Entscheidungsdatum
18.11.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W124 2209170-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 33 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 und § 57 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) stellte laut polizeilicher Meldung am XXXX am Flughafen Wien-Schwechat im Rahmen der Einreisekontrolle einen Antrag auf internationalen Schutz, indem er während der Amtshandlung angab, er werde von Muslimen verfolgt, wolle nicht sterben und wolle daher nicht nach Indien zurückgeschickt werden. Zu seiner Reisebewegung gab er an, er sei mit Turkish Airlines vonXXXX nach Istanbul gereist und von dort mit der AUA weiter nach Österreich geflogen. Ferner gab er an, am Flughafen in XXXX einen Deutschen kennengelernt zu haben, der mit ihm bis nach Wien gereist sei. Am Flughafen habe er ihm gesagt, er solle sich hinsetzen und warten. Der Mann habe seinen Reisepass mitgenommen und sei nicht zurückgekommen.
In der polizeilichen Meldung wurde weiter festgehalten, dass der BF im Zuge dieser Amtshandlung der freiwilligen Unterbringung im Sondertransit zugestimmt habe und informiert worden sei, dass er jederzeit freiwillig ausreisen könne.
2. AmXXXX erfolgte seine niederschriftliche Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Zu seiner Person gab er an, er stamme aus XXXX, gehöre der Volksgruppe der Saini an und sei Hindu. Er spreche Hindi, habe 12 Jahre die Grundschule besucht, verfüge aber weder über Berufserfahrung noch über eine Berufsausbildung. Sein Vater sei bereits verstorben, während seine Mutter in seinem Herkunftsort in Indien leben würde. Zu seinem Reisedokument gab er an, der Mann, der ihn bis nach Österreich begleitet habe, habe ihn am Flughafen ohne seinen Reisepass zurückgelassen. Dies sei ein Deutscher gewesen, der ihm aus Mitleid geholfen habe und ihm seine Flugtickets bezahlt habe.
Zu seinem Fluchtgrund gab er zu Protokoll, die Moslems der Stadt XXXX hätten gewollt, dass er Moslem werde. Sie seien in der Nacht zu ihm nachhause gekommen und hätten ihn geschlagen. Dies sei zwei- bis dreimal passiert. Einmal habe er sogar für 10 Tage ins Spital müssen. Sein Leben sei in Gefahr und er wolle nicht sterben. Er habe keine weiteren Gründe für die Asylantragstellung.
3. Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) am XXXX gab der BF zu seiner Gesundheit an, er sei nicht in Behandlung, habe aber seit dem Vortag Bauchschmerzen. Nach Hinweis auf die mögliche Konsultation eines Arztes sowie der Frage nach geistigen oder körperlichen Erkrankungen gab der BF zu Protokoll, er habe keine Erkrankungen und es gehe ihm gut.
3.1 Zum Verlassen seines Herkunftsstaates gab der BF an, er habe am XXXXseine Wohnung verlassen und sei zum Flughafen gegangen, wo er eine deutsche Person kennengelernt habe. Auf Nachfrage gab er an, es sei der International Airport in XXXX gewesen. Es sei ein zufälliges Treffen gewesen. Er sei am Flughafen gesessen, woraufhin der Mann zu ihm gekommen sei und gemerkt habe, dass er große Probleme habe. Er habe dem Mann gesagt, dass sein Leben in großer Gefahr sei und sie ihn umbringen würden, wenn er in Indien bliebe. Dieser Mann habe sein Ticket bezahlt. Zum Verbleib des Mannes gab er an, er sei weiter nach Deutschland gereist. Auf die Frage, warum dieser Mann seinen Pass benötigt habe, gab er zu Protokoll, der Mann habe sich nicht verabschiedet. Er habe ihm am Flughafen gesagt, er solle sitzen bleiben und er komme wieder. Er sei aber nicht wiedergekommen.
Seine Ausreise habe er nicht geplant. Er sei unter Druck gewesen und habe gewusst, sie würden ihn umbringen, wenn er bliebe. Auf Vorhalt des Widerspruchs, dass er seine Reise nicht geplant habe, sich dennoch aber mit dem Reisepass an den Flughafen begeben habe, führte er aus, er sei einfach zum Flughafen gegangen, zwei bis drei Stunden dort gesessen und erst nachher sei eine Person zu ihm gekommen und habe ihn angesprochen. Auf die weitere Frage nach seinem Motiv, den Flughafen ohne Reiseabsicht aufzusuchen, gab der BF zu Protokoll, er habe keine Pläne gehabt. Er sei zum Flughafen gegangen, da sein Leben daheim in Gefahr gewesen sei.
3.2 Zu seiner Herkunft gab er an, er habe sein gesamtes Leben in XXXX verbracht. Auf die Frage, in welchem Stadtbezirk er gewohnt habe, antwortete er, Stadt und Bezirk seien XXXX. Auf die Frage nach Straßen, welche seine angegebene Adresse kreuzen würden oder in der Nähe gelegen seien, erklärte er, ihm falle keine ein. Ferner gab er an, weder die Namen der Stadtbezirke von XXXX, noch den Namen des dortigen Flusses zu kennen. Auf die Frage nach dem Autokennzeichen gab er an, darauf achte er nicht. Sie würden dort wohnen, wo mehr Felder seien. Die Telefonvorwahl, den Namen des Highways, Sehenswürdigkeiten oder die Namen der umliegenden Dörfer, Städte oder Bezirke kenne er ebenso wenig.
Zu seiner Ausbildung gab er zu Protokoll, er habe zwölf Jahre die Schule "XXXX" besucht. Die Adresse sei ihm unbekannt. Die Schule sei mitten in der Stadt. Auf Vorhalt, nach 12 Jahren Schulbesuch sei es üblich die Adresse der Schule zu kennen, antwortete er, sie sei mitten in XXXX in der Nähe seiner Wohnung. Auf weiteren Vorhalt, er habe zuvor angegeben, in der Nähe der Felder zu wohnen, führte er aus, die Felder würden ganz nahe an der Stadtgrenze liegen und man könne zu Fuß dort hingehen. Zur Stadt könne er nicht mehr erzählen, da er nur zuhause oder in der Schule gewesen sei.
