TE Bvwg Beschluss 2018/11/27 W169 1412798-3

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Veröffentlicht am 27.11.2018
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Entscheidungsdatum

27.11.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Babara MAGELE als Einzelrichterin in dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.07.2018, Zl. 516880508-18069997, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX, StA. Indien, beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 idgF iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 idgF sowie § 22 BFA-VG idgF rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger stellte nach illegaler schlepperunterstützter Einreise am 30.03.2010 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer damals an, dass sein Vater vor acht oder neun Jahren der Chauffeur des SANT RAM RAHIM gewesen wäre und ihn jemand erschossen hätte. Der Beschwerdeführer sei damals noch sehr klein gewesen. Die Mutter des Beschwerdeführers sei regelmäßig zu SANT gefahren. Dann sei die Akali Dal an die Macht gekommen und diese Leute hätten begonnen, den Beschwerdeführer zu schikanieren. Zweimal sei der Beschwerdeführer von der Polizei mitgenommen und geschlagen worden. Ebenso sei das Haus, in dem der Beschwerdeführer gewohnt habe, in Brand gesetzt worden. Seine Mutter und seine Schwester hätten woanders gewohnt, er sei in Delhi aufhältig gewesen. Weil er der einzige Sohn gewesen sei, habe ihn seine Mutter nach Delhi und anschließend ins Ausland geschickt.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.04.2010 wurde der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs 1 AsylG abgewiesen. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Indien nicht zuerkannt und wurde er gemäß § 10 Abs 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Furcht des Beschwerdeführers vor Verfolgung in Indien nicht glaubhaft sei. Unabhängig davon stehe dem Beschwerdeführer aber eine inländische Fluchtalternative offen. Auch eine refoulementschutzrechtlich relevante Gefährdung im Fall einer Rückkehr nach Indien sei nicht gegeben und stelle die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet keinen unzulässigen Eingriff in seine durch Art. 8 EMRK geschützten Rechte dar.

Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 07.06.2010 Zl. C8 412798-1/2010/2E, als unbegründet abgewiesen.

2. Der Beschwerdeführer kehrte im Jänner 2013 nach Indien zurück und reiste im September 2014 aus Indien erneut aus und stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 15.10.2014 seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

Dazu wurde er am selben Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen. Zur seiner Person gab er an, dass er Punjabi und ledig sei. Auf Vorhalt, dass er in Österreich bereits einen Asylantrag gestellt habe, welcher bereits entschieden worden sei und auf die Frage, ob er seit dieser Entscheidung Österreich verlassen habe, gab der Beschwerdeführer an, dass er Österreich verlassen habe, weil sein Asylantrag negativ entschieden worden sei und ihm die grüne Karte entzogen worden sei. Er sei im Jänner 2013 mit dem Zug nach Rom gefahren, von dort sei er nach Neu Delhi geflogen. Seine alten Fluchtgründe seien nicht mehr aufrecht. Er habe neue Gründe. "Als ich im Jänner 2013 nach Indien zurückgekehrt bin, habe ich als Makler zu arbeiten begonnen. Ich wurde beim Kauf eines Grundstückes betrogen und verlor dadurch fünf Millionen indische Rupien. Das Geld habe ich mir von Gläubigern ausgeborgt. Als die Gläubiger ihr Geld wieder zurückverlangten und ich aber kein Geld hatte und meine Schulden nicht zurückzahlen konnte, verließ ich das Land." Auf die Frage was er bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte, gab der Beschwerdeführer an: "Es kann sein, dass ich von meinen Gläubigern vielleicht umgebracht werde."

