TE Bvwg Beschluss 2018/11/12 W147 2131711-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.11.2018
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Entscheidungsdatum

12.11.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W147 2131711-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan KANHÄUSER als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 7. November 2018, Zl. 1028188505-18044124, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, beschlossen:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 iVm. § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Erstes Verfahren (in Rechtskraft erwachsen):

1. Der Beschwerdeführer reiste illegal nach Österreich ein und stellte am 10. August 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab er an, Staatsangehöriger der Russischen Föderation und muslimischen Glaubens zu sein sowie der tschetschenischen Volksgruppe anzugehören.

1.1. Am 12. August 2014 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdiensts die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei brachte er vor, am 7. August 2014 mit einem PKW aus Dagestan ausgereist und über eine ihm unbekannte Route nach Österreich gelangt zu sein. Er habe bereits drei Asylanträge in Belgien gestellt, die jedoch alle negativ entschieden worden seien; seine Tochter sei in Belgien geboren worden. Im Juni 2012 sei er mit seiner Familie freiwillig von Belgien wieder in sein Heimatland gereist. Aus seiner Heimat sei er geflohen, weil sein Leben aus religiösen Gründen in Gefahr gewesen sei. Er lege den Islam anders aus als die Dorfbewohner seines Herkunftsortes und habe deshalb Diskussionen über den Islam geführt. Eines Tages habe ihn ein ihm unbekannter Mann als Teufel bezeichnet und ihm gedroht, ihn zu "vernichten". In Belgien habe er jemanden kennengelernt, durch den er zum richtigen Glauben gefunden habe, was jedoch der Auslegung der Religion jener Menschen, die ihn bedroht hätten, widerspreche.

1.2. In weiterer Folge stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 22.09.2014 ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-Verordnung an Belgien, welches mit Schreiben der belgischen Behörden vom 25.09.2014 abgelehnt wurde. Die belgische Behörde führte aus, der Beschwerdeführer habe in Belgien am 29.03.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, den er am 02.04.2012 zurückgezogen habe, worauf er gemeinsam mit seiner Familie am 26.07.2012 von Belgien mit Unterstützung von IOM in die Russische Föderation zurückkehrt sei. Die Zuständigkeit Belgiens nach der Dublin-Verordnung sei daher erloschen, das Wiederaufnahmeersuchen sei folglich abzulehnen.

1.3. Am 3. Februar 2016 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein einer Dolmetscherin für die russische Sprache niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, unter Migräne zu leiden und sich in Österreich einer Mastophatie unterzogen zu haben, er sei auch bei einem Psychologen gewesen. In seiner Heimat würden seine Frau (von der er sich als geschieden betrachte), sein bei der Armee dienender Bruder sowie eine Halbeschwester leben, zu der er nur selten Kontakt habe. Seine Eltern wären beide verstorben. In Dagestan habe er zusammen mit seiner Mutter als Gemüsehändler gearbeitet. Sein Vater sei zwar Tschetschene gewesen, er selbst sei aber Akine, dieses Volk lebe an der Grenze zu Dagestan. Akinisch sei dem Tschetschenischen ähnlich, das er in der Schule gelernt habe.

Zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer aus, er habe am 2. August 2014 auf dem Heimweg einen Mann getroffen, mit dem er sich über seine religiösen Ansichten unterhalten habe. Der Beschwerdeführer bezeichne sich als Takfirist, nur wenige Leute würden diese religiösen Ansichten vertreten. Da sich dieser Mann sehr positiv zu seinen Einstellungen geäußert habe, habe der Beschwerdeführer ihm sehr ausführlich über seine religiösen Meinungen berichtet. Er habe diesen Mann auch gebeten, mit niemandem darüber zu sprechen, weil dies gefährlich sei. Am nächsten Tag sei ein ihm unbekannter Mann zu ihm gekommen, habe ihn am Ärmel gepackt und ihm gesagt, dass er ein Teufel sei und vernichtet werde. Der Beschwerdeführer habe den Mann weggestoßen und gedacht, dass er ein Verrückter sei. Am selben Abend sei der Beschwerdeführer auf der Straße unterwegs gewesen, als ein Auto herangefahren und zwei Leute ausgestiegen seien, die ihm die Hände am Rücken zusammengehalten, ihm einen Sack über den Kopf gezogen und ihn ins Auto gestoßen hätten. Als sie den Beschwerdeführer aus dem Auto geholt hätten, habe er sich hinknien müssen, wobei ihm ein langes Messer an den Hals gepresst worden sei. Anschließend hätten die Männer den Sack abgenommen und ihm gesagt, dass er am Leben bliebe, wenn er ihren Befehlen folge. Der Beschwerdeführer habe zugestimmt, es seien Widerstandskämpfer gewesen. Sie hätten ihm gesagt, er solle eine Fracht von einem Ort zum anderen führen, woraufhin der Beschwerdeführer gedacht habe, er müsse eine Bombe mitnehmen und sich in die Luft sprengen. Anschließend hätten die Männer seine Telefonnummer abgespeichert und ihn in der Nähe des Dorfes aus dem Auto geworfen. Der Beschwerdeführer habe seine Mutter angerufen, ihr gesagt, dass seine Frau und sein Kind nach Grosny gebracht werden sollten, und danach sein Handy abgedreht. Seiner Tante habe er alles erzählt, bei ihr habe er auch die nächsten Nächte im Schuppen geschlafen. Zwischenzeitlich habe seine Mutter einen Schlepper gefunden: Am 7. August 2014 habe ein weißer Wagen auf den Beschwerdeführer gewartet, er sei eingestiegen und nach Inguschetien, sodann über die Ukraine nach Europa gereist.