Der Flughafen sei von seiner Wohnung aus innerhalb von ca. 30 Minuten zu erreichen. Er sei am XXXX zu Fuß dort hingegangen. Zum Vorhalt, man benötige mit dem Auto vom Stadtzentrum zum Flughafen 35 Minuten und zu Fuß über zwei Stunden, gab er an, er sage die Wahrheit.
Auf Vorhalt, es sei unglaubhaft, dass er aus XXXX stamme, erklärte der BF, er komme von dort, sonst sei er nirgendwo gewesen. Einen Beweis für seine Herkunft habe er nicht.
Auf weiteren Vorhalt seiner unglaubwürdigen Angaben zum Herkunftsort gab er an, er sei von dort und bleibe dabei.
3.3 Zu seinem Familienleben im Herkunftsstaat brachte er vor, er habe dort niemanden mehr. Sein Vater sei verstorben und er wisse nicht, wo sich seine Mutter aufhalte. Nach seiner Einreise in Österreich habe er keinen Kontakt mehr zu ihr, da er ihre Telefonnummer nicht kenne. Zuletzt habe er sie gesehen, als er die Wohnung am XXXX verlassen habe. Gearbeitet habe er im Herkunftsstaat nie, da es ihm seine Mutter nicht erlaubt habe, etwas zum Haushaltseinkommen beizutragen. Seine Mutter habe als Feldarbeiterin gearbeitet. Die Wohnung gehöre ihr. Die Familie sei arm gewesen.
Als er von zuhause weggegangen sei, habe er seiner Mutter nichts gesagt. Auf Nachfrage gab der BF zu Protokoll, er habe ihr gesagt, er gehe weg, da sein Leben in Gefahr sei. Seine Mutter habe erwidert: "OK. Hauptsache, dein Leben ist sicher, denn hier wirst du sterben."
3.4 Politisch aktiv sei der BF im Herkunftsstaat nicht gewesen. Er gehöre der Kaste der Saini an und sei Hindu. In einem Tempel in XXXX sei er nie gewesen. Auf die Frage nach Problemen mit den Behörden oder der Polizei im Herkunftsstaat gab der BF zunächst an, die Polizei unterstütze niemanden, der sich an sie wende. Auf Wiederholung der Frage antwortete der BF, er habe nie solche Probleme gehabt.
3.5 Zu seinen Fluchtgründen führte er aus, er habe mit Moslems Probleme gehabt. Diese hätten Steine auf ihn geworfen und seien bei ihm zuhause gewesen. Sie hätten gewollt, dass er zum Islam konvertiere. Aus diesem Grund habe er Indien verlassen. Sein Leben sei dort nicht sicher. Er habe Verletzungen erlitten, habe aber nicht sein Leben verlieren wollen.
Nach Aufforderung, sein Vorbringen zu konkretisieren, gab er zu Protokoll, die Moslems dort seien gewalttägig und würden die Hindus zwingen, die Religion zu ändern. Sie würden in ihre Wohnungen einbrechen und sie schlagen. Befragt dazu, was er mit "dort" meine, gab er an: "bei mir zuhause". Auf Nachfrage, mit welchen konkreten Moslems er Probleme gehabt hätte, antwortete er: "mit den Moslems aus XXXX". Es sei eine Gruppe von 10 bis 15 Personen gewesen. Abgesehen davon, dass sie Moslems gewesen seien, wisse er nichts von ihnen. Er habe sie daran erkannt, dass sie einen Bart ohne Schnurbart und eine Kappe am Kopf getragen hätten. Es seien immer verschiedene Personen gewesen. Sie hätten in der Gegend gewohnt und Steine auf die Wohnung geworfen. Befragt zum Zeitraum der Vorfälle gab er an, er habe seit acht bis neun Monaten Probleme.
Zur Ursache des Konflikts führte er aus, es störe die Moslems, dass mehr Hindus in XXXXleben und darum hätten sie angefangen, ihnen zu drohen und sie zu schlagen. Dies hätten sie mit allen Hindus gemacht. Auch andere Wohnungen seien mit Steinen beworfen worden. Weder der BF noch seine Mutter hätten Anzeige erstattet. An die Polizei habe er sich nie gewendet um Schutz zu erhalten, da die Mehrheit dort dem Islam angehören würde. Auf Vorhalt, dass der Polizeiapparat dem Staat Indien unterstellt sei, gab er an, bei der Polizei seien Moslems und Hindus. Auf weitere Nachfrage erklärte er, seine Mutter habe ihm gesagt, dass er keinen Schutz von der Polizei bekommen würde.
Insgesamt habe es drei bis vier Vorfälle gegeben. Er könne sich nicht mehr so genau erinnern, ob es drei oder vier waren. Er habe es sich nicht merken können, da er sehr unter Stress sei und nicht so klar denken könne. Der erste Vorfall sei im XXXX gewesen. Die Angreifer seien in die Wohnung eingedrungen und hätten Steine auf die Wohnung geworfen, als sie geschlafen hätten. Beim ersten Mal seien die Angreifer nicht in der Wohnung gewesen, sondern hätten nur Steine geworfen. Auf weitere Nachfrage gab er an, dies sei außerhalb der Wohnung gewesen. Es sei gegen 22.00 Uhr gewesen. Die Angreifer hätten mehrere Steine auf die Wohnung geschmissen, wodurch der BF verletzt worden sei. Sie seien nicht rausgegangen. Nach einiger Zeit seien die Angreifer wieder gegangen. Ferner erklärte er, er sei verletzt worden, da das Fenster zersprungen sei und ihn dort, wo er gelegen sei, ein Stein getroffen habe. Von weitem habe er unten Männer mit Kappen stehen sehen. Zum Fenster sei er aber nicht gegangen. Sonst könne er nichts zu diesem Vorfall angeben.
Der zweite Vorfall sei Ende SeptemberXXXX gewesen. Sie hätten zuhause geschlafen. Tagsüber seien die Angreifer nie gekommen. Sie hätten Steine geworfen. Auf Nachfrage erklärte der BF, abgesehen vom Steinewerfen hätten sie nichts gemacht. Sie seien wieder gegangen, nachdem sie mehrere Steine geworfen hätten.
AmXXXX oder amXXXX seien sie wiedergekommen. Dazwischen sei nichts gewesen. Sie seien nicht täglich gekommen. Sie hätten wieder dasselbe gemacht. Sie hätten Steine geworfen und es seien Beschädigungen entstanden. Dies sei alles. Dann seien sie wieder weggegangen.
