genommen.

Während der Haft habe er einen Deutschkurs gemacht. Er habe in einer Disco Alkohol getrunken und eine Frau belästigt, sonst habe er nichts gemacht.

Er habe bislang keine Probleme auf Grund seiner Clan- oder Religionszugehörigkeit oder aus politischen oder sonstigen asylrelevanten Gründen gehabt.

Nach seinem Fluchtgrund befragt gab der BF an, dass er von der Mutter wisse, dass der Vater in Somalia ermordet worden sei. Er wisse nicht, von wem. Die Mutter sei dann mit ihm nach Syrien geflüchtet. Dort sei dann der Krieg ausgebrochen und der BF sei geflohen. Er wolle Sicherheit, er wolle in die Schule gehen und etwas lernen. In Syrien sei er nicht zur Schule gegangen, die Mutter habe es nicht wollen.

Er spreche Somalisch, kenne aber das Land nicht. Er habe auch Rückenschmerzen und Akne am Rücken. Wenn er Stress habe, beginne er zu zittern und werde bewusstlos.

6. Das BFA wies mit dem gegenständlichen Bescheid vom 31.10.2017, zugestellt am 03.11.2017, den Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und den Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.). Dem BF wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt III.). Einer Beschwerde gegen die Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.).

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde unter anderem die folgenden Feststellungen zur Lage in Somalia (gekürzt auf verfahrensrelevante Teile):

KI vom 27.6.2017: Update zur Dürre-Situation (betrifft: Abschnitt 23 / Grundversorgung)

Nachdem über zwei Jahre beide Regenzeiten (Deyr und Gu) ausgeblieben sind, hat sich in Somalia eine humanitäre Katastrophe entwickelt. Das System von Subsistenz-Landwirtschaften in den Flussgebieten von Shabelle und Juba ist teilweise zusammengebrochen; die Preise für Grundnahrungsmittel haben sich verdoppelt; und Millionen Stück Vieh sind verendet (ICG 9.5.2017). Die Behörden Somalilands sprechen von 80% Verlusten beim Viehbestand (BBC 11.5.2017; vgl. TG 24.5.2017), andere Schätzungen sprechen von 50%. Der Außenminister Somalilands gibt an: "Es gab hier schon immer Dürreperioden, aber nur alle zehn Jahre. Jetzt haben wir sie schon alle zwei Jahre. Und die Dürre in diesem Jahr ist die schlimmste Dürre, die wir in Ostafrika jemals hatten." (TG 24.5.2017)

In vielen Städten Süd-/Zentralsomalias sind Nahrungsmittel für IDPs und sehr arme Bevölkerungsteile kaum mehr leistbar (ICG 9.5.2017). Die Dürresituation hält vor allem im Südwesten Somalias weiter an, dort bleibt die Angst vor einer Hungersnot bestehen. In den nördlichen und zentralen Teilen des Landes hat der teils durchschnittliche, teils überdurchschnittliche Regen im Jahr 2017 zur verbesserten Weide- und Wasserlage beigetragen (UNFPA 14.6.2017)

Dafür ist eine massive Hilfsoperation angelaufen, an der zahlreiche ausländische und lokale NGOs beteiligt sind (ICG 9.5.2017). Dank der großzügigen Ressourcen, die von Gebern zur Verfügung gestellt worden sind, konnten nationale und internationale NGOs sowie UN-Agenturen ihre humanitäre Unterstützung in ganz Somalia massiv nach oben fahren. Dabei wird mit den Behörden zusammengearbeitet. In Mogadischu, Baidoa und Garoowe wurden Koordinierungszentren eingerichtet (UNSC 9.5.2017). Koordinierung und Management der Operationen sind angesichts der Fehler in der Vergangenheit (2011) stark verbessert worden (ICG 9.5.2017). Die internationale Unterstützung erfolgte relativ rasch, die Anstrengungen sind besser koordiniert. Auch auf nationaler Ebene wurde reagiert und geholfen. Die Regierung hat Anstrengungen unternommen, selbst Studenten wurden ermutigt, jeweils 10 USD zu spenden. Firmen und Wirtschaftstreibende haben signifikant zu den Hilfskampagnen beigetragen (ICG 9.5.2017).

Die Zahl der Menschen, die durch die Operationen zur Verbesserung des Zugangs zu Nahrungsmitteln erreicht werden, hat sich von 1,1 Millionen im Februar 2017 auf 1,7 Millionen erhöht. Alleine im März konnten 332.000 Kinder von Ernährungsleistungen profitieren. Darunter waren 69.000 schwer unterernährte Kinder unter 5 Jahren. Auch die Versorgung mit sicherem Trinkwasser wurde hochgefahren. Dabei wurden zwischen Jänner und März 2017 knapp 1.150.000 Menschen erreicht. Allein im Februar hat sich die Zahl der Erreichten verdoppelt (UNSC 9.5.2017).

