TE Bvwg Beschluss 2018/11/13 I403 2161549-2

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Veröffentlicht am 13.11.2018
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Entscheidungsdatum

13.11.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I403 2161549-2/5E

BESCHLUSS

Im Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.11.2018, Zl. 1107578507 - 181060014, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXX, StA. Tunesien, hat das Bundesverwaltungsgericht durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 nicht rechtmäßig. Der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.11.2018, Zl. 1107578507 - 181060014 wird aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte erstmalig am 06.03.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund nannte er Arbeitslosigkeit, darüber hinaus würde man ihn in seiner Heimat zu Unrecht aufgrund von Drogendelikten verfolgen. Der Erstantrag des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des BFA vom 27.03.2016, Zl. 1107578507/160337552, als unbegründet abgewiesen und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die Entscheidung erwuchs am 09.04.2016 in Rechtskraft.

2. Am 04.05.2017 stellte der Beschwerdeführer, während seiner Anhaltung in Untersuchungshaft, einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund brachte er nunmehr vor, die Mafia habe seinen Bruder zusammengeschlagen, sodass dieser im Koma liege, während der Beschwerdeführer selbst der Gefahr einer Verfolgung in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit in einem staatlichen Ölbohrunternehmen ausgesetzt sei.

3. Mit Bescheid vom 21.05.2017, Zl. 1107578507 - 170534295, wies das BFA den Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.). Zugleich erteilte das BFA dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Tunesien zulässig ist (Spruchpunkt II.). Eine Frist für seine freiwillige Ausreise gewährte das BFA dem Beschwerdeführer nicht (Spruchpunkt III.).

4. Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.06.2017, Zl. I406 2161549-1, als unbegründet abgewiesen.

5. Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und stellte am 01.10.2018 einen zweiten Folgeantrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 01.10.2018 gab er als Grund für seine neuerliche Antragstellung an, erfahren zu haben, dass sein Bruder in Tunesien durch Folter im Gefängnis umgekommen sei. Überdies seien seine Eltern mittlerweile ebenfalls aus Tunesien geflohen, sodass er dort niemanden mehr habe. Überdies befinde er sich aktuell in einer Suchttherapie.

6. Mit Verfahrensanordnung vom 17.10.2018 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass seitens des BFA beabsichtigt werde, seinen zweiten Folgeantrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (§ 68 AVG) und seinen faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben (§ 12a Abs. 2 AsylG).

7. Am 07.11.2018 wurde der Beschwerdeführer von einem Organ des BFA niederschriftlich zu seinem zweiten Folgeantrag auf internationalen Schutz einvernommen. Hierbei gab der Beschwerdeführer zunächst an, sein Bruder sei in Italien festgenommen und nach Tunesien abgeschoben worden. Dort habe man ihn in der Haft zusammengeschlagen, sodass er gestorben sei. Die Behörden würden dies vertuschen, indem sie sagen würden, sein Bruder sei eines natürlichen Todes gestorben. Überdies habe seine gesamte Familie ein Problem mit der Mafia, welche Tunesien kontrolliere. In weiterer Folge gab der Beschwerdeführer jedoch wiederum an, dass seine Angaben aus dem Erstverfahren der Wahrheit entsprechen würden, während er sich hinsichtlich seiner nunmehrigen Angaben nicht sicher sei und sich diese als falsch herausstellen könnten. Im Anschluss an die Einvernahme wurde dem Beschwerdeführer der Bescheid hinsichtlich der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG mündlich verkündet. Der Beschwerdeführer wurde am Ende der Niederschrift explizit befragt, ob er mit dieser Entscheidung einverstanden sei. Der Beschwerdeführer verneinte dies.

8. Der Akt langte bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes am 12.11.2018 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der volljährige Beschwerdeführer ist tunesischer Staatsangehöriger; seine Identität steht nicht fest.

Der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 06.03.2016 wurde mit Bescheid des BFA vom 27.03.2016, Zl. 1107578507/160337552 als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

Der erste Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 04.05.2017 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.06.2017, Zl. I406 2161549-1, rechtskräftig wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Nach rechtskräftigem Abschluss der ersten beiden Asylverfahren kam der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach.

Weder im Hinblick auf die allgemeine Lage in Tunesien noch im Hinblick auf die anzuwendenden rechtlichen Bestimmungen ist in den letzten zweieinhalb Jahren und damit seit Abschluss des ersten Asylverfahrens eine maßgebliche Änderung eingetreten.

