TE Bvwg Beschluss 2018/11/27 W201 2207027-1

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Veröffentlicht am 27.11.2018
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Entscheidungsdatum

27.11.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W201 2207027-1/9E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF als Einzelrichterin in dem vom Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 28.09.2018, Zahl XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, beschlossen:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Antragsteller (im Folgenden: Ast) reiste unter Umgehung der Grenzkontrolle ins Bundesgebiet ein und stellte am 02.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des BFA vom 21.08.2018, Zl. XXXX , wurde dieser Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Ast gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Ast eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Asts nach Afghanistan gemäß 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gegen den Ast wurde ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetest Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.), der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (VII.) und keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (VIII.).

Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

3. Am 22.09.2018 brachte der Ast während der Schubhaft neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

4. Am 28.09.2018 wurde er vor dem BFA (EAST Ost) einvernommen. Im Anschluss daran wurde mit mündlich verkündetem Bescheid der nach § 12 AsylG 2005 bestehende faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben. Dieser Bescheid wurde unter der im Spruch zitierten Zahl in der Niederschrift beurkundet. In der Rechtsmittelbelehrung wurde festgehalten, dass die Verwaltungsakten von Amts wegen dem Bundesverwaltungsgericht zur Überprüfung übermittelt werden und dies als Beschwerde gilt.

5. In der Folge legte das BFA den Verwaltungsakt mit einem als "Beschwerdevorlage" bezeichneten Schreiben vom 02.10.2018 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

6. Der Verwaltungsgerichtshof stellte mit Beschluss vom 03.05.2018 beim Verfassungsgerichtshof den auf Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a B-VG gestützten Antrag, § 22 Abs. 10 dritter und vierter Satz AsylG 2005, BGBl. I 100 idF BGBl. I 68/2013, in eventu § 22 Abs. 10 dritter und vierter Satz AsylG 2005 und § 22 Abs. 1 BFA-VG, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I 68/2013, in eventu § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 Abs. 1 BFA-VG, in eventu § 12a Abs. 2 AsylG 2005 idF BGBl. I 70/2015, § 22 Abs. 10 AsylG 2005 idF BGBl. I 68/2013 und § 22 Abs. 1 BFA-VG, in eventu § 12a AsylG 2005 idF BGBl. I 145/2017, § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG als verfassungswidrig aufzuheben.

7. Aus Anlass des vorliegenden Verfahrens stellte das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 08.10.2018, W201 2207027-1/3Z, einen gleichlautenden Antrag beim Verfassungsgerichtshof. Aufgrund der Bestimmung des § 62 Abs. 3 VfGG wartete das Bundesverwaltungsgericht mit der Erledigung der vorliegenden Rechtssache bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zu. Das BFA und der Asylweber wurden vom Bundesverwaltungsgericht über die Antragstellung verständigt. Weitere Anträge des Bundesverwaltungsgerichtes wurden beim Verfassungsgerichtshof aus Anlass ähnlicher Verfahren anhängig gemacht.

8. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10.10.2018, G 186/2018-25 ua., beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 25.10.2018, wurden die Anträge des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichtes abgewiesen, soweit sie sich gegen § 22 Abs. 10 dritter, vierter und fünfter Satz AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 68/2013, sowie gegen § 22 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 68/2013, richteten. Im Übrigen wurden die Anträge zurückgewiesen.

9. Der Ast wurde gemäß einer Mitteilung des BFA Wien vom 14.11.2018 am 06.11.2018 nach Afghanistan abgeschoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Ast

Der Ast ist ein volljähriger männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er ist ledig und hat keine Kinder. Seine Muttersprache ist Paschtu.

Der Ast wurde in XXXX , im Dorf XXXX geboren und lebte dort bis zu seiner Ausreise.

Nach seinen Erstangaben ist er in Afghanistan verlobt. Seine Geschwister und ein Onkel mütterlicherseits leben in seinem Heimatdorf, zu diesen hat er Kontakt.

