Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Partei D*****, Deutschland, vertreten durch Graf & Pitkowitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die verpflichtete Partei C***** Limited, *****, Zypern, vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, wegen 9.200.000 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. Juni 2018, GZ 47 R 37/18s-30, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 26. Juli 2017, GZ 63 E 2760/17f-2, berichtigt mit Beschluss vom 2. August 2017, GZ 63 E 2760/17f-5, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen
– ausgenommen die Zurückweisung einer Urkundenvorlage der verpflichteten Partei durch die zweite Instanz – werden aufgehoben und dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Rekurs- und Revisionsrekursverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.
Text
Begründung:
Unstrittig ist: Die Verpflichtete, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach zypriotischem Recht mit Sitz in Limassol, Zypern, setzte am 31. Oktober 2011 eine an den Betreibenden, deutscher Staatsbürger und Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, zu zahlende Dividende für die Jahre 2007 bis 2010 von insgesamt 100.000.000 EUR fest. Am selben Tag schlossen die Streitteile ua den streitgegenständlichen Darlehensvertrag (Beilage ./1), der vorsah, dass der Betreibende der Verpflichteten ein Darlehen von 12.660.000 EUR gewährt, sowie einen Nachtrag dazu, der vorsah, dass der Betreibende mit seinem Anspruch auf Dividendenausschüttung gegen den Anspruch der Verpflichteten auf Auszahlung des Darlehens aufrechnet. Das Darlehen sollte am 31. Dezember 2012 von der Verpflichteten zurückgezahlt werden, welcher Termin einvernehmlich auf 31. Dezember 2013 verlegt wurde. Die Verpflichtete leistete am 16. Dezember 2013 2.660.000 EUR und am 27. Mai 2014 800.000 EUR an Rückzahlungen.
Der erwähnte Darlehensvertrag sieht ua im Punkt 6. „Schiedsgerichtsbarkeit“ vor: „Alle Streitfälle und Differenzen, die sich aus diesem Vertrag oder im Zusammenhang damit ergeben könnten, werden von den Parteien so weit wie irgend möglich auf gütlichem Wege beigelegt. Sollten die Parteien keine Einigung erzielen können, wird ein Fall ohne Rückgriff auf die ordentlichen Gerichte dem Internationalen Schiedsgericht in Stockholm gemäß der Schiedsordnung des besagten Gerichts unterbreitet. Der Schiedsspruch des Schiedsgerichts soll für beide Parteien endgültig und verbindlich sein.“
Zum anderen enthält Punkt 9. „Maßgebliches Recht“ die Regelung:
„Dieser Vertrag unterliegt den Gesetzen von Zypern und ist diesen gemäß auszulegen und die Parteien kommen hiermit überein, dass alle Klagen oder Verfahren, die aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag entstehen, in erster Instanz vor dem zuständigen Gericht in Nicosia, Zypern, zu erheben sind.“
Die P***** GesmbH steht zu 100 % im Eigentum der Verpflichteten.
Die Streitteile führten ein vom Betreibenden als Schiedskläger am 3. Februar 2015 eingeleitetes Schiedsverfahren vor dem Arbitration Institute of the Stockholm Chamber of Commerce (SCC) zur Zahl V 2015/12.
Der Betreibende verlangte (ua) die Zahlung von 9.200.000 EUR sA aus dem Darlehen.
Die Verpflichtete als Schiedsbeklagte bestritt die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung und beantragte (ua) die Verpflichtung des Betreibenden zur Rückzahlung der geleisteten Zahlungen von 3.460.000 EUR; sowohl der Darlehensvertrag und der Nachtrag über die Nichtzahlung seien ungültig und nicht durchsetzbar, dies weil der Schiedskläger nicht der rechtliche Eigentümer der Anteile sei, ex turpi causa oder pactum turpe und wegen Vortäuschung; auch die Festlegung der Dividenden sei ungültig, weil sie mit Wissen des Schiedsklägers durch einen Verstoß gegen treuhänderische Verpflichtung zustande gekommen sei. Weiters erklärte die Verpflichtete für den Fall, dass die Schiedsklage in irgendeinem Maß erfolgreich sein sollte, sämtliche Haftungen gegenüber dem Schiedskläger mit ihren eigenen Ansprüchen an ihn für Schäden und Verluste aus der sog Hard-Sun-Transaktion aus dem Jahr 2009 (betreffend angebliche Zahlungen der Verpflichteten von 15.900.000 EUR ohne Gegenleistungen aufgrund eines von ihr geschlossenen Scheinvertrags mit Hard Sun) zu verrechnen.