Aufgrund seiner religiösen Überzeugung habe er sein Land verlassen müssen. Er habe Angst gehabt, dass ihn die Polizei umbringe. Zu seinem Asylbegehren in Belgien führte der Beschwerdeführer aus, dass seine Frau zum Zeitpunkt der Einvernahme schwanger gewesen sei und etwas verwechselt habe, weshalb ihm nicht geglaubt worden sei. Über Nachfrage, wieso der Beschwerdeführer schließlich mit Unterstützung der IOM freiwillig wieder in die Russische Föderation gegangen sei, antwortete er, dass seine Frau und er negative Bescheide erhalten hätten und auf der Straße gestanden wären; das Kind sei damals erst ein XXXX Jahr alt gewesen. Seine Mutter habe gesagt, sie würde die Polizei in Tschetschenien bestechen. Über Nachfrage, wieso der Beschwerdeführer dies nicht auch im Jahr 2014 so geregelt habe, führte er an, diese Leute hätten gesagt, sie würden ihn überall finden. Sein Vater habe sich wegen ihm umgebracht. Allerdings hätten sich keine Leute an die Familie gewandt, oder zumindest habe ihm niemand davon erzählt.

Auf Nachfrage, warum der Beschwerdeführer die Entführung nicht bei der Polizei angezeigt habe, entgegnete er, dass Polizisten ihre Arbeit niedergelegt hätten, weil diese selbst gejagt worden seien; es hätte keinen Sinn gemacht, eine Anzeige zu machen.

Zu seinem Leben in Österreich wolle er anführen, dass er Deutsch lerne und durch seine Gastfamilie Anschluss gefunden habe; er bekomme von ihnen Geld und habe kürzlich ein Rad geschenkt bekommen.

Der Beschwerdeführer werde eine schriftliche Stellungnahme zu seinen religiösen Ansichten nachreichen, in welchen er beschreibe, warum Menschen, die in Syrien kämpften, keine gläubigen Moslems seien.

1.4. Der Beschwerdeführer brachte im Rahmen seines verwaltungsbehördlichen Verfahrens ein Konvolut an medizinischen Unterlagen in Vorlage:

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Ärztlicher Entlassungsbrief der Klinischen Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie, XXXX , 09.12.2015, über einen stationären Aufenthalt vom 02.12.2015 bis 07.12.2015: Gynäkomastie links (vergrößerte Brustdrüse); Operation;

Entlassung am 07.12.2015 in häusliche Pflege;

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2 Todesurkunden betreffend seine Eltern;

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Inlandspass;

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Artikel vom 11.02.2016 des Online-Magazins "radioislam" mit dem Titel: Die islamischen Gelehrten erklären Abscheu gegenüber Takfirismus;

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Artikel der Internetseite "voltairenet.org" vom 31.05.2012 mit dem Titel: Die Takfiristen bedrohen die Muslime;

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Kopie eines handschriftlichen Attests eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie (unleserlich);

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Mehrere Schreiben in russischer Sprache.

