TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/12 L519 2174571-2

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Veröffentlicht am 12.11.2018
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Entscheidungsdatum

12.11.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a

Spruch

L519 2174571-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, StA. Irak, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.10.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1991 idgF, §§ 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG idgF sowie §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46, 55 Abs. 1a und 53 Abs. 1 und 2 Z. 6 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF" bezeichnet), ein Staatsangehöriger des Irak stellte am 4.10.2015 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde er am 22.10.2015 erstbefragt und von einem Organwalter des BFA am 6.9.2017 niederschriftlich einvernommen.

Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte der BF zusammengefasst vor, dass in Bagdad Bürgerkrieg herrsche und er Angst um sein Leben gehabt habe. Er sei Polizist gewesen und hätte auf Seiten der Asaib Al El Haq Miliz kämpfen sollen, was der BF aber abgelehnt habe.

I.2. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des BFA vom 6.10.2017 gemäß § 3 Absatz 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Absatz 1 Z 1 AsylG 2005 wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des BF in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

I.3. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.1.2018, L524 2174571-1, gem. §§ 3, 8 Abs. 1, 57,10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG idgF, §§ 52Abs. 2 Z.2 und Abs. 9, 46 und 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

Zusammengefasst wurde ausgeführt, dass es - wie bereits vom BFA festgestellt wurde - dem Vorbringen des BF zu seinem Fluchtgrund auch nach Ansicht des BVwG an jeglicher Glaubwürdigkeit mangelt. Der BF habe beim BFA einen völlig anderen Fluchtgrund als noch bei der Erstbefragung angegeben. Bei der Erstbefragung habe er vom Bürgerkrieg in Bagdad gesprochen. Beim BFA brachte er hingegen eine Meinungsverschiedenheit mit einem Offizier an seiner Arbeitsstelle vor, der verlangt habe, dass der BF für eine Miliz kämpft.

Es könne nicht gesagt werden, dass der BF bei seiner Erstbefragung keine Zeit gehabt habe, seinen Fluchtgrund zu schildern, da diese 1 Sunde und 20 Minuten gedauert hat. Die Erstbefragung dient in erster Linie der Abklärung der Identität und der Eruierung des Reiseweges. Dennoch müsse davon ausgegangen werden können, dass der Fluchtgrund in der Erstbefragung zumindest ansatzweise erwähnt wird, zumal diese der Ausreise zeitlich am nächsten liegt.

Der BF habe sein Vorbringen auch durch die vorgelegten Dokumente nicht glaubhaft machen können. Diese seien ausschließlich Kopien. Aus den Länderfeststellungen gehe hervor, dass man sich im Irak jedes Dokument, ob als Totalfälschung oder echte Urkunde mit richtigem Inhalt, beschaffen kann. Anhand der vorgelegten Kopien habe der BF daher seine Tätigkeit bei der Polizei nicht glaubhaft machen können.

Aufgrund der vagen Angaben, des gesteigerten Vorbringens sowie der erheblichen Unstimmigkeiten und Unplausibilitäten innerhalb des Vorbringens des BF ergebe eine Gesamtschau zweifelsfrei, dass der BF eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft machen konnte.

Dieses Erkenntnis des BVwG erwuchs am 17.1.2018 in Rechtskraft.

I.4. Am 27.3.2018 brachte der BF den verfahrensgegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz ein.

Im Rahmen der Erstbefragung gab der BF an, dass er seine Fluchtgründe aus dem ersten Verfahren aufrecht halte. Für den Staat gelte er als Verräter, da er ohne Ankündigung seine Arbeitsstelle als Militärpolizist verlassen habe.

Beim BFA gab der BF zusammengefasst an, er könne durch Facebookauszüge beweisen, dass er bedroht würde. Außerdem habe ihm sein Bruder vor ca. 1 Woche telefonisch mitgeteilt, dass die Lage im Irak sehr schlecht sei. Der BF sei vom Gericht verurteilt worden, da er desertiert sei. Milizangehörige seien zum Schwager des BF gekommen und hätten diesen wegen der Facebookpostings des BF bedroht. Ein Richter sei im Irak trotz Personenschutzes getötet worden.

I.5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde zudem gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Absatz 1a FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt VI.). Gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z.6 FPG wurde über den BF ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.)