Der Betreibende erwiderte, dass die sog Hard-Sun-Verteidigung nicht in den Zuständigkeitsbereich des Schiedsgerichts falle.
Das Schiedsgericht bejahte zunächst mit Entscheidung vom 5. November 2015 seine Zuständigkeit für die Klage (Beilage ./D). Es gelangte mit Rücksicht auf den Sitz des Schiedsgerichts in Stockholm und auf den Umstand, dass die Formulierung des Punktes 6. des Darlehensvertrags keine Rückschlüsse darauf zulasse, ob die Parteien das Schiedsverfahren mit dem rechtlichen und tatsächlichen Kontext jedweder Streitigkeit aus der Kreditvereinbarung assoziieren oder sich von dieser distanzieren wollten, zur Ansicht, dass schwedisches Recht für die Schiedsvereinbarung gelten solle. Danach sei von der Gültigkeit des Punktes 6. auszugehen und Punkt 9. nach zypriotischem Recht so auszulegen, dass er mit der Schiedsgerichtsvereinbarung vereinbar sei. Dadurch verliere Punkt 9. nicht zur Gänze seine Wirksamkeit, weil es den Parteien frei stehe, zypriotische Gerichte anzurufen, ua um den Schiedsgerichtscharakter eines Streits feststellen zu lassen. Daher sei die Zuständigkeit des Schiedsgerichts für die Klage gegeben.
Mit Schiedsspruch vom 13. Juni 2017 (Beilage ./A) sprach das Schiedsgericht ua aus:
„2. [Die Verpflichtete] zahlt [dem Betreibenden] € 9.200.000 [sA]. [...]
5. Das Gericht erklärt, für die Hard-Sun-Verteidigung nicht zuständig zu sein.
6. [Die Verpflichtete] zahlt [dem Betreibenden] Prozesskosten in Höhe von € 500.000 [sA].“
Soweit für das vorliegende Vollstreckbarerklärungsverfahren relevant, hielt das Schiedsgericht in seiner Begründung ua fest, dass am 31. August 2016, dem dritten Tag der Verhandlung, während des Kreuzverhörs von A***** und von E***** vom Vertreter des Schiedsklägers jeweils Einspruch gegen Fragen des Vertreters der Schiedsbeklagten im Zusammenhang mit der Hard-Sun-Verteidigung mit der Begründung erhoben worden sei, die beiden Frauen hätten keinerlei Aussagen zur Hard-Sun-Verteidigung gemacht, weshalb nach schwedischem Verfahrensrecht kein Kreuzverhör zu diesem Thema gestattet sei, wenn Einspruch erhoben werde. Das Schiedsgericht habe die Fragestellung im Wesentlichen mit dieser Begründung untersagt. In beiden Fällen habe die Entscheidung des Schiedsgerichts, während des Kreuzverhörs dieser Zeugen keine Fragen zur Hard-Sun-Transaktion zuzulassen, keinen Einfluss auf das Ergebnis der Verhandlung gehabt; dies sei auf die abschließende Bewertung des Gerichts zurückzuführen, dass es im Zusammenhang mit den Forderungen bezüglich der Hard-Sun-Transaktion nicht zuständig sei (Rz 42).
Diese Frage sei nach schwedischem Recht zu entscheiden, wonach eine rechtsgültige Schiedsvereinbarung im Hinblick auf künftige Konflikte auf ein identifiziertes Rechtsverhältnis bezogen sein müsse. Die Darlehensvereinbarung sei 2011 abgeschlossen worden, die Hard-Sun-Transaktion habe aber schon früher, im Jahr 2009, stattgefunden. Allein aus diesem Grund könne die Hard-Sun-Verteidigung logischerweise nicht aus der Darlehensvereinbarung entstanden sein. Nach sorgfältiger Betrachtung der Eingaben der Schiedsbeklagten dazu sei das Schiedsgericht zur Einschätzung gelangt, dass Grundlage der Hard-Sun-Verteidigung nur mutmaßliche Handlungen seien, die nicht mit der Darlehensvereinbarung in Verbindung stehen würden; deren Argumentation, die Transaktionen im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag (Festlegung von Dividenden und Nachtrag über die Nichtzahlung) hätten den Darlehensvertrag mit den Hard-Sun-Transaktionen in Verbindung gebracht, sei nicht überzeugend. Die Schiedsklausel decke aber ausschließlich Forderungen aus oder in Verbindung mit der Darlehensvereinbarung ab. Hätten die Parteien beabsichtigt, den Bereich der Schiedsverfahrensklausel auf historisch unerlaubte Handlungen auszuweiten, die dritte Personen gemäß eines anderen Vertrags einbezogen hätten, hätten sie diese Klausel anders formulieren müssen. Es sei unmöglich, das Rechtsverhältnis, das durch den Darlehensvertrag geschaffen worden sei, auf Streitfälle, die aus früheren Transaktionen unter einem anderen Vertrag zwischen dritten Parteien entstanden seien, oder auf Streitsachen nicht-vertraglicher Natur auszuweiten, die keinerlei substantielle Verbindung zur Darlehensvereinbarung ausweisen würden. Zwischen der Hard-Sun-Verteidigung und dem Anspruch des Schiedsklägers auf Grundlage der Darlehensvereinbarung bestehe keine Verbindung, die eng genug wäre, um auch die Hard-Sun-Verteidigung zum Gegenstand dieses Schiedsverfahrens zu machen (Rz 98 ff).