Der Beschwerdeführer legte weiters eine Stellungnahme zu seinen religiösen Ansichten und Überzeugungen zum Islam vor. Auszugsweise brachte er vor, dass der Bart mit gestutztem Oberlippenbart ein Zeichen des Islams sei, dies jedoch kein spezifisches Merkmal darstelle. Allah habe nur zwei Kategorien von Menschen erschaffen, nämlich Gläubige und Ungläubige. Juristisch sei ein Takfir eine Rechtsentscheidung, die einen Moslem zu einem Nichtmoslem erkläre. Der Beschwerdeführer zitierte im weiteren Verlauf mehrere Verse aus dem Koran. Zusammengefasst brachte er vor, dass der IS und die kaukasischen Widerstandskämpfer im Grunde Kafire (Ungläubige) und "Hunde aus der Hölle" seien, der Fluch Allahs liege auf ihnen. Am 15. Februar 2016 habe es in Dagestan einen Terrorakt gegeben, den der IS und das Emirat Kaukasus verübt hätten. Man müsse beachten, dass auch der Beschwerdeführer der Attentäter hätte sein können. Diese Leute hätten ihn umbringen oder verlangen können, sich selbst in die Luft zu sprengen. Er ersuche daher die Behörde, ihm Asyl zu gewähren, weil er in der Russischen Föderation umgebracht werden würde.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom 14. Juli 2016 den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016, (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg.cit. (Spruchpunkt II.) ab, erkannte ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 leg.cit. nicht zu, erließ im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 3 leg.cit. iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 25/2016, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016, und stellte gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt III.); schließlich hielt die Behörde fest, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 leg.cit. die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

2.1. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf dabei umfassende herkunftsstaatsbezogene Feststellungen zur allgemeinen Lage in der Russischen Föderation, insbesondere zu Tschetschenien. Zur Person des Beschwerdeführers wurde festgestellt, dass dieser der Volksgruppe der Akinen angehöre und moslemischen Glaubens sei. Seine Frau und Tochter würden in Grosny leben. Der Beschwerdeführer leide an einer Depression und Psychose, aufgrund einer bei ihm diagnostizierten Gynäkomastie (vergrößerte Männerbrust) sei der Beschwerdeführer am 4. Dezember 2015 in Österreich operiert worden. Er habe am 11. Juli 2011, am 23. Jänner 2012 und am 29. März 2012 bereits in Belgien Asylanträge gestellt und sei noch vor Abschluss seines letzten Asylverfahrens gemeinsam mit seiner Frau und seiner Tochter freiwillig nach Tschetschenien zurückgekehrt. Dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner religiösen Überzeugungen verfolgt und bedroht worden sei, könne nicht festgestellt werden. Auch sei nicht festzustellen, dass er entführt worden sei. Ein Sachverhalt sei nur dann als glaubwürdig anzuerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleichbleibende Angaben mache, was dem Beschwerdeführer allerdings nicht gelungen sei. So habe er in der Einvernahme vor dem Bundesamt von einer Entführung durch Widerstandskämpfer gesprochen, während er in der Erstbefragung lediglich von einem Mann, der den Beschwerdeführer als Teufel bezeichnet habe und ihn vernichten wolle, berichtet habe. Weitere Gründe habe er damals nicht angegeben. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein Asylwerber bei der Aufforderung, seine Fluchtgründe kurz zu schildern, zumindest jene Fluchtgründe ins Treffen führe, die die Hauptursache für das Verlassen seines Heimatlandes darstellten. Das Aussageverhalten des Beschwerdeführers erstaune umso mehr, wenn er vor dem Bundesamt ausführe, während der Entführung Todesängste ausgestanden zu haben, als einer der Entführer seinen Hals mit einem Messer habe durchschneiden wollen. Da sein Vorbringen nicht glaubhaft sei, könne kein Asyl gewährt werden. Auch aus den handschriftlichen Erläuterungen hinsichtlich seiner religiösen Überzeugung lasse sich keine Gefährdung seiner Person ableiten.

Da dem Beschwerdeführer keine Verfolgung drohe und er Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat habe, gehe die Behörde davon aus, dass ihm auch im Herkunftsstaat keine Gefahren drohen würden, die die Erteilung subsidiären Schutzes rechtfertigen würden.

Die beim Beschwerdeführer vorliegenden Krankheiten (Psychose, Depression) stellten keinen derart außergewöhnlichen Umstand dar, dass eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK im Falle seiner Rückkehr in die Russische Föderation anzunehmen wäre; es sei auch von keiner lebensbedrohlichen Verschlechterung seines Zustands auszugehen. Unter Heranziehung der einschlägigen Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte könne die Behörde kein Abschiebehindernis und somit keinen Grund für eine Non-Refoulement-Entscheidung erkennen.

