TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/23 W215 1416371-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.11.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

23.11.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W215 1416371-3/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. STARK über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörigkeit Bundesrepublik Somalia, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesasylamtes vom 12.11.2013, Zahl

10 08.058-BAG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß

§ 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer gelangte zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt illegal in das Bundesgebiet und stellte am 22.10.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.10.2010, Zahl

10 08.058-EAST Ost, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen. Für die Prüfung des Antrags sei gemäß Art. 10.1 iVm

18.7 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Griechenland zuständig. Der Beschwerdeführer wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Griechenland ausgewiesen; demzufolge wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Griechenland gemäß

§ 10 Abs. 4 AsylG für zulässig erklärt.

Der Beschwerdeführer brachte gegen diesen Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.10.2010, Zahl 10 08.058-EAST Ost, fristgerecht Beschwerde ein. Dieser wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 24.11.2010, Zahl S18 416371-1/10/6E, stattgegeben und der Bescheid des Bundesasylamtes ersatzlos behoben.

Danach wurde der Antrag mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.08.2011, Zahl

10 08.058-BAG, in Spruchpunkt I. bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. In Spruchpunkt II. wurde gemäß § 8 Abs. 1 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und in Spruchpunkt III. eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 10.08.2012 erteilt.

Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides wurde fristgerecht am 25.08.2011 Beschwerde erhoben, mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 10.10.2012, Zahl

A5 416.371-2/2011/10E, Spruchpunkt I. des Bescheides behoben und gemäß

§ 66 Abs. 2 AVG, zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides, an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.11.2013, Zahl 10 08.058-BAG, wurde im (einzigen) Spruchpunkt I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 22.08.2010 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen.

2. Gegen diesen (einzigen) Spruchpunkt I. des Bescheides vom 12.11.2013, Zahl

10 08.058-BAG, wurde fristgerecht am 27.11.2013 gegenständliche Beschwerde erhoben.

Mit Erkenntnis Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.10.2014, Zahl W206 1416371-3/3E, wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abgewiesen und die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.01.2015, Ra 2014/18/0097-10, wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.10.2014, Zahl W206 1416371-3/3E, behoben.

Der Beschwerdeakt war danach wieder in der Gerichtsabteilung W206 angängig, bis er am 05.03.2015 der nunmehr zur Erledigung berufenen Gerichtsabteilung zugewiesen wurde.

Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde für den 21.03.2018 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt, zu welcher der Beschwerdeführer erschien. Das ordnungsgemäß geladene Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte sich bereits vorab mit Schreiben vom 05.10.2017 für die Verhandlung entschuldigt. In der Verhandlung wurden die Quellen der zur Entscheidungsfindung herangezogenen Länderinformationen dargetan. Der Beschwerdeführer verzichtete auf Einsichtnahme und Ausfolgung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1. Der Beschwerdeführer besaß einen gefälschten belgischen "Reisepasses". Er konnte bis dato kein somalisches Identitätsdokument mit Lichtbild im Verfahren vorlegen. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Bundesrepublik Somalia und moslemischen (sunnitischen) Glaubens.

2. Im Fall seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat fürchtet der Beschwerdeführer von

al-Schabaab getötet zu werden.

3. Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wird festgestellt:

Allgemein

Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt:

a) In Süd- und Zentralsomalia, wo auch die Hauptstadt Mogadischu liegt, herrscht in vielen Gebieten Bürgerkrieg. Die somalischen Sicherheitskräfte kämpfen mit Unterstützung der vom VN-Sicherheitsrat mandatierten Friedensmission der Afrikanischen Union AMISOM (African Union Mission in Somalia) gegen die radikalislamistische, al-Qaida-affiliierte al-Schabaab-Miliz. Die Gebiete sind nur teilweise unter der Kontrolle der Regierung, wobei zwischen der im Wesentlichen auf Mogadischu beschränkten Kontrolle der somalischen Bundesregierung und der Kontrolle anderer urbaner und ländlicher Gebiete durch die Regierungen der föderalen Gliedstaaten Somalias, die der Bundesregierung de facto nur formal unterstehen, unterschieden werden muss. Weite Gebiete stehen aber auch unter der Kontrolle der al-Schabaab-Miliz oder anderer Milizen. Diese anderen Milizen sind entweder entlang von Clan-Linien organisiert oder, im Falle der Ahlu Sunna Wal Jama'a, auf Grundlage einer bestimmten religiösen Ausrichtung. Zumindest den al-Schabaab-Kräften kommen als de facto-Regime Schutzpflichten gegenüber der Bevölkerung in den von ihnen kontrollierten Gebieten gemäß des 2. Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen zu.

b) Der so genannte Puntland State of Somalia, der das Horn von Afrika im engeren Sinne umfasst, hat sich 1998 mit internationaler Unterstützung konstituiert. Er strebt keine Unabhängigkeit von Somalia an und ist einer der fünf offiziellen föderalen Gliedstaaten Somalias, wenngleich mit größerer Autonomie. Es konnten einigermaßen stabile staatliche Strukturen etabliert werden. Al-Schabaab kontrolliert hier keine Gebiete mehr, sondern ist nur noch in wenigen schwer zugänglichen Bergregionen mit Lagern vertreten, ebenso wie der somalische Ableger des sog. "Islamischen Staats". Stammesmilizen spielen im Vergleich zum Süden eine untergeordnete Rolle. Allerdings ist die Grenzziehung im Süden sowie im Nordwesten nicht eindeutig, was immer wieder zu kleineren Scharmützeln, im Süden auch zu schwereren gewaltsamen Auseinandersetzungen führt.