Rund 50% der gewährleisteten Hilfe wurde in Geld geleistet. Damit werden Märkte stabilisiert, wurde das schnelle Hochfahren der Unterstützung gewährleistet, wurden Menschen auch in entlegenen Gebieten erreicht und wurde das Risiko der Plünderung von humanitären Hilfsgütern minimiert (UNSC 9.5.2017). Außerdem ist diese Form der Hilfeleistung billiger. Gelder werden über Mobilfunksysteme ausbezahlt (ICG 9.5.2017).

Trotz aller Bemühungen wurden die gesetzten Ziele aber nicht erreicht, die humanitäre Lage verschlechtert sich weiter. Das Risiko einer Hungersnot besteht weiterhin. 6,2 Millionen Menschen sind akut von Nahrungsmittelknappheit betroffen, 3 Millionen brauchen lebenserhaltende Unterstützung (UNSC 9.5.2017). Seit November 2016 verließen über 740.000 Menschen aufgrund der Dürre ihre Heimatgebiete, darunter 480.000 unter 18jährige (UNHCR 31.5.2017). Aus manchen Regionen wurden Hungertote gemeldet - etwa aus Bay (BBC 4.3.2017).

Einige Schwierigkeiten, die schon im Jahr 2011 vorherrschten, bestehen auch weiterhin. Unsicherheit und mangelnder Zugang zu Hilfsgütern sind problematisch (ICG 9.5.2017). Vor allem in Süd-/Zentralsomalia hindert die schlechte Sicherheitslage Menschen manchmal am Zugang zu humanitärer Hilfe (UNSC 9.5.2017). Dabei ist Süd-/Zentralsomalia wieder das Epizentrum der humanitären Krise. Diese wird dort durch lokale Clan-Konflikte und al Shabaab noch verschärft (ICG 9.5.2017).

Dahingegen waren zwar auch Teile ("pockets") von Somaliland und Puntland schwer von der Dürre betroffen. Dort ist die Situation aber bei weitem weniger schlecht als im Süden (ICG 9.5.2017).

Überhaupt variiert die Abdeckung mit internationaler humanitärer Unterstützung regional. Die meisten Gebiete in Somaliland und Puntland sind besser abgedeckt, die Möglichkeiten in Süd-/Zentralsomalia mehr eingeschränkt (ICG 9.5.2017).

Quellen:

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BBC (11.5.2017): How do you solve a problem like Somalia? http://www.bbc.com/news/world-africa-39855735, Zugriff 27.6.2017

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BBC (4.3.2017): Somalia drought - More than 100 die from hunger in one region, http://www.bbc.com/news/world-africa-39166746, Zugriff 27.6.2017

-

ICG - International Crisis Group (): Instruments of Pain (III) - Conflict and Famine in Somalia, https://www.crisisgroup.org/africa/horn-africa/somalia/b125-instruments-pain-iii-conflict-and-famine-somalia, Zugriff 27.6.2017

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The Guardian (24.5.2017): Somaliland's hunger crisis: 'The world doesn't respond until children are dying', https://www.theguardian.com/global-development/2017/may/24/somaliland-hunger-crisis-world-doesnt-respond-until-children-are-dying-foreign-minister-saad-ali-shire, Zugriff 27.6.2017

-

UNFPA - UN Population Fund (14.6.2017): UNFPA Situation Report 26th May to 16th June 2017,

http://somalia.unfpa.org/sites/default/files/pub-pdf/Somalia%20SitRep%20%23011%2026th%20May%20-%2016th%20June%202017.pdf, Zugriff 27.6.2017

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UNHCR (31.5.2017): PRMN Drought Displacements, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/57361.pdf, Zugriff 27.6.2017

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UNSC - UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/N1712363.pdf, Zugriff 27.6.2017

KI vom 13.2.2017: Farmaajo neuer Präsident (betrifft: Abschnitt 2 / politische Lage)

Der frühere Regierungschef Mohamed Abdullahi Mohamed Farmaajo hat die Präsidentenwahl in Somalia gewonnen. Im zweiten Durchgang der Wahl am Mittwoch ließ der 54-jährige somalisch-amerikanische Doppelstaatsbürger Farmaajo den bisherigen Amtsinhaber Hassan Sheikh Mohamud hinter sich (NZZ 8.2.2017). Tausende Menschen feierten am Mittwochabend (8.2.2017) den Sieg von Farmaajo auf den Straßen von Mogadischu. Es gab Hupkonzerte, und Menschen umarmten Soldaten (FR 10.2.2017; vgl. VOA 9.2.2017). Auch in anderen somalischen Städten sowie in Kenia - in Garissa und Eastleigh - kam es zu spontanen Freudenfeiern, die als Ausdruck aufrichtiger Unterstützung für den neuen Präsidenten durch die Bevölkerung gewertet werden können (VOA 9.2.2017).