In der Hauptsache befand das Schiedsgericht die Darlehensvereinbarung nach ausführlicher Begründung für gültig und rechtswirksam, weshalb die Gegenforderungen der Schiedsbeklagten scheitern müssten (Rz 109 bis 241).
Der Betreibende beantragte gegen die Verpflichtete, den Schiedsspruch vom 13. Juni 2017 für Österreich für vollstreckbar zu erklären und ihm aufgrund dieses Exekutionstitels zur Hereinbringung der Forderung von 9.200.000 EUR sA die Forderungsexekution nach § 294 EO und die Exekution durch Pfändung des der Verpflichteten gehörenden Geschäftsanteils an der P***** GesmbH mit Sitz in Wien zu bewilligen. Mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung legte der Betreibende eine Kopie des in Stockholm ergangenen Schiedsspruchs (SCC-Awards) vom 13. Juni 2017 samt Übersetzung vor. Auf dieser Urkunde befinden sich am Ende die Unterschriften der drei Schiedsrichter sowie eine Beglaubigung der Generalsekretärin des Schiedsgerichtsinstituts der Stockholmer Handelskammer vom 11. Juli 2017 samt Unterschrift mit nachstehendem Inhalt: „Hiermit beglaubigen wir die Übereinstimmung dieser Abschrift mit der Urschrift des Schiedsspruchs, die beim Arbitration Institute of the Stockholm Chamber of Commerce (SCC) hinterlegt ist und die echten Unterschriften der Schiedsrichter enthält. Diese Beglaubigung wird durch die Generalsekretärin ausgestellt, die gemäß den SCC-Schiedsregeln hierzu ordnungsgemäß ermächtigt und bevollmächtigt ist.“ In der Apostille vom 14. Juli 2017 bestätigt eine schwedische Notarin, dass diese öffentliche Urkunde von der Generalsekretärin in ihrer Eigenschaft als solche unterschrieben ist. In der Apostille vom 24. Juli 2017 bestätigt der Präsident des Landgerichts Leipzig, dass die Übersetzerin öffentlich bestellt und allgemein beeidigt für die italienische und englische Sprache ist, unterfertigt von einer namentlich genannten Justizobersekretärin. Eine Vorlage der SCC Rules 2010 unterblieb.
Das Erstgericht gab beiden Anträgen statt.
Dagegen erhob die Verpflichtete Rekurs: Der Betreibende habe die nach Art IV Abs 1 des UN-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (NYÜ) bestehenden Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung nicht erfüllt, weil in der mit dem darauf gerichteten Antrag vorgelegten Kopie des Schiedsspruchs lediglich die Unterschrift der Generalsekretärin der Schiedsgerichtsinstitution beglaubigt gewesen sei, nicht hingegen die Unterschriften der Schiedsrichter. Außerdem hätte der Betreibende neben der beglaubigten Abschrift des Schiedsspruchs auch die SCC Rules 2010 vorlegen müssen. Es gebe weder nach schwedischem Recht noch nach den SCC Rules 2010 eine Rechtsgrundlage, wonach die Schiedsinstitution für die Zustellung des Schiedsspruchs zu sorgen habe und die Generalsekretärin befugt sei, beglaubigte Abschriften des Schiedsspruchs auszustellen. Darüber hinaus machte die Verpflichtete (später noch näher darzustellende) Versagungsgründe nach Art V Abs 1 lit a, b und d sowie Abs 2 lit b NYÜ geltend.