c) Das Gebiet der früheren Kolonie Britisch-Somaliland im Nordwesten Somalias hat sich 1991 für unabhängig erklärt, wird aber bisher von keinem Staat anerkannt. Allerdings bemühen sich die Nachbarn in der Region sowie zunehmend weitere Staaten in Anerkennung der bisherigen Stabilisierungs- und Entwicklungsfortschritte um pragmatische Zusammenarbeit. Das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft wurde durch die mehrfache Verschiebung der Parlamentswahlen und schwerwiegende Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Abkommen zum Betrieb des Hafens von Berbera auf die Probe gestellt. Mit der für Mitte November erwarteten Präsidentschaftswahl dürfte der demokratische Prozess jedoch wieder an Momentum gewinnen. Al-Schabaab kontrolliert in Somaliland keine Gebiete. Die Grenze zu Puntland ist allerdings umstritten.

Vor diesem Hintergrund ist zu beinahe allen folgenden Abschnitten eine Dreiteilung notwendig. Grundsätzlich gilt, dass die vorhanden staatlichen Strukturen sehr schwach sind und wesentliche Staatsfunktionen von ihnen nicht ausgeübt werden können. Von einer flächendeckenden effektiven Staatsgewalt kann nicht gesprochen werden.

ad a) Süd- und Zentralsomalia

Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen, insbesondere Clan-Strukturen, vergeben. Traditionell benachteiligte Gruppen wie Frauen, Jugendliche, ethnische Minderheiten, LGBTI, Behinderte usw. sehen sich somit nicht oder nicht hinreichend vertreten Im November und Dezember 2016 wurde von über 14.000 Wahlmänner und -frauen ein 275-köpfiges Parlament gewählt. Dieser Prozess ist ein bemerkenswerter demokratischer Fortschritt, da noch bei der letzten "Wahl" die Mitglieder des Parlaments unmittelbar durch einzelne Clanälteste bestimmt worden waren. Die Präsidentschaftswahl fand am 08.02.2017 statt, als Gewinner ging der frühere Premierminister Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmajo" hervor, am 29.03.2017 wurde die neue Regierung unter Premierminister Hassan Ali Khayre bestätigt und vereidigt (AA 07.03.2018).

Seit 2012 gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markiert. Am 01.08.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Seitdem ist die Staatsbildung kontinuierlich vorangeschritten. Das im Dezember 2016 gewählte Parlament stellt dabei auch einen demokratischen Fortschritt gegenüber dem 2012 gewählten Parlament dar. Während 2012 135 Clanälteste die Zusammensetzung bestimmten, waren es 2016 über 14.000 Wahlleute. Allgemeine freie Wahlen bleiben das Ziel für 2020/21. Im Februar 2017 wählte das neue Zweikammerparlament Mohamed Abdullahi Mohamed, genannt "Farmajo", zum Präsidenten, und im März bestätigte es Hassan Ali Khaire als Premierminister und das neue Kabinett. Die Regierung von Präsident Farmajo verfolgt eine intensive Reformagenda in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Sicherheit. Allerdings stehen mächtige Teile der Clan-Eliten der Regierung und ihrem Reformkurs kritisch gegenüber. Hinzu kommen immer wieder Spannungen in den Beziehungen Mogadischus zu den föderalen Gliedstaaten, die den politischen und wirtschaftlichen Fortschritt des Landes Lähmen (AA Innenpolitik Stand Oktober 2018 abgefragt 11.11.2018).

Die Wahl des relativ unerfahrenen Farmajo als Präsident markiert den vorläufigen Endpunkt eines somalischen Experimentes, das im Oktober 2016 mit der Wahl von erstmalig zwei Parlaments-Kammern begann. Eine allgemeine und freie Wahl ist in dem von Anarchie geprägten Land nach wie vor nicht möglich. Doch die Zahl von 14.024 Wahlmännern ist ein erheblicher Fortschritt gegenüber früheren Wahlen, als der Sieger unter gerade einmal 135 Clanchefs ausgekungelt wurde. Auch die Gründung föderaler Verwaltungsregionen ist ein wichtiger Schritt. Schließlich konnten die Medien zur Wahl relativ frei agieren und Korruption und Wahlverschiebung anprangern - auch das ein gutes Zeichen (DW 09.02.2017).

Mehr als jeder andere Präsident in Somalias unruhiger Geschichte, trifft Mohamed Abdullahi Mohamed beim Amtsantritt auf eine Welle von Unterstützung, Goodwill und Optimismus. Tausende von jubelnden Menschen gingen am Mittwoch spät auf die Straßen von Mogadischu, nachdem Mohamed, besser bekannt unter dem Spitznamen Farmajo, vom Parlament Somalias in einer Art Erdrutschsieg gewählt wurde. Es kam zu Straßensperren und Freudenschüssen, Unterstützer skandierten Farmajos Namen und Autohupen hießen ihn als neuen Präsidenten willkommen. Ähnliche Feiern brachen in Städten in ganz Somalia aus, sowie in den Städten Garissa und Eastleigh in Kenia; in beiden findet sich eine somalische Mehrheitsbevölkerung. Trotz aller Anzeichen waren die Feierlichkeiten ein Spiegelbild der aufrichtigen öffentlichen Unterstützung für Farmajo. Er ist 55 Jahre alt, besitzt die Somalisch-U.S. amerikanische Doppelstaatsbürgerschaft und war zuvor in der Jahren 2010 und 2011 acht Monate lang Premierminister Somalias (VOA 09.02.2017).