Die Nichtzuerkennung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung wurden im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet nicht integriert sei und keine Entwurzelung von seinem Herkunftsstaat habe festgestellt werden könne. Es bestünden keine Hinweise auf familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich, ein schützenswertes Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK sei folglich nicht festzustellen. Der Beschwerdeführer bestreite seinen Lebensunterhalt im Rahmen der Grundversorgung, in seiner Einvernahme habe er lediglich den Kontakt zu einer österreichischen Familie geltend gemacht. Im Hinblick auf sein Privatleben sei festzustellen, dass er in Österreich nur aufgrund des anhängigen Asylverfahrens zum Aufenthalt berechtigt gewesen sei, weshalb ihm bewusst gewesen sei, dass sein Aufenthaltsrecht in Österreich vom Ausgang des Asylverfahrens abhängig sei. Seine Bindungen zum Heimatstaat seien wesentlich stärker als zu Österreich. Der Beschwerdeführer verfüge in Tschetschenien über familiäre Anknüpfungspunkte und es sei von der erfolgreichen Abdeckung seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse auszugehen. Seine Frau, seine Tochter sowie weitere Verwandten lebten noch in seinem Heimatstaat. Eine besondere Integrationsbemühung in Österreich sei nicht festzustellen gewesen. Weder die Depression noch die Psychose stellten schließlich Erkrankungen dar, die unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK eine Verstärkung des Interesses des Beschwerdeführers an seinem Verbleib in Österreich bewirkten. Die vorzunehmende Interessenabwägung falle daher zu seinen Ungunsten aus.

2.2. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 15.Juli 2016 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt. Mit Verfahrensanordnung vom selben Tag wurde der Beschwerdeführer weiters über das verpflichtende Rückkehrberatungsgespräch gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG bis zum 30. Juli 2016 in Kenntnis gesetzt und ihm mitgeteilt, welche Organisation ihn bei einer freiwilligen Rückkehr während und nach Abschluss des Verfahrens berate und unterstütze.

3. Der Beschwerdeführer erhob über seinen gewillkürten Vertreter gegen den angeführten Bescheid vollinhaltlich Beschwerde, welche am 1. August 2016 per Fax beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte. Darin wiederholte er im Wesentlichen sein Fluchtvorbringen und führte aus, dass die Erstbefragung nicht als normales Interview bezeichnet werden könne, weil der Beschwerdeführer angewiesen worden sei, sich kurz zu halten. Der Bescheid weise Verfahrensmängel wie Feststellungsmängel, eine unschlüssige Beweiswürdigung und eine unrichtige rechtliche Beurteilung auf. Zu den Beschwerdegründen führte der Beschwerdeführer aus, dass sich die Erstbehörde auf den Vergleich der Erstbefragung mit dem Vorbringen vor dem Bundesamt beschränke. Schon bei einem oberflächlichen Vergleich zeige sich, dass hier keine Widersprüche vorlägen, sondern unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt worden seien. Denn Kern des Vorbringens sei die religiöse Unvereinbarkeit, dies habe er auch schon in der Erstbefragung geltend gemacht. Der Beschwerdeführer lehne das russlandgelenkte Regime in Tschetschenien und Dagestan ab und distanziere sich von den Pseudoislamisten. Es handle sich hier um keinen historisch bereits geklärten Umstand, vielmehr behaupte der Beschwerdeführer, dass es keine richtigen Muslime mehr gebe, viele wären Anbeter von falschen Göttern und Gelehrten. Im Vordergrund müsse die Beschäftigung mit dieser Thematik und daraus abgeleiteter Gefahren für den Beschwerdeführer stehen. Der psychische Zustand des Beschwerdeführers werde im Bescheid zwar angegeben, jedoch werde pauschal behauptet, dass seine Krankheiten auch in der Russischen Föderation behandelt werden könnten. Es werde daher die Beiziehung eines Experten für islamische Religion zur Feststellung der Bedeutung des Takfirismus, insbesondere in Tschetschenien und Dagestan, und weiters die abermalige Untersuchung des Beschwerdeführers durch einen Experten für Psychiatrie beantragt. Auch hätte die belangte Behörde die Rückkehrsituation des Beschwerdeführers im Lichte der aktuellen Länderinformationen einer besonders genauen Prüfung unterziehen müssen. Die Behörde habe daher die Sachlage in mehrfacher Hinsicht verkannt; hinsichtlich der Prüfung des Vorliegens der Flüchtlingseigenschaft sei es durchaus wahrscheinlich, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention asylrelevant sei. Das Bundesamt habe zudem verkannt, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Zustand einer existenzbedrohenden Krise geraten könne, was die Gewährung subsidiären Schutzes notwendig machen könnte.

4. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und sind am 4. August 2016 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

4.1. Der Beschwerdeführer übermittelte am 29. September 2016 ein Schreiben in russischer Sprache an das Bundesamt, welches folglich übersetzt wurde. In diesem teilte er mit, dass er seine Exfrau wieder geheiratet habe, weil seine Frau und seine Tochter ohne ihn nicht leben könnten und auch er sehr große Sehnsucht nach ihnen habe. Es seien bereits zwei Jahre seit dem letzten Wiedersehen vergangen und es gehe ihm damit sehr schlecht. Seit sechs Jahren leider er an Migräne, wobei sich die Schmerzen in den letzten beiden Jahren noch verschlimmert hätten. Er habe auch begonnen, Antidepressiva zu nehmen, und sich an drei verschiedene Ärzte gewandt. Derzeit leide er an Gastritis, weil er sich durch die vielen Medikamente den Magen ruiniert habe.

4.2. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2017 wurden der Beschwerdeführer und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 27. November 2017 unter gleichzeitiger Übermittlung der aktuellen Länderberichte zur Lage in der Russischen Föderation, insbesondere Tschetschenien, geladen. Die Ladung wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers durch persönliche Übernahme am 24. Oktober 2017 zugestellt.

4.3. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 27. November 2017 eine mündliche Verhandlung durch, zu welcher der Beschwerdeführer unentschuldigt nicht erschien; auch sein Vertreter war unentschuldigt nicht anwesend. Der zur Verhandlung erschienenen Dolmetscherin für die russische Sprache wurde ein in russischer Sprache gehaltenes E-Mail des Beschwerdeführers, das dieser am 21. August 2016 dem Bundesamt übermittelt hatte, ausgehändigt und mit der Übersetzung des Schriftstücks beauftragt.

4.4. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2017 übermittelte die Dolmetscherin schließlich die in Deutsch übersetzte E-Mail des Beschwerdeführers vom 21. August 2016. Darin beschrieb er abermals seine religiösen Ansichten zum Islam und erklärte, warum er Widerstandskämpfer im Kaukasus nicht für Moslems halte. Er verwies auf einige youtube-Videos, aus denen die Leugnung des Islams deutlich sei. Ergänzend machte der Beschwerdeführer Ausführungen zum Thema "Leugnung vom Islam durch Doka". Die Politik des Dschohar Dudajew sei eine Anforderung der damaligen Zeit gewesen und auch das Projekt mit der Bezeichnung Itschkeria sei der damaligen Zeit entsprungen. Das Projekt Itschkeria basiere auf der Kufr-Verfassung, die am 12. März 1992 verabschiedet worden sei. Der Beschwerdeführer verwies auf einen Audio-Auftritt des Said Burjatskij, in welchem dieser vertrete, dass der tschetschenische Widerstand gegen die Aggression Russlands ein Dschihad auf dem Weg Allahs sei. Dokka Umarow behaupte, dass die Sufisten der Meinung seien, der Krieg sei noch nicht zu Ende, Putin-Leute und andere seien bereit, gegen sie zu kämpfen. Es gebe Menschen, die 100 Mal täglich Shahada aussprechen würden, dabei aber nicht den Sinn des Glaubensbekenntnisses verstünden. Ferner verwies der Beschwerdeführer auf ein Forum und erklärte, wie man in diesem richtig recherchiere. Der Beschwerdeführer zitierte in der Folge einige Scheichs, wonach man sich von allen Strömungen und politischen Gruppierungen entfernen solle.

5. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25. Jänner 2018, W237 2131711-1/12E, wurde die Beschwerde in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen und erwuchs in weiterer Folge in Rechtskraft.

Zur besseren Veranschaulichung wird die Beweiswürdigung aus dem Erkenntnis vom 25. Jänner 2018 auszugsweise wiedergegeben:

"2.2.3.3.2. Diese (Anmerkung: Unglaubwürdigkeit) ergibt sich allerdings schon daraus, dass das in der Einvernahme am 11.02.2016 erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers schlicht völlig unplausibel erscheint: Der Beschwerdeführer gab (im gesamten Verfahren) an, einer bestimmten Anschauung im Islam anzugehören und dafür als "Takfir" bezeichnet zu werden; insbesondere geht aus seinen Schreiben hervor, dass er islamistische Widerstandskämpfer im Nordkaukasus für keine wahren Muslime halte und sich gegen sie stelle. Dies gab er auch in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde an. Warum also Widerstandskämpfer ausgerechnet den Beschwerdeführer entführen sollten, um ihn zur Ausübung von oder Mithilfe bei Attentaten (der Beschwerdeführer sprach davon, dass sie von ihm den Transport einer mutmaßlichen Bombe verlangt hätten) zu zwingen, ergibt schlechterdings keinen Sinn. Hätten islamistische Widerstandskämpfer den Beschwerdeführer für seine ihrer Ideologie kritische Einstellung bestrafen wollen, hätten sie ihn womöglich gefoltert oder umgebracht, nicht aber für die Ausübung eigener Widerstandshandlungen - welche ja auf einer extremistischen ideologischen Basis beruhen - auf freien Fuß gesetzt. Auch aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Länderberichtsmaterial geht nicht hervor, das nordkaukasische Widerstandskämpfer jemals auf diese Weise in ihrem bewaffneten Widerstand vorgegangen wären.

