TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/12 W214 2166078-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.11.2018
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Entscheidungsdatum

12.11.2018

Norm

AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §2 Abs1 Z15
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §75 Abs24
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W214 2166078-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX (auchXXXX), geb. XXXX, Staatsangehörigkeit: Syrien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.06.2017, Zl. XXXX (Spruchpunkt I.), betreffend Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am XXXX2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Bei der Erstbefragung am nächsten Tag gab er an, seinen Wohnsitz in XXXX gehabt zu haben. Er sei illegal aus Syrien ausgereist. Er habe wegen der Einberufung zur syrischen Armee und weil er von der Polizei gesucht werde, seinen Herkunftsstaat verlassen. Außerdem habe er an einem Ort gewohnt, an dem die Leute gegen den syrischen Präsidenten seien.

3. Am 18.04.2017 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) niederschriftlich einvernommen. Er gab an, zwölf Jahre die Schule besucht und mit Matura abgeschlossen zu haben. Danach habe er an der Universität in XXXX drei Jahre studiert. Seinen Militärdienst habe er nicht abgeleistet, er sei aber einberufen worden. Zum Beweis lege er sein Militärdienstbuch vor. Sein Militärdienst sei bis XXXX2016 aufgeschoben worden, weil er studiert habe. Aufgefordert, seine Fluchtgründe ausführlich darzulegen, gab er an, von den Geheimdiensten gesucht zu werden. Einen bestimmten Grund dafür gebe es nicht. "Die" seien an der Uni gewesen und hätten nach ihm gefragt. Der Beschwerdeführer sei nicht dort gewesen, weshalb er davon ausgegangen sei, dass sie zu ihm nach Hause kommen würden, deshalb habe er seine Wohnung verlassen. Es sei ihm gelungen, aus dem Gebiet, welches unter Kontrolle der Regierung gestanden habe, zu fliehen, weil er einen Militäroffizier gekannt habe. Er sei dann in einem Gebiet gewesen, das unter der Kontrolle der Freien Syrischen Armee gestanden habe. Auch dort sei verlangt worden, dass er mitkämpfe. Der Beschwerdeführer habe das nicht gewollt. Dabei würden unschuldige Menschen getötet werden und daher habe er beschlossen, Syrien zu verlassen.

4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und es wurde ihm unter Spruchpunkt III. dieses Bescheides gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine bis zum 28.06.2017 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Dieser Bescheid wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 14.07.2017, Zl. XXXX, dahingehend gemäß § 62 Abs. 4 AVG berichtigt, dass die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 28.06.2018 erteilt werde.

Im nunmehr angefochtenen Bescheid stellte die Behörde die Identität des Beschwerdeführers sowie den Aufschub seiner Einberufung zum Militärdienst bis zum XXXX2016 fest. Sie ging weiters davon aus, dass der Beschwerdeführer Syrien aus Angst vor der Ableistung seines Militärdienstes verlassen habe. Dass der Beschwerdeführer eine Verfolgung durch den syrischen Geheimdienst oder durch die syrische Polizei zu gewärtigen habe, führte die Behörde hingegen keiner positiven Feststellung zu. Zur Situation im Falle der Rückkehr des Beschwerdeführers nahm die Behörde an, dass nicht auszuschließen sei, dass der Beschwerdeführer bei Rückkehr "aufgrund des Bürgerkrieges zum Wehrdienst eingezogen werden" würde. Auch könnte nicht ausgeschlossen werden, dass er aufgrund seiner illegalen Ausreise bei seiner Rückkehr "mit menschenrechtswidrigen Sanktionen zu rechnen" hätte. Eine asylrelevante Verfolgung im Sinne der GFK erkannte die Behörde darin jedoch nicht und führte aus, dass Zwangsrekrutierungen, die nicht an andere Kriterien als Alter und Geschlecht geknüpft seien, ohne Hinzutreten weiterer Umstände im Sinne der GFK keine Asylrelevanz zukommen würden.

5. Nur gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde wegen falscher rechtlicher Beurteilung der Behörde. Darin brachte der Beschwerdeführer vor, ihm sei der Militärdienst aufgrund der Ableistung seines Studiums jährlich aufgeschoben worden, zuletzt bis zum XXXX2016. Noch bevor der Beschwerdeführer einen Verlängerungsantrag gestellt habe, habe er von seinen Freunden erfahren, dass er an der Universität vom Geheimdienst gesucht werde. Der Beschwerdeführer, der an der Universität auch persisch gelernt habe, vermute, dass er womöglich für Übersetzungstätigkeiten gesucht werde, weil seit 2013 vermehrt persisch-sprachige Soldaten aus dem Iran für die syrische Armee kämpfen würden. Da er in das Blickfeld des syrischen Geheimdienstes gerückt sei, habe er es nicht gewagt, seinen Militäraufschub zu verlängern, da er sonst womöglich zwangsrekrutiert worden wäre. Daher habe der Beschwerdeführer sein Studium abgebrochen und sei ausgereist. Die Behörde habe sich nicht damit auseinandergesetzt, ob sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers die Unterstellung einer politischen Gesinnung ableiten lasse und werde diesbezüglich auf die von der Behörde auch herangezogenen Länderberichte verwiesen. Auch die Tatsache der illegalen Ausreise habe die Behörde unberücksichtigt gelassen.

6. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 26.07.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person und zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der in Österreich strafgerichtlich unbescholtenen Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, am XXXXXXXX geboren und heißt XXXX. Er gehört der arabischen Volksgruppe an und ist muslimisch sunnitischen Glaubens. Der Beschwerdeführer war in XXXX wohnhaft.

Dem Beschwerdeführer wurde wegen des Bürgerkriegs in Syrien subsidiärer Schutz zuerkannt.

