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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §46;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und den Hofrat Dr. Thoma sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des Gemeindevorstands der Marktgemeinde Finkenstein am Faaker See, vertreten durch Arneitz & Dohr Rechtsanwälte in 9500 Villach, Peraustraße 2/5, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 23. August 2018, Zl. KLVwG-2040/2/2018, betreffend die Abweisung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 VwGG (mitbeteiligte Partei: R reg.Gen.m.b.H. in V, vertreten durch Mag. Dr. Klaus Jürgen Karner, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Widmanngasse 44), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die revisionswerbende Partei ist der Gemeindevorstand der Marktgemeinde F.
2 Mit Bescheid vom 13. Oktober 2016 stellte der Bürgermeister der Marktgemeinde F die Abgabenschuld (Kanalanschlussbeitrag) der R reg.Gen.m.b.H als Eigentümerin einer näher genannten Liegenschaft mit 2.544 EUR fest.
3 Die dagegen erhobene Berufung wies der Gemeindevorstand der Marktgemeinde F mit Bescheid vom 14. März 2017 als unbegründet ab.
4 Aufgrund der dagegen erhobenen Beschwerde der R reg. Gen.m.b.H. änderte das Landesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 22. Mai 2018 den Bescheid vom 14. März 2017 dahingehend ab, dass der Berufung Folge gegeben und der Bescheid vom 13. Oktober 2016 ersatzlos behoben wurde. Weiters erklärte das Landesverwaltungsgericht eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig.
5 Mit Schriftsatz vom 27. Juni 2018 erhob die Marktgemeinde F, vertreten durch den Bürgermeister P, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts vom 22. Mai 2018 Revision.
6 Mit Schriftsatz vom 7. August 2018 beantragte der Gemeindevorstand der Marktgemeinde F die Berichtigung der Parteibezeichnung der erhobenen Revision vom 27. Juni 2018 von "Marktgemeinde (F)" auf "Gemeindevorstand der Marktgemeinde (F)". Gleichzeitig beantragte der Gemeindevorstand, für den Fall, dass keine Berichtigungsmöglichkeit vorläge, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 VwGG und holte die versäumte Verfahrenshandlung (Einbringung der Revision) nach.
7 Der Wiedereinsetzungsantrag wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Unterfertigung der Revision - aufgrund der krankheitsbedingten Abwesenheit der den Schriftsatz vorbereitenden Rechtsanwältin - von deren Kanzleipartner ohne inhaltliche Prüfung erfolgt sei. Dieser habe darauf vertraut, dass der Revisionsschriftsatz bereits abschließend kontrolliert worden sei. Die Einbringung der Revision im Namen der Marktgemeinde F statt im Namen des Gemeindevorstands der Marktgemeinde F sei daher aufgrund eines Versehens minderen Grades erfolgt.
8 Mit Beschluss vom 21. August 2018 wies das Landesverwaltungsgericht die Revision der Marktgemeinde F mangels deren Revisionslegitimation als unzulässig zurück. Eine Berichtigung der Parteibezeichnung würde zu einem unzulässigen Austausch der Parteien führen.
9 Mit Beschluss vom 23. August 2018 wies das Landesverwaltungsgericht den Antrag des Gemeindevorstands der Marktgemeinde F auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei. Die Revision des Gemeindevorstands der Marktgemeinde F wies das Landesverwaltungsgericht als verspätet zurück.
10 Zur Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags führte das Landesverwaltungsgericht aus, es wäre im Verantwortungsbereich des den Revisionsschriftsatz unterfertigenden Rechtsvertreters gelegen gewesen, sich zu vergewissern, ob im gegenständlichen Schriftsatz auch tatsächlich die revisionslegitimierte Partei als Revisionswerberin aufscheine. Diese Unterlassung der Vergewisserung stelle jedenfalls keinen minderen Grad des Versehens im Sinne des § 46 VwGG dar, weshalb der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abzuweisen gewesen sei.
11 Die gegen die Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhobene Revision des Gemeindevorstands der Marktgemeinde F begründet ihre Zulässigkeit zum einen mit dem Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Fall und zum anderen mit dem Abweichen von näher genannter hg. Rechtsprechung, wonach im vorliegenden Fall von einem minderen Grad des Versehen auszugehen sei.
12 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
13 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
14 In der Revision wird zunächst vorgebracht, die mit dem konkreten Fall betraute Rechtsanwältin habe den Revisionsschriftsatz ausgearbeitet und vorbereitet. Aufgrund der krankheitsbedingten Abwesenheit dieser Rechtsanwältin habe der Schriftsatz nicht von ihr selbst, sondern von einem in derselben Rechtsanwaltskanzlei tätigen Rechtsanwalt abgefertigt werden müssen. Dabei habe der Rechtsanwalt diesen Schriftsatz - aufgrund der "Freigabe" der Rechtsanwältin - ohne inhaltliche Prüfung abgefertigt und dabei die unvollständige Bezeichnung der revisionswerbenden Partei "nicht wahrnehmen können". Deshalb stelle sich die durch höchstgerichtliche Judikatur noch nicht beantwortete (Rechts-)Frage, ob dieser vertretende Rechtsanwalt, wie beispielsweise ein Kanzleimitarbeiter oder ein entsprechend qualifizierter Rechtsanwaltsanwärter, als "Quasi-Erfüllungsgehilfe" zu werten sei, sodass es auf das Verschulden des vertretenen Rechtsanwalts ankomme, oder ob der vertretende Rechtsanwalt für sein eigenes Verschulden direkt für den Revisionswerber einzustehen habe.
15 Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt, hat der Verwaltungsgerichtshof doch bereits ausgesprochen, dass das Verschulden eines als Substituten des bevollmächtigen Rechtsanwalts und damit als Vertreter der Partei selbst einschreitenden Rechtsanwalts dem Verschulden der Partei gleichzuhalten ist. Da auch dieser Rechtsanwalt als Vertreter der Partei einschreitet, hat er den von ihm zu unterfertigenden Schriftsatz durch Lektüre auf seine formelle und inhaltliche Richtigkeit bzw. Vollständigkeit zu überprüfen. Wird der Schriftsatz hingegen ohne eigenverantwortliche Prüfung unterfertigt, ist dem unterfertigenden Rechtsanwalt ein Verschulden anzulasten, welches einen minderen Grad des Versehens übersteigt (vgl. VwGH 28.3.2008, 2008/12/0031; VwGH 5.6.1998, 97/19/1386, 1387).
16 Soweit im Zulässigkeitsvorbringen ein Abweichen von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Vorliegen eines minderen Grad des Versehens gerügt wird, genügt der Hinweis, dass dem Wiedereinsetzungsantrag keine Gründe zu entnehmen sind, aus denen es dem vertretenden Rechtsanwalt bei einer Überprüfung des Revisionsschriftsatzes nicht möglich gewesen wäre, sich hinsichtlich der Bezeichnung der Person, in deren Namen Revision erhoben werden soll, zu vergewissern.
17 Da in der Revision keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen werden, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 18. Dezember 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018160191.L00Im RIS seit
18.01.2019Zuletzt aktualisiert am
22.03.2019