Der Sicherheitsrat begrüßt den Abschluss des Wahlprozesses in Somalia und die Wahl von Präsident Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmajo". Der Sicherheitsrat würdigt die Dienste des ehemaligen Präsidenten Hassan Sheikh Mohamud und lobt den raschen und gütlichen Machtübergang in Somalia. Der Sicherheitsrat begrüßt die seit 2012 in Somalia erzielten politischen und sicherheitsbezogenen Fortschritte und unterstreicht, dass die Dynamik in Richtung auf eine demokratische Regierungsführung in Somalia aufrechterhalten werden muss. Der Sicherheitsrat würdigt die stärkere Teilhabe und Vertretung der Bevölkerung Somalias in dem Wahlprozess (UN Sicherheitsrat 10.02.2017).

Präsident Farmajo war während Sheikh Sharifs Präsidentschaft Premierminister (von Okt 2010 bis Juni 2011) und trat aufgrund politischer Differenzen mit dem Präsidenten und dem Sprecher zurück. Präsident Farmajo hat die somalische sowie die US-Staatsbürgerschaft. Präsident Farmajo ist der erste somalische Präsident des Darood-Clans (Marehan Sub-Clan) seit 2008; hingegen gehören beide Sheikh Sharif und Hassan Sheikh zu den Hawiye (Abgaal Sub-Clan). Präsident Farmajo hat angeblich auch gute Beziehungen zum Militär was einige Kommentatoren als ein viel versprechendes Zeichen für Stabilität sehen (Europäische Kommission Februar 2017).

2016 und 2017 konnten mit der Gründung der Gliedstaaten und einem relativ demokratisch erfolgten Machtwechsel wichtige Weichen in Richtung Demokratisierung, legitimer Staatsgewalt und Föderalismus erreicht werden. In den anderen Bereichen ist die Situation nach wie vor mangelhaft. Insbesondere das Verhalten der Sicherheitskräfte, Aufbau, Funktionsweise und Effizienz des Justizsystems und die Lage im Justizvollzug entsprechen nicht den völkerrechtlichen Verpflichtungen des Landes (AA 07.03.2018).

UN-Generalsekretär Antonio Guterres ernannte am 12.09.2018 mit Wirkung vom 01.10.2018 den Südafrikaner Nicholas "Fink" Haysom zum Sondergesandten für Somalia und Nachfolger von Michael Keating. Haysom ist derzeit Sondergesandter für Sudan und Südsudan. Unter Nelson Mandela diente er als Chefberater für Rechts- und Verfassungsfragen (BAMF 24.09.2018).

(AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Innenpolitik, Stand Oktober 2018, abgefragt am 11.11.2018,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/-/203162UN Sicherheitsrat, Erklärung des Präsidenten des Sicherheitsrats zur Situation in Somalia, 10.02.2017, http://www.un.org/depts/german/sr/sr_17/sp17-03.pdf

DW, Deutsche Welle, Kommentar, Farmajo, der neue Präsident Somalias - Wie viele Löcher hat der Käse? 09.02.2017, http://www.dw.com/de/kommentar-farmajo-der-neue-pr%C3%A4sident-somalias-wie-viele-l%C3%B6cher-hat-der-k%C3%A4se/a-37496267

VOA, Voice of America, Somalis Optimistic about New President, 09.02.2017,

http://www.voanews.com/a/hopes-high-somalia-s-new-president-will-improve-security/3716301.html

AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2018, 07.03.2018

Europäische Kommission, Somalia 2016-2017; limited election process; EU election expert mission; final report; Framework Contract Beneficiaries, LOT 7 Specific Contract N° 2016/377703/1; 13 September 2016 - 16 February 2017, Februar 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1408355/1226_1505130012_eu-eem-somalia-final-report.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 24.09.2018,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1445536/1226_1539002669_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-24-09-2018-deutsch.pdf)

Parteiensystem

ad a) in Süd- und Zentralsomalia

Es gibt keine Parteien im westlichen Sinn. Die politischen Loyalitäten bestimmen sich in erster Linie durch die Clan-Zugehörigkeit oder religiöse Bindung an informelle Gruppierungen. Im September 2016 verabschiedete der Präsident ein Parteiengesetz, das die Grundlage für eine Parteienbildung werden soll. Trotz vorgesehener Mechanismen, die eine breite geografische Repräsentanz in den Parteien sicherstellen sollen, ist nicht ausgeschlossen, dass die Parteienbildung im Wesentlichen anhand von Clan-Zugehörigkeit stattfindet und somit zu einer weiteren Manifestierung des Clan-Systems führt (AA 07.03.2018).