Der Betreibende erwiderte diesen Einwänden gegen die formellen Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung in der Rekursbeantwortung: Eine strikte Einhaltung der Authentizitätsvorschriften sei nur zu begründen, wenn es Anhaltspunkte für Zweifel an der Echtheit des Schiedsspruchs gäbe. Die Verpflichtete habe aber weder die Echtheit der vorgelegten beglaubigten Abschrift bestritten noch behauptet, dass sich die vorgelegte beglaubigte Kopie in irgendeiner Form vom originalen Schiedsspruch unterscheide. Daher werde nur ein rein formalistischer Einwand erhoben. Selbst wenn man aber anderer Meinung wäre, handle es sich gemäß § 410 Abs 2 EO iVm § 54 Abs 3 EO um einen verbesserungsfähigen Mangel. Aus anwaltlicher Vorsicht lege der Betreibende somit eine weitere beglaubigte Abschrift des SCC?Awards vor (Beilage ./C), auf der die Echtheit der Unterschriften der drei Schiedsrichter durch einen nach schwedischem Recht dazu berufenen Notar legalisiert werde. Der Betreibende trat aber auch den übrigen von der Verpflichteten geltend gemachten Versagungsgründen nach Art V NYÜ umfassend und detailliert entgegen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Verpflichteten Folge. Es änderte den Beschluss des Erstgerichts in eine Antragsabweisung ab und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei.
Zwar sehe der Oberste Gerichtshof auch Beglaubigungen durch einen dem Schiedsgericht als neutrale Person nahestehenden Funktionsträger als ausreichend an, wenn diese nach der Schiedsverfahrensordnung zur Beglaubigung befugt sei; die jeweilige Schiedsordnung hätte aber vom Betreibenden bei der Antragstellung vorgelegt werden müssen. Die nachträgliche Vorlage der Beilage ./C und das dazugehörige Vorbringen verstießen gegen das Neuerungsverbot, weil die Neuerungserlaubnis nur für die Verpflichtete gelte, weshalb auch kein Verbesserungsauftrag zu erteilen sei.
Im dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs beantragte der Betreibende die Abänderung im Sinn der Wiederherstellung der erstgerichtlichen Beschlüsse; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Er macht im Wesentlichen geltend, die Abweisung eines Antrags auf Vollstreckbarerklärung wegen eines Formmangels, ohne von Amts wegen einen Verbesserungsauftrag erteilt zu haben, sei unzulässig und stelle einen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Art IV NYÜ sei eine reine Beweisvorschrift, keine materielle Antragsvoraussetzung. Das Gericht könne also in freier Beweiswürdigung darüber entscheiden, ob die betreibende Partei die Authentizität des Schiedsspruchs ausreichend nachgewiesen habe und dies bejahen, selbst wenn die betreibende Partei die in Art IV NYÜ geforderten Beweise nicht erbracht habe. Jedenfalls dann, wenn die verpflichtete Partei – wie hier – die Echtheit der vorgelegten Urkunden überhaupt nicht bestritten habe, seien – ohne überspitzte Formalismen – Vollstreckbarkeitserklärungen zu erteilen, selbst wenn nicht alle Voraussetzungen des Art IV NYÜ erfüllt wären. Die Behauptungen der Verpflichteten zu den Versagungsgründen nach Art V NYÜ träfen nicht zu.
Die Verpflichtete erstattete – nach Freistellung – eine Revisionsrekursbeantwortung. Darin beruft sie sich weiterhin auf die geltend gemachten Formmängel des vorgelegten Schiedsspruchs und wiederholt auch alle übrigen Einwendungen aus dem Rekurs.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung zulässig und im Sinn des eventualiter gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.
1. Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche erfolgt nach § 614 Abs 1 Satz 1 ZPO nach den Bestimmungen der EO, soweit nicht nach Völkerrecht oder in Rechtsakten der Europäischen Union anderes bestimmt ist. Eine entsprechende Subsidiaritätsklausel enthält auch § 416 Abs 1 EO (idF EO-Novelle 2016 BGBl I Nr 100/2016, in Kraft seit 2. Jänner 2017 [§ 447 Abs 2 EO]), weshalb zwischenstaatlichen Vereinbarungen der Vorrang zukommt. Hier kommt (unstrittig) das NYÜ, zu dessen Mitgliedstaaten auch Schweden, Zypern und Österreich zählen (vgl http://www.uncitral.org/uncitral/en/ uncitral_texts/arbitration/ NYConvention_status.html) zur Anwendung.
