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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, die Hofrätin Mag.a Merl und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, in der Revisionssache des N Z, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 10, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 24. Mai 2018, VGW-151/069/3454/2018-2, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht (VwG) die Beschwerde des Revisionswerbers, eines georgischen Staatsangehörigen, gegen die Abweisung seines Antrages auf Verlängerung des Aufenthaltstitels "Studierender" mangels Nachweis eines ausreichenden Studienerfolges ab und erklärte eine ordentliche Revision für unzulässig.
Begründend führte das VwG im Wesentlichen aus, eine Bedachtnahme auf Art. 8 EMRK sei angesichts des Fehlens der besonderen Erteilungsvoraussetzung - der Revisionswerber habe keinen ausreichenden Studienerfolg nachgewiesen - entbehrlich. Das nicht näher substanziierte Vorbringen des Revisionswerbers, es sei nicht leicht, berufstätig zu sein und parallel zu studieren, beurteilte das VwG im Sinn des § 64 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG idF vor dem FRÄG 2018) dahin gehend, dass damit kein der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogenes, unabwendbares oder unvorhersehbares Ereignis im Sinn dieser Bestimmung dargelegt worden sei.
5 In ihrer Zulässigkeitsbegründung rügt die Revision, das VwG habe den Sachverhalt nicht unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK beurteilt und keine Ermittlungen in Hinblick auf § 64 Abs. 3 NAG durchgeführt. "Soweit überhaupt eine Rechtsprechung zu dieser Rechtsfrage vorliegt, weicht das nunmehr angefochtene Erkenntnis .... von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insofern ab, als ein etwaiger Studienerfolg angesichts der familiären Aufgaben, welche von der belangten Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht festzustellen gewesen wären, nicht die Abweisung eines Antrages gemäß § 64 Abs. 3 NAG idgF rechtfertigt."
Schon aufgrund des Vorbringens in der Beschwerde wäre das VwG verpflichtet gewesen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
6 Die Revision setzt offenbar eine Beurteilung gemäß Art. 8 EMRK mit einer solchen gemäß § 64 Abs. 3 NAG gleich. Dies ist jedoch unzutreffend. Gemäß § 64 Abs. 3 NAG ist lediglich zu prüfen, ob ein der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogenes, unabwendbares oder unvorhersehbares Ereignis vorliegt, das ihn an der Erbringung eines ausreichenden Studienerfolges hinderte, während eine auf Art. 8 EMRK gestützte Prüfung einen wesentlich weiteren Bereich umfasst (vgl. die in § 11 Abs. 3 NAG angeführten Kriterien). Das VwG führte zutreffend aus, dass im Fall des Fehlens einer besonderen Erteilungsvoraussetzung - wie vorliegend eines ausreichenden Studienerfolges - eine Interessenabwägung iSd Art. 8 EMRK nicht vorzunehmen ist (vgl. VwGH 9.8.2018, Ra 2018/22/0025, mwN).
7 Wenn die Revision nur allgemein auf "familiäre Aufgaben" verweist, stellen diese grundsätzlich - ohne detaillierte Darstellung einer allenfalls vorliegenden außergewöhnlichen Belastung - kein der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogenes, unabwendbares oder unvorhersehbares Ereignis dar. Darüber hinaus wurden "familiäre Aufgaben" in der Beschwerde gar nicht vorgebracht; es wurde lediglich ausgeführt, es sei nicht leicht, berufstätig zu sein und parallel zu studieren, der Revisionswerber benötige jedoch die Einkünfte aus seiner Berufstätigkeit für sich und seine Familie. Mit diesem - von vornherein nicht im Anwendungsbereich des § 64 Abs. 3 NAG stehenden - Vorbringen wurde weder der von der Behörde festgestellte Sachverhalt substanziiert bestritten, noch erstattete der Revisionswerber ein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen. Das VwG legte seiner Entscheidung auch keine ergänzenden Ermittlungsergebnisse zugrunde. Angesichts dessen steht das Unterlassen einer Verhandlung durch das VwG im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zur Verhandlungspflicht (vgl. in dem Sinn etwa VwGH 9.8.2018, Ra 2018/22/0160, mwN). Der Revisionswerber legt auch nicht näher dar, dass bzw. inwiefern das VwG den durch § 24 Abs. 4 VwGVG eingeräumten Ermessensspielraum überschritten habe.
8 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.
Wien, am 13. Dezember 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018220158.L00Im RIS seit
01.08.2019Zuletzt aktualisiert am
02.08.2019