An dieser Beurteilung vermögen auch die schriftlichen Eingaben des Beschwerdeführers in seinem Verfahren nichts zu ändern, zumal diese - in kaum zusammenhängender Form - nur aus einer Aneinanderreihung von Zitaten bestehen und die Aussage beinhalten, dass der Beschwerdeführer Widerstandskämpfer im Kaukasus nicht für Moslems halte. Dem in der Beschwerde gestellten Antrag auf "Beiziehung eines Experten für islamis[]che Religion zur Feststellung der Bedeutung des Takfirismus" war daher schon deshalb nicht zu folgen.

2.2.3.3.3. Hinzu kommt, dass die persönliche Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers auch darunter leidet, dass er vor seinem Antrag auf internationalen Schutz drei Mal erfolglos Asylanträge in Belgien stellte. Zwar bezieht sich sein Fluchtvorbringen auf Geschehnisse nach seiner Rückkehr aus Belgien in die Russischen Föderation, doch fällt auf, dass er auch in Belgien keine Fluchtgründe glaubhaft machen konnte.

2.2.3.3.4. Der Beschwerdeführer hätte schließlich auch die Gelegenheit gehabt, die aufgezeigten Ungereimtheiten im Rahmen der für den 27.11.2017 anberaumten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht aufzuklären bzw. auf darauf gerichtete Fragen einzugehen. Trotz ordnungsgemäßer Ladung an den Vertreter des Beschwerdeführers durch persönliche Übernahme erschienen unentschuldigt weder der Beschwerdeführer selbst noch sein Vertreter. Bis zum Entscheidungszeitpunkt langte auch keine Erklärung des Beschwerdeführers zu seinem Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung ein. Er kam damit seiner Mitwirkungspflicht im Beschwerdeverfahren nicht nach und vermochte somit die dargelegten Bedenken nicht auszuräumen.

2.2.3.4. Aus diesen Gründen kommt dem Beschwerdeführer hinsichtlich seines Fluchtvorbringens betreffend seine Furcht vor Verfolgung durch nordkaukasische Widerstandskämpfer keine Glaubwürdigkeit zu."

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet nicht integriert sei und keine Entwurzelung von seinem Herkunftsstaat habe festgestellt werden können.

6. Der Beschwerdeführer reiste in weiterer Folge in die Bundesrepublik Deutschland und wurde am 8. Oktober 2018 rücküberstellt.

Zweites Verfahren:

7. Der Beschwerdeführer stellte am 8. Oktober 2018 einen weiteren, verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, zu dem er durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag erstbefragt wurde.

Begründend führte der Beschwerdeführer an, er habe Österreich verlassen und sei in die Bundesrepublik Deutschland gereist., da er noch immer Angst um sein Leben habe. Falls er wieder einen negativen Bescheid erhalten würde, würde ihn zu Hause der Tod erwarten. Er habe den Wahabiten, namentlich Doku Umarov unterstellt, dass diese ungläubig seien und werde er deshalb von ihnen gesucht. Sein jüngerer Bruder werde öfters nach dem Aufenthalt des Beschwerdeführers befragt. Diese Wahabiten würden einen blutigen Islam betreiben und noch immer nach dem Beschwerdeführer suchen; zu Hause könnten sie ihn jederzeit finden und ihn umbringen. An seinen Fluchtgründen habe sich nichts geändert, es sei einfach so, dass er zu Hause Angst um sein Leben haben müsste.

7.1. Am 8. Oktober 2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die russische Sprache niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, ca. seit seinem 20. Lebensjahr an Migräne zu leiden und er sich in den letzten vier Jahren in einem Stresszustand befände. Dies habe er jedoch schon in seinem Erstasylverfahren erzählt, der Vorfall mit seinem Vater und der Tod seiner Mutter seien seiner Meinung nach ursächlich. Er besitze die russische Staatsbürgerschaft, gehöre der Volksgruppe der Akinen an und sei geschieden. Seine ehemalige Gattin und seine in Belgien geborene Tochter würde sich in Grosny aufhalten. Sein Bruder lebe nunmehr im Elternhaus in Dagestan.

Zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer nach Vorhalt seines bereits rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahrens aus, er werde nach wie vor zu Hause verfolgt, und zwar nicht von den Behörden, sondern von der Mafia. Es sei die Mafia, die sich über den Islam decke, sogenannte Wahhabiten. Er habe immer die Wahrheit gesagt, aber die damalige Referentin habe den Sinn seiner Angaben nicht verstanden. Sie habe nicht verstanden, dass die Wahhabiten einfache Erpresser und Drogensüchtige seien. Ein junger Mann habe ihn zu Hause verraten. Er selbst gut gelebt, ein Auto und ein Geschäft gehabt. Der Mann habe ihn an die Wahhabiten verraten. Diese Wahhabiten würden Geschäftsleute erpressen, die Behörde nicht in Ruhe lassen und gegen diese kämpfen. Als er den zweiten negativen Bescheid bekommen habe, habe sein Anwalt nichts dagegen unternommen. Um nicht nach Hause fahren zu müssen, sei er nach am 24. April 2018 nach "Deutschland" gefahren. Diese Fluchtgründe habe er bereits alle erzählt, jedoch seien sie nicht ganz verstanden worden. Als der Anwalt die Beschwerde geschrieben habe, habe dieser nur Informationen aus dem Internet verwendet und es so dargestellt, als ob der Beschwerdeführer zu einer religiösen Richtung gehören würde. Das stimme aber nicht. Sein Bruder sei in letzter Zeit aufgesucht und nach dem Beschwerdeführer gefragt worden. Es seien unbekannte Personen in Zivil bekleidet gewesen und seien diese insgesamt 10 bis 15 Mal zum Bruder gekommen. Ca. drei Monate nach seiner Ausreise aus der Heimat habe er erstmals davon erfahren.

Am Ende der Einvernahme wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot zu erlassen. Weiters, dass beabsichtigt sei, den faktischen Abschiebeschutz durch mündlich verkündeten Bescheid abzuerkennen. Der Beschwerdeführer gab hiezu an: "Möchten Sie mich nach Hause in den Tod schicken."

7.2. Am 24. Oktober 2018 um 3:00 Uhr wurde der Beschwerdeführer auf der Toilette seiner Unterkunft mit Schnittverletzungen an beiden Unterarmen aufgefunden und begab er sich freiwillig in stationärer Behandlung. Am nächsten Tag wurde der Beschwerdeführer aus der Krankenanstalt entlassen, wobei festgehalten wurde, dass bei der Entlassung kein Hinweis auf suizidales Verhalten bzw. Fremdgefährdung vorliege.

7.3. Aufgrund des bisherigen Ermittlungsergebnisses wurde dem Beschwerdeführer am 24. Oktober 2018 eine schriftliche Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 ausgefolgt, mit welcher die Absicht des Bundesamtes zur Kenntnis gebracht wurde, dass der Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und der faktischen Abschiebeschutz aufzuheben sein wird. In Einem wurde der Beschwerdeführer zu einer neuerlichen Einvernahme geladen.

7.4. Am 5. November 2018 langte beim Bundesamt die Mitteilung ein, dass der Beschwerdeführer zu einer unterstützten freiwilligen Rückkehr bereit sei.

7.5. Am 7. November 2018 wurde der Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsberatung neuerlich einvernommen.

Mit mündlich verkündetem Bescheid wurde den Beschwerdeführer betreffend gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG 2005 aufgehoben.

7.6. Die Aktenvorlage der belangten Behörde langte am 9. November 2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein und erging am selben Tag die Mitteilung gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der akinischen Volksgruppe; er bekennt sich zum muslimischen Glauben.

Der Beschwerdeführer wurde in XXXX , Dagestan, geboren und besuchte dort von XXXX die Grundschule. Er begab sich erstmalig im Jahr 2011 nach Europa und stellte insgesamt drei Asylanträge in Belgien, seinen ersten am 11.07.2011, den zweiten am 23.01.2012 und seinen letzten Asylantrag am 29.03.2012. Noch vor Erledigung des letzten Asylantrags verließ der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Ehefrau und seiner Tochter am 26.07.2012 Belgien und kehrte freiwillig in die Russische Föderation zurück.