Auf die Frage, ob sich der BF sonst noch an einen Vorfall erinnern könne, der seine Flucht begründe, antwortete er: "Außerdem haben die mich geschlagen, gefoltert. Nicht nur unsere Wohnung, sondern auch die Nachbarswohnungen wurden mit Steinen beworfen. Ich lebte immer in Angst dort. Wenn ich hinausging, hatte ich immer Angst, dass die Leute mich töten." Auf Nachfrage erklärte er, er meine damit, sie hätten ihn seelisch gefoltert, indem sie Steine auf die Wohnung geworfen hätten.
Auf die wiederholte Frage nach weiteren Angriffen auf seine Person, führte der BF aus, vor zwei Jahren hätten sie dasselbe getan und hätten Steine auf Hindus geworfen. Weiter befragt erklärte er, als seine Mutter, sein Vater und er die Wohnung verlassen hätten, seien sie von ihnen geschlagen worden. Da sein Vater arbeiten gegangen sei, wisse er nicht, ob der Vorfall angezeigt worden sei. Gesprochen habe er mit den Personen nie. Der BF sei nie zu ihnen gegangen, um zu fragen, was sie von ihm wollten, da er Angst gehabt habe. Auf die Frage, woher er wisse, dass die Moslems seine Konversion zum Islam erzwingen wollten, gab der BF zu Protokoll: "Früher haben die uns ja auch geschlagen und vielleicht sagten sie es damals". Einen anderen Vorfall habe es nicht gegeben.
Auf Vorhalt der Widersprüche betreffend seine Zeitangaben erklärte der BF, seit acht bis neun Monaten seien Steine auf die Wohnungen von Hindus geworfen worden und ihre Wohnung sei erst im September XXXX angegriffen worden. Auf die Frage, was die Moslems an seiner Person störe, gab er an, die Moslems hätten Probleme mit Hindus und wollten, dass Hindus Moslems werden. An einen Wohnortswechsel habe er nicht gedacht, da er unter Druck gewesen und zum Flughafen gegangen sei. Zwischen dem Vorfall am XXXX bzw. am XXXX und dem Verlassen des Herkunftsstaates sei nichts vorgefallen. Dies seien alle seine Fluchtgründe gewesen und er habe dazu nichts mehr zu sagen.
Die Verletzung, die er im September XXXX erlitten habe, habe seine Mutter zuhause behandelt. Er sei auch einmal für 10 Tage im Krankenhaus gewesen. Dies sei Ende September gewesen, als Steine auf ihre Wohnung geworfen worden seien. Rechts über dem Auge sei er getroffen worden. Er schätze, es sei am XXXX. oder XXXX gewesen. Der letzte Vorfall sei am XXXX oder am XXXX gewesen. Am Tag zuvor sei er aus dem Krankenhaus zurückgekommen. Weitere Fluchtgründe gebe es nicht. Im Fall seiner Rückkehr sei sein Leben in Gefahr, da sie ihn töten würden.
Der BF wurde daraufhin darüber informiert, dass die Behörde beabsichtige, den Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen, da er sein Fluchtvorbringen nicht glaubhaft darlegen habe können und dem Vorbringen selbst bei Wahrunterstellung keine Asylrelevanz zukommen würde, zumal es sich um eine Verfolgung unter Privaten handle. Dazu gab er zu Protokoll, wegen der dortigen Probleme hätten ihn seine Eltern nicht oft aus der Wohnung gelassen. Hindus hätten dort generell Angst hinauszugehen. Die Polizei gebe keinen Schutz, weil auch sie von den Moslems angegriffen und mit Steinen beworfen werde.
Nach Erörterung der Länderfeststellungen und Vorhalt, dass von der Selbsterhaltungsfähigkeit des BF auszugehen sei, gab dieser an, er habe Probleme und werde die Rückkehr nicht überleben.
Auf die ergänzende Frage seines Rechtsberaters erklärte er, er habe eine Narbe an der Nase, eine an der rechten Augenbraue und eine am Kinn. (Anmerkung des Bundesamtes: Am Nasenrücken sowie am Kinn seien jeweils eine ca. 1 cm große, längliche Narbe. Die Narbe an der rechten Augenbraue sei nicht mehr sichtbar, da sie von den Augenbrauen verdeckt werde.)
Auf die Frage des Rechtsberaters nach der Todesursache seines Vaters gab der BF zu Protokoll, dieser sei von Moslems am Arbeitsweg getötet worden. Dies habe er auch in der Einvernahme gesagt. Die Frage, ob er damit meine, er habe dies im Rechtsberatungsgespräch erwähnt, bejahte er und führte weiters aus, sein Vater sei von den Moslems vor zwei Jahren erschossen worden. An das Datum erinnere er sich nicht. Das hätten ihnen Leute gesagt, die alles mitangesehen hätten. Diese Personen würden dort in der Nähe wohnen. Zum Ort des Vorfalls gab er an, es sei am Arbeitsweg zu den Feldern gewesen.
Nach Wiederholung der Frage antwortete er: "Auf dem Weg zum Feld".
Die Polizei sei dort gewesen, aber die Täter seien geflohen und man habe nicht erfahren, wer sie gewesen seien. Zum Motiv führte er aus, das Problem mit Hindus und Moslems gebe es schon lange. Der Vater sei erschossen worden, weil er Hindu gewesen sei. Moslems würden nicht wollen, dass Hindus dort wohnten. Auf die Frage nach einem Zusammenhang zu den vorgebrachten Fluchtgründen erklärte der BF, die Moslems wollten, dass die Hindus konvertieren und darum würden sie dort psychisch gefoltert werden. Auf die Frage, welchen Ort er mit "dort" meine, antwortete er "XXXX". Diese Stadt liege im Bundesstaat Kashmir. Auf weitere Nachfrage antwortete er, der Bundesstaat heiße "Jammu und Kashmir". Zu seiner schulischen Ausbildung gab er an, er habe nicht viel Geographieunterricht gehabt. Er sei in einer öffentlichen Schule gewesen und die Bildung sei nicht so gut.
Abschließend beantragte der Rechtsberater ein medizinisches Gutachten zum Beweis dafür, dass die verursachten Verletzungen auf die beschriebene Art zustande gekommen sind.