Der Beschwerdeführer verließ Syrien (auch) aus Angst, an Checkpoints eingezogen und zur Ableistung des Wehrdienstes, den er noch nicht abgeleistet hat, für die syrische Regierung (zwangsweise) herangezogen zu werden. Zuvor war dem Beschwerdeführer mehrmals ein Aufschub der Ableistung seines Wehrdienstes gewährt worden, weil er auf der Universität studierte. Noch bevor er einen weiteren Aufschub bei den syrischen Behörden beantragte, entzog er sich dem Verfahren, indem er illegal aus Syrien ausreiste, weil er dem Militärdienst aus Gesinnungsgründen nicht Folge leisten wollte/will.

Der Beschwerdeführer hat aufgrund der aktuellen Situation in Syrien bei einem Aufenthalt bzw. seiner Rückkehr nach Syrien damit zu rechnen, vom syrischen Regime zur Militärdienstleistung bzw. zum sonstigen Militäreinsatz in der syrischen Armee und/oder in einer Miliz der syrischen Regierung zwecks Teilnahme an den Kampfhandlungen des syrischen Regimes gegen "oppositionelle" Kräfte - zwangsweise - herangezogen zu werden und Menschenrechtsverletzungen zu begehen und lehnt dies ab. Bei einer Weigerung droht ihm die Gefahr erheblicher Menschenrechtsverletzungen bis hin zur extralegalen Tötung.

Der Beschwerdeführer reiste deswegen illegal aus Syrien aus und stellte in Österreich den verfahrensgegenständlichen Asylantrag am XXXX2017.

Es liegen im Fall des Beschwerdeführers keine Asylausschlussgründe vor.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Zur Wehrpflicht bzw. betreffend (zwangsweise) Rekrutierungen:

Seit Jahren versuchen immer mehr Männer die Rekrutierung zu vermeiden, indem sie beispielsweise das Land verlassen oder lokalen bewaffneten Gruppen beitreten, die das Regime unterstützen. Jenen, die den Militärdienst verweigern, oder auch ihren Familienangehörigen, können Konsequenzen drohen. Es ist schwer zu sagen, in welchem Ausmaß die Rekrutierung durch die syrische Armee in verschiedenen Gebieten Syriens, die unter der Kontrolle verschiedener Akteure stehen, tatsächlich durchgesetzt wird, und wie dies geschieht. In der syrischen Armee herrscht zunehmende Willkür und die Situation kann sich von einer Person zur anderen unterscheiden (FIS 23.8.2016).

Die Rekrutierung von männlichen Syrern findet nach wie vor unvermindert statt (DRC/DIS 8.2017). Für männliche syrischen Staatsbürger und Palästinenser, welche in Syrien leben, ist ein Wehrdienst von 18 oder 21 Monaten ab dem Alter von 18 Jahren verpflichtend, außerdem gibt es einen freiwilligen Militärdienst. Frauen können ebenfalls freiwillig einen Militärdienst ableisten (CIA 5.12.2017; vgl. FIS 23.8.2016; vgl. BFA 8.2017). Diejenigen männlichen palästinensischen Flüchtlinge, im Alter von 18 bis 42 Jahren, welche vor 1956 bei der General Administration for Palestine Arab Refugees (GAPAR) registriert waren, und deren Nachkommen müssen den verpflichtenden Wehrdienst bei der Palästinensischen Befreiungsarmee (PLA), einer Einheit der syrischen Streitkräfte, ableisten. Für diese Palästinenser gelten die gleichen Voraussetzungen für den Wehrdienst wie für Syrer (BFA 8.2017). [Informationen zu Palästinensern finden sich auch unter Abschnitt

"15.1. Palästinensische Flüchtlinge"]

Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Militärbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit, oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsatz verbunden sind, ableisten. Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. "Rekrut" ist der niedrigste Rang, und die Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen (BFA 8.2017).

Normalerweise werden Einberufungsbefehle schriftlich mit der Post zugestellt, zur Zeit wird jedoch eher auf persönlichem Wege zum verpflichtenden Militärdienst rekrutiert, um ein Untertauchen der potentiellen Rekruten möglichst zu verhindern. Zu diesem Zweck werden Mitarbeiter des Rekrutierungsbüros zum Haus der Wehrpflichtigen geschickt. Wenn der Gesuchte zu Hause ist, wird er direkt mitgenommen. Wenn er nicht zu Hause ist, wird der Familie mitgeteilt, dass er sich bei der nächsten Kaserne zu melden habe. Es gibt immer wieder Razzien, wie zum Beispiel Anfang Mai 2017, als bei einem Fußballspiel in Tartus alle Männer beim Verlassen des Stadions versammelt und zum Dienst verpflichtet wurden. Einige Zeit zuvor gab es einen weiteren Vorfall, bei dem vor einem Einkaufszentrum in Damaskus alle wehrfähigen Männer eingesammelt und rekrutiert wurden. Auch ein "Herauspflücken" bei einem der zahlreichen Checkpoints ist weit verbreitet. Die Altersgrenze ist auf beiden Enden des Altersspektrums nur theoretisch und jeder Mann in einem im weitesten Sinne wehrfähigen Alter, kann rekrutiert werden (BFA 8.2017; vgl. FIS 23.8.2016; vgl. Syria Direct 7.12.2017). Berichten zufolge besteht aber auch für - teils relativ junge - Minderjährige die Gefahr, in Zusammenhang mit der Wehrpflicht an Checkpoints aufgehalten zu werden und dabei Repressalien ausgesetzt zu sein (UNHCR 30.11.2016). Wenn eine persönliche Benachrichtigung nicht möglich ist, können Männer, die das wehrfähige Alter erreichen, auch durch Durchsagen im staatlichen Fernsehen, Radio oder der Zeitung zum Wehrdienst aufgerufen werden (DIS 26.2.2015).