Im August 2014 reiste der Beschwerdeführer schließlich aus Dagestan aus, gelangte über die Ukraine ins Unionsgebiet und erreichte schließlich Österreich, wo er am 10.08.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Dieser wurde rechtskräftig mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25. Jänner 2018, W237 2131711-1/12E, negativ entschieden. Ihm wurde weder der Status des Asylberichtigten noch des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass eine Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation zulässig ist.

Im gegenständlichen Verfahren bezieht sich der Beschwerdeführer auf Gründe, die bereits zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Abschlusses des ersten vom Beschwerdeführer initiierten Verfahrens bestanden haben und die bereits im letzten inhaltlichen Verfahren als unglaubwürdig gewertet wurden.

In Bezug auf den Beschwerdeführer besteht weiterhin kein schützenswertes Privat- und/oder Familienleben im Bundesgebiet.

Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es liegen keine Umstände vor, welche einer Außerlandesbringung aus dem Bundesgebiet entgegenstünden.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation ist nicht eingetreten.

Der Folgeantrag wird voraussichtlich zurückzuweisen sein.

2. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Person des Beschwerdeführers und zur Situation in der Russischen Föderation ergeben sich aus der Aktenlage. Die den Beschwerdeführer betreffende Sicherheitslage im Herkunftsstaat wurde eingehend im rechtskräftig entschiedenen Verfahren erörtert und abgewogen. Auch eine für den Beschwerdeführer gegenständliche relevante Änderung an der Situation in seiner Heimat kann anhand der vorliegenden Informationen ebenso nicht festgestellt werden, wie Änderungen, die in der Person des Beschwerdeführers liegen.

Soweit der Beschwerdeführer sich im nunmehrigen Verfahren auf jene Fluchtgründe beruft, die er bereits in Vorverfahren dargetan habe, verbleibt darauf hinzuweisen, dass dieser Sachverhalt bereits im Erstverfahren wegen inhaltlicher Ungereimtheiten im Vorbringen des Beschwerdeführers selbst als unglaubwürdig gewertet wurde. Neue Fluchtgründe machte der Beschwerdeführer im nunmehrigen Verfahren keine geltend.

Nunmehr zu beachtenswerte Integrationsmerkmale ergeben sich aus der Aktenlage ebenfalls nicht. Auch wurde im Vorverfahren die die medizinische Versorgungslage in der Russischen Föderation umfassend behandelt, wobei der Beschwerdeführer im nunmehrigen Verfahren dezidiert anführte, dass es ihm nunmehr besser gehen würde. Auch aus dem Vorfall vom 24. Oktober 2018 ergeben sich infolge des Entlassungsberichts der Krankenanstalt keine Hinweise darauf, dass eine Rückkehr des Beschwerdeführers Art. 2 und 3 EMRK verletzen könnte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Die maßgeblichen Bestimmungen (in der Sache):

§ 12a Abs. 2 AsylG 2005 idgF lautet:

"(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde."

§ 22 Abs. 10 AsylG 2005 idgF lautet:

"(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."

§ 22 BFA-VG:

"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

Zu den Voraussetzungen des § 12a AsylG 2005, auf den gegenständlichen Fall bezogen, im Detail:

Gegen den Beschwerdeführer besteht nach der - rechtskräftigen - Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Jänner 2018 eine aufrechte Rückkehrentscheidung.

Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich - siehe obige Sachverhaltsfeststellungen - kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt. Auch die Ländersituation ist im Wesentlichen gleich geblieben.

Bereits in den vorangegangenen Verfahren hat das Bundesamt und auch das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wären oder für ihn als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde.

Auch im nunmehrigen Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist nichts hervorgekommen, was gegen die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Heimatstaat im Sinne dieser Bestimmungen spricht.

Es ist der Ansicht des Bundesamtes beizupflichten, dass kein schützenswertes Familien- oder Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich feststellbar ist und auch der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers nicht dazu Anlass gibt, zu einem anderen Ergebnis zu kommen. Auch diesbezüglich ist auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Jänner 2018 und den Entlassungsbericht der Krankenanstalt vom 25. Oktober 2018 zu verweisen.

Da insgesamt die Voraussetzung des § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA- VG idgF für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen, ist der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom 7. November 2018 rechtmäßig.

Gemäß § 22 Abs. 1 zweiter Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Da die in der gegenständlichen Entscheidung die maßgeblichen Rechtsfragen klar waren und keiner Auslegung bedurften, ging das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.

In vorliegendem Fall liegen daher die Voraussetzungen für die Zulassung der ordentlichen Revision nicht vor, es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag, real
risk, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W147.2131711.2.00

Zuletzt aktualisiert am

16.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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