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L24009 Gemeindebedienstete Wien;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des M V in W, vertreten durch Mag. Andrea Zapotoczky, Rechtsanwältin in 1080 Wien, Lerchenfelderstraße 88 - 90/11, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 4. Juni 2018, Zl. VGW-171/053/9863/2016-7, betreffend Kündigung gemäß § 72 Abs. 1 Wr. DO 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber stand seit 1. März 2011 bis zu der hier gegenständlichen Kündigung als Oberfeuerwehrmann in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien.
2 Mit Bescheid vom 22. Juni 2016 sprach die Dienstbehörde aus, das Dienstverhältnis des Revisionswerbers zur Stadt Wien werde gemäß § 72 Abs. 1 Wiener Dienstordnung 1994 (Wr. DO 1994), LGBl. Nr. 56, mit Ablauf von zwei Monaten ab Zustellung des Bescheides gekündigt.
3 Begründend verwies die Behörde darauf, dass das Tätigkeitsprofil des Oberfeuerwehrmannes u.a. Arbeiten unter außergewöhnlicher psychischer Belastung sowie überwiegendes Arbeiten mit schwerer körperlicher Belastung und schweren Hebe- und Tragleistungen erfordere. Der Revisionswerber habe sich im Jahr 2015 312 Tage und im Jahr 2016 (bis zur Erlassung des dienstbehördlichen Bescheides) 101 Tage im Krankenstand befunden. Er sei vor diesem Hintergrund aus gesundheitlichen Gründen nicht für die angestrebte Verwendung geeignet. Dies sei auch aufgrund mehrerer amtsärztlicher Gutachten erwiesen. Es sei zu keinem Mobbing und zu keiner Diskriminierung des Revisionswerbers an seinem Arbeitsplatz gekommen. Entscheidend sei, ob während des provisorischen Dienstverhältnisses körperliche oder geistige Mängel aufgetreten seien, die den Revisionswerber für das definitive Dienstverhältnis ungeeignet erscheinen ließen. Nicht maßgeblich sei demnach der Umstand, dass der Revisionswerber in einem amtsärztlichen Gutachten vom 1. März 2016 als zu diesem Zeitpunkt auch unter außergewöhnlichen psychischen Belastungen einsatzfähig bezeichnet worden sei.
4 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde. 5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
6 Das Verwaltungsgericht stellte u.a. fest, der Revisionswerber sei nach seinem neuerlichen Dienstantritt am 6. April 2016, der über Aufforderung der Dienstbehörde erfolgt sei, im Innendienst verwendet worden. Insgesamt habe er im Jahr 2016 186 Krankenstandstage und im Jahr 2017 239 Krankenstandstage aufgewiesen. Es habe sich dabei nicht um ununterbrochene Krankenstände gehandelt, sondern habe der Revisionswerber dazwischen immer wieder Dienst verrichtet. Im Jahr 2018 habe er sich bis zu der am 15. Mai 2018 vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung insgesamt 94 Tage im Krankenstand befunden.
7 Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung hielt das Gericht - soweit hier entscheidungswesentlich - fest, dass unabhängig von der Frage, ob eine Prognosebeurteilung hinsichtlich in Zukunft zu erwartender Krankenstände erforderlich sei, fallbezogen eine negative Prognose zu erstellen sei, weil auch nach der Zuteilung des Revisionswerbers in die Personalabteilung weder die Häufigkeit noch die Gesamtdauer der dort angefallenen Krankenstände eine "Trendumkehr" im Vergleich zu davor im Branddienst angefallenen Krankenständen erkennen lasse. Aus näher dargestellten Gründen sei aufgrund der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung und des vom Revisionswerber konkret erstatteten Vorbringens (u.a. anlässlich diverser amtsärztlicher Untersuchungen) nicht davon auszugehen, dass am Arbeitsplatz des Revisionswerbers eine Mobbingsituation bestanden habe. Eine Branddiensttauglichkeit des Revisionswerbers liege nicht vor. Sein diesbezügliches Vorbringen sei in sich insofern widersprüchlich, als er selbst ins Treffen führe, die weiterhin im Innendienst anfallenden Krankenstände seien ausschließlich darauf zurückzuführen, dass von der Dienstbehörde unzutreffender Weise auch für den Innendienst Branddiensttauglichkeit verlangt werde.
