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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AsylG 2005 §3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Sutter als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des M S, vertreten durch MMag. Dr. Franz Stefan Pechmann, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 70/2/1.1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. September 2018, Zl. L507 2150259-1/13E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger des Irak, aus Samarra in der Provinz Salah ad-Din, stellte am 14. Juni 2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er im Wesentlichen damit, dass er vom IS bedroht worden sei, da er sich diesem nicht angeschlossen habe. Außerdem habe er aufgrund seiner sunnitischen Herkunft Probleme mit schiitischen Milizen gehabt, welche ihn vor seiner Ausreise festgenommen und fast einen Tag in Gewahrsam gehalten hätten.
2 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 27. Februar 2017 wurde der Antrag des Revisionswerbers gemäß §§ 3, 8 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) abgewiesen, kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt, gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass dessen Abschiebung in den Irak zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise setzte die Behörde mit vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
4 Das BVwG verneinte das Vorliegen einer asylrelevanten Verfolgung im Wesentlichen aufgrund mangelnder Verfolgungsintensität der geschilderten Ereignisse, nicht gegen den Revisionswerber persönlich gerichteter Bedrohungen sowie dem Umstand, dass die Ereignisse für eine Asylrelevanz zu lange zurücklägen. Zur Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten führte das BVwG aus, dass es sich beim Revisionswerber um einen arbeitsfähigen, jungen Mann handle, bei welchem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden könne. Er verfüge über ein abgeschlossenes Bachelorstudium der Islamwissenschaften und habe Berufserfahrung in der Baubranche, weshalb davon ausgegangen werde, dass der Revisionswerber im Herkunftsstaat grundsätzlich in der Lage sein werde, ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Aus den Feststellungen zur Lage im Irak könne nicht abgeleitet werden, dass der Revisionswerber im Falle einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer individuellen Gefährdung durch Anschlagskriminalität oder bürgerkriegsähnliche Zustände ausgesetzt wäre. Nach Durchführung einer (näher begründeten) Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ging das BVwG davon aus, dass die öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthaltes des Revisionswerbers dessen persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegen würden.
5 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Begründung ihrer Zulässigkeit geltend macht, das BVwG habe aufgrund eines mangelhaft durchgeführten Verfahrens verkannt, dass dem Revisionswerber bei einer allfälligen Rückkehr in den Irak eine individuelle Verfolgung drohen würde. Zudem habe das BVwG durch das Ignorieren der vorliegenden Beweismittel und der mangelnden Auseinandersetzung mit deren Bedeutung für das Verfahren verkannt, dass der Revisionswerber im Falle einer Rückkehr in eine ausweglose Lage geraten würde, da er keinerlei Kontakt zu seiner Familie habe. Gleiches gelte für die Annahme der mangelnden Integrationsbemühungen des Revisionswerbers.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.
8 Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
9 Soweit der Revisionswerber geltend macht, das BVwG habe ein mangelhaftes Verfahren geführt, werden weder die behaupteten Verfahrensmängel konkretisiert, noch deren Relevanz aufgezeigt (vgl. VwGH 23.2.2016, Ra 2016/01/0012, mwN).
10 Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz grundsätzlich nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung berufen. Diese ist nur dahingehend der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofs unterworfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Die Richtigkeit der Beweiswürdigung ist vor dem Verwaltungsgerichtshof daher nicht zu überprüfen (vgl. VwGH 2.8.2016, Ra 2016/20/0054-0055, mwN).
11 Vor diesem Hintergrund zeigt der Revisionswerber mit den allgemein gehaltenen Ausführungen im Zulässigkeitsvorbringen nicht auf, dass die Beweiswürdigung des BVwG im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung als unvertretbar zu qualifizieren wäre.
12 Wenn der Revisionswerber (im Gegensatz zu seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG) in der Revision erstmals behauptet, keinerlei Kontakt zu seiner Familie zu haben, stand der Berücksichtigung dieses Vorbringens im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof das aus § 41 Abs. 1 VwGG abzuleitende Neuerungsverbot entgegen (vgl. etwa VwGH 17.3.2016, Ra 2016/22/0017-0019).
13 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wird, nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. VwGH 29.4.2015, Ra 2014/20/0093, mwN). Eine derartige unvertretbare Interessenabwägung kann die Revision vorliegend nicht dartun.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 7. Dezember 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018180510.L00Im RIS seit
15.01.2019Zuletzt aktualisiert am
04.02.2019