Die Wahl von Mohamed Farmaajo kam überraschend, galt doch der Amtsinhaber Hassan Sheikh Mohamud als Favorit (FR 10.2.2017). Letzterer hat jedenfalls seine Niederlage eingestanden (NZZ 8.2.2017; vgl. VOA 9.2.2017), und er forderte alle Somalis dazu auf, den neuen Präsidenten zu unterstützen. Farmaajo wurde unmittelbar angelobt (VOA 9.2.2017).

Die Durchführung einer allgemeinen und freien Wahl war in Somalia zwar nicht möglich gewesen; doch die Zahl von 14.024 Wahlmännern ist ein erheblicher Fortschritt gegenüber früheren Wahlen, als der Sieger unter gerade einmal 135 Clanchefs ausgekungelt wurde. Die Medien konnten hinsichtlich der Wahl relativ frei agieren und Korruption und Wahlverschiebung anprangern - ein gutes Zeichen (DW 10.2.2017).

2010/2011 war Farmaajo acht Monate lang Premierminister von Somalia gewesen. Damals hatte er sich einen Namen als Anti-Korruptionskämpfer erworben (FR 10.2.2017; vgl. VOA 9.2.2017). Seine Entlassung durch den damaligen Präsidenten Ahmed Sheikh Sharif führte zu heftigen Protesten der Bevölkerung (FR 10.2.2017).

Quellen:

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DW - Deutsche Welle (10.2.2017): Kommentar: Farmajo, der neue Präsident Somalias - Wie viele Löcher hat der Käse? http://www.dw.com/de/kommentar-farmajo-der-neue-pr%C3%A4sident-somalias-wie-viele-l%C3%B6cher-hat-der-k%C3%A4se/a-37496267, Zugriff 13.2.2017

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FR - Frankfurter Rundschau (10.2.2017): Hoffnung für Somalia, http://www.fr-online.de/politik/wahl-hoffnung-fuer-somalia,1472596,35147632.html, Zugriff 13.2.2017

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NZZ - Neue Zürcher Zeitung (8.2.2017): Präsidentenwahl zwischen Sandsäcken und Ruinen,

https://www.nzz.ch/international/nahost-und-afrika/mohamud-in-somalia-abgewaehlt-praesidentenwahl-zwischen-sandsaecken-und-ruinen-ld.144287, Zugriff 13.2.2017

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VOA - Voice of America (9.2.2017): Somalis Optimistic About New President,

http://www.voanews.com/a/hopes-high-somalia-s-new-president-will-improve-security/3716301.html, Zugriff 13.2.2017

KI vom 19.1.2017: Dürre (betrifft: Abschnitt 23 / Grundversorgung)

Nach einer schwachen Gu-Regenzeit im Jahr 2016 blieben auch die Regenfälle der Deyr-Regenzeit Ende 2016 aus. Von der Nahrungsversorgungsunsicherheit am schlimmsten betroffen sind landwirtschaftlich genutzte Gebiete im Süden und nomadisch genutzte Gebiete im Nordosten des Landes (FEWSNET 16.1.2017). Alleine im sogenannten South-West-State sind 820.000 Menschen dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen. Viele suchen in größeren Städten nach Hilfe. Der Gouverneur der Region Bay schätzt, dass bereits rund 3.000 Familien aus ländlichen Gebieten nach Baidoa geflohen sind (UNSOM 16.1.2017). Dabei ziehen Nahrungsmittelpreise an: Der Preis für Mais liegt in Qoryooley 51% über dem Fünfjahresmittel; für Sorghum in Baidoa um 88% darüber (FEWSNET 16.1.2017).

Die humanitäre Situation in Somalia ist zunehmend fragil. Fünf Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen (UNOCHA 12.1.2017; vgl. UNSOM 16.1.2017) und leiden unter Nahrungsversorgungsunsicherheit (FAO 20.12.2016). 3,9 Millionen davon gelten als "stressed", 1,1 Millionen Menschen leiden unter akuter Nahrungsversorgungsunsicherheit (acutely food insecure) (UNOCHA 12.1.2017) und befinden sich auf den IPC-Stufen drei (Krise) und 4 (Not/Emergency). Alleine im zweiten Halbjahr 2016 hat die Zahl um 20% zugenommen. Prognosen lassen erwarten, dass die Zahl der akut Bedrohten im ersten Halbjahr 2017 um eine weitere Viertelmillion zunehmen wird. Ähnliche Bedingungen hatten im Jahr 2011 zu einer Hungersnot und Hungertoten geführt (FAO 20.12.2016). Folglich fahren humanitäre Organisationen ihre lebensrettenden Maßnahmen hoch, angesammelte Fonds werden angezapft (UNOCHA 12.1.2017).

