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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Wr §123 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des A, vertreten durch P, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 2. Juni 1998, Zl. UVS-04/A/30/00113/97, betreffend Verwaltungsübertretung gemäß § 135 Abs. 1 i.V.m. § 123 Abs. 3 Bauordnung für Wien (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Bundeshauptstadt Wien vom 26. Februar 1997 wurde der Beschwerdeführer folgender Verwaltungsübertretung für schuldig erkannt:
"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufener der M... Ges.m.b.H. als Bauwerberin des Dachgeschoßausbaus zu verantworten, dass am 25.08.1996 bei der Durchführung bewilligungspflichtiger Bauarbeiten auf dem Dachboden des Hauses, die bestehende Abwasserbeseitigung dieses Hauses mit den weiterhin benützten Wohnungen unterbrochen wurde, ohne dass diese durch geeignete Vorkehrungen, die das Eindringen von Niederschlagswässern und eine Durchnässung der obersten Geschoßdecke wirksam verhindern (z.B. Schutz der obersten Geschoßdecke vor dem Entfernen der Dachkonstruktion durch das Anbringen einer entsprechenden Isolierung und die Vorsorge für einen sicheren Ablauf der Niederschlagswässer), funktionsfähig hergestellt worden war."
Der Beschwerdeführer habe dadurch § 135 Abs. 1 i.V.m. § 123 Abs. 3 Bauordnung für Wien verletzt. Es werde über ihn eine Geldstrafe von S 35.000,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit 7 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe, dass die Wortfolge "der M... Ges.m.b.H. als Bauwerberin" durch die Wortfolge "der B GmbH. als Bauführerin" ersetzt werde. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen (soweit es für die vorliegende Beschwerde von Bedeutung ist) damit begründet, dass der Berufung zu entnehmen sei, das Vorliegen des inkriminierten Sachverhaltes werde nicht nur bestätigt, sondern darüber hinaus die Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers eingestanden. Ein weiteres Eingeständnis des Beschwerdeführers sei der am 6. November 1996 im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens abgegebenen Rechtfertigung zu entnehmen. Schon aufgrund dieser Aktenlage sei davon auszugehen, dass der Täter den Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt habe. Aus § 125 Bauordnung für Wien sei ersichtlich, dass die Verantwortlichkeit hinsichtlich der Bauausführung nicht nur das unmittelbar tätige Unternehmen (Bauausführender), sondern auch den Bauführer selbst treffe. Dieser dürfe sich nicht darauf verlassen, dass er ein entsprechend befugtes Unternehmen beauftragt habe, sondern müsse selbständig entsprechende Maßnahmen treffen. Es sei zentrale Aufgabe des Bauführers, der sich bauausführender Unternehmen bediente, letztere zu koordinieren und zu überwachen. Bei dem vorliegenden Delikt handle es sich um ein Unterlassungsdelikt und es habe der Beschwerdeführer nicht aufgezeigt, welche Maßnahmen er zur Vermeidung der Unterbrechung der Abwasserbeseitigung dieses Hauses mit den weiterhin benützten Wohnungen vorgenommen habe. Da aufgrund dieser Ausführungen den Beschwerdeführer als handelsrechtlichen Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufenen der eingestandenermaßen mit der Bauausführung betrauten B... GmbH eine Verantwortlichkeit als Bauführer treffe, sei daher unter der im Spruch enthaltenen Maßgabe der Berufung in der Schuldfrage keine Folge zu geben.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen, erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, dass ihm der angefochtene Bescheid nicht vor Ablauf der in § 51 Abs. 7 VStG vorgesehenen Entscheidungsfrist zugestellt worden sei. Diesem Vorbringen hat die belangte Behörde zutreffend entgegengehalten, dass das vorliegende Verwaltungsstrafverfahren ein Mehrparteienverfahren sei, bei dem die Frist des § 51 Abs. 7 VStG gewahrt werde, wenn der Bescheid innerhalb der Frist auch nur gegenüber einer Partei erlassen wird (vgl. u.a. die in Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 1066, zu § 51 Abs. 7 unter Pkt. 101 angeführten hg. Erkenntnisse).
Weiters macht der Beschwerdeführer geltend, dass eine unzulässige Auswechslung der Tat vorliege, in dem er im erstinstanzlichen Bescheid als Geschäftsführer jener Gesellschaft, die Bauwerberin sei, im zweitinstanzlichen und somit angefochtenen Bescheid als Geschäftsführer jener Gesellschaft, die Bauführerin sei, zur Verantwortung gezogen worden sei. Auch mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. Dezember 1994, Zlen. 94/11/0283, 0284, ausgeführt hat, ist die Frage, ob der Beschuldigte die Tat in eigener Verantwortung oder als zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer Gesellschaft oder als verantwortlicher Beauftragter zu verantworten hat, nicht Sachverhaltselement der ihm zur Last gelegten Übertretung, sondern ein die Frage der Verantwortlichkeit der von Anfang an als Beschuldigter angesprochenen Person betreffendes Merkmal, das aber auf die Vollständigkeit der Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 VStG ohne Einfluss sei. Dies muss wohl auch gelten, wenn es um die Frage geht, für welche Gesellschaft ein und derselbe Geschäftsführer zweier Gesellschaften strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wird. Es liegt im vorliegenden Fall keine unzulässige Auswechslung der Tat vor, da jenes konkrete, dem Beschwerdeführer durch den angefochtenen Strafbescheid zur Last gelegte Verhalten in konkretisierter Form bereits Gegenstand des Strafverfahrens erster Instanz war (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. Februar 1995, Zl. 90/10/0092, und vom 23. Oktober 1995, Zl. 94/04/0080). Entscheidend ist allein, dass schon die Behörde erster Instanz zu Recht gemäß § 9 Abs. 1 VStG das zur Vertretung nach außen berufene Organ der Bauführerin zur strafrechtlichen Verantwortung herangezogen hat; die unrichtige Bezeichnung der Vertretenen und deren Richtigstellung im Berufungsbescheid hat auf den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Sachverhalt keinen Einfluss, sodass von einer Auswechslung der Tat keine Rede sein kann.