Im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 27.07.2016 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen zu Protokoll, dass er gesund sei und keine Medikamente nehme. Er sei am XXXX im Bezirk Amritsar geboren worden. Sein Vater sei im Jahr 1994 verstorben und seine Mutter bekomme eine Witwenpension und habe eine kleine Landwirtschaft. Seine Schwester sei verheiratet. Als er von Österreich nach Indien zurückgekommen sei, sei er in der Immobilienbranche tätig gewesen. Vorher habe er in der Landwirtschaft gearbeitet. Er sei ledig und habe keine Kinder. Er habe zehn Jahre die Grundschule und dann zwei Jahre ein College besucht. In Indien habe er noch vier Onkel mütterlicherseits und einen Onkel väterlicherseits. Auch seine Großeltern leben noch. Er sei in Österreich Zeitungszusteller. Bevor er Indien verlassen habe, sei er drei oder vier Monate davor verhaftet worden. Er sei ein oder zwei Tage in Haft gewesen. Zu seinem Fluchtgrund befragt gab er Folgendes an: "Hier ist mein Asylverfahren abgelehnt worden und dann war ich im Hungerstreik und hatte dann gesundheitliche Probleme deshalb bekommen, dann habe ich versucht nach Italien zu gehen und dort hatte ich auch Probleme mit der Polizei. Ich hatte damals Geld gehabt und habe mir ein Ticket gekauft und bin nach Indien geflogen. Danach zwei oder drei Monate später habe ich als Immobilienhändler angefangen zu arbeiten und habe ein Grundstück gekauft. Über vier Millionen indische Rupien habe ich für das Grundstück bezahlt. Dann haben wir das Grundstück hergerichtet und wollten was bauen aber ich bin betrogen worden. Das Grundstück ist ein zweites Mal verkauft worden. Beim Einkauf habe ich nur eine Million indische Rupien gehabt und drei Millionen habe ich mir ausgeborgt. Die, die mir das Geld geborgt haben, haben mich unter Druck gesetzt. Dann haben die mich von der Polizei verhaften lassen. Die Polizei hat Bestechungsgeld genommen und dann habe ich Indien verlassen." Auf die Frage, was er im Fall einer Rückkehr befürchte, gab der Beschwerdeführer an: "Ich hatte große Schulden dort, wenn ich nach Indien zurückkehre, weiß ich nicht was sie mit mir machen werden. Es war nicht notwendig Indien zu verlassen, meine Mutter ist ganz allein. Wir haben eine Landwirtschaft dort, ich hatte nur Angst wegen meiner Schulden." Auf die Frage, warum er in Indien als Immobilienhändler angefangen habe zu arbeiten, gab der Beschwerdeführer an, dass man damit Geld verdienen könne. Er habe in Amritsar gearbeitet. Auf die Frage für welche Firma, gab der Beschwerdeführer an: "Dort braucht man keine Firma zu gründen." Er sei bei seinem ersten Kauf reingelegt worden. Das Geld für die eine Million indischen Rupien habe er zum Teil von seinen eigenen Ersparnissen gehabt und ein Teil habe er von der Landwirtschaft angespart. In weiterer Folge führt er aus:

"LA: Von wem haben Sie das große Grundstück gekauft?

VP: Mir hat er sich mit dem Namen XXXX vorgestellt. Unter diesem Namen hat er verkauft.

LA: Mit wem haben Sie konkret gestritten?

VP: Mit XXXX hatte ich später Streit weil, er war nicht der Besitzer.

LA: Haben Sie versucht von den Behörden in Indien Hilfe zu bekommen?

VP: Ich wollte zur Polizei eine Anzeige erstatten, die hatten mich festgenommen, weil der XXXX Bestechungsgelder bezahlt hat bei der Polizei.

LA: Also konnten Sie keine Anzeige erstatten?

VP: Nein.

LA: Haben Sie versucht sich einen Anwalt zu nehmen oder zu Gericht zu gehen?

VP: In Indien ist das nicht so, wenn man Bestechungsgelder bezahlt dann wird eine Anzeige erstattet, zu einem Anwalt bin ich nicht gegangen. Wenn dort die Polizei was gemacht hätte, wäre ich nicht ein zweites Mal nach Österreich gekommen. Ich habe auf Facebook Fotos.

Anmerkung VP zeigt Fotos auf seinem Mobiltelefon. Zu sehen: ein Mann der in verschiedenen Posen mit Waffe fotografiert wurde. Einmal mit einem anderen Mann umarmt mit Waffe fotografiert wurde. Einmal mit einem anderen Mann umarmt mit Schusswaffe, einmal auf der Couch mit zwei Schusswaffen in der Hand. Weiter ähnlich Fotos. Einmal mit Sonnenbrille angelehnt auf einem Masten ohne Waffe.

VP: Dieser Mann hat eine Gang und der hat einmal jemanden umgebracht und war in Haft und jetzt ist er auf Kaution freigelassen worden.

LA: Wie oft wurden sie insgesamt bedroht?

VP: 2-3 Mal.

LA: Erzählen Sie davon.

VP: Ich habe von XXXX das Grundstück gekauft und XXXX und XXXX haben mich betrogen.

LA: Sind das Freunde des XXXX?

VP: Ja.

LA: Bitte antworten Sie auf die Frage, wie sind Sie bedroht worden, was genau ist geschehen?

VP: XXXX und XXXX kamen mit drei weiteren Unbekannten in der Nacht mit dem Auto zu mir und haben gesagt ich soll das Geld zurückgeben, sonst werden sie mich umbringen

LA: Das war einmal was ist noch geschehen?

VP: Dann bin ich nach Neu Delhi geflüchtet habe ein Visum für Italien bekommen und bin ins Ausland geflüchtet.

LA: Was ist mit Ihrem RP passiert?

VP: Der Schlepper hat mein RP mitgenommen weil ich ihm auch Geld schuldig war.

LA: In Ihrer Ersteinvernahme sagten Sie, Sie hätten 5 Mio. Rupien gezahlt und nicht 4.

Warum widersprechen Sie sich?

VP: Ich habe ja gesagt ich vergesse schnell.

Anmerkung VP möchte eine kurze Pause EV wird von 10:04 bis 10:16 unterbrochen.

LA: Warum haben Sie zunächst gesagt, Sie wären nur von der XXXX bedroht worden und später meinten Sie von anderen Leuten bedroht worden zu sein.

VP: Sie haben nicht mehr gefragt.

LA: Dennoch haben Sie sich widersprochen.

VP: Keine Antwort.

LA: Weiter haben Sie sich widersprochen indem Sie zunächst angegeben hatten Sie hätten das Grundstück hergerichtet und wollten etwas darauf bauen, dann haben Sie gesagt Sie hätten es in kleine Stück als Baugrund verkaufen wollen.

VP: Ich lüge nicht ich habe alle Beweismittel vorgelegt.

LA: Sie haben keine Beweismittelt für das Grundstück vorgelegt. Was haben Sie vorgelegt.

VP: Ich habe das erste Mal gelogen und das zweite Mal wollte ich nicht lügen und ich habe meine Pass Kopie vorgelegt, da steht wie ich heiße und wo ich geboren wurde.

LA: Weiter haben sie sich widersprochen indem Sie ausdrücklich angegeben hatten 2-3 Mal bedroht worden zu sein und schließlich nur einen Vorfall geschildert hatten.

VP: 2-3 Mal wurde ich am Telefon bedroht.

LA: Wie sind Sie zu diesem Grundstück gekommen?

VP: Ein Freund hat mir das erzählt es gibt ein Grundstück zu verkaufen.

LA: Was ist dann passiert?

VP: Dann habe ich mich mit XXXX getroffen, dann waren wir in einem Vermessungsamt und haben das Grundstück in meinem Namen eintragen wollen und wir sind draufgekommen das das Grundstück im Grundbuch nicht mehr aus XXXX eingetragen ist. Ich wurde in das Grundbuch eingetragen und nach einer Woche kam der richtige Besitzer und dort kam es zu einem großen Streit. Ich bin draufgekommen ich bin betrogen worden.

LA: Wo war der richtige Besitzer als Sie das Grundstück vermessen hatten und eintragen wollten?

VP: Das ist Gang und Gebe jeder verkauft Sachen von anderen.

LA: Wie konnten Sie im Amt in das Grundbuch eingetragen werden wenn der richtige Besitzer nicht da war?

VP: Mit Bestechung geht alles.

LA: Klären Sie folgenden Widerspruch auf, Sie gaben an nach der einmaligen Bedrohung zu Hause nach Delhi und in weiterer Folge nach Italien geflohen zu sein, wann waren Sie dann in Haft.

VP: Ich war 2 Tage bei der Polizei und dann habe ich Bestechungsgelder bezahlt damit ich frei komme. Ich weiß nicht wann das war.

LA: Haben Sie Einwände dagegen, dass erforderlichenfalls weitere Ermittlungen zu Ihrem Vorbringen in Indien, auch unter Einschaltung eines Verbindungsbeamten oder eines Vertrauensanwaltes, durchgeführt werden? Es werden dabei keinesfalls persönliche Daten an die Behörden Ihres Heimatstaates weitergegeben.

VP: Nein."

Er lebe in keiner Lebensgemeinschaft, sei nicht verheiratet, habe auch keine Familienangehörige in Österreich. Er habe nur Kontakt zu Landsleuten. Auf die Frage, wie sich seine Freizeit in Österreich gestalte, gab der Beschwerdeführer an, dass er nach der Arbeit zuhause sei. Er verstehe etwas Deutsch. Er habe in Österreich keine Kurse oder sonstige Ausbildungen absolviert. Er sei auch nicht in einem Verein oder in einer Organisation in Österreich tätig gewesen oder habe auf andere Weise am sozialen bzw. kulturellen Leben in Österreich teilgenommen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.08.2016 wurde der zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig ist und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl betreffend die konkreten Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes aus, dass das Vorbringen nicht glaubhaft sei. Zudem existiere kein Meldewesen in Indien, sodass dem Beschwerdeführer jedenfalls die Möglichkeit offenstehe, sich an einen anderen Ort in seinem Herkunftsstaat zu begeben, um den vom Beschwerdeführer behaupteten Problemen zu entgehen. Auch eine refoulementschutzrechtlich relevante Gefährdung im Falle einer Rückkehr nach Indien sei nicht gegeben.

Der Beschwerdeführer sei eine erwachsene, arbeitsfähige, gebildete Person, der es jedenfalls zumutbar sei, im Falle der Rückkehr, etwa durch Arbeitsaufnahme, selbst für sein Auskommen zu sorgen. Seine Familienangehörigen würden sich in Indien befinden. Er verfüge somit über ein soziales Netzwerk im Heimatland. Ferner sei in Betracht zu ziehen, dass er den Großteil seines Lebens im Heimatland verbracht habe und auch über Freunde, Bekannte sowie Familie und Verwandte verfüge, welche ihn unterstützten könnten. Der Beschwerdeführer habe keine sozialen oder familiären Anknüpfungspunkte in Österreich. Er sei ledig und habe keine Sorgepflicht. Seine weiteren Angehörigen würden sich im Heimatland befinden. Er befinde sich erst seit spätestens 15.10.2014 im Bundesgebiet und habe auch keine anderen Gründe namhaft machen können, die für eine Integration sprechen würden.

Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.02.2017, Zl. W222 1412798-2/4E, gemäß §§ 3 Abs 1, 8 Abs 1, 10 Abs 1 Z 3 und § 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes ausgeführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen nicht glaubhaft sei. So sei bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zutreffend aufgezeigt worden, dass der Beschwerdeführer den behaupteten Fluchtgrund sowohl im Zuge der Erstbefragung als auch im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vage und widersprüchlich vorgebracht habe. Der Beschwerdeführer habe im Rahmen der Ersteinvernahme angegeben, dass er beim Kauf eines Grundstückes um 5 Millionen Rupien, die er sich von Gläubigern ausgeborgt habe, betrogen worden sei. Hingegen bei der Einvernahme vor dem Bundesamt habe dieser angegeben, dass er sich lediglich 3 Millionen Rupien ausgeborgt und das Grundstück 4 Millionen gekostet habe. Während er bei der Ersteinvernahme weder von Drohungen oder einer Inhaftierung gesprochen habe, sondern lediglich angegeben habe, dass es bei einer Rückkehr sein könnte, dass er eingesperrt werde, habe der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt zunächst angegeben, dass er ein oder zwei Tage bei der Polizei inhaftiert gewesen sei, ohne jedoch genau angeben zu können, wann dies gewesen sein soll. Da eine Inhaftierung ein einschneidendes Erlebnis sei, sei es nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage sei, anzugeben, ob er ein oder zwei Tage in Haft gewesen sei bzw. wann er inhaftiert worden sei. Auf Vorhalt der diesbezüglichen Widersprüche in der Einvernahme vor dem Bundesamt habe der Beschwerdeführer keine schlüssig nachvollziehbare Erklärung geben können. Während der Beschwerdeführer bei der Ersteinvernahme noch angegeben habe, dass er bei einer Rückkehr in sein Heimatland befürchte, von Gläubigern umgebracht zu werden, habe er sich in der Beschwerde auf seine Angaben, die er im ersten Asylverfahren gemacht habe, bezogen und angegeben, dass er nicht nach Indien zurück wolle, da er von Gegnern der spirituellen Organisation SANT RAM RAHIM angegriffen und misshandelt worden sei und aus diesem Grund vor sechs Jahren nach Österreich geflohen sei. Diese Angaben in der Beschwerde würden jedoch im Widerspruch zu seinen Angaben in der Ersteinvernahme sowie der Einvernahme vor dem Bundesamt stehen, wonach seine alten Fluchtgründe nicht mehr aufrecht seien und er neue Gründe habe. Insgesamt betrachtet hätten sich in den Aussagen des Beschwerdeführers so viele Ungereimtheiten und Widersprüche ergeben, die einzig und alleine den Schluss zuließen, dass sein Vorbringen betreffend eine konkrete und ihn selbst betreffende Verfolgungsgefahr nicht den Tatsachen entspreche. Bei Wahrunterstellung der Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen ergebe sich zudem, dass dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung stehe. Auch eine refoulementschutzrechtlich relevante Gefährdung im Falle einer Rückkehr sei nicht gegeben, zumal im Hinblick auf die Feststellungen zur allgemeinen Situation, der zufolge die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet sei, auch nicht angenommen werden könne, dass der Beschwerdeführer, der in Indien aufgewachsen sei, im Falle einer Rückkehr in eine ausweglose Lage gerate. Der Beschwerdeführer sei ein junger, gesunder Mann, sodass es ihm zumutbar sei, sich in seiner Heimat den notwendigen Lebensunterhalt zu sichern, was sich auch schon aus den Ausführungen zur inländischen Fluchtalternative ergäbe. Er verfüge zudem in seiner Heimat über soziale Anknüpfungspunkte - seine Mutter, seine Schwester, seine Großeltern sowie Onkeln würden noch in Indien leben - , weshalb auch von daher nicht angenommen werden könne, der Beschwerdeführer gerate im Falle einer Rückkehr in eine lebensbedrohliche Notlage. Schwierige Lebensumstände allein genügten für eine Schutzgewährung im Sinne des § 8 AsylG nicht.

Der Beschwerdeführer habe keine Verwandten oder sonstige nahen Angehörigen in Österreich, weshalb die Ausweisung des Beschwerdeführers keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Schutzes des Familienlebens darstelle. Die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sei als kurz zu bezeichnen und werde weiter dadurch relativiert, dass der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig gewesen sei. Dies habe dem Beschwerdeführer bewusst sein müssen. Weitere ausgeprägte private und persönliche Interessen habe der Beschwerdeführer im Verfahren nicht dargetan und habe er auch keine Kenntnisse der deutschen Sprache. Es sei davon auszugehen, dass im Falle des Beschwerdeführers nur ein geringer Grad an Integration erreicht worden sei. Die Schutzwürdigkeit seines Privat- und Familienlebens in Österreich sei aufgrund des Umstandes, dass er seinen Aufenthalt nur auf einen im Ergebnis nicht berechtigten Asylantrag gestützt habe, nur in geringem Maße gegeben. Im Hinblick auf den Umstand, dass der erwachsene Beschwerdeführer den überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht habe, sei davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen würden, zumal dort seine Familienangehörigen leben würden und der Beschwerdeführer auch die Sprachen des Herkunftsstaates beherrsche. Der Beschwerdeführer habe am 15.07.2015 ein Gewerbe angemeldet, doch selbst aus einer etwaigen kurzen legalen Beschäftigung des Beschwerdeführers könne nicht geschlossen werden, dass ihm dafür der weitere Verbleib im Bundesgebiet gewährt werde. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht straffällig geworden wäre, bewirke keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen würden. Es sei daher davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht hätten und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, der nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukomme, in den Hintergrund treten würden. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung sei daher im vorliegendem Fall dringend geboten und erscheine auch nicht unverhältnismäßig. Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat sei gegeben, da nach dem die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen würden, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Die Frist für die freiwillige Ausreise sei vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht mit vierzehn Tagen festgelegt worden, da keine besonderen Umstände, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, vom Beschwerdeführer vorgebracht worden seien.

Am 19.07.2018 wurde der Beschwerdeführer in Wien von Beamten der Landespolizeidirektion einer Personenkontrolle unterzogen. In der Folge wurde er in das Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel überstellt und über ihn die Schubhaft verhängt.

3. Am 19.07.2018 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stand der Schubhaft seinen dritten, den gegenständlichen, Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er damit, dass er ein Sikh sei und Sikhs ein unabhängiges Punjab-Khalistan fordern würden. Im Jahre 2020 werde es diesbezüglich eine Wahl geben. Sikhs würden von der indischen Regierung als Terroristen bezeichnet werden. Viele Sikhs aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien seien aus diesem Grund von der Regierung ohne Grund in Haft genommen worden. Ihr einziger Fehler sei gewesen, dass sie in Indien diese Freiheitsbewegung unterstützt hätten. Dies könne man online lesen. Aus diesem Grund sei auch sein Leben in Gefahr.

Am 25.07.2018 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Dabei führte der Beschwerdeführer aus, dass seine Gründe aus dem Vorverfahren noch aufrecht seien, er jedoch auch neue Fluchtgründe habe. Im Jahr 2020 werde in Indien entschieden, ob es "ein Khalistan" geben würde. Alle Personen, die vom Ausland nach Indien zurückkehren würden, würden von der Regierung verhaftet werden. Sie würden als Terroristen bezeichnet werden. Am 12.08.2018 werde in Großbritannien bekanntgegeben, wann diesbezüglich die Wahlen in Indien stattfinden würden. Drei Personen seien aus Italien, Deutschland und Großbritannien nach Indien zurückgekehrt. Diese seien verhaftet und gefoltert worden. Wenn er nach Indien zurückkehre, werde er auch verhaftet werden, weil er auch "für Khalistan" sei. Seine Familie habe sich schon im Jahre 1984 für Khalistan eingesetzt. Es gebe keine Gesetze in Indien. Die Hindus könnten jeden umbringen, mit der einfachen Beschuldigung, diese Person esse Rindfleisch. Sogar der Premierminister in Indien sei bewacht. Diese Informationen habe er aus dem Internet. Aus den Nachrichten habe er erfahren, dass drei zurückgekehrte Personen in Haft genommen und gefoltert worden wären. Er habe auch telefonischen Kontakt mit seiner Mutter und auch diese habe ihm dies erzählt. Seit zwei Jahren würde er diese Bewegung unterstützen. Deshalb habe er Angst, dass er im Falle einer Rückkehr nach Indien ins Gefängnis komme. Er habe keine Verwandten in Österreich, habe keinen Deutschkurs besucht und sei auch nicht Mitglied in einem Verein oder in Organisationen. Er arbeite als Zeitungszusteller.

Nach Vorhalt, dass er eine Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 und 6 AsylG erhalten habe, womit mitgeteilt worden sei, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebungsschutz aufzuheben und er nun Gelegenheit habe, zu dieser geplanten Vorgangsweise Stellung zu nehmen, gab der Beschwerdeführer an: "Es ist ihre Entscheidung. Ich kann es nicht beeinflussen. Ich weiß, wenn ich nach Indien zurückkehre werde ich dort im Gefängnis landen. Es sitzen viele unschuldige Sikhs seit über fünfundzwanzig Jahren im Gefängnis. Diese Personen haben sich auch Khalistan gewünscht."

Dem Beschwerdeführer wurde im Rahmen der Einvernahme die Möglichkeit gegeben, sich die aktuellen Länderfeststellungen zu Indien vom Dolmetscher übersetzen zu lassen. Der Beschwerdeführer verzichtete jedoch darauf.

Der bei der Einvernahme anwesende Rechtsberater stellte keine Fragen bzw. Anträge.

Mit dem mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.07.2018 wurde der faktische Abschiebungsschutz gemäß § 12 AsylG gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben.

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und Feststellungen zur aktuellen Situation in Indien ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren auf die von ihm bereits im Vorverfahren vorgebrachten Fluchtgründe bezogen habe. Hierzu sei anzumerken, dass dieses Vorbringen bereits im Vorverfahren ausreichend gewürdigt und festgestellt worden sei, dass die Fluchtgründe des Beschwerdeführers nicht glaubwürdig seien. Das neue Vorbringen des Beschwerdeführers, dass nach dem Jahr 2020 in Indien entschieden werde, ob es in Indien ein Khalistan geben werde und alle Personen, die vom Ausland nach Indien zurückkehren würden, von der Regierung verhaftete werden würden, wobei auch der Beschwerdeführer Angst habe, im Falle einer Rückkehr nach Indien verhaftet zu werden, weil er seit zwei Jahren diese Bewegung unterstütze, weise keinen glaubhaften Kern auf und habe auch durch keinerlei Beweismittel belegt werden können.

Die Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sei seit der Entscheidung über seinen vorherigen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen unverändert. Der diesbezüglich für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt habe sich seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert. Aufgrund der Feststellungen zur Lage in Indien in Verbindung mit seinem Vorbringen drohe dem Beschwerdeführer keine Verletzung wie in

§ 12a Abs. 2 Z 3 AsylG beschrieben. Sein neuer Antrag auf internationalen Schutz werde voraussichtlich auch diesbezüglich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass im Fall des Beschwerdeführers ein Folgeantrag vorliege, weil sein Vorverfahren rechtskräftig entschieden sei. Die gegen ihn ausgesprochene Rückkehrentscheidung sei aufrecht, zumal der Beschwerdeführer zwischenzeitlich das Bundesgebiet nicht verlassen habe. Er verfüge über kein sonstiges Aufenthaltsrecht. Sein nunmehriger Antrag auf internationalen Schutz sei voraussichtlich zurückzuweisen, da er keinen neuen Sachverhalt vorgebracht und er sich auf seine schon behandelten Fluchtgründe bezogen habe, welche bereits als unglaubwürdig gewertet worden seien. Das neue Vorbringen des Beschwerdeführers weise keinen glaubhaften Kern auf. Auch die allgemeine Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers habe sich nicht entscheidungsrelevant geändert. Bereits im Vorverfahren sei festgestellt worden, dass ihm bei einer Rückkehr oder Abschiebung in sein Herkunftsland keine Verletzung seiner Integrität drohe. Da sich die allgemeine Lage wie auch seine persönlichen Verhältnisse und sein körperlicher Zustand seit der letzten Entscheidung nicht maßgeblich geändert hätten, könne davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung in seinen Herkunftsstaat für ihn zu keiner Bedrohung der angeführten Menschenrechte führen werde. Selbiges gelte für seine persönlichen Verhältnisse, auch bezüglich dieser sei keine Veränderung im Hinblick auf die vorherige Entscheidung eingetreten. Die Feststellung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung, die in Rechtskraft erwachsen sei, sei somit nach wie vor nicht anzuzweifeln. Aufgrund der Feststellungen zur Lage in seinem Herkunftsstaat in Verbindung mit seinem Vorbringen könne somit davon ausgegangen werden, dass ihm keine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG beschrieben drohe. Es würden somit alle Voraussetzungen für die Aufhebung des Abschiebeschutzes vorliegen, sodass spruchgemäß zu entscheiden sei.

4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte in der Folge den Verwaltungsakt mit einem als "Beschwerdevorlage" bezeichneten Schreiben vom 30.07.2018 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, wo es am 01.08.2018 einlangte.

Die damals zuständige Gerichtsabteilung stellte mit Schreiben vom 02.08.2018 den Antrag an den Verfassungsgerichtshof, dieser möge § 22 Abs. 10 dritter und vierter Satz des AsylG 2005, in eventu § 22 Abs. 10 dritter und vierter Satz AsylG 2005 und § 22 Abs. 1 BFA-VG, in eventu § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 Abs. 1 BFA-VG, in eventu § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 Abs. 1 BFA-VG, in eventu § 12a und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG als verfassungswidrig aufheben.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10.10.2018, G 186/2018-25, wurden die Anträge (des Verwaltungsgerichtshofes sowie) des Bundesverwaltungsgerichtes, soweit sie sich gegen § 22 Abs. 10 dritter, vierter und fünfter Satz AsylG 2005 sowie gegen § 22 BFA-VG richteten, abgewiesen, im Übrigen wurden die Anträge zurückgewiesen.

In der Folge übermittelte der Verfassungsgerichtshof die gegenständlichen Verwaltungs- und Gerichtsakten, welche am 29.10.2018 beim Bundesverwaltungsgerichts einlangten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt und den Gerichtsakten des Beschwerdeführers.

2. Rechtlich ergibt sich Folgendes:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss.

Zu A) Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

2.1. Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde (Z 1), kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt (Z 2), im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben (Z 3), und eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist (Z 4).

Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufheben, wenn gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht (Z 1), der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist (Z 2), und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Z 3).

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 ist im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Folgeantrag jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag.

Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakte sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden. Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakte bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22 Abs. 3 BFA-VG binnen acht Wochen zu entscheiden.

2.2. Die Verfahren über den ersten und zweiten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 30.03.2010 und vom 15.10.2014 wurden mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes bzw. des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.06.2010 bzw. vom 01.02.2017 rechtskräftig abgeschlossen. Beim Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 19.07.2018 handelt es sich somit um einen Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005.

2.3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.02.2017 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.08.2016 gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen. Es liegt somit kein Fall des § 12a Abs. 1 AsylG 2005 vor.

2.4. Mit Bescheid vom 04.08.2016 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen. Die Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.02.2017 rechtskräftig abgewiesen.

Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben gemäß § 12a Abs. 6 AsylG 2005 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn, es wurde ein darüberhinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Da der Beschwerdeführer seit dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens Österreich nicht verlassen hat, ist die Rückkehrentscheidung gegen ihn weiterhin aufrecht.

2.5. Der Antrag vom 19.07.2018 ist voraussichtlich zurückzuweisen, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist:

Eine maßgebliche Änderung der Rechtsgrundlage ist nicht eingetreten.

Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (VwGH 09.03.2015, Ra 2015/19/0048; 13.11.2014, Ra 2014/18/0025; 31.07.2014, 2013/08/0163; vgl. dazu ausführlich die - zu einer früheren Rechtslage des AsylG 2005 getätigten, aber auch auf die nunmehrige Rechtslage übertragbaren - Erwägungen in VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344).

Im Folgeantragverfahren können - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben (vgl. VwGH 08.09.2015, Ra/2014/18/0089).

Der Beschwerdeführer behauptet keine neue Sachverhaltsänderung, er behauptet ausdrücklich das Fortbestehen der bereits im vorangegangenen Asylverfahren geschilderten - und für unglaubwürdig befundenen - fluchtauslösenden Umstände, da er bei der Befragung vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 25.07.2018 ausdrücklich angab, dass seine Gründe aus dem Vorverfahren weiterhin aufrecht seien.

Zudem gab er an, dass er auch neue Fluchtgründe habe. Er sei ein Sikh und die Sikhs würden ein unabhängiges Punjab-Khalistan fordern und Personen, die diese Bewegung unterstützen würden, würden von der indischen Regierung als Terroristen bezeichnet und ohne Grund inhaftiert werden. Er würde diese Bewegung seit zwei Jahren unterstützen, weshalb er Angst habe, dass er, wenn er nach Indien zurückkehre, verhaftet werde, zumal "ich auch für Khalistan bin". Seine Familie habe sich schon im Jahr 1984 für Khalistan eingesetzt. Diesbezüglich ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer bis jetzt im Verfahren nie angegeben hat, dass sich seine Familie schon 1984 für Khalistan eingesetzt habe. Auch hat der Beschwerdeführer in den bisherigen Verfahren nie vorgebracht, dass er persönlich diese Bewegung in Indien je unterstützt hätte bzw. diesbezüglich politisch aktiv gewesen sei und deshalb von der Regierung bedroht oder verhaftet worden sei. Auch hat der Beschwerdeführer im bisherigen Verfahren nie angeführt, dass er in Indien je ein unabhängiges Khalistan gefordert habe. Warum der Beschwerdeführer sohin bei einer eventuellen Rückkehr nach Indien von der indischen Regierung diesbezüglich als Terrorist angesehen und verhaftet werde, vermochte der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar und glaubhaft darzulegen und ist auch für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund ersichtlich, weshalb der Beschwerdeführer nach einer Rückkehr nach Indien diesbezüglich Probleme bekommen sollte. Folglich geht das Bundesverwaltungsgericht davon, dass dieses neue Vorbringen keine "glaubhaften Kern" im Sinne der obzitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtes aufweist.

Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise - für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status - auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U1533/10; VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344 mwN).

Aus den im angefochtenen Bescheid enthaltenen Länderberichten ergibt sich, dass auch im Hinblick auf die allgemeine Situation im Herkunftsstaat keine maßgebliche Änderung der Lage im Vergleich zum Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.02.2017 eingetreten ist.

2.6. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien eine reale Gefahr einer Verletzung der Art. 2, 3 oder 8 MRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Da sich der Beschwerdeführer erst seit September 2014 im Bundesgebiet aufhält, nie über ein Aufenthaltsrecht in Österreich verfügte, in Österreich über keine Familienangehörigen und Verwandten verfügt, nicht Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation ist und auch keinen Deutschkurs besucht, kann auch keine Verletzung seines Rechts auf Privat- oder Familienleben durch eine Abschiebung festgestellt werden. Darüber hinaus verbrachte der grundsätzlich gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer sein gesamtes Leben vor der Ausreise in Indien, wo er einer Arbeit nachging und wo er nach wie vor über anhaltende soziale Bindungen verfügt.

Da somit alle Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 erfüllt sind, ist spruchgemäß festzustellen, dass der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.07.2018 rechtmäßig ist und die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen.

3. Gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG ist das Verfahren ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an eine Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Da die in der vorliegenden Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen klar sind und keiner Auslegung bedürfen, geht das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag, Identität der Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W169.1412798.3.00

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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