Die syrische Armee hat durch Todesfälle, Desertionen und Überlaufen zu den Rebellen einen schweren Mangel an Soldaten zu verzeichnen (FIS 23.8.2016; vgl. ISW 8.3.2017). Viele weigern sich, der Armee beizutreten. Die regulären Rekrutierungsmethoden werden in Syrien noch immer angewendet, weil das Regime zeigen will, dass sich nichts verändert hat, und das Land nicht in totaler Anarchie versinkt. Es gibt auch Männer im kampffähigen Alter, die frei in Syrien leben. Dem Regime liegt nicht daran, alle wehrtauglichen Personen in die Flucht zu treiben. Es werden nämlich auch künftig motivierte Kämpfer benötigt (FIS 23.8.2016).

Bei der Einreise nach Syrien über den Flughafen Damaskus oder andere Einreisepunkte in Gebiete, die vom syrischen Regime kontrolliert werden, wird bei Männern im wehrfähigen Alter überprüft, ob diese ihren Militärdienst bereits abgeleistet haben. Selbst wenn sie ihren Militärdienst bereits absolviert haben, kommt es vor, dass Männer im wehrfähigen Alter erneut zwangsrekrutiert werden (IRB 19.1.2016; vgl. Zeit 10.12.2017).

Im November 2017 beschloss das syrische Parlament eine Gesetzesnovelle der Artikel 74 und 97 des Militärdienstgesetzes. Die Novelle besagt, dass jene, die das Höchstalter für die Ableistung des Militärdienstes überschritten haben und den Militärdienst nicht abgeleistet haben, und auch nicht aus anderen gesetzlich vorgesehenen Gründen vom Wehrdienst befreit sind, eine Kompensationszahlung von 8.000 USD oder dem Äquivalent in SYP leisten müssen. Diese Zahlung muss innerhalb von drei Monaten nach Erreichen des Alterslimits geleistet werden. Wenn diese Zahlung nicht geleistet wird, ist die Folge eine einjährige Haftstrafe und die Zahlung von 200 USD für jedes Jahr, um welches sich die Zahlung verzögert, wobei der Betrag 2000 USD oder das Äquivalent in SYP nicht übersteigen soll. Jedes begonnene Jahr der Verzögerung wird als ganzes Jahr gerechnet. Außerdem kann basierend auf einem Beschluss des Finanzministers das bewegliche und unbewegliche Vermögen der Person, die sich weigert den Betrag zu bezahlen, konfisziert werden (SANA 8.11.2017; vgl. SLJ 10.11.2017; vgl. PAR 15.11.2017)

Befreiung und Aufschub

Es gibt verschiedene Gründe, um vom Militärdienst befreit zu werden. Der einzige Sohn einer Familie, Studenten oder Versorger der Familie können vom Wehrdienst befreit werden oder diesen aufschieben. Außerdem sind Männer mit Doppelstaatsbürgerschaft, die den Wehrdienst bereits in einem anderen Land abgeleistet haben, üblicherweise vom Wehrdienst befreit (FIS 23.8.2016; vgl. DIS 26.2.2015). Diese Ausnahmen sind theoretisch immer noch als solche definiert, die Situation in der Praxis ist jedoch anders. Präsident al-Assad versucht den Druck in Bezug auf den Wehrdienst zu erhöhen, und es gibt nun weniger Befreiungen und Aufschübe beim Wehrdienst. Generell werden die Regelungen nun strenger durchgesetzt, außerdem gibt es Gerüchte, dass Personen trotz einer Befreiung oder eines Aufschubs rekrutiert werden. Was die Regelungen zur Befreiung oder zum Aufschub des Wehrdienstes betrifft, so hat man als einziger Sohn der Familie noch die besten Chancen. Das Risiko der Willkür ist jedoch immer gegeben (BFA 8.2017; vgl. DRC/DIS 8.2017).

Es gibt Beispiele, dass Männer sich durch die Bezahlung von Bestechungsgeldern vom Wehrdienst freigekauft haben, was jedoch keineswegs als einheitliche Praxis betrachtet werden kann, sondern schlicht Willkür darstellt. So war es vor dem Konflikt gängige Praxis sich vom Wehrdienst freizukaufen, was einen aber nicht davor schützt, im Zuge des aktuellen Konfliktes - manchmal sogar Jahre danach - trotzdem eingezogen zu werden (BFA 8.2017).

Es gibt ein Gesetz, das syrischen Männern, die mehr als fünf Jahre außerhalb des Landes gelebt haben, gegen Zahlung eines Bußgeldes die Befreiung vom Militärdienst ermöglicht. Diese Gebühr wurde von 5.000 USD auf 8.000 USD erhöht (BFA 8.2017).

Wehrdienstverweigerung / Desertion

Besonders aus dem Jahr 2012 gibt es Berichte von desertierten syrischen Soldaten, welche gezwungen wurden, auf unbewaffnete Zivilisten und Protestierende, darunter Frauen und Kinder, zu schießen. Falls sie sich weigerten, wären sie Gefahr gelaufen, erschossen zu werden (AI 6.2012).