Gemäß § 123 Abs. 3 Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 in der im vorliegenden Fall geltenden Fassung (Tatzeitpunkt: 25. August 1996) LGBl. Nr. 28/1992, dürfen bei Durchführung von bewilligungspflichtigen Bauarbeiten in Gebäuden mit weiterhin benützten Wohnungen die bestehende Wasserversorgung, Beheizbarkeit, Abwasserbeseitigung, Benützbarkeit von Aborten sowie Zugänglichkeit erst unterbrochen bzw. entfernt werden, wenn für sie die in der Baubewilligung vorgesehenen diesbezüglichen Einrichtungen funktionsfähig hergestellt worden sind. Bei Unterbrechung der Funktionsfähigkeit dieser Einrichtungen ohne vorherige Herstellung der bewilligten kann die Behörde diese Bauarbeiten in sinngemäßer Anwendung des § 127 Abs. 8 und 9 einstellen und ohne Anhörung der Partei die Funktionsfähigkeit der bisherigen Einrichtungen auf Gefahr und Kosten des Eigentümers (jedes Miteigentümers) des Gebäudes anordnen und sofort vollstrecken lassen. Gemäß dieser Bestimmung darf u.a. die bestehende Abwasserbeseitigung im Rahmen von bewilligungspflichtigen Bauarbeiten erst dann unterbrochen bzw. entfernt werden, wenn dafür die in der Baubewilligung vorgesehenen diesbezüglichen Einrichtungen funktionsfähig hergestellt worden sind. Gemäß § 125 Abs. 1 Bauordnung für Wien in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 42/1996 sind bei der Bauausführung verantwortlich:
"a) für die Einhaltung der Baupläne, die nach diesem Gesetz ausgeführt werden dürfen, sowie aller Auflagen der Baubewilligung, für die werksgerechte Bauausführung, für die Tauglichkeit der verwendeten Baustoffe und Konstruktionen sowie überhaupt für die Einhaltung aller auf die Bauführung Bezug habenden Vorschriften dieses Gesetzes, seiner Nebengesetze und der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Verordnungen der Bauführer;
b) falls die Bauführung mehreren, unter der Leitung des Bauführers selbständig tätigen Bauausführenden obliegt, neben dem Bauführer für die Verwendung der den Plänen und den Berechnungen zugrunde gelegten Baustoffe sowie für die bewilligungs- und bauordnungsgemäße Ausführung auch der jeweilige Bauausführende."
Gemäß dem verwaltungsstrafrechtlichen Spruch wurde der Beschwerdeführer wegen Verletzung des § 123 Abs. 3 Bauordnung für Wien strafrechtlich zur Verantwortung gezogen. Die belangte Behörde ist im Übrigen zutreffend vom Vorliegen eines Unterlassungsdeliktes ausgegangen, nämlich von der Unterlassung, die in der Baubewilligung vorgesehene Einrichtung betreffend die Abwasserbeseitigung funktionsfähig herzustellen. Im Falle eines Unterlassungsdeliktes kommt es nicht auf den Eintritt eines Schadens, wie der Beschwerdeführer meint, an. Die Beweislastumkehr ist daher gemäß § 5 VStG nicht ausgeschlossen.
Weiters wendet sich der Beschwerdeführer dagegen, dass die belangte Behörde keine mündliche Verhandlung abgehalten habe. Gemäß § 51e Abs. 2 VStG ist dann, wenn in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet, eine Verhandlung nur anzuberaumen, wenn dies in der Berufung ausdrücklich verlangt wurde. Es ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass sich der Beschwerdeführer in der Berufung nur gegen die rechtliche Beurteilung der erstinstanzlichen Behörde und gegen die Höhe der Strafe gewendet hat. Auch mit dem in der Beschwerde angeführten Vorbringen in der Berufung, der beauftragte Spengler hätte bei der Baustelle zu spät begonnen und er habe die termingerechte Ausführung nicht soweit beeinflussen können, da die beauftragten Unternehmen zu spät begonnen hätten bzw. die Spenglerfirma nicht aufzufinden gewesen sei, wendet er sich gegen die rechtliche Beurteilung der Behörde, dass - entgegen der Auffassung der erstinstanzlichen Behörde - kein entschuldigender Notstand auf Seiten des Beschwerdeführers vorgelegen sei. Ein Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer nicht gestellt. Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung erweist sich daher im Lichte des § 51e Abs. 2 VStG als rechtmäßig.
Sofern der Beschwerdeführer weiters eine Verletzung von § 13a AVG geltend macht, weil er nicht über die Rechtsfolgen eines nicht gestellten Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung bzw. nicht über die Beweislastumkehr gemäß § 5 VStG belehrt worden sei, genügt es, dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, dass er die allfällige Wesentlichkeit dieser geltend gemachten Verfahrensmängel in der Beschwerde nicht dargelegt hat, aus welchen näher dargelegten Gründen nämlich die Behörde bei entsprechender Belehrung im dargelegten Sinne zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 3. September 1999
Schlagworte
Spruch der Berufungsbehörde Änderungen des Spruches der ersten InstanzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998050139.X00Im RIS seit
20.11.2000