Eine Besonderheit der Politik und Geschichte Somalias liegt in der Bedeutung der Clans. Clans sind auf gemeinsame Herkunft zurückgehende Großfamilienverbände mit einer bis zu siebenstelligen Zahl von Angehörigen. Die Kenntnis der Clanstrukturen und ihrer Bedeutung für die somalische Gesellschaft ist ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis der politischen und historischen Entwicklungen in Somalia. Die übergeordneten Clans in Somalia sind die Hawiye, Darod, Issaq, Dir und der Clanverbund der Digil-Mirifle bzw. Rahanweyn. Aufgrund des jahrzehntelangen Bürgerkriegs ist es nicht möglich, die genauen Zahlenverhältnisse der einzelnen Clans anzugeben. Hawiye, Darod, Issaq und Digil-Mirifle stellen wohl je 20 bis 25 Prozent der Gesamtbevölkerung, die Dir deutlich weniger. Über 95 Prozent aller Somalier fühlen sich einem Sub-Clan zugehörig, der genealogisch zu einem der Clans gehört. Auch diese Sub-Clans teilen sich wiederum in Untereinheiten auf. Die Zugehörigkeit zu einem Clan bzw. Sub-Clan ist ein wichtiges Identifikationsmerkmal und bestimmt, welche Position eine Person oder Gruppe im politischen Diskurs oder auch in bewaffneten Auseinandersetzungen einnimmt (AA Innenpolitik Stand Oktober 2018 abgefragt 11.11.2018).

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2018, 07.03.2018

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 21.08.2017,

https://www.ecoi.net/file_upload/5734_1503567872_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-21-08-2017-deutsch.pdf

AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Innenpolitik, Stand Oktober 2018, abgefragt am 11.11.2018,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/-/203162)

Sicherheitslage

Der Alltag der Menschen vor allem im Süden und in der Mitte Somalias bleibt von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und den sie unterstützenden internationalen Kräften (AMISOM) einerseits und der radikalislamistischen Terrorgruppe al-Schabaab andererseits geprägt. Mit Waffengewalt ausgetragene Streitigkeiten zwischen rivalisieren Clans oder Sub-Clans kommen hinzu. In den Regionen Puntland und "Somaliland" ist die Lage stabiler. In den Regionen Puntland und "Somaliland" ist die Lage insgesamt stabiler. In den zwischen Puntland und "Somaliland" umstrittenen Grenzregionen (Regionen Sool und Sanaag sowie im östlichen Teil der Region Togdheer) kam es in jüngerer Zeit wieder verstärkt zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Spannungen und gelegentliche bewaffnete

Zusammenstöße gibt es auch in der Stadt Galkayo an der Südgrenze Puntlands mit Galmudug (AA Innenpolitik Stand Stand Oktober 2018, abgefragt am 11.11.2018).

Für westliche Staatsangehörige besteht in ganz Somalia (dies gilt auch für Somaliland und Puntland) ein sehr hohes Entführungsrisiko, ausländische Staatsangehörige werden auch immer wieder Opfer von Mordanschlägen (BMEIA Stand 07.11.2018 abgefragt 11.11.2018).

Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein fragiler Staat. Gleichwohl gibt es keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach. Die Autorität der Zentralregierung wird vom nach Unabhängigkeit strebenden "Somaliland" (Regionen Awdaal, Wooqoi Galbeed, Toghdeer, Sool, Sanaag) im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al-Schabaab-Miliz in Frage gestellt (AA 07.03.2018).

Entwicklung von Konfliktvorfällen von Juni 2016 bis Juni 2018:

Bild kann nicht dargestellt werden

(Accord zweites Quartal 2018, 05.09.2018)

In den Regionen Lower und Middle Juba, Lower und Middle Shabelle, Gedo, Bay, Bakool, Banaadir und Hiraan kommt es regelmäßig zur Explosion von improvisierten Sprengsätzen. Seit September 2018 wurden mindestens 54 durch Explosionen getötete Zivilisten verzeichnet. Opfer wurden auch bei Zusammenstößen zwischen Soldaten und der al-Schabaab rund um Mogadischu, in der Region Hiraan, in der Region Gedo und in anderen Regionen verzeichnet (Accord, Sicherheitslage 31.10.2018).

ad a) Süd- und Zentralsomalia

In vielen Gebieten der Gliedstaaten Süd- und Zentralsomalias und der Bundeshauptstadt Mogadischu herrscht Bürgerkrieg. In den von al-Schabaab befreiten Gebieten kommt es zu Terroranschlägen durch diese islamistische Miliz. Am 14.10.2017 kam es zu einem der verheerendsten Anschläge der somalischen Geschichte Somalias mit über 500 Todesopfern und zahlreichen Verletzten. Ein LKW brachte eine Sprengladung in einer belebten Kreuzung in Mogadischu zur Detonation. Die al-Schabaab Miliz wird hinter dem Anschlag vermutet, hat sich jedoch nicht offiziell dazu bekannt. Am 28.10.2017 kam es erneut zu einem schweren Anschlag durch al-Schabaab im Stadtzentrum Mogadischus, bei dem mindestens 23 Personen starben (AA 07.03.2018).