Wehrdienstverweigerer werden laut Gesetz in Friedenszeiten mit ein bis sechs Monaten Haft bestraft, die Wehrpflicht besteht dabei weiterhin fort. In Kriegszeiten wird Wehrdienstverweigerung laut Gesetz, je nach den Umständen, mit Gefängnisstrafen von bis zu 5 Jahren bestraft. Nach Verbüßen der Strafe muss der Wehrdienstverweigerer weiterhin den regulären Wehrdienst ableisten. Bei einer Wehrdienstverweigerung hat man die Möglichkeit sich zu verstecken und das Haus nicht mehr zu verlassen, das Land zu verlassen, sich durch Bestechung freizukaufen oder einer anderen Gruppierung beizutreten. Bezüglich Konsequenzen einer Wehrdienstverweigerung gehen die Meinungen der Quellen auseinander. Während die einen eine Foltergarantie und Todesurteil sehen, sagen andere, dass Verweigerer sofort eingezogen werden (BFA 8.2017). Die Konsequenzen hängen jedoch vom Profil und den Beziehungen der Person ab. Wenn es eine Verbindung zu einer oppositionellen Gruppe gibt, wären die Konsequenzen ernster (DIS 26.2.2015).

Wenn jemand den Wehrdienst verweigert und geflohen ist, gibt es die Möglichkeit seinen Status zu "regularisieren", wobei möglicherweise auch ein signifikanter Betrag zu entrichten ist (gerüchteweise bis zu 8.000 USD). Eine solche "Regularisierung" schützt allerdings nicht automatisch vor Repressalien oder einer zukünftigen Rekrutierung. Berichten zufolge betrachtet die Regierung Wehrdienstverweigerung nicht nur als eine strafrechtlich zu verfolgende Handlung, sondern auch als Ausdruck von politischem Dissens und mangelnder Bereitschaft, das Vaterland gegen "terroristische" Bedrohungen zu schützen (BFA 8.2017).

Auch Familien von Deserteuren oder Wehrdienstverweigerern haben mit Konsequenzen zu rechnen. Eine Familie kann von der Regierung unter Druck gesetzt werden, wenn der Deserteur dadurch vielleicht gefunden werden kann. Familienmitglieder (auch weibliche) können festgenommen werden, um den Deserteur dazu zu bringen, sich zu stellen. Manchmal wird ein Bruder oder der Vater eines Deserteurs ersatzweise zur Armee rekrutiert (FIS 23.8.2016; vgl. BFA 8.2017).

In Gebieten, welche durch sogenannte Versöhnungsabkommen wieder unter die Kontrolle des Regimes gebracht wurden, werden häufig Vereinbarungen bzgl. Wehrdienst getroffen. Manche Vereinbarungen besagen, dass Männer nicht an die Front geschickt, sondern stattdessen bei der Polizei eingesetzt werden. Berichten zufolge wurden solche Zusagen von der Regierung aber bisweilen auch gebrochen, was jedoch schwer zu beweisen ist (BFA 8.2017).

Bewegungsfreiheit

Die syrische Regierung verweigert die Ausstellung von Reisepässen oder anderen wichtigen Dokumenten aufgrund der politischen Einstellung einer Person, deren Verbindung zu oppositionellen Gruppen oder der Verbindung zu einem geographischen Gebiet, in dem die Opposition dominiert. Das syrische Regime verlangt außerdem ein Ausreisevisum und schloss regelmäßig den Flughafen Damaskus und Grenzübergänge. Über Menschenrechtsaktivisten oder andere Aktivisten der Zivilgesellschaft, deren Familien oder Bekannte werden häufig Ausreiseverbote verhängt. Viele Personen erfahren erst von einem Ausreiseverbot, wenn ihnen die Ausreise verweigert wird. Grund oder Gültigkeitsdauer werden häufig nicht genannt (USDOS 3.3.2017).

Minderjährige Kinder können nicht ohne schriftliche Genehmigung ihres Vaters ins Ausland reisen, selbst wenn sie sich in Begleitung ihrer Mutter befinden (BFA 8.2017).

Rückkehr

Länger zurückliegende Gesetzesverletzungen im Heimatland (z.B. illegale Ausreise) können von den syrischen Behörden bei einer Rückkehr verfolgt werden. In diesem Zusammenhang kommt es immer wieder zu Verhaftungen (AA 17.8.2017). Im Prinzip steht es syrischen Staatsangehörigen frei, mit ihrem syrischen Pass (oder bei einer Ausreise in den Libanon: mit gültigem Personalausweis) über alle funktionsfähigen Grenzübergänge, einschließlich dem Flughafen Damaskus, das Land zu verlassen. Syrische Staatsangehörige müssen eine Ausreisegebühr in einer Höhe zahlen, die vom Ausreisepunkt (Landgrenze oder Flughafen) abhängt. Auf Grundlage des Gesetzes Nr. 18 aus dem Jahr 2014 kann die Ausreise oder Rückkehr ohne gültigen Pass oder ohne die erforderliche Genehmigung oder über einen nicht genehmigten Ausreisepunkt je nach Umständen des Einzelfalls Freiheits- und/oder Geldstrafen nach sich ziehen. Es ist nicht klar, ob das Gesetz tatsächlich angewandt wird und ob Personen, die aus dem Ausland zurückkehren, gemäß Gesetz Nr. 18 von 2014 einer Strafverfolgung ausgesetzt sind (UNHCR 2.2017).

