TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/9 W151 2176025-1

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Veröffentlicht am 09.11.2018
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Entscheidungsdatum

09.11.2018

Norm

ASVG §113 Abs1 Z1
ASVG §113 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W151 2176025-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Doris KOHL, MCJ über den Vorlageantrag vom 09.10.2017 des Beschwerdeführers XXXX, geb. XXXX, XXXX, StA Pakistan in Verbindung mit der Beschwerde vom 11.09.2017 wegen § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG gegen die Beschwerdevorentscheidung der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 29.09.2017, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (in Folge: NÖGKK oder belangte Behörde) vom 18.08.2017 wurde XXXX, (in Folge: Beschwerdeführer oder BF) gem. § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG ein Beitragszuschlag in der Höhe von € 1.800,-- vorgeschrieben, weil die Anmeldung für die Dienstnehmer XXXX, VSNR: XXXX und XXXX, VSNR: XXXX, zur Pflichtversicherung als Dienstnehmer gem. § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass im Rahmen der am 09.04.2017 erfolgten Betretung durch die Finanzpolizei Team 01/für das Finanzamt Wien 3/6/7/11/15-Schwechat-Gerasdorf in XXXX, festgestellt worden sei, dass für die genannten Personen die Anmeldung nicht vor Arbeitsantritt erstattet worden sei.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der unvertretene BF fristgerecht Beschwerde und führte begründend aus, dass die Betretenen nicht seine Mitarbeiter wären. XXXX würde er gar nicht kennen. Er wäre zum Zeitpunkt der Kontrolle auf Urlaub gewesen, was er durch einen Zettel kundgemacht habe. Aus Sicherheitsgründen habe er Schlüssel für die Pizzeria und das Auto XXXX gegeben. Diesem wäre es jedoch nicht erlaubt gewesen die Pizzeria zu öffnen.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 29.09.2017 wies die NÖGKK die Beschwerde ab und führte aus, dass die Betretenen beim Betrieb der Pizzeria angetroffen worden seien, was aus der großen Menge an vorbereiteten Pizzazutaten und aus dem Umstand, dass ein Holzfeuer im Pizzaofen brannte zu schließen sei. Darüber hinaus habe ein unbeteiligter Dritter XXXX als Koch identifiziert. Es liege auch außerhalb jeder Lebenserfahrung, dass betriebsfremde Personen wissen, wie die Pizzazutaten zuzubereiten sind und der Pizzaoffen anzuzünden ist und ferner die Zutaten eigenständig besorgen würden. Dass die Betretenen dies eigenständig und ohne Erlaubnis des BF getan hätten, wäre unwahrscheinlich und als Schutzbehauptung zu qualifizieren.

4. Mit Schreiben vom 09.10.2017 stellte der BF fristgerecht einen Vorlageantrag.

5. Die Beschwerdesache wurde mit Schreiben der NÖGKK vom 07.11.2017 dem Bundesverwaltungsgericht am 10.11.2017 zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Am 09.04.2017 erfolgte eine Kontrolle durch die Finanzpolizei Team 01/für das Finanzamt Wien 3/6/7/11/15-Schwechat-Gerasdorf in XXXX. Im Zuge dieser Kontrolle wurden XXXX und XXXX im Rahmen des Pizzariabetriebs arbeitend angetroffen, ohne dass sie zur Sozialversicherung angemeldet waren. Es brannte ein Holzfeuer im Pizzaofen. Diverse Pizzazutaten befanden sich bereits vorbereitet in entsprechenden Behältnissen auf der Anrichte. In der Küche befand sich ein dampfender Topf mit Wasser auf dem Herd und ein Schneidbrett mit einer frisch geschnittenen Zwiebel. Weitere Personen wurden nicht angetroffen.

XXXX befand sich im Besitz der Schlüssel zum Geschäftslokal sowie zu einem, auf den BF zugelassenen Auto.

Ein während der Kontrolle in dem Lokal als Kunde erscheinender Dritter gab an, dass XXXX Koch sei und dass er auch XXXX bereits öfters im Geschäftslokal gesehen hat.

Die Betretenen erbrachten (einfache) manuelle Tätigkeiten (Kocharbeiten, Vorbereitung der Zutaten) im Geschäftslokal des BF wodurch nach allgemeiner Lebenserfahrung auf das Vorliegen eines Dienstverhältnisses geschlossen werden kann.

Die Betretenen waren in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit für den BF im Rahmen Pizzariabetriebs tätig.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Akt der Kasse und des Bundesverwaltungsgerichtes.