Eine Entschärfung der Situation ist in rein nomadisch genutzten Gebieten nicht für Mai/Juni zu erwarten; in agro-pastoral genutzten Gebieten nicht vor Juni/Juli. Im schlimmsten anzunehmenden Szenario bleibt auch die Gu-Regenzeit des Jahres 2017 - wie gegenwärtig prognostiziert - schwach und in der Folge sinkt die Kaufkraft auf das Niveau der Jahre 2010/2011. Reicht dann die humanitäre Hilfe nicht aus, wird eine Hungersnot (IPC 5) die Folge sein (FEWSNET 16.1.2017). Bereits jetzt werden vereinzelt Hungertote aus den Regionen Bay (UNSOM 16.1.2017) und Gedo gemeldet (SMN 15.1.2017).

Quellen:

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FAO - Food and Agriculture Organization of the United Nations (20.12.2016): With continued drought, Horn of Africa braces for another hunger season,

http://reliefweb.int/report/somalia/continued-drought-horn-africa-braces-another-hunger-season, Zugriff 19.1.2017

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FEWSNET - Famine Early Warning Systems Network (16.1.2017): Severe drought, rising prices, continued access limitations, and dry forecasts suggest Famine is possible in 2017, http://www.fews.net/east-africa/somalia/alert/january-16-2017, Zugriff 19.1.2017

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SMN - Shabelle Media Network (15.1.2017): A Mother and her kids die of hunger in Gedo,

http://allafrica.com/stories/201701160709.html, Zugriff 19.1.2017

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UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (12.1.2017): Somalia: Humanitarian Snapshot (as of 12 January 2017), http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/somalia_humanitarian_snapshot_-_january_2017.pdf, Zugriff 19.1.2017

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UNSOM - UN Assistance Mission to Somalia (16.1.2017): Deputy SRSG de Clercq assesses humanitarian crisis in Somalia's South West state,

http://reliefweb.int/report/somalia/deputy-srsg-de-clercq-assesses-humanitarian-crisis-somalia-s-south-west-state, Zugriff 19.1.2017

1. Politische Lage

Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014). Im Hinblick auf fast alle asylrelevanten Tatsachen ist Somalia in diesen drei Teilen zu betrachten (AA 1.12.2015).

Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA 1.12.2015). Somalia ist keine Wahldemokratie. Es gibt keine demokratischen Institutionen. Das Parlament wurde durch Clan-Repräsentanten ausgewählt, und zwar entlang der sogenannten 4.5-Formel. Diese gibt den vier Hauptclans jeweils gleich viele Sitze, und den kleineren Clans und Minderheiten insgesamt halb so viele Sitze, wie einem Hauptclan. Trotzdem wird die Förderung der Demokratie formell von allen politischen Akteuren - mit der Ausnahme von al Shabaab - akzeptiert. So ist das politische System Somalias weder demokratisch noch autoritär; alles dreht sich um die Repräsentation auf Basis der Clans (BS 2016).

Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2016). Das derzeitige Bundesparlament wurde konsensual unter Einbeziehung traditioneller Eliten bestimmt und hat dann den Präsidenten gewählt (AA 1.12.2015; vgl. USDOS 13.4.2016). Dies ist die erste Regierung Somalias seit 1991, der breite internationale Unterstützung zukommt (BS 2016). Somalia gilt laut dem UN-Repräsentanten nicht mehr als failed state, sondern als fragiles Land. Die Situation hat sich in den vergangenen drei Jahren stabilisiert (AP 23.12.2015; vgl. AA 1.12.2015).

Eigentlich waren für 2016 Wahlen vorgesehen. Der Präsident hat aber im Juni 2015 angekündigt, dass diese "one person, one vote"-Wahlen verschoben werden (USDOS 13.4.2016; vgl. UNSC 8.1.2016). Dagegen hat es im Parlament Proteste gegeben (AI 24.2.2016). Ein von der Regierung einberufenes National Consultative Forum soll über einen anderen Wahlprozess für das Jahr 2016 beraten. Gleichzeitig soll das Forum auf Vorbereitungen für allgemeine Wahlen im Jahr 2020 treffen (UNSC 8.1.2016).