Der Ast hat keine Schule besucht. Er hat keine Berufsausbildung und arbeitete im Geschäft seines Vaters.

1.2. Zum Verfahrensgang

Das vom Ast am 02.11.2015 initiierte Asylverfahren wurde mit Bescheid des BFA vom 21.08.2018 rechtskräftig negativ abgeschlossen, da der Ast keine Beschwerde erhob.

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Es wurde kein Aufenthaltstitel erteilt. Gegen den Ast wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen. Festgestellt wurde, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist. Schließlich wurde ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot verhängt.

Im Erstverfahren brachte der Ast als Fluchtgrund im Wesentlichen vor, dass Taliban beabsichtigt hätten, ihn zwangsweise zu rekrutieren, da sein Bruder für die Amerikaner gearbeitet habe.

Der Ast stellte am 22.09.2018 während der Schubhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Er würde von den Taliban verfolgt werden. Er habe in Österreich eine Freundin. Die beiden hätten auf Facebook Fotos veröffentlicht, auf denen sie gemeinsam abgebildet seien. Die Taliban würden seine Lebensweise nicht gutheißen. Beweismittel für sein Vorbringen konnte der Ast keine vorlegen.

Im Folgeverfahren bezieht sich der Ast somit zum einen auf Gründe, die er bereits im Erstverfahren vorgebracht hat (Verfolgung durch Taliban wegen versuchter Zwangsrekrutierung) und zum anderen auf Gründe, die bereits vor Eintritt der Rechtskraft des Bescheides des BFA bestanden (in der NS vom 22.09.2018 gab der Ast an, dass ihm die neuen Gründe seit ca 7 Monaten bekannt seien).

1.3. Zur Rückkehrmöglichkeit des Ast

Der Ast ist gesund und im erwerbsfähigen Alter.

Eine entscheidungswesentliche Änderung ist seit rechtskräftiger Beendigung des Erstverfahrens weder im Hinblick auf die Lage in Afghanistan noch im Hinblick auf die Person des Ast eingetreten.

Eine Rückkehr des Ast nach Afghanistan, insbesondere in die urbanen Gebiete, ist (weiterhin) möglich und zumutbar.

1.4. Das Vorliegen eines schützenswerten Privat -oder Familienlebens in Österreich wurde im Verfahren nicht dargelegt. Sonstige erhebliche Integrationsmerkmale konnten nicht festgestellt werden.

Besondere Integrationsleistungen wurden vom Ast seit Erlassung der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung nicht erbracht.

Der Ast wurde am 06.11.2018 nach Afghanistan abgeschoben.

1.5. Der Folgeantrag vom 22.09.2018 wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Ast, zum bisherigen Verfahrensgang einschließlich des wiedergegebenen Vorbringens im Erstverfahren und im Folgeverfahren sowie zur aktuellen Situation in Afghanistan ergeben sich aus der Aktenlage.

Die Feststellung über die erfolgte Abschiebung ergibt sich aus dem Schreiben des BFA vom 14.11.2018.

Die Sicherheits- und Versorgungslage im Herkunftsstaat sowie die konkrete Rückkehrsituation des Ast wurden im rechtskräftig entschiedenen Erstverfahren eingehend geprüft. Eine für den Ast relevante Änderung der Situation in seiner Heimat liegt vor dem Hintergrund der Berichtslage nicht vor. Ebenso wenig sind maßgebliche Änderungen in der Person des Ast (z.B. Gesundheitszustand, Arbeitsfähigkeit) eingetreten.

Sämtliche Kriterien eines Privat- und Familienlebens wurden bereits im Verfahren, welches mit Bescheid abgeschlossen wurde, gewürdigt. Weitere (darüber hinaus) beachtenswerte Integrationsmerkmale ergeben sich aus der Aktenlage nicht.

Der vom Ast im Folgeverfahren erneut vorgebrachte Sachverhalt betreffend eine Bedrohung durch Taliban wegen versuchter Zwangsrekrutierung erwies sich bereits im Erstverfahren als nicht glaubhaft.