4. Mit Schreiben vom XXXX wurde das UNHCR-Büro Österreich um Erteilung der Zustimmung zur Abweisung des Antrags gemäß § 33 Abs. 2 AsylG 2005 ersucht.
5. Mit Schreiben vom XXXX teilte das UN Flüchtlingshochkommissariat UNHCR mit, dass die Zustimmung nach § 33 Abs. 2 AsylG 2005 hiermit erteilt werde, da das Vorbringen in Einklang mit Beschluss Nr. 30 des UNHCR-Exekutivkomitees als offensichtlich unbegründet eingestuft werden könne.
6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom XXXX, Zl. XXXX, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 33 Abs. 1 Z 2 iVm § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ihm kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkt III.).
6.1 Das Bundesamt stellte im Wesentlichen fest, der BF sei indischer Staatsangehöriger und gehöre der Kaste Saini sowie der Religionsgemeinschaft der Hinduisten an. Er sei ledig und körperlich gesund. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der BF aus der Stadt XXXX im Bundesstaat Jammu und Kashmir stamme und er dort sein gesamtes Leben verbracht habe. Weiters habe nicht festgestellt werden können, dass Moslems in XXXX wiederholt Steine auf seine Wohnung geworfen hätten und ihn auf diese Weise psychisch gefoltert hätten, um ihn zur Konversion zum Islam zu bewegen. Im Falle einer Rückkehr nach Indien bestehe keine Gefahr einer Verletzung seiner in Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder in den Protokollen Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention gewährleisteten Rechte. Für ihn als Zivilperson bestehe auch keine Gefahr einer ernsthaften Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts. Eine Bedrohung durch Privatpersonen oder von staatlicher Seite könne im Falle seiner Rückkehr nach Indien ebenso wenig festgestellt werden. Er könne vielmehr am Erwerbsleben teilnehmen und für seinen Unterhalt aus Eigenem aufkommen.
Den Feststellungen zum Herkunftsstaat wurde auszugsweise das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 09.01.2017 zugrunde gelegt, dessen Aktualität zuletzt am 21.12.2017 überprüft wurde.
6.2 Beweiswürdigend wurde zur Herkunft des BF ausgeführt, es habe nicht festgestellt werden können, dass er aus der Stadt XXXX stamme, da er über keinerlei Ortskenntnisse verfüge. Im Zuge seiner Einvernahme habe er keine Details zu dieser Stadt nennen können (z.B. Stadtbezirke, Flüsse, Autokennzeichen, Straßen, umliegende Dörfer oder Städte). Es sei nicht nachvollziehbar, dass der BF nicht einmal ansatzweise über geographische Kenntnisse jener Stadt verfüge, in welcher er seinen Angaben nach sein ganzes Leben verbracht habe.
Seine Ausführungen zu seinem Fluchtgrund seien vage und oberflächlich gewesen. Es hätten jegliche persönlichen Eindrücke, wie beispielsweise Gerüche, Geräusche, haptische Eindrücke oder aufkommende Gefühle, gefehlt. Trotz mehrmaliger Aufforderungen, die Situationen detailliert zu schildern, sei er nicht in der Lage gewesen, sein Vorbringen zu konkretisieren. Es sei sohin davon auszugehen, dass es sich bei seinem Fluchtvorbringen um ein Konstrukt handle, welches einer realen Grundlage entbehre.
Zudem seien seine Angaben widersprüchlich gewesen. So habe er einerseits angegeben, die beschriebenen Vorfälle würden seit acht bis neun Monaten bestehen, während er später lediglich Vorfälle ab XXXX geschildert habe. Im Verlauf der Amtshandlung habe er wiederum angegeben, bereits vor zwei Jahren von Moslems geschlagen worden zu sein.
Im Zuge seiner Einvernahme habe der Beschwerdeführer ferner erklärt, er habe sich nie an die Polizei gewendet, zumal die Mehrheit der Polizisten dort muslimisch wären. Im weiteren Verlauf der Einvernahme habe er hingegen behauptet, die Polizei biete keinen Schutz, da sie auch von den Moslems angegriffen und mit Steinen beworfen werde.
Auch das Vorbringen zum Ableben seines Vaters sei nicht glaubhaft, da der BF dieses Thema von sich aus nicht aufgegriffen habe, sondern erst auf Nachfrage seines Rechtsberaters angegeben habe, der Vater sei von Moslems getötet worden. Das diesbezügliche Vorbringen sei zudem detailarm gewesen, zumal der BF lediglich angeben habe können, der Vorfall habe sich vor zwei Jahren "auf dem Weg zum Feld" ereignet und er habe es von Leuten aus der dortigen Umgebung erfahren. Weitere Angaben habe er hierzu nicht machen können. Da es sich beim Ableben eines Elternteiles jedoch um ein einschneidendes Erlebnis für den BF als Sohn handle, sei sein Unwissen und die Detailarmut der Darstellungen als Indizien zu werten, dass das diesbezügliche Vorbringen nicht den Tatsachen entspreche. Selbiges gelte auch dafür, dass er in der ausführlichen Einvernahme am XXXX den Tod des Vaters nicht aus Eigenem bei der wiederholten Nachfrage nach seinen Fluchtgründen und etwaigen weiteren fluchtauslösenden Ereignissen erwähnt habe. Es sei zusammengefasst nicht glaubhaft, dass sein Vater auf die beschriebene Weise verstorben sei.
Das Vorbringen zu seiner Ausreise aus Indien sei ebenso wenig nachvollziehbar, zumal er einerseits in der Einvernahme vor dem Bundesamt behauptet habe, er habe beim Verlassen seiner Wohnung nicht geplant aus Indien auszureisen, während er aber in weiterer Folge nicht erklären habe können, warum er sich mit seinem Reisepass zum internationalen Flughafen begeben hätte. Zudem habe er behauptet, seine Mutter nicht informiert zu haben, wandelte jedoch sein Vorbringen dahingehend ab, als er vorbrachte, er habe seiner Mutter seine Reisepläne mitgeteilt und habe sich verabschiedet. Sollte er sich tatsächlich verabschiedet haben, bleibe aber offen, warum er sich nicht zumindest ihre Nummer notiert habe, um mit ihr in Kontakt zu bleiben.