Es ist unstrittig, dass XXXX und XXXX im Zeitpunkt der Betretung durch die Organe der Abgabenbehörden des Bundes im Pizzariabetrieb des BF in XXXX angetroffen wurden und zu diesem Zeitpunkt nicht zur Sozialversicherung angemeldet waren. Unstrittig ist ferner, dass sich auf der Anrichte beim Pizzaofen und in der Küche bereits Zutaten in Vorbereitung befanden und ergibt sich dies zudem aus den von der Finanzpolizei im Zuge der Kontrolle angefertigten Fotos.

Dass die Betretenen diverse einfache manuelle Tätigkeiten (Kocharbeiten, Vorbereitung der Zutaten) für den BF ausgeübt haben, erschließt sich daraus, dass sich diese im Besitz des Schlüssels zum Geschäftslokal befanden und zum Zeitpunkt der Kontrolle niemand sonst im Geschäftslokal angetroffen wurde, der für die im Hinblick auf den Geschäftsbetrieb getätigten Vorbereitungen (angeheizter Pizzaofen, vorbereitete Zutaten) verantwortlich hätte sein können. Die Aussage von XXXX, sie hätten das Geschäftslokal zusperren und davor noch einen Tee nehmen wollen, ist in Anbetracht der vorbereiteten Pizzazutaten und des beheizten Pizzaofens unglaubwürdig und als reine Schutzbehauptung zu qualifizieren.

Nicht nachvollziehbar ist ferner das Vorbringen des BF, die Schlüssel zum Geschäftslokal und zu seinem Auto lediglich aus Sicherheitsgründen vor seiner Abreise XXXX übergeben zu haben und dass dieser ohne Erlaubnis und somit eigenmächtig tätig geworden sei. Dies wiederspricht dem Umstand, dass die Vorbereitungen im Geschäftslokal augenscheinlich eine gewisse Professionalität aufweisen und die Vornahme durch einen Betriebsfremden nach allgemeiner Lebenserfahrung ausschließen.

Die Feststellung, die Betretenen wären im Rahmen des Pizzariabetriebes für den BF tätig, wird zudem durch die Aussage eines während der Kontrolle in dem Lokal als Kunde erscheinenden Dritten gestützt, der XXXX als Koch identifizierte und der angab, auch XXXX bereits öfters im Geschäftslokal gesehen zu haben. Es sind keine Gründe ersichtlich, an der Glaubwürdigkeit dieser Aussage zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Nach § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin die NÖGKK.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. Da über eine Sache nach § 410 Abs. 1 Z 5 entschieden wird, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache somit die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 ASVG nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 4 Abs. 2 1. Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Gemäß § 35 Abs. 1 1. Satz ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne des ASVG unter anderem derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Gemäß § 33 Abs. 1a ASVG kann der Dienstgeber die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

Gemäß § 33 Abs. 2 ASVG gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, daß die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

Gemäß § 113 Absatz 1 ASVG können unter anderem Dienstgebern Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn

1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde oder

2. die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 33 Abs. 1a Z 2 nicht oder verspätet erstattet wurde oder

3. das Entgelt nicht oder verspätet gemeldet wurde oder

4. ein zu niedriges Entgelt gemeldet wurde.

Der Beitragszuschlag setzt sich gemäß § 113 Abs. 2 ASVG im Fall des Abs. 1 Z 1 nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a [Abgabenbehörden des Bundes, deren Prüforgane Personen betreten haben] aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf € 500,00 je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf € 800,00. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf € 400,00 herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

Im Beschwerdeverfahren betreffend die Vorschreibung eines Beitragszuschlags gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG ist als Vorfrage ist zu klären, ob eine gemäß § 33 ASVG meldepflichtige Beschäftigung der Betretenen vorlag und der BF als Dienstgeber daher verpflichtet gewesen wäre, diese vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.

Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese und während dieser Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung (z.B. aufgrund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist (VwGH 19.02.2014, 2013/08/0267; vgl. verstärkter Senat 10.12.1986, 83/08/0200).

Fallbezogen folgt daher:

1. Zur Dienstnehmereigenschaft:

Im gegenständlichen Fall ist hinsichtlich der Feststellung der Umstände der Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Nach dieser gilt, dass die Behörde berechtigt ist, von einem Dienstverhältnis auszugehen, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. VwGH 21.04.2004, Zl. 2003/08/0182; VwGH 08.08.2008, Zl. 2008/09/0119). Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte (vgl. auch VwGH 26.05.2014, Zl. 2013/08/0165). Weiters kann bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfsarbeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, bei Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitere Untersuchungen vorausgesetzt werden (vgl. VwGH 20.09.2006, Zl. 2003/08/0274).