Zu der vom Ast erstmals vorgebrachten Bedrohung durch die Taliban wegen der Veröffentlichung von Fotos ist festzuhalten, dass der behauptete Sachverhalt bereits vor Eintritt der Rechtskraft des Bescheides des BFA vom 21.08.2018 vorlag und ein neues, rechtlich selbständiges Verfahren nicht zu rechtfertigen vermag (s. dazu noch die rechtlichen Ausführungen).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung demnach der nach der geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichterin.

3.2. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:

3.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des § 12a AsylG 2005, des § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und des § 22 BFA-VG lauten wie folgt:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a.

...

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

..."

"Entscheidungen

§ 22.

...

(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."

"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

3.4. Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben:

Der Ast stellte am 22.09.2018 einen Folgeantrag.

Gegen ihn besteht nach rechtskräftiger Entscheidung des BFA vom 21.08.2018 eine aufrechte Rückkehrentscheidung.

Aus dem Vorbringen des Ast zum Folgeantrag ergibt sich kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt. Wie sich aus den Feststellungen und aus der Beweiswürdigung ergibt, brachte der Ast einerseits einen bereits dem Erstverfahren zugrunde gelegten Sachverhalt und andererseits einen vor Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung des BFA bestandenen Sachverhalt vor.

Bei der vom Ast bereits im Erstverfahren geltend gemachten - vom Bundesverwaltungsgericht mit näherer Begründung für nicht glaubhaft befundenen - Bedrohung durch Taliban wegen versuchter Zwangsrekrutierung handelt es sich nicht um einen geänderten Sachverhalt.

Der Ast stellte keinen Wiederaufnahmeantrag. Auf die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens steht im Übrigen niemandem ein Rechtsanspruch zu (vgl. VwGH 27.02.2007, 2006/07/0012).

Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich daher insgesamt kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt.

Bereits im vorangegangenen Verfahren wurde verneint, dass der Ast bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde.

Die Lage in Afghanistan hat sich im Vergleich zum Zeitpunkt der Entscheidung des BFA (21.08.2018) nicht maßgeblich geändert.

Auch mit Blick auf die Person des Ast ist nichts hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden, was gegen die Abschiebung des Ast in seinen Heimatstaat im Sinne der zitierten Bestimmungen spricht. Es sind keine erheblichen in der Person des Ast liegenden neuen Sachverhaltselemente zutage getreten (z.B. eine schwere Erkrankung), die eine neuerliche Refoulementprüfung notwendig erscheinen ließen. Seit der Entscheidung des BFA vom 21.08.2018 wurden des Weiteren keine besonderen Integrationsleistungen des Ast nachgewiesen, sodass (weiterhin) kein schützenswertes Familien- oder Privatleben in Österreich festgestellt wurde.

Da die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen, erweist sich der mündlich verkündete Bescheid des BFA vom 28.09.2018 als rechtmäßig.

3.5. Im vorliegenden Fall wurde die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes durch die gesetzliche Fiktion einer Beschwerdeerhebung gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 begründet. Zudem wurde vom BFA unmittelbar nach Verkündung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes in der Niederschrift eine (nicht weiter begründete) "Beschwerde" des Ast protokolliert.

Der Verwaltungsgerichtshof vertrat in seinem Anfechtungsantrag an den Verfassungsgerichtshof (Pkt. I.7.) die Auffassung, aus der gesetzlichen Anordnung (§ 22 Abs. 10 AsylG 2005) sei ableitbar, dass eine Beschwerdeerhebung durch den vom Bescheid Betroffenen unzulässig sei. Angesichts der Ausführungen im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10.10.2018, G 186/2018-25 ua., wonach es dem betroffenen Fremden nicht verwehrt sei, eine Stellungnahme abzugeben bzw. durch eine Beschwerdeergänzung auf Umstände des Falles hinzuweisen, die ihm entscheidungsrelevant erscheinen, geht das Bundesverwaltungsgerichtshof allerdings davon aus, dass eine (zusätzliche) "Beschwerde" durch den Betroffenen zur Begründung der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur umfassenden Überprüfung des mündlich verkündeten Bescheides zwar nicht erforderlich ist, aber auch nicht zwingend ihre Zurückweisung zur Folge haben muss.