Bei einem Luftangriff des US-Militärs auf die Terrormiliz al-Schabaab sind nach US-Angaben 13 Islamisten getötet worden. Der Angriff habe am Morgen des 24.12.2017 im Süden des Landes stattgefunden, teilte die für Afrikaeinsätze zuständige Kommandozentrale des US-Militärs am 27.12.2017 mit. Das US-Militär unterstützt die somalischen Streitkräfte und eine Truppe der Afrikanischen Union gegen al-Schabaab und hat seine Einsätze gegen die mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida verbundene Miliz zuletzt deutlich ausgeweitet. Die sunnitischen Fundamentalisten wollen in dem Land am Horn von Afrika einen sogenannten Gottesstaat mit strikter Auslegung des islamischen Rechts errichten (BAMF 08.01.2018).

Nach Angaben der al-Schabaab erschossen Kämpfer der Extremisten am 15.07.2018 in Afgoye (Region Lower Shabelle) einen hochrangigen Offizier des somalischen Geheimdienstes und dessen Fahrer bei dem Versuch, den Geheimdienstmitarbeiter zu entführen. Am 15.07.2018 wurden in Baidoa (Region Bay) bei einem Anschlag mit einer Sprengfalle auf ein Militärfahrzeug, das mit Mitarbeitern der Verwaltung der Stadt Baidoa besetzt war, acht Personen verletzt. Am 18.07.2018 kam es zur gleichzeitigen Entführung der Bezirksvorsteher der Ortschaften Shatalow und Adaley bei Luuq (Region Gedo). Hinter den Taten wird die al-Schabaab vermutet (BAMF 23.07.2018).

Der IS bekannte sich zu einem Anschlag mit einer Sprengfalle, bei dem am 25.07.2018 in Elasha Biyaha (Region Middle Shabelle) 14 Personen getötet oder verwundet wurden. Am 23.07.2018 stürmten, nach einem Selbstmordanschlag mit einer Autobombe auf einen Stützpunkt der somalischen Armee in Sanguni (Region Lower Juba), al-Schabaab-Kämpfer die Militärbasis. Bei dem anschließenden Feuergefecht kamen nach Angaben der Regierung 87 Extremisten ums Leben. Al-Schabaab behauptete, 27 Soldaten getötet zu haben. Sechs Soldaten starben am 25.07.2018 zwischen Afgoye und Wanlaweyne (Region Lower Shabelle) bei der Explosion einer Sprengfalle. Der Anschlag wird al-Schabaab zugeschrieben (BAMF 30.07.2018).

Der IS bekannte sich zur Ermordung eines Steuerbeamten der Regierung auf dem Bakara-Markt in Mogadischu am 29.07.2018. Bei einem Anschlag der al-Schabaab auf einen Stützpunkt der somalischen Armee in Afgoye (Region Lower Shabelle) gab es am 30.07.2018 auf beiden Seiten eine unbekannte Anzahl von Opfern. Al-Schabaab-Kämpfer töteten am 31.07.2018 mit einer Sprengfalle am Flughafen von Bulo Burde (Region Hiran) drei dschibutische Soldaten und verletzten drei (BAMF 06.08.2018).

Bei Anschlägen wurden am 05.08.2018 an einem Kontrollposten der somalischen Armee in Afgoye (Region Lower Shabelle) drei Soldaten, in Mogadischu fünf Angehörige der Präsidentengarde und am 06.08.2018 in Baidoa (Region Bay) fünf äthiopische AMISOM-Soldaten getötet (BAMF 13.08.2018).

Der scheidende Oberbefehlshaber der somalischen Armee überstand am 17.08.2018 nahe Shalambood (Region Lower Shabelle) die Explosion einer Sprengfalle der al-Schabaab unverletzt. Am 22.08.2018 verübte in Merka (Regio Lower Shabelle) ein Selbstmordattentäter der al-Schabaab mit einem mit Sprengstoff beladenen Fahrzeug einen Angriff auf einen Konvoi der AMISOM. Anschließend wurde der Konvoi mit Mörsergranaten beschossen. Dabei starb mindestens eine Person, mehrere wurden verletzt. Am 24.08.2018 starb ein dschibutischer AMISOM-Soldat, zwei wurden verletzt, als al-Schabaab in der Jalalaqsi (Region Hiraan) einen Konvoi mit einer Sprengfalle angriff (BAMF 27.08.2018).

Am 04.09.2018 schlugen somalische Einheiten einen Angriff der al-Schabaab auf einen Stützpunkt im Distrikt Qoryoley (Region Lower Shabelle) zurück und töteten dabei zwei Extremisten. In Marka (Region Lower Shabelle) nahmen somalische Soldaten am 03. und 04.09.2018 im Rahmen einer Ende August begonnenen Sicherheitsoperation in der Region 32 al-Schabaab-Angehörige fest. Somalische Soldaten und Soldaten des Bundesstaates Jubaland töteten bei Einsätzen gegen Rückzugsorte der al-Schabaab in der Region Lower Shabelle mehrere Extremisten. Nähere Angaben liegen nicht vor (BAMF 10.09.2018).