Der Antrag auf Einholung eines medizinischen Gutachtens zum Beweis dafür, dass die Narben auf die von ihm beschriebenen Weise zustande gekommen seien, sei abzuweisen gewesen, da alleine das Vorhandensein solcher Narben nicht als Nachweis für eine Verfolgung dienen könne, zumal derartige Narben auf vielerlei Arten (z.B. Unfälle, Raufereien, Stürze, etc.) entstehen könnten.
In einer Gesamtbetrachtung gelange die Behörde betreffend die behaupteten Fluchtgründe zu dem Ergebnis, dass das erstattete Vorbringen nicht den Tatsachen entspreche. Aufgrund der dargelegten Erwägungen könne nicht vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass die behauptete Verfolgungsgefahr in Indien tatsächlich existiere. Diese Ansicht werde auch von UNHCR geteilt. Auch aus den Feststellungen zur Situation in Indien würde sich keine reale Gefahr einer Verletzung des BF in seinen nach Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ergeben und bestünde auch keine Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit aufgrund willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.
Der BF verfüge über eine zwölfjährige Schulbildung, sei gesund und arbeitsfähig. Daher sei er im Falle seiner Rückkehr nach Indien in der Lage dort seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Zudem lebe auch seine Mutter im Herkunftsstaat. Er habe sein gesamtes Leben bis zur Ausreise im XXXX in Indien verbracht und sei dort sozialisiert worden. Auch aufgrund der wirtschaftlichen Lage in Indien sei nicht anzunehmen, dass er in eine Notlage bei seiner Rückkehr geriete.
6.3 Rechtlich wurde zu Spruchpunkt I. im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen nicht glaubhaft sei und sich auch aus den Feststellungen zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat kein Anhaltspunkt für eine Gefahr der Verfolgung des BF aus Konventionsgründen ergebe. Der Hochkommissär der Vereinten Nationen sei von der beabsichtigten Entscheidung informiert worden und habe seine Zustimmung zur Abweisung des Antrags nach § 33 Abs. 1 AsylG 2005 erteilt.
Zu Spruchpunkt II. wurde zusammengefasst ausgeführt, unter Berücksichtigung der allgemeinen Situation in Indien habe sich keine Gefahr im Sinne der Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ergeben. Auch aus dem Vorbringen des BF sei nicht davon auszugehen, dass er bei einer Rückkehr einer massiven wirtschaftlichen Notlage ausgesetzt wäre. Er sei volljährig, gesund, arbeitsfähig und habe keine Sorgepflichten. Er verfüge über eine zwölfjährige Schulausbildung und seine Mutter lebe nach wie vor im Herkunftsstaat. Der Status des subsidiär Schutzberechtigten sei ihm mangels jeglichen Anhaltspunkts sohin nicht zuzuerkennen gewesen. Erneut wurde auf die vom Hochkommissär der Vereinten Nationen erteilte Zustimmung zur Abweisung des gegenständlichen Antrags verwiesen.
Abschließend wurde zu Spruchpunkt III. festgehalten, dass § 57 AsylG 2005 einen Aufenthalt im Bundesgebiet voraussetze, während sich der BF im Sondertransit des Flughafens Wien-Schwechat befinde und seine Einreise nicht gestattet worden sei. Da er sich nicht im Bundesgebiet aufhalte, könne ihm sohin keine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt werden. Gemäß § 33 Abs. 5 AsylG sei im Flughafenverfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen nach dem 8. Hauptstück des FPG nicht abzusprechen.
7. Mit Verfahrensanordnung vom XXXX wurde dem BF ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.
8. Mit der am XXXX fristgerecht eingebrachten Beschwerde wurde der verfahrensgegenständliche Bescheid vollinhaltlich wegen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, unrichtiger Beweiswürdigung, unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie falscher und unvollständiger Sachverhaltserhebung angefochten und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Begründend wurde nach Wiederholung des Sachverhalts und des Verfahrensgangs im Wesentlichen ausgeführt, die Behörde habe ihre amtswegige Ermittlungspflicht nach § 18 Abs. 1 AsylG 2005 verletzt, da der BF sein Fluchtvorbringen glaubhaft dargelegt habe. Begründend wurde in diesem Zusammenhang das Fluchtvorbringen des BF widerholt.
Ferner wurde moniert, die getroffenen Länderfeststellungen würden sich nicht mit der konkreten Situation des BF befassen und seien daher als Begründung zur Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz unzureichend. Die Behörde habe es unterlassen, sich damit auseinanderzusetzen, dass der BF keinen staatlichen Schutz vor Verfolgung durch muslimische Glaubensangehörige in Indien zu erwarten habe. Bei vollständiger Auswertung der zugänglichen Quellen hätte das Bundesamt ergänzende bzw. andere Feststellungen treffen müssen. Verwiesen wurde hierzu auf eine ACCORD Anfragebeantwortung vom September 2016 zu staatlichem Schutz vor Verfolgung. Ferner wurde auf den USDOS - US Department of State, Country Report on Terrorism 2017, konkret auf vier darin vermerkte terroristische Vorfälle, verwiesen. Hervorgehoben wurde auch, dass im Bundesstaat Jammu und Kaschmir 2018 laut offiziellen Angaben bisher 37 Polizisten mutmaßlich von Rebellen getötet worden seien. Im Jahr 2017 seien es 32 gewesen (Quelle: BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Deutschland, Briefing Notes vom 01.10.2018).
Darüber hinaus wurde dargelegt, dass die Beweiswürdigung des Bundesamtes unschlüssig sei und § 60 AVG verletze. Eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens des BF sei nicht vorgenommen worden. Das Vorbringen des BF sei sehr detailliert und lebensnahe gestaltet worden. Zudem sei ein Abgleich des Vorbringens mit den einschlägigen Länderberichten der Beweiswürdigung nicht zu entnehmen. Folglich hätte keine Überprüfung der Plausibilität der Angaben erfolgen können. Die aufgezeigten Widersprüche könnten zudem leicht aufgelöst werden. Der Vorhalt, wonach der BF keine ausreichenden Kenntnisse über sein Herkunftsland habe, seien damit zu erklären, dass er sich aufgrund der Bedrohungssituation kaum aus der Wohnung bewegen habe können und aufgrund der Übergriffe extremen Stress ausgesetzt gewesen sei. Durch Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen hätte dieser Umstand leicht festgestellt werden können.