Obwohl seit dem Ende der Übergangsperiode wiederholt der politische Wille zur umfassenden Reform des Staatswesens (Etablierung von Rechtsstaatlichkeit, Schutz von Menschenrechten, Demokratisierung, Föderalisierung) bekundet wird, ist die faktische Situation nach wie vor in all diesen Bereichen sehr mangelhaft (AA 1.12.2015). Die Erfolge der aktuellen Regierung bei Friedens- und Staatsbildung waren sehr bescheiden. Politische Grabenkämpfe zwischen dem Präsidenten und dem Premierminister haben zu mangelnder Kontinuität beim Regierungspersonal geführt (BS 2016). Zuletzt gab es im August 2015 eine Regierungskrise, als das Parlament ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Mohamud einleiten wollte (UNSC 11.9.2015; vgl. AI 24.2.2016). Dieses Begehren wurde später zurückgezogen (UNSC 8.1.2016).

Die anhaltenden politischen Grabenkämpfe und der Fokus auf die Föderalisierung haben die Regierung von Reformen im Justiz- und Sicherheitsbereich abgelenkt (HRW 27.1.2016). Das Clansystem hat wiederum die Einrichtung nachhaltiger Regierungs- und Verwaltungsstrukturen behindert (UNHRC 28.10.2015). Außerdem wird die Autorität der Zentralregierung vom nach Unabhängigkeit strebenden Somaliland im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al Shabaab-Miliz in Frage gestellt (AA 1.12.2015).

Es gab einen signifikanten Fortschritt bei der Einrichtung staatlicher Strukturen auf regionaler Ebene, und für alle Bezirke (außer Baardheere) gibt es vorläufige Verwaltungen (UNSC 8.1.2016). Gleichwohl gibt es aber keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach, wesentliche Staatsfunktionen können nicht ausgeübt werden (AA 1.12.2015). Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (ÖB 10.2015). Die regionalen Verwaltungen kämpfen noch damit, ihre Autorität durchzusetzen. Sie stehen dabei einem Mangel an Geld, einem Mangel an Regierungsinfrastruktur und einem Mangel an Personal gegenüber. Außerdem fehlt es an Details zu den Strukturen der Bundesstaaten sowie an breiter Unterstützung beim Staatsbildungsprozess (UNSC 8.1.2016). Die internationalen Partner werden auch weiterhin signifikante Unterstützung gewähren müssen (UNSC 8.1.2016), wie etwa über laufende Projekte zur Kapazitätsbildung und zu Kernfunktionen der Regierung durch die Weltbank und UNDP (UNSC 11.9.2015).

Neue föderale Teilstaaten (Bundesstaaten)

Die Bundesregierung hat einen Prozess zur Schaffung föderaler Bundesstaaten initiiert (BS 2016). Das Bundesparlament hat eine Grenz- und Bundeskommission einberufen, welche hinsichtlich der Grenzen der Bundesstaaten, Regionalverwaltungen und Bezirke beraten soll. Die Kommission wird von der UN und anderen Partnern unterstützt (UNSC 11.9.2015).

Der Schritt zur Föderalisierung hat zur Verschärfung von lokalen Clan-Spannungen beigetragen und eine Reihe gewalttätiger Konflikte ausgelöst. Die Föderalisierung hat zu politischen Kämpfen zwischen lokalen Größen und ihren Clans geführt (BS 2016).

Im Zuge der Föderalisierung Somalias wurden mehrere Teilverwaltungen (Bundesstaaten) neu geschaffen: die Galmudug Interim Administration (GIA); die Interim Juba Administration (JIA); und die Interim South West Administration (ISWA). Keine dieser Verwaltungen hat die volle Kontrolle über die ihr unterstehenden Gebiete (USDOS 13.4.2016).

1) Im Juni 2015 fand in Cadaado die Staatsbildungskonferenz für den Bundesstaat Galmudug statt. Es sollte eine Galmudug Interim Administration (GIA) für die zentralen Regionen Galgaduud und Mudug geschaffen werden (UNSC 11.9.2015). In der Folge wurde eine Regionalversammlung gebildet, die im Juli 2015 Abdikarim Hussein Guled als Präsident gewählt hat (UNSC 11.9.2015; vgl. EASO 2.2016). Die Regionalversammlung war von der Bundesregierung eingesetzt worden. Ausgewählt wurden die 89 Mitglieder von 40 Ältesten, welche wiederum 11 Clans repräsentierten (USDOS 13.4.2016). Die Gruppe Ahlu Sunna wal Jama'a (ASWJ), die Teile der Region Galgaduud kontrolliert, hat den Prozess boykottiert (UNSC 11.9.2015) und eine eigene Verwaltung eingerichtet (USDOS 13.4.2016). Fraktionen der ASWJ haben sich später mit der GIA arrangiert (UNSC 11.9.2015). Trotzdem kontrolliert ASWJ noch immer teile der GIA, darunter die wichtige Stadt Dhusamareb (UNSC 8.1.2016). Auch Puntland hat sich ursprünglich gegen die GIA gestellt, da es selbst den nördlichen Teil von Mudug beansprucht. Nach Verhandlungen hat die GIA ihre Ansprüche auf Nord-Mudug zurückgezogen (UNSC 11.9.2015). Unter die GIA fallen demnach neben Galgaduud noch die Bezirke Hobyo und Xaradheere (EASO 2.2016). Die GIA hat bei der Einrichtung ihrer Verwaltungsinstitutionen in der Übergangshauptstadt Cadaado Fortschritte gemacht. Auch wurden Anstrengungen unternommen, die Bevölkerung zu erreichen, Clanmilizen zu entwaffnen und Sicherheitskräfte auszubilden (UNSC 8.1.2016). Die GIA wird von Hawiye/Habr Gedir/Sa'ad dominiert (EASO 2.2016).