8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verbunden mit dem Antrag geltend gemacht werden, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache entscheiden, hilfsweise das angefochtene Erkenntnis aufheben.
9 Zur Begründung ihrer Zulässigkeit macht die Revision zusammengefasst geltend, das Verwaltungsgericht habe unzulässiger Weise davon Abstand genommen, ein (vom Revisionswerber beantragtes) amtsärztliches Gutachten zu der Frage einzuholen, ob die Krankenstände auf Mobbinghandlungen der Arbeitskollegen zurückzuführen seien bzw. ob diskriminierende Verhaltensweisen derselben für die aufgetretenen Krankenstände mitverantwortlich seien. Das Gericht hätte die näheren Umstände der Mobbinghandlungen erheben müssen.
Weiters habe das Verwaltungsgericht Wien keine Feststellungen zu dem amtsärztlichen Gutachten vom 1. März 2016 getroffen, aus dem sich ergebe, dass der Revisionswerber für Tätigkeiten mit außergewöhnlichen Belastungen einsetzbar sei und er sämtliche Voraussetzungen für die Besetzung des Dienstpostens erfülle. Im Übrigen habe das Verwaltungsgericht dem oben genannten Gutachten, in dem eine Heilung des Revisionswerbers attestiert werde, insofern nicht ausreichend Rechnung getragen, als auf der Grundlage dieses Gutachtens eine positive Prognose betreffend die uneingeschränkte gesundheitliche Eignung des Revisionswerbers zu erstellen gewesen sei. Es fehle in diesem Zusammenhang Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Widerlegbarkeit einer negativen Prognose bei nachträglich eingetretener Genesung.
Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Die Revision verweist zunächst auf ein ausdrücklich beantragtes ärztliches Gutachten, welches nach Ansicht des Revisionswerbers zur Frage hätte eingeholt werden müssen, ob Mobbinghandlungen bzw. diskriminierende Verhaltensweisen mitverantwortlich für die in Rede stehenden Krankenstände gewesen seien. Sie macht damit einen Verfahrensmangel geltend. Dabei trifft es zwar zu, dass Beweisanträgen grundsätzlich zu entsprechen ist, wenn die Aufnahme des darin begehrten Beweises im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig erscheint; dementsprechend dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich ungeeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen. Ob eine Beweisaufnahme in diesem Sinn notwendig ist, unterliegt aber der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge daher nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (siehe VwGH 23.6.2017, Ra 2016/08/0141).
14 Eine derart krasse Fehlbeurteilung ist im vorliegenden Fall nicht zu erkennen, zumal das Verwaltungsgericht in einer jedenfalls nicht unvertretbaren Beweiswürdigung - der die Revision zudem nicht substantiiert entgegen tritt - zu dem Ergebnis kam, dass keine Mobbinghandlungen vorlagen (zum Begriff des Mobbings siehe VwGH 24.5.2017, Ra 2016/09/0115). Dabei verwies das Verwaltungsgericht u.a. darauf, dass es der Revisionswerber verabsäumt habe, ein bezogen auf konkrete Vorfälle oder Verhaltensweisen substantiiertes Vorbringen zu erstatten, welches Rückschlüsse darauf zulasse, dass es tatsächlich zu Mobbinghandlungen gekommen sei. Indes zeigt die Revision nicht auf, inwiefern in diese Beurteilung des Gerichts medizinische Fachkenntnisse hätten miteinfließen müssen bzw. diese (dem Gericht obliegende) Würdigung der Verfahrensergebnisse auf einer grob unzureichend ermittelten Sachverhaltsgrundlage beruhe, sodass fallbezogen tragende Grundsätze des Verfahrensrechts berührt wären.