Begründend wurde ausgeführt, dass kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt hervorgekommen sei, zumal der BF sich auf jene Gründe stütze, die er in den bereits rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren vorbrachte. Diesen Fluchtgründen kam keine Glaubhaftigkeit bzw. Asylrelevanz zu. Das Vorbringen des BF sei auch nunmehr nicht glaubhaft. So gab er bei der Erstbefragung an, den Irak verlassen zu haben, da er als Militärpolizist desertiert sei. Im Rahmen des Parteiengehörs am 18.4.2018 gab er völlig konträr an, als Polizist desertiert zu sein. Im selben Atemzug korrigierte er seine Aussage und gab an, er sei zwar Polizist, habe aber einen Bürojob gehabt und sei dem Innenministerium unterstellt gewesen. Ein weiterer Widerspruch finde sich auf S. 9/12 der EV, wo der BF überzeugt behauptete, als Polizist dem Innenministerium unterstellt gewesen zu sein. Über Vorhalt, ob der BF zu diesem Widerspruch etwas angeben möchte, habe dieser nur geschmunzelt und gemeint, dass es so etwas wie Militärpolizist nicht gebe.

Die Beweismittel wurden übersetzt. Dabei konnte nicht schlüssig nachvollzogen werden, inwiefern die Textbausteine des BF einen direkten verbalen Angriff auf die Miliz darstellen. Zu Ungunsten des BF könne das Beweismittel der Bedrohung des Milizanführers nicht gewertet werden, da kein Substrat enthalten sei, welches in irgendeiner Form beurteilbar wäre.

Ein gravierender Widerspruch sei auch, dass der BF zuerst vorbrachte, lediglich Angestellter und kein Beamter gewesen zu sein. Bei der folgenden Frage behauptete er hingegen, Beamter gewesen zu sein. Im Zuge der EV steigerte der BF sein Vorbringen, indem er angab, sein Bruder habe ihm telefonisch mitgeteilt, dass der BF verurteilt worden sei, weil er als Polizist desertiert sei. Zusätzlich habe der Bruder Angst um den BF, da ein Kollege von ihm, der Richter gewesen sei, getötet wurde. Dies sei dem BF seit 28.2.2018 bekannt. Gegen Ende der EV gab der BF divergierend dazu aber an, dass dieser Vorfall erst mit 14.4.2018 bekannt geworden sei.

Für die Behörde sei nicht logisch nachvollziehbar, weshalb der BF dieses Vorbringen nicht früher der Behörde kundgetan hat. Aus der Erstbefragung vom 27.3.2018 ergibt sich, dass der BF das Vorbringen (Militärpolizist) seit (zu diesem Zeitpunkt) 3 Monaten kannte. Das Verfahren wurde mit 17.1.2018 rk. negativ. Der BF hätte vor Antragstellung sein Begehren der erstinstanzlichen Behörde als auch das BVwG darauf aufmerksam machen können. Ferner konnte der BF nicht glaubhaft erklären, weshalb er erst am 27.3.2018 den 2. Antrag stellte, wenn er doch bereits seit 28.2.2018 bedroht worden sein soll.

Das BFA konnte auch keine Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung des BF im Falle einer Rückkehr in den Irak erkennen. Auch habe sich die allgemeine maßgebliche Lage im Irak seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung im ersten Asylverfahren nicht geändert.

Zu Art 8 EMRK wurde ausgeführt, dass der BF keine familiären Bindungen in Österreich habe. Er sei nicht selbsterhaltungsfähig. Der BF habe keine anderwertigen besonderen sozialen Bindungen in Österreich. In einer Gesamtabwägung würden daher jedenfalls die öffentlichen Interessen an einer Rückkehrentscheidung überwiegen.

Dieser Bescheid des BFA wurde dem BF rechtswirksam am 18.10.2018 zugestellt.

I.6. Mit Schreiben des BF vom 1.11.2018 wurde fristgerecht Beschwerde wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Feststellungen sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhoben.

Der BF legte erneut jene Gründe dar, warum er den Irak verlassen habe.

Unter anderem wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung zur Darlegung der Fluchtgründe des BF anzuordnen.

I.7. Hinsichtlich des Verfahrensinhalts im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

II.1.1. Der Beschwerdeführer

Beim BF handelt es sich um einen ledigen, kinderlosen, männlichen irakischen Staatsbürger, dessen Muttersprache Arabisch ist. Der BF ist weitgehend gesund und hat keine Befunde vorgelegt. Der BF bekennt sich zum schiitischen Islam und stammt aus Bagdad.