Personen werden bei der Einreise nach Syrien über den internationalen Flughafen Damaskus oder andere Einreiseorte kontrolliert. Bei männlichen Personen im wehrfähigen Alter wird auch kontrolliert, ob diese ihren Militärdienst bereits abgeleistet haben (IRB 19.1.2016; vgl. Zeit 10.12.2017). Männer im wehrfähigen Alter sind bei der Einreise besonders gefährdet, Opfer von Misshandlungen durch das Sicherheitspersonal zu werden. Die Sicherheitsorgane haben am Flughafen freie Hand, und es gibt keine Schutzmechanismen, wenn eine Person verdächtigt und deswegen misshandelt wird. Es kann passieren, dass die Person sofort inhaftiert und dabei Opfer von Verschwindenlassen oder Folter wird. Oder der Person wird die Einreise nach Syrien erlaubt, sie muss sich jedoch zu einem anderen Zeitpunkt erneut melden und verschwindet dann. Eine Person kann auch Opfer von Misshandlungen werden, ohne dass es dafür einen bestimmten Grund gibt. Das System ist sehr unberechenbar (IRB 19.1.2016). Bereits im Jahr 2012 hat ein britisches Gericht festgestellt, dass für einen nach Syrien zurückkehrenden, abgelehnten Asylwerber im Allgemeinen bei der Ankunft die reale Gefahr besteht, aufgrund einer angenommenen politischen Gesinnung inhaftiert zu werden, und in der Folge schweren Misshandlungen ausgesetzt zu sein. Seit dieser Feststellung hat sich die Situation weiter verschlimmert. Es kann jedoch auch sein, dass eine Person, trotz eines abgelehnten Asylantrages, auch nach der Rückkehr nach Syrien noch als Unterstützer des Assad-Regimes angesehen wird (UK HOME 8.2016).

Das syrische Gesetz bestraft auch Personen, welche versuchen in einem anderen Land Asyl zu suchen, um eine Strafe in Syrien zu vermeiden (USDOS 3.3.2017).

In den von oppositionellen Gruppierungen wie Jabhat Fatah ash-Sham oder dem sogenannten Islamischen Staat (IS) kontrollierten Gebieten verfügen die bewaffneten Gruppen ebenfalls über Listen von "Dissidenten". Ihnen drohen Misshandlung und Verschwindenlassen. Auch oppositionelle Gruppen kontrollieren Rückkehrende, wobei die Bekanntgabe des Wohn- und Geburtsortes wichtig ist. SyrerInnen, die aus der Türkei in oppositionelle Gebiete zurückkehren, werden befragt. Es kommt außerdem zu Entführungen und Lösegelderpressungen durch bewaffnete Gruppen (SFH 21.3.2017).

Wie aus Berichten hervorgeht, betrachtet die Regierung bestimmte Aktivitäten von im Ausland lebenden Syrern als Ausdruck einer oppositionellen Einstellung, darunter Anträge auf Asyl, Teilnahme an regierungskritischen Protesten, Kontakte zu Oppositionsgruppen oder andere Ausdrucksformen der Kritik an der Regierung, einschließlich über soziale Medien (UNHCR 2.2017). Die syrische Regierung hat Interesse an politischen Aktivitäten von Syrern im Ausland, auch deshalb, um oppositionelle Alternativen zum gegenwärtigen Regime zu unterbinden. Die Regierung überwacht Aktivitäten dieser Art im Ausland, auch in Österreich. Dass die syrische Regierung Kenntnis von solchen Aktivitäten hat, ist wahrscheinlich, und sie hat die Möglichkeit, ihr diesbezügliches Wissen zu nützen, wenn sich dazu die Gelegenheit ergibt. Eine Überwachung von exilpolitischen Aktivitäten passiert hauptsächlich an Orten mit einer größeren syrischen Gemeinde, weil sich dort eher Informanten der Regierung befinden können. Eine Gefährdung eines Rückkehrers im Falle von exilpolitischer Aktivität hängt jedoch von den Aktivitäten selbst, dem Profil der Person und von zahlreichen anderen Faktoren, wie dem familiären Hintergrund und den Ressourcen ab, die der Regierung zur Verfügung stehen (BFA 8.2017).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und zu seinem Fluchtvorbringen:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers, seiner Staatsangehörigkeit, Herkunft sowie Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit gründen sich zum Teil auf die bereits von der Behörde als glaubwürdig erachteten und zugrunde gelegten Angaben. Die Feststellung des Namens wurde vom Bundesverwaltungsgericht aufgrund folgender Tatsachen vorgenommen: Im Asylakt des Beschwerdeführers befinden sich der Militärdienstausweis des Beschwerdeführers (s. AS 109 f), sein Personalausweis (s. AS 107), der im Zuge der eingeleiteten kriminaltechnischen Überprüfung als Originaldokument qualifiziert wurde (s. AS 43), sowie die Klarstellung der Schreibweise seines Namens durch den Beschwerdeführer (AS 63). Zwar wird als Familienname des Beschwerdeführers im Personalausweis (möglicherweise irrtümlich) sein zweiter Vorname angeführt, jedoch trägt der Beschwerdeführer laut Militärdienstausweis den in den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes angeführten Namen und hat diesen auch in der Befragung durch die belangte Behörde bestätigt. Überdies befindet sich eine Cousine des Beschwerdeführers in Österreich, die denselben Familiennamen trägt.

Aufgrund der Einsichtnahme in das von ihm vorgelegte Militärbuch war auch, in Übereinstimmung mit seinen Angaben im Verfahren und in der Beschwerde davon auszugehen, dass ihm aufgrund seines Studiums bereits mehrmals Aufschub gewährt wurde, zuletzt bis zum XXXX2016 (s. AS 115).