Verfahrensgegenständlich steht fest, dass die Betretenen im Betrieb des GF mit diversen Tätigkeiten (Kochen, Vorbereiten der Zutaten) für den BF als Dienstgeber tätig gewesen sind und zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht bei der Sozialversicherung angemeldet waren. Bei dieser Arbeit handelt es sich um solche einfachen manuellen Tätigkeiten, bei denen kein ins Gewicht fallender Gestaltungspielraum des Dienstnehmers vorhanden ist und die nach der Lebenserfahrung üblicherweise im Rahmen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG erbracht werden. Die belangte Behörde hat zudem zutreffend festgestellt, dass atypische Umstände, die einer Beurteilung als abhängige Beschäftigung entgegenstehen würden, im Beschwerdefall nicht zu sehen sind, zumal XXXX und XXXX weder über eigene Betriebsmittel verfügten, noch eigene unternehmerische Entscheidungen hätten treffen können. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes handelt es sich somit gerade um solche Tätigkeiten im Sinne der genannten Rechtsprechung, die in organisatorischer Einbindung in den Betrieb des BF erbracht worden sind. Demnach war ohne weiteres vom Vorliegen einer Tätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit auszugehen.

Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (vgl. VwGH 02.12. 2013, 2013/08/0191; 21.02.2001, 96/08/0028).

Sofern die Behörde im Sinne der genannten Judikatur vom Vorliegen eines Dienstverhältnisses ausgehen kann, dann ergibt sich der Entgeltanspruch - sofern dieser nicht ohnehin in Kollektivverträgen oder Mindestlohntarifen geregelt ist - im Zweifel aus § 1152 ABGB (vgl. VwGH 21.04.2004, Zl. 2003/08/0182; VwGH 08.08.2008, Zl. 2008/09/0119). Demnach gilt für die Erbringung von Dienstleistungen, sofern kein Entgelt bestimmt oder Unentgeltlichkeit vereinbart wurde, ein angemessenes Entgelt als bedungen (vgl. § 1152 ABGB). Ob ein demnach zustehendes Entgelt tatsächlich geleistet wurde oder nicht, braucht nicht untersucht zu werden (vgl. VwGH zum AuslBG 26.01.2012, 2009/09/0286).

In einer Gesamtschau ist daher im gegenständlichen Fall vom Vorliegen eines sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnisses iSd § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG von XXXX und XXXX zum BF auszugehen.

Die belangte Behörde hat daher den Beitragszuschlag rechtlich korrekt vorgeschrieben. Der BF als Dienstgeber hat es unterlassen, die betretenen Dienstnehmer vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung anzumelden. Er hat daher gegen die ihm obliegenden sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten verstoßen und den Tatbestand des § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG erfüllt. Somit ist der vorgeschriebene Beitragszuschlag dem Grunde nach berechtigt.

Gemäß § 113 Abs. 2 ASVG kann bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf 400,00 € herabgesetzt werden. Unbedeutende Folgen liegen nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann nicht vor, wenn sich der Meldeverstoß auf mehr als zwei Arbeiter gleichzeitig ausgewirkt hat und im Zeitpunkt der Kontrolle auch noch andauerte (vgl. VwGH 18.11.2009, Zl. 2008/08/0246). Da bis dato keine Anmeldungen für XXXX und XXXX durch den BF zum Betretungszeitpunkt erfolgten, liegen keine unbedeutenden Folgen vor. Somit ist der vorgeschriebene Beitragszuschlag auch der Höhe nach berechtigt.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der BF die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Partei zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall liegt dem Bundesverwaltungsgericht die zur Klärung der Rechtsfrage nötige Aktenlage vor, die von der NÖGKK ausreichend ermittelt wurde. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes hätte die vom BF beantragte mündliche Verhandlung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lassen und war der Sachverhalt iSd § 24 Abs. 4 VwGVG entscheidungsreif. Insgesamt daher konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das hg. Erkenntnis hält sich an die darin zitierte Judikatur des VwGH.

Schlagworte

Beitragszuschlag, Dienstnehmereigenschaft, Meldeverstoß

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W151.2176025.1.00

Zuletzt aktualisiert am

15.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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