TE Vwgh Beschluss 1999/9/8 98/01/0628

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Veröffentlicht am 08.09.1999
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §10 Abs2;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde der am 7. November 1979 geborenen VM in F, vertreten durch Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory & Schellhorn OEG, 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 23. Oktober 1998, Zl. 205.641/0-VIII/22/98, betreffend Erstreckung von Asyl gemäß §§ 10 und 11 AsylG 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 22. Oktober 1998 wurde der Asylantrag der Mutter der Beschwerdeführerin gemäß § 4 Abs. 1 des Asylgesetzes 1967, BGBl. I Nr. 76 (AsylG), zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde am 5. November 1998 zur Post gegeben. Auf Grund der Mitteilung gemäß § 57 Abs. 7 FrG der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung, welche am 31. Mai 1999 beim Bundesasylamt eingelangt ist, trat dieser Bescheid am selben Tag außer Kraft. Mit hg. Beschluss vom 6. Juli 1999, Zl. 98/01/0539-8, wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde für gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Die Beschwerdeführerin beantragte am 24. September 1998 gemäß § 10 Abs. 1 AsylG die Erstreckung des einem Angehörigen auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährten Asyls. Das Bundesasylamt wies den Antrag mit Bescheid vom 29. September 1998 ab. Der unabhängige Bundesasylsenat wies die gegen diesen Bescheid gerichtete Berufung mit dem angefochtenen Bescheid vom 23. Oktober 1998 gemäß §§ 10, 11 und 32 Abs. 1 AsylG ab. Er begründete den nunmehr angefochtenen Bescheid im Wesentlichen damit, dass gemäß § 32 Abs. 1 letzter Satz AsylG durch die von der Mutter der Beschwerdeführerin in ihrem Verfahren erhobene Berufung der Bescheid des Bundesasylamtes vom 29. September 1998, mit dem der Asylerstreckungsantrag der Beschwerdeführerin abgewiesen worden ist, als angefochten gilt. Die Voraussetzungen für die Erstreckung von Asyl seien nicht erfüllt. Der Asylantrag der Mutter der Beschwerdeführerin sei mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 22. Oktober 1998 im Instanzenzug zurückgewiesen worden. Die gemäß § 10 Abs. 1 AsylG für die Erstreckung von Asyl geforderte Voraussetzung, dass einem der im § 10 Abs. 2 AsylG genannten Angehörigen der Asylwerber Asyl gewährt worden sei, liege nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

§ 10 des Asylgesetzes 1997 (AsylG) lautet:

"Asylerstreckungsantrag

§ 10. (1) Fremde begehren mit einem Asylerstreckungsantrag die Erstreckung des einem Angehörigen auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährten Asyl.

(2) Asylerstreckungsanträge können frühestens zur selben Zeit wie der der Sache nach damit verbundene Asylantrag eingebracht werden. Sie sind nur für Eltern eines Minderjährigen oder für Ehegatten und minderjährige unverheiratete Kinder zulässig; für Ehegatten überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den Asylantrag eingebracht hat."

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid eine Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG hat die Beschwerde die bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte), zu enthalten. Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, denen unter anderem der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG). Die Beschwerdeberechtigung (Beschwerdelegitimation) ist somit Voraussetzung für eine Sachentscheidung nach § 42 Abs. 1 VwGG.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ausschlaggebend, ob der Beschwerdeführer nach der Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid - ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - überhaupt in einem subjektiven Recht verletzt sein kann. Fehlt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre eines Beschwerdeführers, so ermangelt ihm die Beschwerdeberechtigung. Die Rechtsverletzungsmöglichkeit wird immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied macht, ob die Beschwerde einer Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird. Die Rechtsverletzungsmöglichkeit muss aber nicht nur im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides, sondern auch (noch) im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung gegeben sein (vgl. die hg. Beschlüsse vom 19. Dezember 1990, Zl. 90/03/0247, sowie vom 14. März 1995, Zl. 94/20/0709).

Die Beschwerdeführerin ist unbestritten am 7. November 1979 geboren. Wie in der Beschwerde, die am 3. Dezember 1998 zur Post gegeben wurde, eingeräumt wird, ist die Beschwerdeführerin vor Beschwerdeerhebung volljährig geworden. Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob für die Beurteilung der Frage, ob die für Asylerstreckungsanträge gemäß § 10 Abs. 2 AsylG formulierte Zulässigkeitsvoraussetzung der Minderjährigkeit nach dem Personalstatut des Erstreckungswerbers oder nach der österreichischen Rechtslage zu beurteilen ist, weil die Beschwerdeführerin, eine Angehörige der Bundesrepublik Jugoslawien, im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung jedenfalls nicht mehr minderjährig gewesen ist.

Das Rechtsschutzbedürfnis besteht bei einer Bescheidbeschwerde im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an der Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist aber unter anderem zu verneinen, wenn die Erreichung des Verfahrenszieles - im vorliegenden Fall die Aufhebung des angefochtenen Bescheides - für den Beschwerdeführer ohne objektiven Nutzen ist, wenn die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen sohin nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen (vgl. dazu die hg. Beschlüsse vom 9. April 1984, Slg. Nr. 11.393/A, und den bereits erwähnten hg. Beschluss vom 19. Dezember 1990).

Ein Asylerstreckungsantrag ist gemäß § 10 Abs. 2 AsylG nur für Eltern eines Minderjährigen oder für Ehegatten und minderjährige unverheiratete Kinder zulässig. Die Beschwerdeführerin kann sich demnach nur im Recht auf Asylerstreckung, das ihre Minderjährigkeit voraussetzt, verletzt erachten. Die Zulässigkeitsvoraussetzung der Minderjährigkeit war aber in dem für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Bescheidbeschwerde maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung beim Verwaltungsgerichtshof bereits nicht mehr gegeben. Die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin würde sich durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht ändern, weil es der belangten Behörde selbst im Falle der Aufhebung des angefochtenen Bescheides verwehrt wäre, eine Asylerstreckung an ein volljähriges Kind vorzunehmen. Aus dem Fortbestehen des angefochtenen Bescheides erwachsen der Beschwerdeführerin aber auch keinerlei rechtliche Nachteile, weil ein abgewiesener Asylerstreckungsantrag vor dem Hintergrund der österreichischen Rechtsordnung keinerlei Rechtsnachteile - auch nicht im Wege von Tatbestandsanknüpfungen - mit sich bringt. Die Rechtskraft des angefochtenen Bescheides stünde auch einem künftigen Asylerstreckungsantrag aus anderen Gründen (z.B. aus dem Grunde der Ehegatteneigenschaft der Beschwerdeführerin) nicht entgegen. Es mangelt im vorliegenden Fall somit an einer Rechtsverletzungsmöglichkeit der Beschwerdeführerin im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG und damit am Rechtsschutzbedürfnis.

Die vorliegende Beschwerde war daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Wien, am 8. September 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998010628.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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