Die Feststellungen, dass dem Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit im Falle einer Rückkehr nach Syrien die Einziehung zum Dienst bei der syrischen Armee bzw. dabei die Gefahr erheblicher Menschenrechtsverletzungen droht, deren Ausmaß aufgrund der derzeitigen Ausnahmesituation bis zur extralegalen Tötung reichen kann, stützen sich auf die aktuellen Länderfeststellungen und die glaubwürdigen Ausführungen des Beschwerdeführers in der Einvernahme und in der Beschwerde. Wie in den Länderberichten ausgeführt wird, sind die Einheiten, die auf der Seite der Assad-Regierung kämpfen, sehr vielfältig. Manche davon gehören regulären Streitkräften an, andere gehören zu verschiedenen Milizen. Manche bestehen aus nicht mehr als ein paar Dutzend Männern, andere Gruppen bestehen aus tausenden Männern und besitzen ihre eigenen Trainingscamps und Netzwerke. Die Regierung hält die Kontrolle über die uniformierten Polizei-, Militär- und Staatssicherheitskräfte aufrecht, kann jedoch die Kontrolle über paramilitärische, nicht-uniformierte regierungstreue Milizen, welche oft autonom und ohne Aufsicht oder Führung der Regierung arbeiten, nicht immer gewährleisten. Straflosigkeit unter den Sicherheitsbehörden bleibt ein weit verbreitetes Problem.

Wie sich aus diesen Berichten ebenfalls ergibt, hat die syrische Regierung Schwierigkeiten, neue Rekruten auszuheben. Ferner kann es während des Militärdienstes zur zwangsweisen Mitwirkung an schweren Menschenrechtsverletzungen und bei deren Verweigerung zu einer Verhaftung und Bestrafung von asylrelevanter Intensität kommen.

Die Behörde zieht dies auch gar nicht in Zweifel, sondern ging in ihrem nunmehr angefochtenen Bescheid sogar davon aus, dass der Beschwerdeführer Syrien aus Angst vor der Ableistung seines Militärdienstes verlassen hat. Weiters schloss die Behörde auch nicht aus, dass er einerseits zum Wehrdienst eingezogen werden würde, andererseits aufgrund seiner illegalen Ausreise bei seiner Rückkehr mit menschenrechtswidrigen Sanktionen zu rechnen hätte (s. S. 13 des angefochtenen Bescheides). Da auch für die Behörde feststeht, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines Alters und seines bisher noch nicht abgeleisteten Wehrdienstes zwangsweise rekrutiert werden würde, konnten die weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach er (auch) vom Geheimdienst bzw. von der syrischen Polizei gesucht werde, dahingestellt bleiben, da allein aufgrund der drohenden Rekrutierung, die der Beschwerdeführer aus Gründen der politischen Gesinnung ablehnt, bereits ein asylrelevanter Sachverhalt vorliegt.

Die zwangsweise Heranziehung von jungen Männern zur Militärdienstleistung ist auch bei der syrischen Regierung gängige Praxis und herrscht bei der Umsetzung von gesetzlichen Bestimmungen betreffend den militärischen Dienst oftmals Willkür. Dass der Beschwerdeführer, auch außerhalb eines formellen Einberufungsverfahrens, im Falle seiner Rückkehr nach Syrien jederzeit zwangsweise rekrutiert werden könnte, etwa bei einer Kontrolle an einem Checkpoint, stellt die Behörde gar nicht in Abrede, sondern geht vielmehr davon aus, dass es sich wahrscheinlich so zutragen würde. Zudem hat sich aus den Länderberichten klar ergeben, dass - auch wenn dem Beschwerdeführer bisher mehrmals Aufschübe in Bezug auf die Ableistung seines verpflichtenden Wehrdienstes gewährt wurde - nicht davon ausgegangen werden kann, dass dies von den syrischen Behörden auch weiterhin so gehandhabt werden würde. Die Ausnahmebestimmungen zur Ableistung des Militärdienstes sind zwar theoretisch immer noch definiert, die Situation in der Praxis ist jedoch anders, weil der Präsident al-Assad den Druck in Bezug auf den Wehrdienst zu erhöhen versucht und Befreiungen und Aufschübe beim Wehrdienst entweder selten vorkommen bzw. Personen trotz einer Befreiung oder eines Aufschubs rekrutiert werden.

Vor diesem Hintergrund ist der junge und gesunde Beschwerdeführer, der seinen Militärdienst bisher noch nicht geleistet hat und sich zuletzt einem Verfahren auf einen möglichen weiteren Aufschub aus Angst, gleich eingezogen zu werden, gar nicht mehr gestellt, sondern durch (illegale) Ausreise entzogen hat, aus Sicht der syrischen Behörden für den Militäreinsatz als geeignet anzusehen und hinsichtlich der Rekrutierungsgefahr als besonders bedroht einzustufen, da auch kontrolliert wird, wer seinen Wehrdienst bereits abgeleistet hat und wer nicht (IRB 19.1.2016; vgl. Zeit 10.12.2017). Männer im wehrfähigen Alter sind bei der Einreise daher besonders gefährdet, Opfer von Misshandlungen durch das Sicherheitspersonal zu werden. Die Sicherheitsorgane haben am Flughafen freie Hand, und es gibt keine Schutzmechanismen, wenn eine Person verdächtigt und deswegen misshandelt wird. Es kann passieren, dass die Person sofort inhaftiert und dabei Opfer von Verschwindenlassen oder Folter wird. Oder der Person wird die Einreise nach Syrien erlaubt, sie muss sich jedoch zu einem anderen Zeitpunkt erneut melden und verschwindet dann. Eine Person kann auch Opfer von Misshandlungen werden, ohne dass es dafür einen bestimmten Grund gibt. Das System ist sehr unberechenbar. Umso mehr ist demnach aber eine Person wie der Beschwerdeführer gefährdet.