2) Nach dem Ende einer zweijährigen Übergangsperiode wurde Sheikh Ahmed Islam "Madobe" am 15.8.2015 von der neuen, 75sitzigen Regionalversammlung des Bundesstaates Juba (Lower und Middle Juba, Gedo) als Präsident der Interim Juba Administration (IJA) angelobt (USDOS 13.4.2016; vgl. UNSC 11.9.2015). Zuvor war im Mai 2015 die Regionalversammlung selbst in Kismayo eingerichtet worden. Dabei gab es auch Kritik und das Bundesparlament strebte eine Auflösung der Regionalversammlung an (UNSC 11.9.2015). Bei der Lösung von Konflikten zwischen Clans sowie innerhalb der Darod/Marehan auf dem Gebiet der IJA gibt es Fortschritte (UNSC 8.1.2016).

3) Nach anfänglichen Streitigkeiten über die Frage, ob der Bundesstaat South West aus drei oder sechs Regionen bestehen soll, einigte man sich auf die drei-Regionen-Lösung. Die Interim South West Administration (ISWA) umfasst nunmehr die Regionen Bay, Bakool und Lower Shabelle. Im November 2014 wurde Sharif Hassan Sheikh Adan von einer ISWA-Konferenz zum Präsidenten gewählt. Damit wurde die Übergangsverwaltung ISWA offiziell geschaffen (USDOS 13.4.2016). Im August 2015 wurde ein Prozess gestartet, um eine ISWA-Regionalversammlung zu schaffen (UNSC 11.9.2015). Mit der Einrichtung der Regionalversammlung ist die Errichtung der ISWA abgeschlossen. Von den 146 Abgeordneten sind 30 weiblich (UNSC 8.1.2016).

4) Im August 2015 wurde von der Bundesregierung ein Prozess zur Bildung eines Bundesstaates Hiiraan-Middle Shabelle initiiert (UNSC 11.9.2015). Dieser Prozess wird weiter vorangetrieben. Buulo Barde könnte die Hauptstadt des neuen Bundesstaates werden (UNSC 8.1.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

-

AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/319738/445108_en.html, Zugriff 22.3.2016

-

AP - Associated Press (23.12.2015): Somalia no longer a failed state, just a fragile one, says UN. The Guardian, http://www.theguardian.com/world/2015/dec/23/somalia-no-longer-a-failed-state-just-a-fragile-one-says-un, Zugriff 20.4.2016

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

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EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview,

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.4.2016

-

HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/318350/443530_en.html, Zugriff 22.3.2016

-

ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (10.2015):

Asylländerbericht Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

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UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

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UNSC - UN Security Council (8.1.2016): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016

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UNSC - UN Security Council (11.9.2015): Report of the Secretary - General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf, Zugriff 23.3.2016

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015&dlid=252727, Zugriff 14.4.2016

2. Sicherheitslage

Hinsichtlich der Lesbarkeit untenstehender Karte sind die folgenden Kommentare zu berücksichtigen. Es wurden die unterschiedlichen Akteure in Somalia kategorisiert:

* Die farbigen Gebiete zeigen Akteure, die über signifikanten Einfluss verfügen. Diese Akteure verfügen auch über Ressourcen, um diesen Einfluss zu garantieren. Derartige Akteure sind: Somaliland, Puntland, die Galmudug Interim Administration (GIA), AMISOM und die Somali National Army (SNA), die Jubbaland Interim Administration (JIA), al Shabaab (AS) und die Ahlu Sunna Wal Jama'a (Zentralsomalia; ASWJ). Einige Städte werden von anderen Parteien beherrscht: Von der Clan-Miliz SSC (Dulbahante; Khatumo), von der Clan-Miliz der Warsangeli, von ASWJ (Fraktion Gedo), von Clan-Milizen an der Grenze zu Äthiopien (in den Regionen Gedo, Bakool und Hiiraan). Eine Gebiete - und hier vor allem in Süd-/Zentralsomalia - werden von zwei dieser relevanten Akteure beeinflusst.

