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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §55 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des W V K, (geb. 7.2.1972), vertreten durch DDr. Wolfgang Schulter, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Fleischmarkt 28, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 29. Jänner 1996, Zl. SD 1414/95, betreffend Ausstellung eines Fremdenpasses, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 29. Jänner 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines russischen Staatsangehörigen, vom 11. März 1994 auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 55 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, abgewiesen.
Die in der Begründung des Erstbescheides angegebenen Gründe seien im Ergebnis auch für die Entscheidung der belangten Behörde maßgebend gewesen. Zu den Ausführungen in der Berufung wurde ergänzend festgestellt: Der Beschwerdeführer, der am 27. September 1991 in das Bundesgebiet eingereist und dessen Asylantrag rechtskräftig abgewiesen worden sei, habe seinen Antrag zunächst damit begründet, dass er mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet wäre und daher die Voraussetzungen für die Erteilung eines unbefristeten Sichtvermerks gegeben wären. Erst in seiner Stellungnahme vom 12. Mai 1994 habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass er nicht mehr als russischer Staatsangehöriger, sondern als staatenlos anzusehen wäre. In diesem Zusammenhang sei zunächst festzuhalten, dass der Beschwerdeführer bislang nicht einmal den Versuch unternommen habe, diese Frage zu klären. Er habe lediglich ausgeführt, dass ihm das Aufsuchen der russischen Vertretungsbehörde in Österreich nicht zumutbar wäre.
Doch selbst wenn man davon ausgehe, dass die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ungeklärt sei, stehe sein Antrag im Widerspruch zur geltenden Rechtslage. Die Bestimmung des § 55 Abs. 1 FrG stelle nicht nur auf das Vorliegen der im Abs. 1 Z. 1 bis Z. 5 genannten Fälle ab, sondern normiere als primäre Voraussetzung für die Erteilung des Fremdenpasses an einen Fremden, dass dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik Österreich gelegen sein müsse. In den im § 55 FrG genannten Fällen komme es demnach nicht bloß darauf an, dass die Ausstellung des Fremdenpasses im Interesse eines Betroffenen gelegen sei, sondern es müsse auch ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines solchen Dokuments für einen Fremden bestehen. Österreich eröffne mit der Ausstellung eines Fremdenpasses dem Inhaber die Möglichkeit zu Reisen und übernehme auch eine Verpflichtung gegenüber den Gastländern. Diese an sich nur gegenüber den eigenen Staatsbürgern einzunehmende Haltung erfordere einen restriktiven Maßstab. Hiezu lasse der Beschwerdeführer jedoch jegliche Aussage vermissen. Für die belangte Behörde sei jedenfalls nicht erkennbar, worin das positive Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses für den Beschwerdeführer bestehen sollte.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 55 Abs. 1 FrG (in der Fassung des Hauptwohnsitzgesetzes, BGBl. Nr. 505/1994) können Fremdenpässe, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen (Z. 1); ausländische Staatsangehörige, die zum unbefristeten Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaats zu beschaffen (Z. 2); ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines unbefristeten Sichtvermerks gegeben sind (Z. 3); ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaats zu beschaffen (Z. 4); ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt (Z. 5).
2. Mit Blick auf § 55 Abs. 1 Z. 1 FrG wendet der Beschwerdeführer gegen den angefochtenen Bescheid ein, dass ein "Interesse der Republik" an der Ausstellung eines Fremdenpasses im Sinn des Einleitungssatzes der genannten Regelung für ihn schon deshalb bestehe, weil er mit einer österreichischen Staatsbürgerin in aufrechter Ehe lebe, dieser Ehe eine Tochter - ebenfalls eine Österreicherin - entstamme, und der Beschwerdeführer für beide Genannten sorgepflichtig sei.
Dieses Vorbringen geht fehl. Nach den einschlägigen Gesetzesmaterialien (RV 692 BlgNR 18. GP, 55, "Zu den §§ 55 bis 61") komme es in den Fällen, in denen nach Maßgabe des § 55 FrG Fremdenpässe ausgestellt werden können, "nicht bloß darauf an, dass die Ausstellung des Fremdenpasses im Interesse des Betroffenen gelegen ist, sondern es muss auch ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses für diesen Fremden bestehen. Österreich eröffnet mit der Ausstellung eines Fremdenpasses dem Inhaber die Möglichkeit zu Reisen und übernimmt damit auch eine Verpflichtung gegenüber den Gastländern. Diese an sich nur gegenüber Staatsbürgern einzunehmende Haltung erfordert einen restriktiven Maßstab."
Vor dem Hintergrund dieses Verständnisses des Begriffs des Bestehens eines Interesses der Republik seitens des Gesetzgebers kann das Ergebnis der behördlichen Beurteilung, dass ein solches positives Interesse im Fall des Beschwerdeführers nicht gegeben sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden, reichen doch die in Rede stehenden vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten persönlichen Umstände für sich genommen nicht aus, ein öffentliches Interesse im besagten Sinn zu begründen. Auf dem Boden des Gesagten ist auch der Verfahrensrüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe bezüglich dieser Beurteilung sein Recht auf Parteiengehör missachtet, der Boden entzogen.
Da somit die für die Ausstellung eines Fremdenpasses von § 55 Abs. 1 leg. cit. jedenfalls geforderte Voraussetzung, dass dies im Hinblick auf die Person des Beschwerdeführers im Interesse der Republik gelegen ist, nicht in Betracht kommt, konnte der Beschwerde schon deshalb kein Erfolg beschieden sein, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
3. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 2. September 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1996180137.X00Im RIS seit
20.11.2000