Es besteht daher die reale Gefahr, dass der Beschwerdeführer bei einem Aufenthalt in Syrien - sei es im Rahmen der Einreise oder eines sonstigen Behördenkontaktes (an einem Checkpoint) - zur Militärdienstleistung aufgefordert und (zwangsweise) eingezogen werden und dabei - wie sich aus den weiteren Feststellungen ergibt - u. a. zur Bekämpfung von "oppositionellen" Kräften, auch von Andersdenkenden sowie zum Vorgehehen gegen die Zivilbevölkerung, auch gegen Frauen und Kinder, eingesetzt und entweder (im Fall der Verweigerung des Militärdienstes) zum Opfer oder (im Fall der Ableistung des Militärdienstes) zum Täter/Unterstützer von gravierenden Menschenrechtsverletzungen zu werden. Im Fall des Beschwerdeführers sind keinerlei Umstände ersichtlich, aufgrund derer - entgegen dieser Verhältnisse in Syrien - nicht von einer - gegebenenfalls zwangsweise durchzusetzenden - Einziehung zum Militärdienst bzw. Kriegsdienst auszugehen wäre. Im Gegenteil, beim Beschwerdeführer kommt verstärkend hinzu, dass er Syrien zuvor illegal, indem er einen bekannten Militäroffizier bestochen hat, verlassen hat, was die Vermutung seiner oppositionellen Haltung noch verstärkt.

Es ist daher vor diesem Hintergrund vom Wahrheitsgehalt der Darstellung des Beschwerdeführers auszugehen, den auch die Behörde bereits bejahte. Der Ansicht der belangten Behörde, wonach der Beschwerdeführer keine konkret seine Person betreffende Verfolgungsgefahr aus Konventionsgründen glaubhaft machen habe können, ist hingegen vor dem Hintergrund der aktuellen Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat und auch aufgrund der Tatsache, dass im wehrpflichtigen Alters steht und seinen Militärdienst - aufgrund der bisherigen Aufschübe - noch gar nicht abgeleistet hat, nicht zu folgen. Die Rückkehrbefürchtungen des Beschwerdeführers stellen sich daher - vor dem Hintergrund der dem gegenständlichen Verfahren zugrunde gelegten Länderfeststellungen - als plausibel dar. Die belangte Behörde hätte im Vorbringen des Beschwerdeführers nicht nur einen Grund sehen müssen, ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, sondern darüber hinaus einen asylrelevanten Sachverhalt annehmen müssen.

Das Datum der Antragstellung und die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

2.2. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Die Feststellungen sind der belangten Behörde nicht nur zur Gänze amtsbekannt, sie legte sie ihrem Bescheid auch zugrunde. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht geändert haben. Die Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hat das Länderinformationsblatt am 25.01.2018 erstellt (und seither im Mai und August 2018 aktualisiert, wobei sich die zitierten Passagen nicht geändert haben), und daher sind auch jene Berichte, die älteren Datums sind, auf ihre Aktualität überprüft worden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

3.2. Die Beschwerde wurde fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.

3.3. Zu Spruchpunkt A) Stattgebung der Beschwerde:

3.3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 27.01.2000, 99/20/0519). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH vom 22.03.2003, 99/01/0256 mwN).

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh. er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 3 mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (vgl. VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.3.2. Es ist dem Beschwerdeführer gelungen, eine drohende Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK glaubhaft zu machen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann auch die Gefahr einer wegen "Wehrdienstverweigerung" (allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen) drohenden Bestrafung dann zur Asylgewährung führen, wenn das Verhalten des Betroffenen im Einzelfall auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht und den Sanktionen - wie etwa bei der Anwendung von Folter - jede Verhältnismäßigkeit fehlt. Ist Letzteres der Fall, so kann dies aber auch auf der - generellen - Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung beruhen, womit unabhängig von einer der Wehrdienstverweigerung bzw. Desertion im konkreten Fall wirklich zugrundeliegenden religiösen oder politischen Überzeugung der erforderliche Zusammenhang zu einem Konventionsgrund gegeben wäre (vgl. VwGH 14.12.2004, 2001/20/0692).

Dient die Geltung verschärfter Strafdrohungen bei Wehrdienstverweigerung im Wesentlichen dazu, dass Einberufene erhöhtem Druck zur Teilnahme an Handlungen ausgesetzt sind, die sich gegen die Ziele und Prinzipien der Vereinten Nationen richten (vgl. Art. 1 Abschnitt F GFK), so erfüllt dies unter der weiteren Voraussetzung, dass einem Wehrdienstverweigerer zumindest eine gegen den Staat gerichtete politische Gesinnung unterstellt wird, die Anforderungen der auf dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 1994, VwSlg. 14089 A/1994 (verst. Senat), basierenden Rechtsprechung an die Zuerkennung von Asyl. Weiters vertritt der Verwaltungsgerichtshof nunmehr ausdrücklich die Auffassung, dass unter dem Gesichtspunkt des Zwangs zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen - etwa gegen die Zivilbevölkerung - auch eine bloße Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung darstellen kann (siehe VwGH 25.03.2003, 2001/01/0009, zitiert nach Feßl/Holzschuster [Asylgesetz 2005, 117 ff]). Daher ist eine (drohende) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Art. 12 Abs. 2 der genannten Richtlinie fallen, umfassen würde, eine (drohende) asylrelevante Verfolgung.