Rechtlich wurde ausgeführt, dass die mangelnde Schutzfähigkeit eines Staates einer vom indischen Staat ausgehenden Verfolgung gleichzuhalten sei. Da der indische Staat nicht in der Lage sei, den BF vor der Verfolgung von Privatpersonen zu schützen, sei ihm der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Zu Spruchpunkt II. wurde festgehalten, dass dem BF aufgrund seiner Religionszugehörigkeit unmenschliche bzw. erniedrigende Behandlung drohe. Eine Verletzung des Art. 3 EMRK würde sohin im Fall der Abschiebung jedenfalls vorliegen und sei diese daher unzulässig. Eine innerstaatliche Fluchtalternative würde nicht bestehen. Sohin sei dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen.
9. Die Beschwerdevorlage langte am XXXXbeim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1 Zur Person des BF
Der Beschwerdeführer ist indischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Saini sowie der Religionsgemeinschaft der Hinduisten an. Er verfügt über eine zwölfjährige Schulausbildung in Indien, spricht Hindi, befindet sich in einem guten Gesundheitszustand und ist arbeitsfähig. Seine Mutter lebt nach wie vor im Herkunftsstaat.
Es kann nicht festgestellt werden, aus welchem indischen Bundesstaat der BF stammt.
1.2 Zum Verfahren
Am XXXX stellte der BF im Zuge der Einreisekontrolle am Flughafen Wien-Schwechat vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz. Er stimmte einer freiwilligen Unterbringung im Sondertransit zu und wurde informiert, dass er jederzeit freiwillig ausreisen kann.
Mit Schreiben vom XXXX wurde vom UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR mitgeteilt, dass hiermit die Zustimmung zur Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz vom XXXX gemäß § 33 Abs. 2 AsylG erteilt wird.
1.3 Zu den Flucht- und Verfolgungsgründen
Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF aus einem der von ihm genannten Gründen - konkret wegen der Verfolgung durch Muslime, welche seine Konversion zum Islam erzwingen wollten -seinen Herkunftsstaat verlassen hat. Ferner kann nicht festgestellt werden, dass der BF in Indien in anderer Weise aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt wird oder eine diesbezügliche Gefahr besteht.
Es kann zudem nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Indien in seinem Recht auf Leben gefährdet wird, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wird oder für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.
1.4 Zum Herkunftsstaat
1.4.1 Politische Lage
Indien ist mit über 1,2 Milliarden Menschen und einer multireligiösen und multiethnischen Gesellschaft die bevölkerungsreichste Demokratie der Welt (CIA Factbook 12.12.2016; vgl. auch: AA 16.8.2016, BBC 27.9.2016). Die - auch sprachliche - Vielfalt Indiens wird auch in seinem föderalen politischen System reflektiert, in welchem die Macht von der Zentralregierung und den Bundesstaaten geteilt wird (BBC 27.9.2016). Die Zentralregierung hat deutlich größere Kompetenzen als die Regierungen der Bundesstaaten (AA 9.2016a). Im Einklang mit der Verfassung haben die Bundesstaaten und Unionsterritorien ein hohes Maß an Autonomie und tragen die Hauptverantwortung für Recht und Ordnung (USDOS 13.4.2016). Die Hauptstadt New Delhi hat einen besonderen Rechtsstatus (AA 9.2016a).
Die Gewaltenteilung zwischen Parlament und Regierung entspricht britischem Muster (AA 16.8.2016), der Grundsatz der Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative ist durchgesetzt (AA 9.2016a). Die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit, die über einen dreistufigen Instanzenzug verfügt, ist verfassungsmäßig garantiert (AA 16.8.2016). Das oberste Gericht in New Delhi steht an der Spitze der Judikative (GIZ 11.2016). Die Entscheidungen der staatlichen Verwaltung (Bürokratie, Militär, Polizei) unterliegen überdies der Kontrolle durch die freie Presse des Landes, die nicht nur in den landesweiten Amtssprachen Hindi und Englisch, sondern auch in vielen der Regionalsprachen publiziert wird. Indien hat zudem eine lebendige Zivilgesellschaft (AA 9.2016a).
Indien ist eine parlamentarische Demokratie und verfügt über ein Mehrparteiensystem und ein Zweikammerparlament (USDOS 13.4.2016). Die Legislative besteht aus einer Volkskammer (Lok Sabha) und einer Staatenkammer (Rajya Sabha). Darüber hinaus gibt es Parlamente auf Bundesstaatsebene (AA 16.8.2016).
Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von einem Wahlausschuss gewählt, während der Premierminister Leiter der Regierung ist (USDOS 13.4.2016). Das Präsidentenamt bringt vor allem repräsentative Aufgaben mit sich, im Krisenfall verfügt der Präsident aber über weitreichende Befugnisse. Seit Juli 2012 ist Präsident Pranab Kumar Mukherjee indisches Staatsoberhaupt (AA 9.2016a). Das wichtigste Amt innerhalb der Exekutive bekleidet aber der Premierminister (GIZ 11.2016).
Wahlen zum Unterhaus finden nach einfachem Mehrheitswahlrecht ("first-past-the-post") alle fünf Jahre statt, zuletzt im April/Mai 2014 mit knapp 830 Millionen Wahlberechtigten (AA 16.8.2016). Dabei standen sich drei große Parteienbündnisse gegenüber: Die United Progressive Alliance (UPA) unter Führung der Kongresspartei, die National Democratic Alliance (NDA) unter Führung der Bharatiya Janata Party (BJP - Indische Volkspartei) und die so genannte Dritte Front, die aus elf Regional- und Linksparteien besteht sowie die aus einem Teil der India-Against-Corruption-Bewegung hervorgegangene Aam Aadmi Party (AAP) (GIZ 11.2016; vgl. auch: FAZ 16.5.2014). Abgesehen von kleineren Störungen, verliefen die Wahlen korrekt und frei (AA 16.8.2016).
