Entscheidungsdatum
26.11.2018Norm
AlVG §24Spruch
W164 2199130-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Andreas JAKL (aus dem Kreis der ArbeitgeberInnen) und Mag. Kurt RETZER (aus dem Kreis der ArbeitnehmerInnen) als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX VSNR XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice AMS 104-Oberpullendorf vom 19.03.2018, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 30.05.2018, Zl. 2018-0566-1-000072, nach Durchführung einer nicht öffentlichen Beratung vom 23.11.2018 zu Recht erkannt:
A)
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs 1, Abs 2 und Abs 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: AMS) vom 19.03.2018 wurde ausgesprochen, dass der Bezug des dem Beschwerdeführer gewährten Arbeitslosengeldes gemäß § 24 Abs. 2 AlVG für den Zeitraum 15.07.2017 bis 23.07.2017 widerrufen bzw. rückwirkend berichtigt werde und der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes in Höhe von EUR 343,80 verpflichtet sei.
Begründend wurde ausgeführt, dass der BF Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum 15.07.2017 bis 23.07.2017 zu Unrecht bezogen habe, da er bereits ab dem 07.07.2018 in der Schweiz beschäftigt gewesen sei.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der BF Beschwerde und erklärte, dass er im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht in der Schweiz beschäftigt gewesen sei, sondern erst ab 24.07.2017. Die Bestätigung seines Einsatzvertrages habe er beim AMS abgegeben.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 30.05.2018 wurde der Beschwerde des BF nicht stattgegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, aus der Versicherungsbestätigung des Amtes für Wirtschaft und Arbeit in der Schweiz gehe hervor, dass der BF in der Zeit vom 07.07.2017 bis 13.02.2018 in einem Dienstverhältnis gestanden sei, das über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt gewesen sei. Da er diese Beschäftigung nicht ordnungsgemäß gemeldet habe, sei der Überbezug zurückzufordern.
4. Der BF stellte daraufhin fristgerecht den Antrag seine Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen.
5. Im Begleitschreiben des AMS zur Beschwerdevorlage vom 25.06.2018 wurde darauf hingewiesen, dass aufgrund der Einwände des BF eine Anfrage beim Amt für Wirtschaft und Arbeit in der Schweiz erfolgt sei und entsprechende Unterlagen nachgereicht würden, sollte sich seitens der Schweizer Behörden eine Änderung der Versicherungspflicht ergeben.
6. Am 03.07.2018 übermittelte das AMS dem Bundesverwaltungsgericht die korrigierte Versicherungs- bzw. Beschäftigungsbestätigung vom Amt für Wirtschaft und Arbeit in der Schweiz. Darin ist als Beginn der versicherten Beschäftigung der 24.07.2017 angegeben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF bezog im Zeitraum 07.07.2017 bis 14.07.2018 Krankengeld und ab dem 15.07.2017 bis 23.07.2017 Arbeitslosengeld.
Im Zeitraum 15.07.2017 bis 23.07.2017 befand sich der Beschwerdeführer in keinem Dienstverhältnis, unterlag nicht der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung und war auch nicht selbstständig erwerbstätig.
Ab 24.07.2017 bis 10.02.2018 befand sich der BF in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis in der Schweiz.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen basieren auf dem unzweifelhaften Akteninhalt.
Der Beschwerdeführer bestritt in seiner Beschwerde, dass sein Dienstverhältnis in der Schweiz- wie vom AMS aufgrund einer Bestätigung der Schweizer Behörden angenommen - bereits am 07.07.2017 begonnen habe. Über Ersuchen des BF und aufgrund des Hinweises, dass wohl eine Verwechslung mit den Daten seines Sohnes vorliege, urgierte das AMS beim Schweizer Amt für Wirtschaft und Arbeit und bat um eine neuerliche Überprüfung. Am 29.06.2018 langte das korrigierte Formular der Schweizer Behörden ein, in dem der 24.07.2017 als Arbeitsbeginn angeführt wird. Es war daher in der gegenständlichen Entscheidung vom 24.07.2017 als Beschäftigungsbeginn auszugehen.
Es ergaben sich zudem keine Hinweise darauf, dass der BF im verfahrensgegenständlichen Zeitraum in einem anderen Dienstverhältnis gestanden wäre oder eine sonstige die Arbeitslosigkeit im Sinne des § 12 AlVG ausschließende Tätigkeit ausgeübt hätte.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Im vorliegenden Fall war daher Senatszuständigkeit gegeben.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Gemäß § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer eine (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) beendet hat, nicht mehr der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegt oder dieser ausschließlich auf Grund eines Einheitswertes, der kein Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze erwarten lässt, unterliegt oder auf Grund des Weiterbestehens der Pflichtversicherung für den Zeitraum, für den Kündigungsentschädigung gebührt oder eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt oder eine Urlaubsabfindung gewährt wird (§ 16 Abs. 1 lit. k und l), unterliegt und keine neue oder weitere (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) ausübt.
Gemäß § 12 Abs. 3 lit h AlVG gilt insbesondere nicht als arbeitslos im Sinne der Abs. 1 und 2, wer beim selben Dienstgeber eine Beschäftigung aufnimmt, deren Entgelt die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt, es sei denn, dass zwischen der vorhergehenden Beschäftigung und der neuen geringfügigen Beschäftigung ein Zeitraum von mindestens einem Monat gelegen ist.
Gemäß § 24 Abs. 2 AlVG ist die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes zu widerrufen, wenn die Zuerkennung gesetzlich nicht begründet war. Wenn die Bemessung des Arbeitslosengeldes fehlerhaft war, ist die Bemessung rückwirkend zu berichtigen. Der Widerruf oder die Berichtigung ist nach Ablauf von drei Jahren nach dem jeweiligen Anspruchs- oder Leistungszeitraum nicht mehr zulässig.
Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird.
Gemäß § 50 ist der Bezieher von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung verpflichtet, die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 und jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen.
Daraus folgt für die Beschwerde:
Im vorliegenden Bescheid wurde gemäß § 24 AlVG der Widerruf und die Rückforderung von Leistungen an den BF ausgesprochen. Der BF wandte ein, dass sein Dienstverhältnis in der Schweiz erst am 24.07.2017 begonnen habe. Dies erwies sich - wie in der Beweiswürdigung näher ausgeführt - als zutreffend. Da der BF also im verfahrensgegenständlichen Zeitraum in keinem Dienstverhältnis stand und auch kein anderer die Arbeitslosigkeit ausschließender Tatbestand gemäß § 12 AlVG erfüllt war, lag in diesem Zeitraum Arbeitslosigkeit vor. Der BF bezog demnach zu Recht Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Der Widerruf erfolgte nicht zu Recht.
Da somit kein rechtmäßiger Widerruf erfolgte, hat auch die Rückforderung gemäß § 25 AlVG zu entfallen. Der Beschwerde war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid, mit dem der Widerruf und die Rückforderung ausgesprochen wurden, ersatzlos zu beheben.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegenstehen. Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung erscheint im vorliegenden Fall nicht geboten.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (s. die unter Punkt 3. angeführte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, insbesondere da die Rechtslage eindeutig ist (VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).
Schlagworte
Arbeitslosengeld, Behebung der Entscheidung, Dienstverhältnis,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W164.2199130.1.00Zuletzt aktualisiert am
18.01.2019