Aus den Länderfeststellungen geht hervor, dass der Militäreinsatz in der syrischen Armee, dem sich der Beschwerdeführer letztlich durch seine Ausreise entzogen hat, im derzeitigen bewaffneten Konflikt in Syrien mit einem Zwang zur Verübung menschenrechtswidriger Handlungen und zur Teilnahme an völkerrechtswidrigen Militäraktionen (etwa Angriffe auf die Zivilbevölkerung) verbunden (und damit im Sinne des Abs. 171 des UNHCR-Handbuches über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft den "Grundregeln menschlichen Verhaltens" widersprechend) ist und dass völlig unverhältnismäßige Bestrafungsmaßnahmen und Sanktionen bei Wehrdienstverweigerung und bei Verweigerung von Befehlen im Bereich des Militärdienstes bzw. des Militäreinsatzes (etwa Hinrichtung von Soldaten, die sich weigern, auf Zivilisten und Protestierende, darunter Frauen und Kinder, zu schießen) erfolgen. Davon ist der Beschwerdeführer, dem maßgeblich wahrscheinlich der Wehrdiensteinsatz bei der syrischen Armee droht und der einen solchen Einsatz verweigert bzw. ablehnt, maßgeblich wahrscheinlich betroffen. Unter den besonderen Verhältnissen in Syrien kann die Anwendung dieser völlig unverhältnismäßigen Bestrafungsmaßnahmen und Sanktionen seitens der syrischen Regierung nicht anders als dahingehend beurteilt werden, als dass sie auf der generellen Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung der Betroffenen beruht. Damit liegt im Hinblick auf die dem Beschwerdeführer drohende Bestrafung wegen "Wehrdienstverweigerung" als drohender Eingriff von erheblicher Intensität eine asylrelevante Verfolgung vor, weil die Bestrafung in Zusammenhang mit einem Konventionsgrund, nämlich mit dem der "politischen Gesinnung", steht.

Es haben sich im vorliegenden Fall daher ausreichende Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung droht. Diese Verfolgung geht von der syrischen Regierung aus und droht dem Beschwerdeführer aufgrund seiner Wehrdienstentziehung. Darüber hinaus kann nicht ausgeschlossen werden, dass dem Beschwerdeführer im Rahmen einer Sanktionierung seines Verhaltens nicht bloß die Abhandlung eines rechtstaatlichen Verfahrens droht, sondern er vielmehr mit willkürlicher Bestrafung bis hin zu seiner extralegalen Tötung zu rechnen hat. Die hinreichende Intensität solcher Verfolgungshandlungen bedarf aufgrund der derzeitigen Situation mit einer Vielzahl schwerer Menschenrechtsverletzungen keiner weiteren Begründung. Es liegt somit eine individuelle Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vor.

Bei der vorliegenden Konstellation kann im gegenständlichen Fall auch nicht mit der erforderlichen maßgeblichen Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass der Beschwerdeführer über die Möglichkeit verfügen würde, sich in Syrien in einer anderen Region niederzulassen. Eine abschließende Prüfung der innerstaatlichen Fluchtalternative kann jedoch insbesondere auch vor dem Hintergrund entfallen, dass die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Widerspruch zum (von der Behörde gewährten) subsidiären Schutz stehen würde, weil § 11 AsylG 2005 die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative nur erlaubt, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht gegeben sind (vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0011 bis 0016).

Es sind auch im Zuge des Verfahrens keine Hinweise hervorgekommen, wonach einer der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlusstatbestände eingetreten sein könnte.

Der Beschwerdeführer konnte somit glaubhaft machen, dass ihm im Herkunftsstaat aufgrund seiner (zumindest unterstellten) politischen Gesinnung Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder aufgrund eines Antrages auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Der Beschwerde ist daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG 2005 stattzugeben und festzustellen, dass dem Beschwerdeführer kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz am XXXX2017, somit nach dem 15.11.2015 gestellt wurde, wodurch insbesondere die §§ 2 Abs. 1 Z 15 und 3 Abs. 4 AsylG 2005 idF BGBl. I 24/2016 ("Asyl auf Zeit") gemäß § 75 Abs. 24 leg. cit. im konkreten Fall zur Anwendung kommen.

Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG 2005 kommt einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung zu. Diese Aufenthaltsberechtigung verlängert sich kraft Gesetzes nach Ablauf dieser Zeit auf eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Aberkennungsverfahrens nicht vorliegen oder ein Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Dementsprechend verfügen die Beschwerdeführer nun über eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung.

3.3.3. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist der maßgebliche Sachverhalt aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen. Auch die gebotene Aktualität ist unverändert gegeben, zumal die dem Bescheid zugrunde gelegten Länderfeststellungen, ergänzt um einige Länderfeststellungen, die dem BFA amtsbekannt sind, unverändert die zur Beurteilung des konkreten Falls notwendige Aktualität aufweisen.

3.4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich im konkreten Fall eine Rechtsfrage stellt, die über den (hier vorliegenden konkreten) Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Ausgehend davon kann eine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG von grundsätzlicher Bedeutung auch insofern nicht bejaht werden (vgl. etwa VwGH 25.09.2015, Ra 2015/16/0085, mwN). Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

Schlagworte

aktuelle Bedrohung, aktuelle Gefahr, Asylgewährung, asylrechtlich
relevante Verfolgung, befristete Aufenthaltsberechtigung, begründete
Furcht vor Verfolgung, Bürgerkrieg, Desertion, Einberufung,
Einziehung, erhebliche Intensität, Flüchtlingseigenschaft, Folter,
Glaubhaftmachung, Glaubwürdigkeit, illegale Ausreise, inländische
Schutzalternative, innerstaatliche Fluchtalternative, maßgebliche
Wahrscheinlichkeit, Menschenrechtsverletzungen, Militärdienst,
Mitwirkungspflicht, Nachvollziehbarkeit, politische Gesinnung,
staatliche Schutzfähigkeit, staatliche Schutzwilligkeit, staatlicher
Schutz, Unzumutbarkeit, Verfolgungsgefahr, Verfolgungshandlung,
völkerrechtswidrige Militäraktion, Wahrscheinlichkeit, Wehrdienst,
Wehrdienstverweigerung, Wehrpflicht, Willkür, wohlbegründete Furcht,
Zurechenbarkeit, Zwangsrekrutierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W214.2166078.1.00

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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