In den ersten beiden Asylverfahren konnten hinsichtlich der Person des Beschwerdeführers keinerlei Gesundheitsbeeinträchtigungen festgestellt werden.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXX vom 12.07.2016 wurde der Beschwerdeführer wegen des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXX vom 31.07.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 erster Fall, Abs. 2, Abs. 2a und Abs. 4 Z 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten, davon acht Monate bedingt, verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXX vom 14.03.2018 wurde der Beschwerdeführer wegen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 2a zweiter Fall und Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfzehn Monaten verurteilt.

Im Anschluss an seine letzte Verurteilung stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Gewährung eines Strafaufschubes zur Durchführung einer Suchtgiftentwöhnungstherapie, welcher ihm durch Beschluss des Landesgerichtes XXXvom 22.05.2018, Zl. XXX, gewährt wurde. Der Beschluss verweist hierbei auf ein psychotherapeutisches Sachverständigengutachten vom 09.05.2018, wonach beim Beschwerdeführer Abhängigkeitssymptome im Hinblick auf Kokain und Cannabinoide bestehen. Der Strafaufschub wurde bis zum 24.05.2020 gewährt, sodass sich der Beschwerdeführer notwendigen gesundheitsbezogenen Maßnahmen unterziehen kann. Eine stationäre Aufnahme des Beschwerdeführers in einer Einrichtung zur Drogentherapie ist für den 13.11.2018 geplant.

Hinsichtlich des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers ist seit rechtskräftigem Abschluss des Vorverfahrens von keiner maßgeblichen Sachverhaltsänderung im Hinblick auf die Gewährung von Asyl auszugehen.

Es kann jedoch nicht festgestellt werden, ob sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers nach dem rechtskräftigen Abschluss des Vorverfahrens derart geändert hat, dass die Gefahr einer Verletzung des Beschwerdeführers in seinen nach Art 3 EMRK geschützten Rechten durch dessen Abschiebung nach Tunesien ausgeschlossen werden kann.

2. Beweiswürdigung:

Die Identität des Beschwerdeführers steht mangels der Vorlage unbedenklicher Identitätsdokumente nicht fest.

Die Angaben zu den Asylverfahren des Beschwerdeführers ergeben sich aus den vorliegenden Akten. Dass der Beschwerdeführer keinen neuen Fluchtgrund vorgebracht hat, ergibt sich aus seinen Aussagen in der Einvernahme durch das BFA am 07.11.2018.

Die rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Abfrage im Strafregister der Republik Österreich vom 13.11.2018.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aufgrund des dem Akt beiliegenden Gerichtsbeschlusses des Landesgerichtes XXX vom 22.05.2018, Zl. XXX, in welchem auf ein psychotherapeutisches Sachverständigengutachten vom 09.05.2018 verwiesen wird, in welchem dem Beschwerdeführer Abhängigkeitssyndrome im Hinblick auf Kokain und Cannabinoide bescheinigt werden.

Die Feststellung, dass eine Aufnahme des Beschwerdeführers in einer Einrichtung zur Drogentherapie für den 13.11.2018 geplant ist, ergibt sich aufgrund eines Schreibens des "XXX" an das Bundesverwaltungsgericht vom 12.11.2018. Medizinische Berichte und Atteste aus der Einrichtung liegen dem Bundesverwaltungsgericht nicht vor. Diese wurden angefordert, doch wurde vom "XXX" unter Bezugnahme auf die ärztliche Verschwiegenheitspflicht die Weitergabe medizinischer Unterlagen bzw. Auskünfte verweigert. Der Beschwerdeführer selbst erklärte gegenüber dem BFA, an Asthma, Epilepsie und psychischen Problemen zu leiden. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht Befunde, Atteste etc. vorzulegen hat. Im konkreten Fall ergeben sich allerdings aus dem Akteninhalt Hinweise darauf, dass - im Gegensatz zum Sachverhalt des Vorverfahrens - gegenständlich gesundheitliche Einschränkungen nicht ausgeschlossen werden können. Sowohl die Aussagen des Beschwerdeführers, der Verweis auf ein nicht im Akt befindliches Sachverständigengutachten wie auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer am heutigen Tag stationär aufgenommen werden sollte, sprechen für eine gesundheitliche Beeinträchtigung. Ob diese zu einem Risiko einer Verletzung des Art. 3 EMRK für den Fall einer Abschiebung des Beschwerdeführers nach Tunesien führen würde, kann aufgrund der diesbezüglich fehlenden Feststellungen im mündlich verkündeten Bescheid und dem Umstand, dass innerhalb der Entscheidungsfrist von drei Tagen die Einholung der notwendigen Unterlagen (Gutachten, ärztliche Befunde) nicht möglich ist, nicht abschließend festgestellt werden. Es kann daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt vom Bundesverwaltungsgericht nicht ausgeschlossen werden, dass in Bezug auf den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers eine entscheidungswesentliche Änderung des Sachverhalts eingetreten ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A):

Zu A) Aufhebung der Entscheidung über die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes

Die maßgeblichen Bestimmungen (in der Sache) lauten:

§12a (2) AsylG 2005:

Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

§ 22 BFA-VG:

(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.