15 Darüber hinaus hatte der Revisionswerber nicht die Einholung eines Gutachtens zur Frage einer allfälligen Mitverursachung der Krankenstände durch Mobbinghandlungen beantragt, sondern sollte entsprechend dem von seiner Rechtsvertretung in der mündlichen Verhandlung formulierten Beweisantrag die Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens "zur Frage der aktuellen Dienstfähigkeit" des Revisionswerbers erfolgen; auf letztere ist aber im Rahmen der Beurteilung der vorliegenden Kündigung nicht abzustellen (siehe VwGH 18.12.2003, 2002/12/0263). Entscheidend ist vielmehr, ob während des provisorischen Dienstverhältnisses (körperliche oder geistige) Mängel aufgetreten sind, die den Betreffenden für das definitive Dienstverhältnis als nicht geeignet erscheinen lassen (vgl. VwGH 30.5.2001, 2001/12/0067). Bei der Ermessensentscheidung darüber, ob ein Beamter, der sich während des Beobachtungszeitraumes in gesundheitlicher Hinsicht nicht bewährt hat, zu kündigen ist, muss auch erwogen werden, ob ungeachtet der bisher fehlenden Bewährung ausnahmsweise dennoch davon auszugehen ist, dass der Beamte auf Grund besonderer Umstände in weiterer Folge die volle gesundheitliche Eignung für das definitive Dienstverhältnis erlangen werde. Dies könnte etwa dann der Fall sein, wenn mittlerweile eine Heilung eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht.
Wenngleich diese Prognoseentscheidung schon von der erstinstanzlichen Behörde im Zeitpunkt der Erlassung ihres Kündigungsbescheides auf Grund der in diesem Zeitpunkt vorliegenden Verhältnisse zu treffen ist, hat die Berufungsbehörde bei Prüfung, ob die Prognose auf Grund der damaligen Verhältnisse richtig getroffen wurde, die zwischen Erlassung des erstinstanzlichen Kündigungsbescheides und Erlassung des Berufungsbescheides tatsächlich erfolgte Entwicklung der Verhältnisse mit einzubeziehen (vgl. VwGH 20.2.2002, 2001/12/0160). Nichts anderes gilt für das Verwaltungsgericht. Diesem ist folglich nicht entgegen zu treten, wenn es die (auch im Jahr 2018 angefallenen) Krankenstände im Rahmen der Erstellung einer negativen Prognose berücksichtigte.
16 Auch die weiteren Ausführungen zu dem in Rede stehenden Beweisantrag, in welchen entsprechend der vorliegenden Verhandlungsniederschrift auf eine "bereits ausgeführte Mitverantwortung des Arbeitgebers" verwiesen wird, lassen (selbst unter Berücksichtigung des im behördlichen und verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten Vorbringens des Revisionswerbers) nicht erkennen, um welche "Mobbinghandlungen" oder allenfalls "diskriminierenden Verhaltensweisen" es sich konkret handeln sollte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass dem Revisionswerber Tätigkeiten des Innendienstes erst beginnend mit 6. April 2016 zugewiesen wurden, das Ausmaß der bis zu diesem Datum angefallenen Krankenstände nicht bestritten wird und der Revisionswerber für die darauffolgenden Zeiträume mit dem an die Behörde gerichteten Vorwurf, aus Anlass der Beurteilung der Dienstfähigkeit Branddiensttauglichkeit verlangt zu haben, selbst zum Ausdruck bringt, er habe Tätigkeiten des Branddienstes in den betreffenden Zeiträumen nicht verrichten können.
17 Schließlich legte das Verwaltungsgericht in unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zu beanstandender Weise dar, weshalb im Hinblick auf die zwischen Erlassung des dienstbehördlichen Bescheides und der Entscheidung des Verwaltungsgerichts aufgetretenen zahlreichen weiteren Krankenstände ein positive Prognose nicht zu erstellen sei. Die Revision lässt auch nicht erkennen, weshalb sich trotz der nach März 2016 aufgetretenen gehäuften Krankenstände aus dem amtsärztlichen Gutachten vom 1. März 2016 eine der Kündigung des Revisionswerbers entgegenstehende Prognose ergeben sollte.
18 Aus den dargelegten Gründen erweist sich die Revision mangels Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG als nicht zur Behandlung geeignet, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht-öffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.
Wien, am 10. Dezember 2018
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltErmessen VwRallg8European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018120058.L00Im RIS seit
18.01.2019Zuletzt aktualisiert am
01.02.2019