* In mit strichlierten Linien umrandeten Gebieten gibt es zusätzliche Akteure mit eingeschränktem Einfluss. Diese Akteure agieren neben den oben erwähnten Hauptakteuren, und sie verfügen nur über eingeschränkte Ressourcen (EASO 2.2016).

Kommentare zu den Eintragungen auf der Karte:

* In Puntland und Jubbaland wurden Zellen des Islamischen Staates markiert; diese Markierungen erfolgten auf der Grundlage anekdotischer Berichte über größere Gruppen von AS-Deserteuren.

* Einige der kleineren Ortschaften der al Shabaab wurden auf der Grundlange anekdotischer Berichte eingetragen.

* Hinsichtlich der Städte Buuhoodle (Togdheer) und Taalex (Sool) gibt es unterschiedliche Berichte und Informationen, die keine Grundlage bieten, diese Ortschaften mit einem relevanten Akteur zu verbinden.

* Die Karte zeigt für Qoryooley keine Garnison der AMISOM. Allerdings gibt es einen Stützpunkt und auch verfügbare Truppen. Allerdings scheinen diese Truppen den Stützpunkt nicht permanent besetzt zu halten. Daher ist Qoryooley die einzige von AMISOM kontrollierte Bezirkshauptstadt, für welche keine Garnison eingetragen worden ist (wiewohl es eine Garnison der somalischen Armee gibt).

* Dhusamareb wurden deshalb als AMISOM markiert, da die Garnison äthiopischer AMISOM-Truppen in der Stadt der wichtigste Akteur ist. Allerdings hat dort nach wie vor ASWJ die politische Kontrolle.

* Das gleiche gilt für die Städte Ceel Buur und Wabxo: Sie sind zwar unter der politischen Kontrolle der GIA, der jeweils wichtigste Akteur im Ort ist aber AMISOM.

* Dies gilt auch für Städte in Gedo: Sie mögen unter der politischen Kontrolle der JIA sein, trotzdem ist ungewiss, ob die Führung in Kismayo tatsächlich die Kontrolle über die Armee in Gedo innehat. So bleibt als wichtigster Akteur AMISOM.

* Äthiopische Flaggen markieren nicht nur äthiopische AMISOM-Garnisonen sondern auch Garnisonen äthiopischer Truppen, die nicht Teil von AMISOM sind sowie Kräfte der äthiopischen Liyu Police. Letztere operiert im mit "Government Allied Militias" markierten Gebiet entlang der äthiopischen Grenze.

* Während die kenianischen, burundischen, ugandischen und dschibutischen Garnisonen nahezu abgedeckt zu sein scheinen, gibt es mehr äthiopische Garnisonen als auf der Karte vermerkt. Es ist unmöglich, ein klares Bild über die oben erwähnten äthiopischen Truppen außerhalb von AMISOM zu erlangen.

* Jene AMISOM-Garnisonen, die als "Strongholds" (Bastionen) markiert sind, können als permanent erachtet werden. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass diese an al Shabaab fallen können.

* Die meisten AMISOM-Garnisonen, die als "Forward Position" markiert sind, haben taktische Relevanz und scheinen permanent zu sein. Allerdings hat die Vergangenheit gezeigt, dass diese unter starkem Druck der al Shabaab geräumt werden können (EASO 2.2016).

Gemäß der auch von EASO zitierten Analyse der Staatendokumentation zur Sicherheitslage in Somalia hat sich die Situation im Zeitraum 7.2014-6.2015 in folgenden Bezirken verschlechtert: Dhusamareb und Ceel Buur (Galgaduud); Belet Weyne und Bulo Burte (Hiiraan); Wanla Weyne, Afgooye, Qoryooley, Merka und Baraawe (Lower Shabelle);

Baidoa und Burhakaba (Bay); Xudur, Waajid und Rab Dhuure (Bakool);

Bulo Xawo (Gedo); Kismayo (Lower Jubba). Die Situation in folgenden Bezirken hat sich im gleichen Zeitraum verbessert: Ceel Waaq und Luuq (Gedo). In den anderen Bezirken sind keine relevanten Änderungen eingetreten (BFA 10.2015; vgl. EASO 2.2016).

Zwischen Nord- und Süd-/Zentralsomalia sind gravierende Unterschiede bei den Zahlen zu Gewalttaten zu verzeichnen. Dies ist einerseits bei der Verteilung terroristischer Aktivitäten im urbanen Raum zu erkennen, andererseits bei der Anzahl bewaffneter Auseinandersetzungen je Bezirk (BFA 10.2015).