Wahrscheinlich Kämpfer der al-Schabaab ermordeten am 10.09.2018 in der Region Lower Jubba fünf Holzkohlenhändler (Die somalische Regierung hatte im Jahr 2012 den Holzkohlehandel aus Umweltschutzgründen und um die Finanzierung der al-Schabaab zu unterbinden verboten. Nach UN-Schätzungen nimmt die al-Schabaab durch illegalen Handel mit Holzkohle der al-Schabaab jährlich mindestens 10 Mio. US-$ ein.). Somalische Spezialeinheiten befreiten am 09.09.2018 mit Unterstützung von US-Einheiten bei Razzien in den Ortschaften Bagdaad und Basra (Region Lower Shabelle) sieben Personen, die von den Extremisten gefangen gehalten worden waren. Die Operation ist Teil einer gemeinsamen Operation der somalischen Armee und der AMISOM, mit der die Straße zwischen Afgooye und Balaad in Lower und Middle Shabelle von al-Schabaab befreit werden soll. Am 11.09.2018 gingen die somalischen Spezialeinheiten gegen einen al-Schabaab-Stützpunkt in der Ortschaft Mubarak (Region Lower Shabelle) vor. Zu ihrer Unterstützung führte das Afrikanische Kommando der Vereinigten Staaten (AFRICOM) einen Luftschlag aus, bei dem zwei Extremisten und ein somalischer Soldat ums Leben kamen. Am 11.09.2018 verhafteten somalische Soldaten in Bardhere (Region Gedo) elf al-Schabaab-Kämpfer. Die somalische Polizei tötete im Bezirk Heliwa von Mogadischu am 11.09.2018 den für den Ostteil von Mogadischu zuständigen Kommandeur des al-Schabaab Geheimdienstes Amniyat. Nach Berichten vom 15.09.2018 und 16.09.2018 tötete die äthiopische Luftwaffe bei einem Luftangriff in Somalia 70 al-Schabaab-Kämpfer. Al-Schabaab soll nach offiziellen äthiopischen Angaben einen Angriff auf äthiopische Truppen der AMISOM geplant haben. Nähere Angaben wurden nicht gemacht (BAMF 10.09.2018).

Bei einem Autobomben-Anschlag am 16.09.2018 wurde ein Regierungsmitglied verletzt, sein Fahrer getötet. Die al-Schabaab bekannte sich zu dem Anschlag. Ebenfalls am 16.09.2018 griff al-Schabaab mit einer Sprengfalle einen Konvoi kenianischer AMISOM-Streitkräfte nahe der Ortschaft Dhobley (Region Lower Juba) an. Bei einem weiteren Angriff mit einer Sprengfalle am 17.09.2018 an der Straße zwischen Dhobley und Kismayo (Region Lower Juba) töteten die Extremisten nach eigenen Angaben mehr als 15 kenianische und somalische Soldaten. Vier weitere somalische Soldaten starben am 20.09.2018, als al-Schabaab-Kämpfer an der Straße zwischen Afgooye und Shalambood (Region Lower Shabelle) eine Sprengfalle zur Explosion brachten. Eine Sprengfalle der al-Schabaab tötete am 19.09.2018 nahe der der Ortschaften Abdale und Birole 45 km westlich von Kismayo (Region Lower Juba) zehn Soldaten des Bundesstaates Jubaland. Am 22.09.2018 wurden bei der Explosion von zwei Autobomben in Mogadischu zwei Personen verletzt. Bisher übernahm dafür niemand die Verantwortung (BAMF 24.09.2018).

Sicherheitskräfte des Bundesstaates Jubaland nahmen am 17.09.2018 einen Stützpunkt der al-Schabaab nahe Geedweyne (Region Gedo) ein. Dabei wurden elf al-Schabaab-Kämpfer und fünf Soldaten Jubalands getötet. Die somalische Armee nahm in der vergangenen Woche mehrere Ortschaften (Gendershe, El aq Maki, Dhanaane und Jilib-Marka) entlang der Küstenstraß zwischen Mogadischu und der Ortschaft Mubarak (Region Lower Shabelle) ein. Über die Anzahl toter oder gefangengenommener al-Schabaab-Kämpfer liegen keine Angaben vor. Ein von al-Schabaab behaupteter Anschlag auf ein Fahrzeug der somalischen Armee an diesem Streckenabschnitt am 19.09.2018, bei dem alle Insassen ums Leben gekommen sein sollen, ist unbestätigt. Bei einem Kenia zugeschriebenen, gegen al-Schabaab gerichteten Luftangriff kamen in einem Hospital in der Ortschaft Sakow (Region Middle Juba) am 19.09.2018 mindestens drei Kinder ums Leben. Nach Angaben der somalischen Regierung sollen 12 al-Schabaab-Kämpfer getötet worden sein. Nach eigenen Angaben töteten US-Streitkräfte bei einem Luftangriff am 21.09.2018 etwa 50 km nordwestlich von Kismayo mindestens 18 Kämpfer der al-Schabaab. Nach Angaben des Afrikakommandos der USA (AFRICOM) handelte es sich um einen Fall von Selbstverteidigung zur Abwehr eines Angriffes der Extremisten (BAMF 24.09.2018).

