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L82007 Bauordnung Tirol;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag.a Merl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, BA, über die Revision des Mag. C M in I, vertreten durch Dr. Herbert Ernst Schöpf, LL.M, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Arkadenhof, Maria-Theresien-Straße 34, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 18. September 2018, LVwG-2017/38/2226-17, betreffend Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtmagistrat der Landeshauptstadt Innsbruck; weitere Partei: Tiroler Landesregierung, Eduard-Wallnöfer-Platz 3, 6020 Innsbruck), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 27. März 2018, Ra 2017/06/0247, verwiesen. Damit wurde der Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (LVwG) vom 3. Oktober 2017, mit dem der Beschwerde des nunmehrigen Revisionswerbers stattgegeben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG an den Stadtmagistrat der Landeshauptstadt Innsbruck (Behörde) zurückverwiesen worden war, wegen Unzulässigkeit der vorgenommenen Zurückverweisung aufgehoben.
5 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis gab das LVwG der Beschwerde insofern statt, als dem Revisionswerber gemäß § 46 Abs. 1 Tiroler Bauordnung 2018 (TBO 2018) aufgetragen wurde, die konsenslos errichtete Spritzbetonwand unter geotechnischer Aufsicht binnen sechs Monaten ab Rechtskraft des Erkenntnisses zu entfernen und durch Schüttungen unter geotechnischer Aufsicht die ursprüngliche Hangsituation wiederherzustellen.
Das LVwG stellte - soweit für das vorliegende Verfahren relevant - fest, der Revisionswerber habe im Jahr 2012 ohne rechtskräftige Baubewilligung eine Hangabtragung vorgenommen, eine Stützmauer errichtet und zur Sicherung des Hanges ca. 100 Bodenanker gesetzt. Eine Entfernung der Bodenanker würde laut Ausführungen im geotechnischen Gutachten des nichtamtlichen Sachverständigen DI L. vom 3. August 2018, das in der Verhandlung erörtert worden sei, den Hang derartig destabilisieren, dass mit Schäden an den darüber liegenden Häusern und der Straße, in der sich die Hauptversorgungsleitungen befänden, zu erwarten sei. Auch das Entfernen der Spritzbetonwand stelle eine Gefährdung in Bezug auf die Bodensetzung dar, diese sei aber als geringer einzustufen als die Entfernung der Bodenanker. Rechtlich folgerte das LVwG daraus, es sei eine Trennbarkeit der Gesamtkonstruktion (Spritzbetonschale einerseits und Bodenanker andererseits) gegeben. Aufgrund der Tatsache, dass durch den Verbleib der Bodenanker zumindest das Setzungsrisiko verringert werde, schreibe das LVwG zur Vermeidung von Gefährdungen Dritter nur das Entfernen der Spritzbetonwand vor. Wie der Abbruch und die Wiederherstellung des Hanges unter bodenmechanischer Begleitung zu erfolgen habe, sei Sache des Vollstreckungsverfahrens (Hinweis auf VwGH 15.12.1994, 94/06/0080).
6 In ihrer Zulässigkeitsbegründung bringt die Revision zunächst vor, es existiere keine hg. Rechtsprechung zur Frage, ob im Fall der offenkundigen und tatsächlich festgestellten Unmöglichkeit der Vollstreckbarkeit des baupolizeilichen Bescheides dennoch die Entfernung der Spritzbetonwand und die Wiederherstellung der ursprünglichen Hangsituation gemäß § 46 Abs. 1 TBO 2018 aufgetragen werden könne. Im geotechnischen Gutachten von DI L. werde festgehalten: "Das Problem dabei ist, dass eine geschüttete Böschung nicht in derselben Steilheit hergestellt werden kann wie jene, welche die ehemalige Böschung aus gewachsenem Boden aufgewiesen hat." Bereits daraus ergebe sich, dass die Wiederherstellung der ursprünglichen Hangsituation per se unmöglich sei.
7 Dem ist entgegen zu halten, dass fallbezogen eine tatsächliche Unmöglichkeit der Vollstreckbarkeit des baupolizeilichen Bescheides nicht festgestellt wurde und auch nicht erkennbar ist. Zur Entfernung der Betonschale führte der Sachverständige DI. L. in seinem Gutachten detailliert aus, wie dabei vorzugehen sei. Zur Herstellung der geschütteten Böschung merkte der Sachverständige zusätzlich zu den in der Revision zitierten Ausführungen an: "Unter Umständen ist eine Bewehrung des Erdkörpers ("Bewehrte Erde") zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes erforderlich." Daraus ergibt sich, dass - allenfalls mit Bewehrung des Erdkörpers - sehr wohl eine Wiederherstellung der ursprünglichen Hangsituation möglich ist. Es kann daher nicht davon gesprochen werden, dass der Auftrag Unmögliches angeordnet hätte.
8 Die Revision bringt weiter vor, der baupolizeiliche Auftrag sei nicht ausreichend bestimmt (Hinweis auf VwGH 13.12.1990, 89/06/0025; 12.3.1992, 91/06/0219), weil nicht festgelegt sei, "wie der ursprüngliche Zustand bzw. die ¿ursprüngliche Hangsituation' auszusehen/ausgesehen (Steigung, Winkel, usw.) hat". Das LVwG habe die Rechtsprechung zur Bestimmtheit (§ 59 AVG) von Leistungsbescheiden unberücksichtigt gelassen.
9 Nach ständiger hg. Rechtsprechung ist ein Exekutionstitel ausreichend bestimmt, wenn ein Fachkundiger weiß, welche Maßnahmen durchzuführen sind (vgl. etwa VwGH 13.11.2012, 2012/05/0124, mwN).
10 Zunächst wird angemerkt, dass aus den beiden zitierten hg. Erkenntnissen 89/06/0025 (Auftrag, "diverse bewilligungspflichtige Fassadenänderungsarbeiten" zu beseitigen) und 91/06/0219 (Aufhebung lediglich wegen nicht nachvollziehbarer Kostenvorauszahlungen, nicht wegen mangelnder Bestimmtheit des Beseitigungsauftrages) für den vorliegenden Fall nichts zu gewinnen ist. Dass fallbezogen unklar sei, welche Spritzbetonmauer zu beseitigen und hinsichtlich welchen Hanges der ursprüngliche Zustand wiederherzustellen sei, bringt die Revision nicht vor. Den Verfahrensakten der Behörde liegen Luftbilder des verfahrensgegenständlichen Grundstückes Nr. X, GB M, aus den Jahren 2009 und 2012 bei, aus denen ersichtlich ist, auf welcher Fläche jene Veränderungen vorgenommen wurden, die nunmehr rückzubauen sind. Die konkrete Steigung der Schüttungen ergibt sich einerseits aus der nordwestlichen und südöstlichen Grenze der Geländeveränderungen und andererseits aus den Anforderungen der Hangstabilität; für Letztere wurde die Beiziehung einer geotechnischen Aufsicht festgelegt. Der gegenständliche Auftrag zur Entfernung der Spritzbetonwand und Herstellung der ursprünglichen Hangsituation ist somit für Fachkundige ausreichend bestimmt.
11 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.
Wien, am 19. Dezember 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018060253.L00Im RIS seit
15.01.2019Zuletzt aktualisiert am
01.02.2019