Als deutlicher Sieger mit 336 von 543 Sitzen löste das Parteienbündnis NDA (AA 16.8.2016), mit der hindu-nationalistischen BJP (AA 9.2016a) als stärkster Partei (282 Sitze), den Kongress an der Regierung ab (AA 16.8.2016). Die seit 2004 regierende Kongress-geführte Koalition unter Manmohan Singh erlitt hingegen große Verluste, womit Sonia Gandhi und Sohn Rahul nun auf die Oppositionsbank rücken (Eurasisches Magazin 24.5.2014; vgl. auch:
FAZ 16.5.2014, GIZ 11.2016). Die AAP, die 2013 bei der Wahl in Delhi 28 von 70 Sitzen erringen konnte, errang landesweit nun nur vier Sitze (GIZ 11.2016; vgl. auch: FAZ 16.5.2014). Der BJP Spitzenkandidat, der bisherige Ministerpräsident von Gujarat, Narendra Modi, wurde zum Premierminister gewählt (AA 16.8.2016) und steht seit 16.5.2014 (GIZ 11.2016) einem 65-köpfigen Kabinett vor (AA 16.8.2016).
Die seit 2014 im Amt befindliche neue Regierung will nicht nur den marktwirtschaftlichen Kurs fortsetzen, sondern ihn noch intensivieren, indem bürokratische Hemmnisse beseitigt und der Protektionismus verringert werden soll. Ausländische Investoren sollen verstärkt aktiv werden (GIZ 12.2016).
Unter Premierminister Modi betreibt Indien eine aktivere Außenpolitik als zuvor. Die frühere Strategie der "strategischen Autonomie" wird zunehmend durch eine Politik "multipler Partnerschaften" mit allen wichtigen Ländern in der Welt überlagert. Wichtigstes Ziel der indischen Außenpolitik ist die Schaffung eines friedlichen und stabilen globalen Umfelds für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und die Profilierung als aufstrebende Großmacht (AA 9.2016b). Ein ständiger Sitz im VN-Sicherheitsrat ist dabei weiterhin ein strategisches Ziel (GIZ 12.2016). Gleichzeitig strebt Indien eine stärkere regionale Verflechtung mit seinen Nachbarn an. Indien ist Dialogpartner der südostasiatischen Staatengemeinschaft (Association of Southeast Asian Nations - ASEAN) und Mitglied im "ASEAN Regional Forum" (ARF). Auch bilateral hat Indien in den letzten Monaten seine Initiativen in den Nachbarländern verstärkt. Überdies nimmt Indien am East Asia Summit und seit 2007 auch am Asia-Europe Meeting (ASEM) teil. In der BRICS-Staatengruppe (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) hat Indien im Februar 2016 von Russland den diesjährigen Vorsitz übernommen. Bei ihrem Treffen in Ufa im Juli 2015 beschloss die Shanghai Cooperation Organisation (SCO), Indien und Pakistan nach Abschluss der Beitrittsprozeduren als Vollmitglieder aufzunehmen (AA 9.2016b).
Die Beziehungen zum gleichfalls nuklear gerüsteten Nachbarn Pakistan haben sich jüngst erneut zugespitzt. In den Jahrzehnten seit der Unabhängigkeit haben sich wiederholt Phasen des Dialogs und der Spannungen bis hin zur kriegerischen Auseinandersetzung abgelöst.
Größtes Hindernis für eine Verbesserung der Beziehungen ist weiterhin das Kaschmirproblem (AA 9.2016b).
Indien ist durch das Nuklearabkommen mit den USA ein Durchbruch gelungen. Obwohl es sich bis heute weigert, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten, bedeutet das Abkommen Zugang zu Nukleartechnologie. Ebenfalls positiv hat sich das Verhältnis Indiens zu China entwickelt. Zwar sind die strittigen Grenzfragen noch nicht geklärt, aber es wurden vertrauensbildende Maßnahmen vereinbart, um zumindest in dieser Frage keinen Konflikt mehr herauf zu beschwören. Auch ist man an einer weiteren Steigerung des bilateralen Handels interessiert, der sich binnen eines Jahrzehnts mehr als verzehnfacht hat (GIZ 12.2016).
Die Beziehungen zu Bangladesch sind von besonderer Natur, teilen die beiden Staaten doch eine über 4.000 km lange Grenze, kontrolliert Indien die Oberläufe der wichtigsten Flüsse Bangladeschs, und war Indien maßgeblich an der Entstehung Bangladeschs beteiligt. Schwierige Fragen wie Transit, Grenzverlauf, ungeregelter Grenzübertritt und Migration, Wasserverteilung und Schmuggel werden in regelmäßigen Regierungsgesprächen erörtert. Die Beziehungen des Landes zur EU sind vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht von besonderer Bedeutung. Die EU ist der größte Handels- und Investitionspartner Indiens. Der Warenhandel in beide Richtungen hat sich faktisch stetig ausgeweitet (GIZ 12.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien
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AA - Auswärtiges Amt (9.2016a): Indien, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_AC539C62A8F3AE6159C84F7909652AC5/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 5.12.2016
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AA - Auswärtiges Amt (9.2016b): Indien, Außenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_F210BC76845F7B2BE813A33858992D23/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Aussenpolitik_node.html, Zugriff 29.12.2016
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BBC - British Broadcasting Corporation (27.9.2016): India country profile - Overview,
http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 5.12.2016
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CIA - Central Intelligence Agency (15.11.2016): The World Factbook
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India,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/in.html, Zugriff 9.1.2017
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Eurasisches Magazin (24.5.2014): Wohin geht die größte Demokratie der Erde?,
http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/Indien-nach-den-Wahlen-eine-Analyse/14017, Zugriff 4.1.2017
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FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (16.5.2014): Modi ist Mann der Stunde,
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/fruehaufsteher/wahlentscheid-in-indien-modi-ist-der-mann-der-stunde-12941572.html, Zugriff 4.1.2017
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (12.2016): Indien,
http://liportal.giz.de/indien/geschichte-staat.html, Zugriff 5.12.2016
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmBH (11.2016): Indien, Wirtschaftssystem und Wirtschaftspolitik, http://liportal.giz.de/indien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 5.12.2016
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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 5.12.2016
1.4.2 Sicherheitslage
Indien ist reich an Spannungen entlang von Ethnien, Religionen, Kasten und auch Lebensperspektiven. Widersprüche, Gegensätze oder Konflikte entladen sich in den gesellschaftlichen Arenen und werden von der Politik aufgegriffen, verarbeitet und teilweise instrumentalisiert (GIZ 11.2016). Blutige Terroranschläge haben in den vergangenen Jahren in Indiens Millionen-Metropolen wiederholt Todesopfer gefordert (Eurasisches Magazin 24.5.2014). Die Spannungen im Nordosten des Landes gehen genauso weiter wie die Auseinandersetzung mit den Naxaliten (GIZ 11.2016). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt (AA 16.8.2016).