Quellen:

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BFA - BFA Staatendokumentation (10.2015): Analyse zu Somalia:

Lagekarten zur Sicherheitslage, http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329638_soma-analyse-lagekarten-2015-10-12-endversion.pdf, Zugriff 23.3.2016

-

EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

2.1. Süd-/Zentralsomalia

Seit Beginn des Bürgerkrieges 1991 gab es in weiten Landesteilen kaum wirksamen Schutz

gegen Übergriffe durch Clan- und andere Milizen sowie bewaffnete kriminelle Banden. In Süd-/Zentralsomalia herrscht weiterhin in vielen Gebieten Bürgerkrieg. Die somalischen Sicherheitskräfte kämpfen mit Unterstützung der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) gegen die radikalislamistische Miliz al Shabaab. Die Gebiete sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der al Shabaab oder anderer Milizen (AA 1.12.2015; vgl. ÖB 10.2015) oder sind von AMISOM Offensiven betroffen (ÖB 10.2015). Al Shabaab führt weiterhin Angriffe auf Stellungen der AMISOM und der somalischen Armee sowie auf zivile Ziele durch (UNSC 8.1.2016). Zivilisten kommen im Kreuzfeuer, durch Sprengsätze oder Handgranaten ums Leben oder werden verwundet (AI 24.2.2016). Aus verschiedenen Garnisonsstädten heraus werden Vorstöße tief ins Gebiet der al Shabaab unternommen. Diese werden teilweise von Luftschlägen begleitet (BFA 10.2015). Al Shabaab betreibt auch asymmetrische Kriegsführung (EASO 2.2016; vgl. UNHRC 28.10.2015), gekennzeichnet durch Sprengstoffanschläge und komplexe Angriffe, von welchen Zivilisten überproportional betroffen sind. Daneben führt al Shabaab auch gezielte Attentate (UNHCR 28.10.2015; vgl. UKHO 15.3.2016) und sogenannte hit-and-run-Angriffe aus (DIS 9.2015).

Die Unsicherheit in den von der Regierung kontrollierten Gebieten, einschließlich Mogadischu, sowie politische Machtkämpfe behindern Fortschritte im Bereich der Justiz und die Reform des Sicherheitssektors (ÖB 10.2015). Politische Anstrengungen zur Etablierung von Bundesländern verstärkten die Clankämpfe in einigen Bereichen (ÖB 10.2015; vgl. BS 2016, USDOS 13.4.2016). Dabei kam es auch zu zahlreichen Todesopfern und Vertreibungen, z.B. zwischen Dir und Hawadle im Jänner 2015 (USDOS 13.4.2016).

Auch Regierungstruppen und Clanmilizen geraten regelmäßig aneinander. Dadurch werden viele Zivilisten schwerverletzt bzw. getötet und deren Eigentum wird zerstört. In solchen Fällen bleibt Zivilisten nichts andres übrig als die Flucht zu ergreifen, da weder Clan- noch staatlicher Schutz gegeben ist (ÖB 10.2015). Neben den Kampfhandlungen gegen al Shabaab gibt es aus dem ganzen Land auch Berichte über Inter- und Intra-Clankonflikte um Land und Wasserressourcen (EASO 2.2016).

AMISOM hat al Shabaab weitgehend zurückgedrängt (ÖB 10.2015). Bei gemeinsamen Offensiven mit der somalischen Armee wurde al Shabaab aus Städten in Hiiraan, Bay, Bakool, Gedo und Lower Shabelle vertrieben (AI 24.2.2016). Bei den beiden jüngeren Offensiven (Operation Indian Ocean, Operation Jubba Corridor) trafen AMISOM und Regierungskräfte aufgrund taktischer Rückzüge der al Shabaab nur auf wenig Widerstand. Eingenommen wurde die letzte Bastion der al Shabaab in der Region Gedo - Baardheere - und Diinsoor in der Region Bay. Der al Shabaab wurde zwar die Kontrolle über diese Städte entzogen, doch ist sie ansonsten nicht relevant geschwächt worden. Dahingegen kann AMISOM aufgrund einer Überdehnung der zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht mehr in jeder Stadt und in jedem Dorf eine Präsenz aufrecht halten (EASO 2.2016). Auch die Haupttransportrouten werden von al Shabaab kontrolliert (HRW 27.1.2016).

In der Folge kam es zu schweren Angriffen der al Shabaab auf Janaale (am 1.9.2015) (UNSC 8.1.2016) und Leego (am 26.6.2015) mit insgesamt rund 100 Toten Soldaten der AMISOM und zahlreichen Vermissten (BFA 10.2015; vgl. UNSC 8.1.2016, EASO 2.2016). Als Reaktion auf diese Angriffe begann AMISOM mit einer Umgruppierung, wobei einige Städte und Ortschaften geräumt wurden, darunter Kurtunwarey, Ceel Saliini, Cambarey, Golweyne und Busley (Lower Shabelle); Buq-Aqabla und Xarar-Lugoole in Hiiraan; un

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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