Bei der Explosion einer Sprengfalle der al-Schabaab starben am 19.09.2018 nahe der Ortschaft Abdale-Birole (Region Lower Juba) zehn Soldaten des Bundesstaates Jubaland. Die Explosion einer Sprengfalle der al-Schabaab in Afgooye (Region Lower Shabelle) tötete am 25.09.2018 einen Soldaten und verletzte zwei weitere. Am 27.09.2018 starben bei der Explosion einer Sprengfalle der al-Schabaab bei einem Teeladen in Elwaq (Region Gedo) zwei Personen, sechs wurden verletzt. Bei einem Anschlag der al-Schabaab mit einer Sprengfalle auf ein Fahrzeug der somalischen Armee in Mogadischu kamen drei Soldaten ums Leben. Das Afrikakommando der USA tötete am 21.09.2018 bei einem Luftangriff ca. 50 km nordwestlich von Kismayo (Region Lower Juba) 18 al-Schabaab-Kämpfer. Am 24.09.2018 töteten somalische und AMISOM-Einheiten bei einer Sicherheitsoperation in Qoryoley (Region Lower Shabelle) 35 al-Schabaab-Angehörige. Somalische Einheiten töteten am 27.09.2018 in der Ortschaft Jilib-Marka (Region Lower Shabelle) 16 al-Schabaab-Kämpfer. Am Rande der UN-Generalversammlung traf Außenminister Ahmed Awad Issa mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow zusammen. Lawrow erklärte, Russland unterstütze die Anstrengungen Somalias und der AMISOM bei der Terrorismusbekämpfung. Die beiden Außenminister bekräftigten ihre früheren Zusagen zum Ausbau der diplomatischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit (BAMF 01.10.2018).

(BMEIA, Österreichisches Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, Reiseinformation, Somalia, unverändert gültig seit 01.08.2018, Stand 16.09.2018,

https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/somalia

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 08.01.2018,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1423374/5734_1517489965_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-08-01-2018-deutsch.pdf

AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2018, 07.03.2018

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 23.07.2018,

file:///H:/01.%20IN%20ARBEIT/Somalia/Berichte%2016.09.2018/bamf-23-07-2018-deutsch.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 30.07.2018,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1442649/1226_1536224077_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-30-07-2018-deutsch.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 06.08.2018,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1442581/1226_1536218530_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-06-08-2018-deutsch.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 13.08.2018,

file:///H:/01.%20IN%20ARBEIT/Somalia/Berichte%2016.09.2018/BAMF%2013-08-2018-deutsch.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 27.08.2018,

file:///H:/01.%20IN%20ARBEIT/Somalia/Berichte%2016.09.2018/BAMF%2027-08-2018-deutsch.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 10.09.2018,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1445510/1226_1539001241_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-10-09-2018-deutsch.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 24.09.2018,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1445536/1226_1539002669_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-24-09-2018-deutsch.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 01.10.2018,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1445533/1226_1539002314_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-01-10-2018-deutsch.pdf

AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Innenpolitik, Stand Oktober 2018, abgefragt am 11.11.2018,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/-/203162

Accord, Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), Berichtzeitraum 2. Quartal 2018, 05.09.2018,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1442612/1930_1536218362_2018q2somalia-en.pdf

Accord, Sicherheitslage in Somalia, veröffentlicht 31.10.2018, https://www.ecoi.net/de/dokument/1448378.html)

Justiz und Sicherheitsbehörden

ad a) in Süd- und Zentralsomalia

Die Grundsätze der Gewaltenteilung sind in der Verfassung von 2012 niedergeschrieben. Allerdings ist die Verfassungsrealität eine andere. In den tatsächlich von der Regierung kontrollierten Gebieten sind die Richter einer vielfältigen politischen Einflussnahme durch staatliche Amtsträger ausgesetzt. In den unter Kontrolle der al-Schabaab-Miliz stehenden Gebieten wird das Prinzip der Gewaltenteilung gemäß der theokratischen Ideologie der al-Schabaab nicht anerkannt. Zu den anderen, weder von Regierung, noch von al-Schabaab, sondern von weiteren Clan- oder anderen Milizen kontrollierten Gebieten liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Es ist aber nach Einschätzung von Beobachtern davon auszugehen, dass Rechtsetzung, Rechtsprechung und Rechtsdurchsetzung zumeist in der Hand einer kleinen Gruppe von Notabeln (z.B. "Clanältesten") liegen. Von einer Gewaltenteilung ist nicht auszugehen (AA 07.03.2018).

Aufgrund des andauernden Bürgerkriegs spielen die Sicherheitsorgane in Süd- und Zentralsomalia eine herausgehobene Rolle. Sie arbeiten in der Regel in einem Kontext humanitären Völkerrechts. Gleichwohl bleibt die tatsächliche zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte und insbesondere die justizielle Verantwortlichkeit einzelner Mitglieder der Sicherheitsorgane in den meisten Fällen schwach bis inexistent. Hinzukommt, dass der Sold sehr unregelmäßig ausgezahlt wird. Ausbildung und Training im Menschenrechtsbereich werden zwar zunehmend international unterstützt, für die Mehrzahl der regulären Kräfte muss jedoch weiterhin davon ausgegangen werden, dass ihnen die völkerrechtlichen Rahmenbedingungen ihres Handelns nur äußerst begrenzt bekannt sind. Für die regierungsnahen Milizen gilt dies erst recht. Von Seiten der Kämpfer der al-Schabaab-Miliz wird ein völkerrechtlicher Rahmen als solcher nicht anerkannt. Die Rolle des Staatsschutzes in Süd- und Zentralsomalia liegt in der Hand der National Intelligence and Security Agency (NISA). NISA ist mit exekutiven Vollmachten ausgestattet (AA 07.03.2018).

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2018, 07.03.2018)

Korruption/Dokumente

Somalia stand im Jahr 2016 auf dem letzten Platz des Korruptionswahrnehmungsindexes von Transparency International 176 von 176 (TI 2016). Im Jahr 2017 belegte Somalia im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International Platz 180 von 180 (TI 2017).