§ 8 Abs. 1 AsylG 2005

Status des subsidiär Schutzberechtigten

(1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Art. 3 EMRK

Verbot der Folter

Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Zu den Voraussetzungen des § 12 a Abs. 2 AsylG 2005, auf den gegenständlichen Fall bezogen, im Detail:

Der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 06.03.2016 wurde mit Bescheid des BFA vom 27.03.2016 als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung erwuchs am 09.04.2016 in Rechtskraft.

Der erste Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 04.05.2017 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.06.2017 rechtskräftig wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Beim Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 01.10.2018 handelt es sich somit um einen weiteren Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005. Es liegt kein Fall des § 12a Abs. 1 AsylG 2005 vor.

Aufrechte Rückkehrentscheidung

Das Vorliegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung ist notwendiges Tatbestandselement des § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Gegenständlich liegt aufgrund des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.06.2017, Zl. I406 2161549-1, eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer vor.

Res iudicata

Der Antrag vom 01.10.2018 wäre in Bezug auf die Gewährung des Status eines Asylberechtigten voraussichtlich zurückzuweisen, da der Beschwerdeführer keine neuen Fluchtgründe vorbringt bzw. seinem geänderten Fluchtvorbringen in seiner Einvernahme vom 07.11.2018 selbst wiederum jeglichen glaubhaften Kern abspricht. Auch die Situation in Tunesien hat sich seit dem vorangegangenen Verfahren nicht geändert. Es gab diesbezüglich auch kein Vorbringen des Beschwerdeführers. Ebenso wenig ist eine entscheidungsrelevante Änderung der Rechtslage gegeben.

Das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz umfasst aber auch die Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz iSd § 8 AsylG 2005. Diesbezüglich ist zu prüfen, ob eine Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde. Im ersten Asylverfahren wurde rechtskräftig entschieden, dass dem Beschwerdeführer kein subsidiärer Schutz zukommt; im ersten Folgeantragsverfahren hat das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre. In beiden Verfahren war davon ausgegangen worden, dass beim Beschwerdeführer keine gesundheitlichen Einschränkungen vorliegen.

In der Begründung des mündlich verkündeten Bescheides des BFA wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine Gefährdung seiner Person glaubhaft machen konnte. Es sei nicht anzunehmen, dass er im Falle einer Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein würde. Jedoch ist nach rechtskräftigem Abschluss der vorangegangenen Asylverfahren möglicherweise eine Änderung hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers eingetreten. In dem Erkenntnis I406 2161549-1 des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.06.2017 wurden keinerlei Feststellungen hinsichtlich einer etwaigen Gesundheitsbeeinträchtigung des Beschwerdeführers getroffen. In einem psychotherapeutischen Sachverständigengutachten vom 09.05.2018 wurden jedoch mittlerweile beim Beschwerdeführer Abhängigkeitssyndrome im Hinblick auf Kokain und Cannabinoide diagnostiziert. Aus einem Schreiben einer Einrichtung für Drogentherapie vom 12.11.2018 geht überdies hervor, dass eine stationäre Aufnahme des Beschwerdeführers in der Einrichtung für den 13.11.2018 geplant sei. Der Beschwerdeführer selbst gab im Verfahren vor dem BFA an, an Asthma, Epilepsie und psychischen Problemen zu leiden.

Das BFA hat es unterlassen, Ermittlungen zum aktuellen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers durchzuführen. Da sich diesbezüglich möglicherweise Änderungen nach dem rechtskräftigen Abschluss der Vorverfahren ergeben haben, kann die Gefahr einer Verletzung des Beschwerdeführers in seinen nach Art 3 EMRK geschützten Rechten durch dessen Abschiebung nach Tunesien aufgrund der dem Bundesverwaltungsgericht aktuell vorliegenden Informationen nicht ausgeschlossen werden.

Es kann daher noch nicht davon ausgegangen werden, dass der neuerliche Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.

Da daher die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 z 2 und 3 AsylG für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht vorliegen, wird der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.11.2018, Zl. 1107578507 - 181060014, aufgehoben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an eine Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Da die in der vorliegenden Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen klar sind und keiner Auslegung bedürfen, geht das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.

Schlagworte

Drogenabhängigkeit, Ermittlungspflicht, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung nicht rechtmäßig, Folgeantrag, gesundheitliche
Beeinträchtigung, psychische Erkrankung, Rückkehrsituation,
strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I403.2161549.2.00

Zuletzt aktualisiert am

15.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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