Terroristische Anschläge in den vergangenen Jahren (Dezember 2010 in Varanasi, Juli 2011
Mumbai, September 2011 New Delhi und Agra, April 2013 in Bangalore, Mai 2014 Chennai und Dezember 2014 Bangalore) und insbesondere die Anschläge in Mumbai im November 2008 haben die Regierung unter Druck gesetzt. Von den Anschlägen der letzten Jahre wurden nur wenige restlos aufgeklärt und die als Reaktion auf diese Vorfälle angekündigten Reformvorhaben zur Verbesserung der indischen Sicherheitsarchitektur wurden nicht konsequent umgesetzt (AA 24.4.2015). Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2011 1.073 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt, für das Jahr 2012 803, für das Jahr 2013 885, für das Jahr 2014 976 für das Jahr 2015 722 und für das Jahr 2016 835 [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 9.1.2017).
Konfliktregionen sind Jammu und Kashmir, die nordöstlichen Regionen und der maoistische Gürtel. In Jharkhand und Bihar setzten sich die Angriffe von maoistischen Rebellen auf Sicherheitskräfte und Infrastruktur fort. In Punjab kam es bis zuletzt durch gewaltbereite Regierungsgegner immer wieder zu Ermordungen und Bombenanschlägen. Neben den islamistischen Terroristen tragen die Naxaliten (maoistische Untergrundkämpfer) zur Destabilisierung des Landes bei. Von Chattisgarh aus kämpfen sie in vielen Unionsstaaten (von Bihar im Norden bis Andrah Pradesh im Süden) mit Waffengewalt gegen staatliche Einrichtungen. Im Nordosten des Landes führen zahlreiche Separatistengruppen einen Kampf gegen die Staatsgewalt und fordern entweder Unabhängigkeit oder mehr Autonomie (United Liberation Front Assom, National Liberation Front Tripura, National Socialist Council Nagaland, Manipur People's Liberation Front etc.). Der gegen Minderheiten wie Moslems und Christen gerichtete Hindu-Radikalismus wird selten von offizieller Seite in die Kategorie Terror eingestuft, vielmehr als "communal violence" bezeichnet (ÖB 12.2016).
Gegen militante Gruppierungen, die meist für die Unabhängigkeit bestimmter Regionen eintreten und/oder radikalen Auffassungen anhängen, geht die Regierung mit großer Härte und Konsequenz vor. Sofern solche Gruppen der Gewalt abschwören, sind in der Regel Verhandlungen über ihre Forderungen möglich. Gewaltlose Unabhängigkeitsgruppen können sich politisch frei betätigen (AA 16.8.2016).
Pakistan und Indien
Pakistan erkennt weder den Beitritt Jammu und Kaschmirs zur indischen Union im Jahre 1947 noch die seit dem ersten Krieg im gleichen Jahr bestehende de-facto-Aufteilung der Region auf beide Staaten an. Indien hingegen vertritt den Standpunkt, dass die Zugehörigkeit Jammu und Kaschmirs in seiner Gesamtheit zu Indien nicht zur Disposition steht (AA 9.2016b). Seit 1947 gab es bereits drei Kriege, davon zwei aufgrund des umstrittenen Kaschmirgebiets. Friedensgespräche, die 2004 begannen, wurden trotz Spannungen wegen der Kaschmirregion und sich immer wieder ereignenden schweren Bombenaschlägen bis zu den von Islamisten durchgeführten Anschlägen in Mumbai 2008, fortgesetzt (BBC 27.9.2016).
Indien wirft Pakistan vor, Infiltrationen von Terroristen auf indisches Staatsgebiet zumindest zu dulden, wenn nicht zu befördern. Größere Terroranschläge in Indien in den Jahren 2001 und 2008 und der jüngste terroristische Angriff auf eine Militärbasis im indischen Teil Kaschmirs hatten die Spannungen in den bilateralen Beziehungen erheblich verschärft. Indien reagierte auf den Anschlag, bei dem 18 indische Soldaten ums Leben kamen, mit einer begrenzten Militäroperation ("surgical strike") im pakistanisch kontrollierten Teil Kaschmirs, die sich nach indischen Angaben gegen eine bevorstehende terroristische Infiltration richtete. In der Folge kommt es immer wieder zu Schusswechseln zwischen Truppenteilen Indiens und Pakistans an der Waffenstillstandslinie in Kaschmir. Indien sieht Pakistan in der Verantwortung für die terroristischen Bedrohungen an seiner Nordwestgrenze und erhöht den Druck auf den Nachbarn, um wirksame pakistanische Maßnahmen gegen den Terrorismus zu erreichen (AA 9.2016b). Bei einem Treffen in New York Ende September 2013 vereinbarten die Premierminister Singh und Sharif lediglich, den Waffenstillstand künftig besser einhalten zu wollen (GIZ 11.2016a). Der von 2014-2015 Hoffnung gebende Dialogprozess zwischen beiden Seiten ist über die aktuellen Entwicklungen zum Stillstand gekommen. Noch am Weihnachtstag 2015 hatte Premierminister Modi seinem pakistanischen Amtskollegen einen Überraschungsbesuch abgestattet und damit kurzzeitig Hoffnungen auf eine Entspannung aufkeimen lassen (AA 9.2016b).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (24.4.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien
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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien
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AA - Auswärtiges Amt (9.2016b): Indien - Außenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_09493FC61FD08185D486477F8D93E1EE/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Aussenpolitik_node.html, Zugriff 5.12.2016
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BBC - British Broadcasting Corporation (27.9.2016): India country profile - Overview,
http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 5.12.2016
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Eurasisches Magazin (24.5.2014): Wohin geht die größte Demokratie der Erde?,
http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/Indien-nach-den-Wahlen-eine-Analyse/14017, Zugriff 5.12.2016
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (11.2016a): Indien,
http://liportal.giz.de/indien/geschichte-staat.html, Zugriff 5.12.2016
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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):
Asylländerbericht Indien
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SATP - South Asia Terrorism Portal (9.1.2017): Data Sheet - India Fatalities: 1994-2016,
http://www.s