Die Identität des BF steht nicht fest.

Der BF reiste illegal in das Bundesgebiet ein.

Im Irak, Bagdad leben 1 Bruder und 3 Schwestern des BF.

Der 1. Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des BFA vom 6.10.2017 gemäß § 3 Absatz 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Absatz 1 Z 1 AsylG 2005 wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des BF in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.1.2018, L524 2174571-1, gem. §§ 3, 8 Abs. 1, 57,10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG idgF, §§ 52Abs. 2 Z.2 und Abs. 9, 46 und 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des BFA vom 6.10.2017 gemäß § 3 Absatz 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Absatz 1 Z 1 AsylG 2005 wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des BF in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Diese Entscheidung erwuchs am 17.1.2018 in Rechtskraft.

Der BF befand sich im Zeitraum zwischen 17.1.2018 und seiner neuerlichen Antragstellung am 27.3.2018 nicht rechtmäßig in Österreich.

Der BF ist in Österreich unbescholten.

Der BF geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach. Er hat keine Familienangehörigen in Österreich und befindet sich auch nicht in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Es besteht auch kein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis zu in Österreich lebenden Personen. Der BF hat grundsätzliche Deutschkenntnisse, aber keine nennenswerten sozialen Bindungen zu Österreichern. Er ist nicht Mitglied in einem Verein oder einer Organisation.

Im gegenständlichen Fall ergab sich weder eine maßgebliche Änderung bzw. Verschlechterung in Bezug auf die den BF betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat, noch in sonstigen in der Person des BF gelegenen Umständen.

Ebenso ergab sich keine sonstige aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation des BF.

Eine relevante Änderung der Rechtslage konnte ebenfalls nicht festgestellt werden.

In Bezug auf die individuelle Lage des BF im Falle einer Rückkehr in den Irak konnte keine im Hinblick auf den Zeitpunkt, an dem letztmalig über den Antrag auf internationalen Schutz inhaltlich entschieden wurde, maßgeblich geänderte oder gar verschlechterte Situation festgestellt werden.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass dem BF eine aktuelle sowie unmittelbare persönliche und konkrete Gefährdung oder Verfolgung in seinem Heimatland Irak droht. Ebenso konnte unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr in den Irak der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt wäre.

Weiter konnte unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung in den Irak eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nicht vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Die Abschiebung des BF in den Irak ist zulässig und möglich.

Weitere Ausreisegründe und/oder Rückkehrhindernisse kamen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht hervor.

II.1.2. Zur allgemeinen Sicherheitslage im Irak

Gemäß Art. 121 der irakischen Verfassung üben kurdische Sicherheitskräfte (insbesondere die militärisch organisierten Peschmerga und die Sicherheitspolizei Asayisch) die Sicherheitsverantwortung in den Provinzen Erbil, Sulaymaniya, Dohuk und Halabdscha aus; diese Kräfte kontrollieren darüber hinaus de facto Teile der Provinzen Diyala, Kirkuk und Ninewah. Sie unterstehen formal der kurdischen Regionalregierung und sind nicht in den Sicherheitsapparat der Zentralregierung eingegliedert.

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, den sogen. Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften, auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite um die Kontrolle der - im Zentrum des seit Sommer 2014 bestehenden Machtbereichs des IS gelegenen - Hauptstadt Mosul der Provinz Ninava gekennzeichnet. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen Anbar, Diyala und Salah al-Din im Zentral- und Südirak voraus. Die kriegerischen Ereignisse im Irak seit 2014 brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Ägide des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren, mit Schwerpunkten in den drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, in sowie um Bagdad sowie im Umkreis von Kirkuk, im Hinblick auf ihre elementaren Lebensbedürfnisse sowie deren Dokumentation und Relokation, ein erheblicher Anteil der Vertriebenen sorgt für sich selbst in gemieteten Unterkünften und bei Verwandten und Bekannten. Insgesamt wurden seit 2014 über drei Millionen Binnenvertriebene sowie über eine Million Binnenrückkehrer innerhalb des Irak registriert.

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen der sogen. Popular Mobilisation Forces (PMF) sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an Bagdad anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt Mosul, Provinz Ninava, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von Mosul. Ab November 2016 wurden sukzessive die Umgebung von Mosul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mosul eingekesselt. Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mosul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mosul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt Tel Afar durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Aktuell richten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave südlich von Kirkuk. Mit Beginn des Dezember 2017 mußte der IS seine letzten territorialen Ansprüche innerhalb des Iraks aufgeben, am 01.12.2017 erklärte Premier Abadi den gesamten Irak für vom IS befreit.

Die Sicherheitslage im Großraum Bagdad war im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt durch die Ereignisse im Zusammenhang mit der Bekämpfung des IS im Zentralirak. Im Laufe der Jahre 2016 und 2017 kam es jedoch im Stadtgebiet von Bagdad zu mehreren Anschlägen bzw. Selbstmordattentaten auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern, die sich, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS, gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden. Zuletzt wurden am

13. und 15. Jänner 2018 von Selbstmordattentätern zwei Sprengstoffanschläge auf öffentliche Plätze in Bagdad verübt, deren genaue Urheber nicht bekannt wurden. Für den Großraum Bagdad sind im Gefolge der nunmehrigen Vertreibung des IS aus seinem früheren Herrschaftsgebiet darüber hinaus keine außergewöhnlichen sicherheitsrelevanten Ereignisse bzw. Entwicklungen bekannt geworden.

(Quellen: Institute for the Study of War; IOM Iraq; Spiegel online)

2. Beweiswürdigung

II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

II.2.2. Die Feststellungen zur Person des BF ergeben sich - vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität - aus seinen in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie seinen Sprach- und Ortskenntnissen.

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Originalidentitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität des BF nicht festgestellt werden. Soweit dieser namentlich genannt wird, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung des BF als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd § 38 AVG bedeutet.

II.2.3. Im gegenständlichen Fall ist anzuführen, dass die belangte Behörde grundsätzlich ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchführte und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenfasste. Die Erstbehörde hat sich mit dem individuellen Vorbringen auseinandergesetzt und auch die vom BF in seinem Herkunftsstaat vorzufindende allgemeine Lage mit jener, welche dem BF bei Erlassung des Erkenntnisses im Erstverfahren vorfand, verglichen.

Der BF führte unter anderem zur Begründung seines Folgeantrages an, dass sich seine Asylgründe in Bezug auf das Erstverfahren nicht verändert hätten.

Neue glaubhaft hervorgekommene Umstände, deren Berücksichtigung zulässig wäre, brachte der BF nicht vor. Soweit der BF im Rahmen seines gegenständlichen Verfahrens vorbringt, dass er im Irak wegen Desertion verurteilt worden sei, via Facebook Drohungen ausgestoßen habe, weswegen der Schwager des BF bedroht würde und ein Freund und Kollege des Bruders des BF trotz Personenschutzes getötet worden sei, ist Folgendes in Betracht zu ziehen:

Wie die belangte Behörde bereits darlegte, handelt es sich hierbei um ein neues Sachverhaltselement, das jedoch prinzipiell als Fortführung der bereits im ersten Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe bzw. Bedrohungssituation zu werten ist, denen damals keine Asylrelevanz zugesprochen wurde bzw. im Hinblick auf eine individuelle Verfolgungs- bzw. Bedrohungssituation keine Glaubwürdigkeit geschenkt wurde. Da bereits das gesamte erste Asylverfahren auf einem nicht glaubhaften bzw. nicht asylrelevanten Vorbringen beruhte, kann aus der Fortführung dieses Vorbringens auch im hier gegenständlichen (zweiten) Verfahren nichts für den BF zu gewinnen sein.

Zudem verwies die belangte Behörde zutreffend darauf, dass das diesbezügliche Vorbringen des BF nicht glaubhaft ist.

Soweit der BF behauptete, zwischenzeitig wegen Desertion verurteilt worden zu sein, konnte er dafür keinerlei Nachweise wie z.B. Anklageschrift, Urteil etc. vorlegen. Vielmehr stellte er dies lediglich völlig vage und allgemein in den Raum, ohne Details wie z. B. das zuständige Gericht, die Höhe der Strafe, Datum der Verurteilung, Rechtskraft des Urteils etc. anzugeben. Unabhängig davon, dass diese Behauptung auf der bereits rechtskräftig negativ abgeschlossenen unglaubwürdigen Fluchtgeschichte im Erstverfahren basiert und sich der BF hinsichtlich seiner Tätigkeit - wie vom BFA aufgezeigt - auch in Widersprüche verwickelte, wird Desertion auch in der westlichen Welt geahndet.

Auch für die behauptete Ermordung des Richters hat der BF keinerlei Beweismittel wie z.B. Zeitungsabschnitte etc. vorgelegt. Zudem konnte dem Vorbringen des BF keinerlei Hinweis entnommen werden, dass er persönlich mit diesem Richter und Arbeitskollegen seines Bruders in irgendeinem Zusammenhang stünde. Details zum Mord, wie z. B. Datum, Örtlichkeit, genaue Tatumstände, Ergreifung der Täter etc. nannte der BF ebenfalls nicht, sodass ihm auch in diesem Punkt keine Glaubhaftmachung gelang.

Ebenso waren die Bedrohungen des Schwagers im Irak nur völlig allgemein und vage in den Raum gestellt worden. Konkrete Fakten wie Anzahl der Drohungen, Form der Drohungen, Inhalt der Drohungen etc. gab der BF auch hier nicht an, sodass er auch in diesem Punkt nicht glaubhaft war.

Was die Facebookeinträge betrifft, ist seitens des BVwG festzustellen, dass diesen keine Bedrohungen entnommen werden können. Es handelt sich vielmehr laut Übersetzung lediglich um allgemeine Ausführungen über die Lage des irakischen Volkes, das politische System, Stammeszugehörigkeiten und deren Bedeutung, Verantwortlichkeit der Bevölkerung, dass die Regierenden an die Macht kamen, einen Terroranschlag auf den Richter und islamische Trauersprüche. In wie weit sich daraus eine asylrelevante Verfolgungssituation des BF ergeben sollte, bleibt für das Gericht allerdings völlig im Dunkeln. Unabhängig davon handelt wieder nur um Kopien und sind ge- oder verfälschte Schriftstücke im Irak laut Länderberichten problemlos erhältlich. Zudem können diese Postings aufgrund der vorgelegten Unterlagen auch zeitlich nicht eingeordnet werden. Insgesamt war dem BF daher auch hinsichtlich seines nunmehrigen Vorbringens aus den aufgezeigten Gründen die Glaubwürdigkeit abzusprechen.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Irak wird auf die, der Akte beigeschlossenen bzw. in den Bescheiden enthaltenen Feststellungen der belangten Behörde im Erst- bzw. Zweitverfahren verwiesen.

In diesem Kontext ist darauf zu verweisen, dass sich aus den amtswegigen Ermittlungen des erkennenden Gerichts - wie bereits vom BFA festgestellt - bei Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen keine solchen Hinweise ergaben, dass sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des vorangegangenen, bereits abgeschlossenen Erstverfahrens die maßgebliche allgemeine Lage im Irak zum Nachteil des BF geändert hätte (vgl. VwGH vom 11.11.1998, GZ. 98/01/0283, 12.5.1999, GZ. 98/01/0365, 6.7.1999, GZ. 98/01/0602, speziell zur Anforderung der Aktualität vgl. Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß -im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 4 AsylG 1997- das E. vom 11.November 1998, 98/01/0284, bzw. auch E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210).

Die im gegenständlichen Verfahren genannten Quellen geben zudem die aktuelle, seit der Erlassung der Vergleichsentscheidung unverändert gebliebene Lage - in Bezug auf den BF - im Irak wieder, da diese seitens des BFA getroffenen und zitierten Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage als weiterhin aktuell angesehen werden müssen, weil Quellen späteren Ursprungs ein im Wesentlichen gleiches Bild zeichnen.

Die Sicherheitslage im Großraum Bagdad war im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt durch die Ereignisse im Zusammenhang mit der Bekämpfung des IS im Zentralirak. Im Laufe der Jahre 2016 und 2017 kam es jedoch im Stadtgebiet von Bagdad zu mehreren Anschlägen bzw. Selbstmordattentaten auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern, die sich, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS, gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden. Zuletzt wurden am

13. und 15. Jänner 2018 von Selbstmordattentätern zwei Sprengstoffanschläge auf öffentliche Plätze in Bagdad verübt, deren genaue Urheber nicht bekannt wurden. Für den Großraum Bagdad sind im Gefolge der nunmehrigen Vertreibung des IS aus seinem früheren Herrschaftsgebiet darüber hinaus keine außergewöhnlichen sicherheitsrelevanten Ereignisse bzw. Entwicklungen bekannt geworden.