Für Somalier ist es einfach, echte Dokumente (fast jeden) unwahren Inhalts zu besorgen. Das gilt auch für unrichtige Pässe der Nachbarländer Dschibuti, Äthiopien und Kenia (AA 07.03.2018).

(TI, Transparency International, Corruption Perceptions Index 2016, Somalia, http://www.transparency.org/country/SOM

AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2018, 07.03.2018

TI, Transparency International, Corruption Perceptions Index 2017, Somalia, https://www.transparency.org/country/SOM)

Menschenrechte

Seit dem Ende der Übergangsperiode und dem Beginn des New Deal Prozesses 2013 wurde wiederholt der politische Wille zur umfassenden Reform des Staatswesens (Etablierung von Rechtsstaatlichkeit, Schutz von Menschenrechten, Demokratisierung, Föderalisierung) bekundet. Die Verfassungen für Gesamtsomalia, Puntland und "Somaliland" bestimmen den Islam zur Staatsreligion und das islamische Recht ("Schari'a") zur grundlegenden Quelle für die staatliche Gesetzgebung. Die Verfassungen bekennen sich aber gleichzeitig zu Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung. Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat 1993 das Mandat des Unabhängigen Experten zur Beobachtung der Menschenrechtslage in Somalia geschaffen. Fast jedes Jahr gab es seit her eine Besichtigungsreise. Seit 2014 wird das Amt von Herrn Bahame Nyanduga (TZA) YANDUGA. Er besuchte vier Mal das Land, zuletzt 2017 (AA 07.03.2018).

ad a) in Süd- und Zentralsomalia

Der Schutz der Menschenrechte ist in Süd- und Zentralsomalia in der Verfassung verankert, ebenso wie die prägende Rolle der Schari'a als Rechtsquelle. Somalia hat folgende Menschenrechtsabkommen ratifiziert:

Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung,

Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte,

Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte,

Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe,

Übereinkommen über die Rechte des Kindes,

Abkommen und Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (AA 07.03.2018).

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2018, 07.03.2018)

2. Beweiswürdigung:

1. Die Feststellungen wonach der Beschwerdeführer früher einen gefälschten belgischen "Reisepasses" besaß (siehe Feststellungen 1.), ergeben sich aus der im erstinstanzlichen Beschwerdeakt einliegenden Kopien dieses angeblichen Reispasses. Die Feststellungen zu Staatsangehörigkeit und Glauben (siehe Feststellungen 1.) beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers.

2. Die Feststellungen zum Ausreisegrund des Beschwerdeführers (siehe Feststellungen 2.) beruhen auf dessen Angaben und dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.01.2015, Ra 2014/18/0097-10, zum gegenständlichen Verfahren.

3. Die Feststellungen zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers (siehe Feststellungen 3.) beruhen auf dem in der Beschwerdeverhandlung zitierten Dokumentationsmaterial sowie jüngeren, mit den in der Beschwerdeverhandlung genannten Berichten inhaltlich in Einklang stehenden, Berichten aus den bereits in der Beschwerdeverhandlung zur Kenntnis gebrachten Quellen. Die Parteien des Beschwerdeverfahrens haben zu keinem Zeitpunkt einen Einwand gegen die Heranziehung der genannten Informationsquellen erhoben. Die herangezogenen Berichte und Informationsquellen stammen hauptsächlich von staatlichen Institutionen oder diesen nahestehenden Einrichtungen und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, Zweifel an deren Objektivität und Unparteilichkeit aufkommen zu lassen. Die inhaltlich übereinstimmenden Länderberichte befassen sich mit der aktuellen Lage in der Bundesrepublik Somalia.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind (§ 11 Abs. 1 AsylG).

Auf Grund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.01.2015, Ra 2014/18/0097-10, im Verfahren des Beschwerdeführers ist derzeit nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat von al-Schabaab getötet werden könnte.

Wegen der konkreten Gefährdung der Beschwerdeführerin in Verbindung mit den Länderfeststellungen konnte in diesem konkreten Fall keine innerstaatliche Fluchtalternative im Herkunftsstaat ermittelt werden.

Der Beschwerdeführer konnte somit doch noch glaubhaft machen, dass ihm in seinem Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht. Es sind keine Hinweise hervorgekommen, wonach einer der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlusstatbestände eingetreten sein könnte.

Einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, kommt eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung (§ 3 Abs. 4 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016).

Der Beschwerdeführer hat seinen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15.11.2015 gestellt, weshalb gemäß § 75 Abs. 24 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016, der eben zitierte § 3 Abs. 4 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016, nicht anzuwenden ist.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrages auf internationalem Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Von einer Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung konnte gemäß § 12 Abs. 1 BFA-VG abgesehen werden, da das Bundesverwaltungsgericht aufgrund des jahrelangen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet davon ausgeht, dass er die deutsche Sprache versteht.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG), in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im konkreten Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.01.2015, Ra 2014/18/0097-10, im gegenständlichen Asylverfahren stützen, weshalb sich im Lauf des Verfahrens keine Hinweise auf das Vorliegen von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung ergaben.

Schlagworte

asylrechtlich relevante Verfolgung, Rechtsanschauung des VwGH

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W215.1416371.3.00

Zuletzt aktualisiert am

16.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten