TE Vwgh Erkenntnis 1999/9/3 97/19/0836

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Veröffentlicht am 03.09.1999
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Index

20/02 Familienrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
EheG §23;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des 1969 geborenen I H in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Februar 1997, Zl. 113.182/7-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, der zuletzt über einen Wiedereinreisesichtvermerk vom 22. Juni 1993 bis 25. März 1995 verfügte, beantragte am 2. Dezember 1994 die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz. Dieser Antrag wurde mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. Februar 1996 abgewiesen.

Der Beschwerdeführer beantragte am 25. Oktober 1996 neuerlich die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 31. Oktober 1996 abgewiesen. Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Februar 1997 wurde diese Berufung gemäß § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen aus, aufgrund der Aktenlage sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer am 7. Mai 1990 eine österreichische Staatsbürgerin geehelicht habe. Mit einem näher bezeichneten Urteil des Bezirksgerichtes Hernals vom 14. September 1993 sei die Ehe für nichtig erklärt worden. Das Urteil sei mittlerweile in Rechtskraft erwachsen.

Der Oberste Gerichtshof gehe in seinem Erkenntnis 8 Ob 577/93 davon aus, dass auch die ausschließliche oder überwiegende Absicht, durch die Eheschließung nur die unbeschränkte Aufenthaltsmöglichkeit und/oder den ungehinderten Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt zu erlangen, also auch ohne nach Erfüllung der Voraussetzungen die österreichische Staatsbürgerschaft anzustreben, für die Nichtigerklärung der Ehe ausreiche.

Die Annahme, dass der Aufenthalt eines derartigen Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde, bestätige der Verwaltungsgerichtshof nach ständiger Rechtsprechung in seinem Erkenntnis vom 17. Juni 1994, Zl. 93/18/0266, wie folgt:

Die rechtsmissbräuchliche Eingehung einer Ehe durch einen Fremden zwecks Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen stelle ein Verhalten dar, welches dazu führe, dass die öffentliche Ordnung durch den weiteren Aufenthalt des Fremden in Österreich gefährdet wäre.

Aufgrund des angeführten Sachverhaltes und der eindeutigen Rechtsprechung sei der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abzulehnen und der Beschwerdeführer somit vom weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet auszuschließen gewesen.

§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG finde durch § 5 Abs. 1 AufG direkte Anwendung.

Zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers sei zu sagen, dass nur die dargestellten familiären Beziehungen zu Österreich bestünden. Auch in seiner Berufung habe der Beschwerdeführer keine Gründe vorbringen können, die eine Entscheidung zu seinen Gunsten herbeigeführt hätten. Bei Abwägung der öffentlichen Interessen und der privaten Interessen im Rahmen des Art. 8 MRK sei aufgrund des angeführten Sachverhaltes den öffentlichen Interessen Priorität einzuräumen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 5 Abs. 1 AufG lautete (auszugsweise):

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, ..."

§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992 lautete:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"

Der Beschwerdeführer hat zwar vor Ablauf des ihm zuletzt bis 25. März 1995 erteilten Sichtvermerkes einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften eingebracht. Allerdings wurde dieser Antrag vom 2. Dezember 1994 mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. Februar 1996 abgewiesen. Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist der nach rechtskräftiger Abweisung dieses Antrages gestellte neuerliche Antrag des Beschwerdeführers vom 25. Oktober 1996. Die belangte Behörde wertete den vorliegenden Antrag zu Recht nicht als Verlängerungsantrag. Der angefochtenen Bescheid ist demnach auch nicht gemäß § 113 Abs. 6 oder 7 des Fremdengesetzes 1997 außer Kraft getreten.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass mit dem von der belangten Behörde erwähnten Urteil des Bezirksgerichtes Hernals die von ihm mit einer österreichischen Staatsbürgerin eingegangene Ehe aus den von der Behörde wiedergegebenen Gründen für nichtig erklärt wurde.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Eheschließung ausschließlich oder überwiegend zur Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen ein Rechtsmissbrauch und damit ein Verhalten, das - entgegen dem Beschwerdevorbringen - auch ohne zusätzliche Anhaltspunkte den Schluss rechtfertigt, dass der (weitere) Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung gefährden würde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Mai 1998, Zl. 95/19/1242).

Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (Bescheidzustellung am 10. März 1997) lag der Eheabschluss etwas weniger als sieben Jahre zurück. Der Verwaltungsgerichtshof erachtete die auf § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gestützte Gefährdungsprognose in seiner Rechtsprechung auch in einem Fall für gerechtfertigt, indem der Eheabschluss länger als sieben Jahre zurückreichte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. November 1996, Zl. 96/19/3068). Schon von dem seit Eingehung der Ehe verstrichenen Zeitraum her liegt vorliegendenfalls auch noch kein dem hg. Erkenntnis vom 4. Dezember 1997, Zl. 97/18/0097, vergleichbarer Sachverhalt vor.

Die Beschwerde bringt vor, die im Spruch des angefochtenen Bescheides "extensive Interpretation" des Versagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG widerspreche dem Art. 8 MRK, weil dem Beschwerdeführer als Sichtvermerkswerber ein "verfassungsrechtlich garantiertes Aufenthaltsrecht" zukomme. Da § 5 Abs. 1 AufG der Behörde bei der Entscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung Ermessen einräume, seien entsprechende Entscheidungsgrundlagen anzuführen, die nachprüfen lassen, ob das Ermessen gesetzmäßig ausgeübt worden sei.

Dem ist zu entgegnen, dass die in § 5 AufG bezeichneten Ausschließungsgründe für den Aufenthalt in Österreich zwingend sind. Entgegen der von der Beschwerde vertretenen Ansicht räumt § 5 Abs. 1 AufG der Behörde kein Ermessen ein. Zutreffend ist, dass die Behörde bei Anwendung des Versagungsgrundes des § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG im Regelfall auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen hat, und zwar derart, dass sie zu prüfen hat, ob ein Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit derart gefährden würde, dass die im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben rechtfertigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. März 1998, Zl. 97/19/0874).

Der Beschwerdeführer verweist dazu auf seinen zehnjährigen Aufenthalt in Österreich, der "naturgemäß einen großen Grad der Integration" mit sich bringe. Dazu ist zu bemerken, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Eingehen einer Ehe zum Schein zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen einen Rechtsmissbrauch darstellt, welcher als Gefährdung der Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK zu qualifizieren ist, sodass diesfalls ein durch Versagung der Aufenthaltsbewilligung allenfalls bewirkter Eingriff in die durch Art. 8 MRK geschützten Rechte des Fremden gerechtfertigt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1998, Zl. 97/19/1402).

Nach dem Vorgesagten geht auch die Verfahrensrüge, es sei keine Einvernahme des Beschwerdeführers zu den Beweisergebnissen erfolgt, und er sei nicht nach seinem Grad der Integration befragt worden, ins Leere.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 3. September 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997190836.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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