Insoweit die neuerliche Antragstellung des BF unter dem Blickwinkel des Refoulementschutzes zu betrachten ist, ist auszuführen, dass bereits dem rechtskräftigen Bescheid des BFA bzw. dem Erkenntnis des BVwG im Erstverfahren umfassende Feststellungen zur allgemeinen Lage im Irak zugrunde gelegt wurden, welche hinsichtlich der Sicherheitslage in Bagdad nach wie vor aktuell sind. Es sind darüber hinaus auch keine wesentlichen, in der Person des BF liegenden, neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden (wie bspw. eine schwere lebensbedrohliche Krankheit), die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden.

Der BF hat weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde konkrete Angaben dahingehend getätigt, denen zufolge eine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung anzunehmen ist. Auch sonst sind aus der Aktenlage im Zusammenhalt mit der länderspezifischen Situation im Irak keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die darauf hinweisen, dass eine Abschiebung des BF aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen unmöglich wäre.

Abschließend darf darauf hingewiesen werden, dass die Angaben des BF bzgl. seiner Integration in Österreich der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt wurden.

3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (§ 28 Abs 2 Z 1 VwGVG ) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (§ 28 Abs 2 Z 2 VwGVG)

Zu A)

Zu Spruchpunkt I: Abweisung der Beschwerde gem. § 68 AVG

Prüfungsumfang der "Entschiedenen Sache"

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183; 30.5.1995, 93/08/0207; 9.9.1999, 97/21/0913; 7.6.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235).

Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266). Selbiges gilt, wenn sich das neue Parteibegehren mit dem früheren deckt (etwa das Begehren der Gewährung von internationalem Schutz), die Partei dieses Begehren bei gleich gebliebener Sach- und Rechtslage jedoch anders begründet (vgl. ho. Erk. v. 6.10.2011, Zl. E10 417.640-2/2011/3E, E10 417.639-2/2011/3E, Zl. E10 417.641-2/2011/3E).

Ob der nunmehr vorgetragene Sachverhalt, der sich vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag zugetragen haben soll, im Erstverfahren auch vorgetragen wurde oder nicht, ist im Folgeverfahren bei der Prüfung der Rechtskraft ohne Belang. Auch ein Sachverhalt, der nicht vorgetragen wurde, ist von der Rechtskraftwirkung des Vorbescheides mitumfasst (vgl. auch Erk. d. VwGH vom 17.9.2008, 2008/23/0684, ho. Erk. vom 17.4.2009, GZ. E10 316.192-2/2009-8E).

"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.5.1995, 93/08/0207).

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.3.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321).

Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat (bzw. welche als allgemein bekannt anzusehen sind, vgl. z.B. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321); in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. zB VwSlg. 5642 A/1961; 23.05.1995, 94/04/0081; 15.10.1999, 96/21/0097; 04.04.2001, 98/09/0041; 25.04.2002, 2000/07/0235), wobei für die Prüfung der Zulässigkeit des Zweitantrages von der Rechtsanschauung auszugehen ist, auf die sich die rechtskräftige Erledigung des Erstantrages gründete (VwGH 16.7.2003, 2000/01/0237, mwN).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen (Hinweis EB E 26.4.1995, 92/07/0197, VwSlg 14248 A/1995); die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Entschiedene Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss. Erk. d. VwGH v.26.2.2004, 2004/07/0014; 12.12.2002, 2002/07/0016; 15.10.1999; 9621/9997). Identität der Sache i.S.d. § 68 Abs. 1 AVG liegt selbst dann vor, wenn die Behörde in einem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren etwa eine Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hätte (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 08.04.1992, Zl. 88/12/0169, ebenso Erk. d. VwGH v. 15.11.2000, 2000/01/0184).

Als Vergleichsbescheid ist im Falle mehrfacher Asylfolgeanträge derjenige Bescheid heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden - und nicht etwa nur ein Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen - wurde (vgl. in diesem Sinn VwGH 26.06.2005, 2005/20/0226, mwN).

Entschiedene Sache in Bezug auf den asylrelevanten Sachverhalt

Das Verfahren hinsichtlich des ersten Antrages des BF wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 16.1.2018 rechtskräftig negativ abgeschlossen und wurde das Vorbringen des BF als nicht asylrelevant bzw. als unglaubwürdig beurteilt.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Würdigung der belangten Behörde im gegenständlichen Verfahren an, dass der BF nunmehr keinen Sachverhalt vorgebracht hat, welcher die Führung eines neuerlichen inhaltlichen Asylverfahrens erforderlich machen würde.

Der Akteninhalt bzw. die Protokolle der Einvernahmen zeigen, dass die belangte Behörde bemüht war, den Sachverhalt zu ermitteln und die wesentlichen Elemente zu erfragen.

Im Detail darf darauf hingewiesen werden, dass die belangte Behörde hinsichtlich der Begründung des Bescheides die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Die belangte Behörde hat mit dem BF eine Einvernahme durchgeführt. Der festgestellte Sachverhalt, dessen Beweiswürdigung und rechtliche Subsumption finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid.

Im Hinblick auf das Vorbringen des BF, dass er weiterhin anführt, aufgrund der bereits im ersten Asylverfahren geschilderten Bedrohungen verfolgt zu werden, stützt sich der BF auf sein bisheriges Vorbringen. Diesbezüglich liegt zweifelsfrei entschiedene Sache vor. Insbesondere gilt dies für die vom BF beschriebene individuelle Bedrohung. Damit bezieht sich der BF auf die im Zuge der ersten Asylantragstellung vorgebrachten Fluchtgründe und wird diesbezüglich auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum "Fortbestehen und Weiterwirken", VwGH 20.03.2003, 99/20/0480 ("Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt") verwiesen. Von einer relevanten, wesentlichen Änderung des Sachverhaltes seit der rechtskräftigen Entscheidung über den ersten Asylantrag kann daher diesbezüglich nicht gesprochen werden.

Bezugnehmend auf das "neue" Vorbringen des BF ist Folgendes festzustellen:

Es handelt sich hierbei um neue Sachverhaltselemente, die als Fortführung der bereits im ersten Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe bzw. Bedrohungssituation zu werten sind, denen damals keine Asylrelevanz bzw. Glaubwürdigkeit zugesprochen wurde. Da bereits das gesamte erste Asylverfahren auf einem nicht asylrelevanten bzw. nicht glaubhaften Vorbringen beruhte, kann aus der Fortführung dieses Vorbringens auch im hier gegenständlichen (zweiten) Verfahren für den BF nichts zu gewinnen sein.

Das vom BF vorgebrachte Vorbringen ist zudem wie bereits von der belangten Behörde schlüssig dargelegt als nicht glaubhaft zu werten. So erstattete der BF im nunmehrigen Verfahren ein widersprüchliches bzw. nur vages und allgemeines Vorbringen. Folglich liegt in Bezug auf dieses Vorbringen auch kein "glaubhafter Kern" vor, dem für die Entscheidung Relevanz zukommt und an eine positive

Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. . VwGH

19.02.2009,2008/01/0344).

Im gegenständlichen Fall ist es dem BF im Ergebnis nicht gelungen, zulässige neue individuelle Gründe darzutun, welche eine allenfalls in seiner Person gelegene neue individuelle Bedrohung begründen könnten.

Es liegt damit schlussendlich entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG vor, da sich gegenüber der Entscheidung im Vorverfahren weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben.

Entschiedene Sache in Bezug auf den zur Prüfung der Voraussetzung der Zuerkennung des Statuts des subsidiär Schutzberechtigten relevanten Sachverhalts

"§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1.-der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2.-...

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung

nach § 3 ... zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

..."

Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies war dahingehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.

Art. 2 EMRK lautet:

"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.

(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;

b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;

c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken."

Während das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.

Art. 3 EMRK lautet:

"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."

Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).

Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).

Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).

Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:

VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat des BF zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.

Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

Gem. der Judikatur des EGMR muss der BF die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 - Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.

Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates des BF scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

Da sich der Herkunftsstaat des BF nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat des BF in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

Weitere, in der Person des BF begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.

Zur individuellen Versorgungssituation des BF wird weiter festgestellt, dass dieser im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügt. Bei dem BF handelt es sich um einen mobilen, jungen, weitgehend gesunden, arbeitsfähigen Menschen. Einerseits stammt der BF aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehört der BF keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.

Auch steht es dem BF frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen.

Darüber hinaus ist es dem BF unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.

In der Beschwerde bzw. auch im Rahmen der Einvernahmen wurde von dem BF kein substantiiertes bzw. glaubhaftes Vorbringen zu einer etwaig geänderten Lage im Herkunftsstaat bzw. der Herkunftsstadt Bagdad erstattet. Weder aus dem Vorbringen des BF, noch

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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