Vielmehr kann eine solche "Beschwerde" allenfalls als ergänzendes Vorbringen angesehen werden, zumal das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid ohnehin gemäß § 22 Abs. 10 letzter Satz AsylG 2005 auf seine Rechtswidrigkeit hin zu überprüfen und (sämtliche) Rechtswidrigkeiten aufzugreifen hat.

Einer formalen Erledigung der vom Ast zu Protokoll gegebenen "Beschwerde" (im Sinne einer Zurückweisung) bedarf es angesichts der obigen Ausführungen nicht.

Auch die für den Antragsteller maßgebliche Ländersituation ist seit der Entscheidung des BFA vom 21.08.2018 im Wesentlichen gleich geblieben. Gegenteiliges wurde auch nicht behauptet.

Prüfung der Verletzung von Rechten nach der EMRK:

Im nunmehr zweiten Asylverfahren bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Abschiebung des Ast nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Länderberichte kann nicht erkannt werden, dass in Afghanistan aktuell eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095 mwN); in Afghanistan ist eine Zivilperson aktuell nicht alleine aufgrund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt.

Es sind keine erheblichen in der Person des Ast liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie etwa eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Auch seitens des Ast wurde kein entsprechendes Vorbringen hierzu getätigt.

Es liegt weiters auch keine Gefahr einer Verletzung von Art. 8 EMRK vor: Hinsichtlich der durchzuführenden Interessenabwägung ist anzuführen, dass eine solche nur dann positiv ausfallen kann, wenn ein besonders intensives Familienleben zu Personen in Österreich und/oder ein besonders intensives Privatleben vorliegen und der Asylwerber bereits herausragend integriert ist.

Der Ast hat keine Familienangehörigen im Bundesgebiet.

In Bezug auf das Privatleben des Ast ist festzuhalten, dass er sich drei Jahre in Österreich aufhält. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer Aufenthaltsdauer von weniger als 5 Jahren keine maßgebende Bedeutung für die Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK zu (vgl. etwa VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055). Weiters ist hervorzuheben, dass der Großteil des Aufenthalts lediglich auf einen unberechtigten Asylantrag zurückzuführen ist. Das Gewicht einer allenfalls erfolgten Integration im Bundesgebiet ist dadurch somit gemindert (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN). Auch dem Akteninhalt ist keine Integrationsverfestigung des Ast zu entnehmen. Vielmehr ist festzuhalten, dass der Ast in Österreich mehrfach straffällig wurde (Raufhandel und Suchtmittelgesetz).

Eine Verletzung des schutzwürdigen Familien- und Privatlebens des Ast im Sinne des Art. 8 EMRK liegt demgemäß im gegenständlichen Verfahren nicht vor, womit auch die Voraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 3 Asylgesetz 2005 erfüllt ist.

Der Folgeantrag wird daher zurückzuweisen sein.

Rechtmäßigkeit des Verfahrens:

Im Verfahren zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 ist durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 Asylgesetz 2005), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat das Ermittlungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt.

Im Lichte des § 22 BFA-VG hatte keine mündliche Verhandlung stattzufinden.

Da insgesamt die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorgelegen sind, ist der dazu mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.09.2018 rechtmäßig erfolgt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden ist.

Gemäß § 22 Abs. 1 zweiter Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich im Lichte des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 10.10.2018, G 186/2018-25 ua., als klar und eindeutig (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053). Im Übrigen ergeht die vorliegende Entscheidung in Anlehnung an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 12a Abs. 2 AsylG 2005.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W201.2207027.1.01

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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