2. Es kann aus folgenden Gründen dahingestellt bleiben, ob der Betreibenden Anforderungen des Art IV NYÜ zur Gänze entsprochen hat:
2.1. Verabsäumt es der Antragsteller die in Art IV NYÜ vorgesehenen Urkunden und/oder Übersetzungen vorzulegen (bzw mangelt es an den erforderlichen Beglaubigungen), so liegt ein Formgebrechen vor, das durch einen Verbesserungsauftrag gemäß §§ 84, 85 ZPO, 78 EO behoben werden kann (3 Ob 132/64 = SZ 37/171 = RIS-Justiz RS0036234; 3 Ob 128/65 = SZ 38/199; 3 Ob 88/91; 3 Ob 211/05h = SZ 2006/65; 3 Ob 35/08f = SZ 2008/124; RS0036643 [T1]; RS0036183; RS0000131; RS0000176; Koller in Angst/Oberhammer, EO3 Vor § 79 EO Rz 584; Hausmaninger in Fasching/Konecny3 § 614 ZPO Rz 53; Czernich, New Yorker Schiedsübereinkommen Art IV Rz 8; G. Kodek in Fasching/Konecny³ §§ 84, 85 ZPO Rz 109 und 199). Die Verbesserung ist nach § 84 Abs 1 Satz 1 ZPO iVm § 78 EO von Amts wegen anzuordnen.
2.2. Die Verbesserung von Formmängeln ist nur dann erforderlich, wenn sie die geschäftsordnungsgemäße Behandlung eines Schriftsatzes zu hindern geeignet sind (§ 84 Abs 1 Satz 1 ZPO). Mit dem Ausdruck „geschäfts-ordnungsgemäße Behandlung“ sollen alle erheblichen Formmängel umschrieben werden, wobei die Bedeutung des Formverstoßes jeweils im Einzelfall zu prüfen ist (G. Kodek in Fasching/Konecny³ §§ 84, 85 ZPO Rz 69 ff).
2.3. Die Vorschriften des Art IV NYÜ sollen den Vollstreckungsgegner davor schützen, durch nicht authentische Schiedssprüche verpflichtet zu werden (Czernich, in New Yorker Schiedsübereinkommen Art IV Rz 2). Dieses Schutzes bedarf die Verpflichtete hier nicht (mehr). Sie rügt in ihrem Rekurs bloß formale Mängel am durchzusetzenden Schiedsspruch, bestreitet aber weder dessen Existenz noch die Echtheit der Unterschriften der Schiedsrichter darauf; sie behauptet sogar, eine Aufhebungsklage in Schweden eingebracht zu haben, was das Bestehen des Schiedsspruchs voraussetzt.
2.4. Das zweiseitig gestaltete Rekursverfahren schuf hier somit Klarheit, dass die Existenz des Schiedsspruchs und dessen Echtheit nicht strittig sind. Jedenfalls in der gegebenen Konstellation fehlt dem von der Verpflichteten gerügten Formmangel aus dem genanntem Grund jede Wesentlichkeit für die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung. Es bedarf daher keiner weiteren Überlegungen zur Tauglichkeit der (ursprünglich) vorgelegten Beglaubigung und zur allenfalls ohnehin schon erfolgten Verbesserung mit der Rekursbeantwortung, weil kein Grund (mehr) besteht, Existenz und Authentizität des Schiedsspruchs in Zweifel zu ziehen.
2.5. Andernfalls verkäme die strikte Einhaltung der Authentizitätsvorschriften des Art IV NYÜ zum reinen Selbstzweck. In diesem Sinn wurde in der Lehre schon mehrfach verlangt, mangels Bestreitung der Echtheit von der Verpflichtung zur Vorlage des öffentlich beglaubigt unterzeichneten Schiedsspruchs Abstand zu nehmen (Otto in IPRax 2009, 362; Öhlberger in JBl 2010, 65; Czernich, New Yorker Schiedsübereinkommen Art IV Rz 6; vgl auch BGH vom 17. 8. 2000 – III ZB 43/99 bzw vom 22. 2. 2001 – III ZB 71/99 [NJW 2000, 3650 bzw NJW 2001, 1730]). Ob das auch für das einseitige Urkundenverfahren in erster Instanz gelten kann (abl 3 Ob 65/11x und 3 Ob 208/15g), muss hier mangels Relevanz unerörtert bleiben.
3. Der vom Rekursgericht herangezogene Grund trägt somit die Abweisung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung und Exekutionsbewilligung nicht.
3.1. Es bedarf in der Folge einer Auseinandersetzung mit den weiteren, vom Rekursgericht aufgrund seiner unzutreffenden Rechtsansicht nicht behandelten Rekursargumenten der Verpflichteten. Entgegen der in der Revisionsrekursbeantwortung vertretenen Ansicht war der Betreibende deshalb nicht gehalten, in seinem Revisionsrekurs die in seiner Rekursbeantwortung vorgetragenen Argumente gegen die im Rekurs geltend gemachten Versagungsgründe nach Art V NYÜ zu wiederholen; vielmehr schadet ihm die Klarstellung, dass er keines der Argumente fallen lässt, keinesfalls.
3.2. Art V NYÜ listet die Gründe für die Versagung der Anerkennung/Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs taxativ auf. Die Regelung unterscheidet zwischen Gründen, die vom Antragsgegner/Verpflichteten geltend gemacht werden müssen (Abs 1), und von Amts wegen zu beachtenden Versagungsgründen (Abs 2). Die Prüfung der Versagungsgründe darf nicht auf eine Überprüfung des ausländischen Titels in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht hinauslaufen (Verbot der révision au fond), sondern nur dahin, ob die Annahmen des Schiedsgerichts in seinem Schiedsspruch einen Verstoß gegen den ordre public des Vollstreckungsstaats begründen; es ist nämlich nicht Aufgabe des Anerkennungs- oder Exequaturgerichts, die inhaltliche Richtigkeit des Schiedsspruchs zu überprüfen. Zulässig und notwendig ist somit eine sachliche Nachprüfung der Entscheidung nur im Rahmen der Vorbehaltsklausel des ordre public, ohne dass das Gericht des Vollstreckungsstaats rechtsmittelähnlich zu überprüfen hätte, wie der Streitfall richtig zu entscheiden gewesen wäre (Wong in Czernich/Deixler-Hübner/Schauer Handbuch Schiedsrecht Rz 19.46 und 19.50; Koller in Angst/Oberhammer EO³ Vor § 79 Rz 596 und 600 mwN; Czernich, New Yorker Schiedsübereinkommen Art V Rz 1 f; RIS-Justiz RS0002409).
Bei dieser Vorbehaltsklausel handelt es sich um eine Ausnahmeregel, von der nur sparsamster Gebrauch gemacht werden darf (3 Ob 10/17t; RIS-Justiz RS0110743). Als vom ordre public erfasste Grundwertungen werden vor allem die tragenden Grundsätze der Bundesverfassung, aber auch des Strafrechts, des Privatrechts und des Prozessrechts verstanden werden müssen; maßgebend ist dabei das Ergebnis des Schiedsspruchs und nicht seine Begründung (RIS-Justiz RS0110125; 18 OCg 3/15p mwN).
4. Die Verpflichtete erblickt (im Zusammenhang mit der Bestreitung der Gültigkeit der Schiedsvereinbarung [Art V Abs 1 lit a NYÜ]) einen Verstoß gegen das Unionsrecht (Art 36 EuGVVO) darin, dass das Schiedsgericht die Bindungswirkung des Zwischenurteils des Zivilgerichts in Nikosia/Zypern vom 19. Juli 2016, in dem sich dieses Gericht auch für allfällige Ansprüche iZm dem Darlehensvertrag vom 31. Oktober 2011 für international und sachlich zuständig erklärt habe, unberücksichtigt gelassen habe. Auch das zwecks Vollstreckbarerklärung angerufene Gericht sei an diese positive Zuständigkeitsentscheidung gebunden.
Bei diesen Überlegungen übergeht die Verpflichtete den Umstand, dass die EuGVVO nach deren Art 1 Abs 2 lit d auf die Schiedsgerichtsbarkeit nicht anzuwenden ist. Unter diesen Ausnahmetatbestand fallen das Schiedsverfahren selbst einschließlich der Entscheidungen des Schiedsgerichts über seine Zuständigkeit (G. Kodek in Fasching/Konecny² Art 1 EuGVVO Rz 166 mwN), aber auch Verfahren zur Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen (Wallner-Friedl in Czernich/G. Kodek/Mayr, Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht4 Art 1 Rz 68 mwN).
Die geltend gemachte Bindung bestand und besteht daher nicht.
5. Ebenso (im Zusammenhang mit der Bestreitung der Gültigkeit der Schiedsvereinbarung) macht die Verpflichtete dem Betreibenden „unzulässiges Forum Shopping“ (primär) durch Erhebung der Schiedsklage trotz des bereits in Zypern eingeleiteten (und streitanhängigen?) Zivilprozesses zum Vorwurf. Sie vermag aber trotz der sie treffenden Behauptungs- und Beweislast (Koller in Angst/Oberhammer³ Vor § 79 EO Rz 598) für das Vorliegen der Versagungsgründe nach Art V Abs 1 NYÜ nicht nachvollziehbar darzulegen, welchen Einfluss dieser Vorwurf auf die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung haben soll, sodass mangels Schlüssigkeit nicht weiter darauf einzugehen ist. Ein Verstoß gegen den ordre public (Art V Abs 2 lit b NYÜ) ist in der Geltendmachung der Schiedsklausel nicht zu erkennen.
6. Unter Berufung auf Art V Abs 1 lit b NYÜ macht die Verpflichtete eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs und eines fairen Verfahrens geltend. Das Schiedsgericht habe sich mit der sog Hard-Sun-Gegenforderung der Verpflichteten inhaltlich überhaupt nicht auseinandergesetzt und sei sogar so weit gegangen, dass es diesbezügliche Fragen an die „Kernzeugen“ willkürlich nicht zugelassen habe. Auch wenn das Schiedsgericht ohne tragfähige Begründung willkürlich entschieden habe, die Hard-Sun-Geschäfte nicht zu beurteilen, bedeute das nicht, dass Fragen dazu im Kreuzverhör ohne Bedeutung gewesen wären, weil diese Fragen oder die Verweigerung deren Beantwortung Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen gehabt hätten. Die Verweigerung der Befragung widerspreche sowohl den vereinbarten IBA-Regeln als auch dem schwedischen Schiedsverfahrensrecht, womit der Versagungsgrund nach Art V Abs 1 lit d NYÜ gegeben sei. Das Vorgehen des Schiedsgerichts verwirkliche auch einen Verstoß gegen den prozessualen ordre public (Art V Abs 2 lit b NYÜ).
6.1. Der Begriff des rechtlichen Gehörs ist nicht rein formal in dem Sinn zu verstehen, dass die Parteien die Möglichkeit hatten, zu den Rechts- und Tatsachenfragen vorzubringen, sondern materiell in dem Sinn, als dass sich aus dem Schiedsspruch ergeben muss, dass sich das Schiedsgericht mit diesem Sach- und Rechtsvorbringen auch tatsächlich auseinandergesetzt hat (Koller in Angst/Oberhammer³ Vor § 79 EO Rz 622; Hausmaninger in Fasching/Konecny³ § 611 ZPO Rz 102 und 105). Maßgebend ist also, ob sich das Schiedsgericht mit dem Vorbringen der Parteien wirklich auseinandergesetzt hat; ob es dagegen zu einem richtigen Ergebnis gekommen ist, kann im Stadium der Anerkennung des fremden Schiedsspruchs nicht mehr releviert werden, weil dies zu einer unzulässigen révision au fond führen würde (Czernich, New Yorker Schiedsübereinkommen Art V Rz 18).
6.1.1. Es trifft weder zu, dass der Verpflichteten verwehrt wurde, ihre sog Hard-Sun-Verteidigung oder Gegenforderung vorzubringen, noch ist der Vorwurf gerechtfertigt, das Schiedsgericht habe sich damit „inhaltlich überhaupt nicht auseinandergesetzt“. Vielmehr wurde mit einer formal nachvollziehbaren Begründung – und daher nicht willkürlich – dargelegt, dass und weshalb die im Jahr 2011 zwischen den Streitteilen abgeschlossene Schiedsklausel betreffend Forderungen aus oder in Verbindung mit der Darlehensvereinbarung Ansprüche aus einem bereits im Jahr 2009 zwischen der Schiedsbeklagten und einem Dritten abgeschlossenen anderen Vertrag nicht erfasse. Einer inhaltlichen Prüfung ist diese Begründung aber – mit der Grenze eines Verstoßes gegen den verfahrensrechtlichen ordre public – entzogen.
6.1.2. Begründet das Schiedsgericht die Nichtzulassung (ohnehin nur) einzelner Fragen zu diesem Beweisthema an Zeugen formal nachvollziehbar auch mit der rechtlichen Unerheblichkeit des Beweisthemas, ist darin keine Gehörverletzung zu erblicken, weil Grundwertungen des Verfahrensrechts bei einer wegen Unerheblichkeit erfolgten Nichtzulassung einzelner Fragen nicht berührt werden (vgl 18 OCg 2/18w; 18 OCg 2/16t). In diesem Sinn wurde bereits ausgesprochen, dass ein Mangel des Schiedsspruchs, weil das Schiedsgericht Beweisanträge übergeht oder den Sachverhalt unvollständig ermittelt, der Verweigerung des rechtlichen Gehörs nicht gleichzuhalten ist (3 Ob 35/05a = RIS-Justiz RS0045092 [T5]).
6.1.3. Die Frage der Kausalität einer Gehörverletzung stellt sich daher nicht (vgl Koller in Angst/Oberhammer³ Vor § 79 EO Rz 624).
6.2. Der Versagungsgrund nach Art V Abs 1 lit d NYÜ liegt ua vor, wenn die Partei, gegen die die Anerkennung und Vollstreckbarkeit geltend gemacht wird, den Beweis erbringt, dass das schiedsgerichtliche Verfahren der Vereinbarung der Parteien oder, wenn eine solche fehlt, dem Recht des Landes, in dem das schiedsgerichtliche Verfahren stattfand, widersprochen hat.
6.2.1. Die behauptungsbelastete Partei muss zumindest den Anscheinsbeweis führen, dass die Verfahrensverletzung auch Einfluss auf den Inhalt des Schiedsspruchs haben hätte können (3 Ob 154/10h; Czernich, New Yorker Schiedsübereinkommen Art V Rz 45; vgl Koller in Angst/Oberhammer³ Vor § 79 EO Rz 640; Wong in Czernich/Deixler-Hübner/Schauer Handbuch Schiedsrecht Rz 19.105).
6.2.2. Dieser Anscheinsbeweis konnte zum einen schon deshalb nicht gelingen, weil das Schiedsgericht mit einer im Anerkennungsverfahren nicht zu prüfenden Begründung seine Zuständigkeit für das vom Beweisthema betroffene Vorbringen der Schiedsbeklagten verneinte; eine Befragung der „Kernzeugen“ dazu konnte den Ausgang des Schiedsverfahrens daher nicht beeinflussen. Zum anderen vermochte die Verpflichtete in ihrem Rekurs nicht darzustellen, dass und zu welchen (anderen) Themen das Schiedsgericht den beiden Zeuginnen Glaubwürdigkeit beimaß und deshalb Feststellungen zu Lasten der Verpflichteten traf. Auch unter dem Gesichtspunkt der Beweiswürdigung ist daher ein möglicher Einfluss der unterbliebenen Befragung nicht zu erkennen.
6.2.3. Die Prüfung, ob die Nichtzulassung einzelner Fragen den von der Verpflichteten behaupteten Verstoß gegen die IBA-Rules und/oder gegen schwedisches Verfahrensrecht verwirklichte, kann daher unterbleiben, weil die Verwirklichung dieses Versagungsgrundes schon wegen Scheiterns des erforderlichen Kausalitätsnachweises zu verneinen ist.
6.3. Es liegt kein Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public vor, wenn es das Schiedsgericht ablehnt, sich mit einer Aufrechnungseinwendung auseinanderzusetzen, weil es der Auffassung ist, es mangle an der Zuständigkeit für diese (3 Ob 84/01a; Koller in Angst/Oberhammer³ Vor § 79 EO Rz 673); ebenso wenig im Fall eines mangelhaften Beweisverfahrens (3 Ob 32/86; Wong in Czernich/Deixler-Hübner/Schauer Handbuch Schiedsrecht Rz 19.124).
6.4. Entgegen dem wiederholt erhobenen Vorwurf der Verpflichteten, das Schiedsgericht habe die hier in Frage stehenden Verfahrensfragen willkürlich zu ihrem Nachteil gelöst, kann davon – wie bereits erwähnt – keine Rede sein, weil die Begründungen dafür weder offensichtlich unhaltbar noch unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar sind und daher auch nicht den Schluss aufdrängen, auf sachfremden Erwägungen zu beruhen (vgl OLG München 4. 7. 2016 SchiedsVZ 2017, 40 [Rz 39]). Die Frage, ob willkürliche Rechtsanwendung eine allgemeine Ausnahme vom Verbot der révision au fond darstellt, oder nur im Rahmen der ordre public Kontrolle wahrnehmbar ist (vgl dazu 18 OCg 3/15p; Hausmaninger in Fasching/Konecny³ § 611 ZPO Rz 111; Münch in MünchKomm ZPO5 [2017] § 1059 Rz 7, insbes FN 18) kann daher hier unbeantwortet bleiben.
7. Die Verpflichtete macht auch eine Verletzung des materiellen ordre public geltend. Das Ergebnis des Schiedsspruchs helfe dem Betreibenden, Ansprüche auf der Grundlage eines Darlehensvertrags durchzusetzen, welcher durch betrügerisches Verhalten erschlichen worden sei, und unterstütze das Delikt der Geldwäscherei und des Betrugs.
Das Schiedsgericht hat sich mit dem Vorwurf betrügerischen Verhaltens des Betreibenden im Zusammenhang mit dem Dahrlehensvertrag und der Dividendengewährung sehr ausführlich auseinandergesetzt und bejahte deren Gültigkeit mit nachvollziehbarer Begründung. Abgesehen davon, dass die Verpflichtete dieser Argumentation inhaltlich in keinem einzigen Punkt entgegen tritt, sondern sich mit (der Wiederholungen von) bloßen Anschuldigungen begnügt, folgt aus dem Schiedsspruch lediglich, dass die Verpflichtete aufgrund rechtswirksamer Vereinbarungen die Rückzahlung eines restlichen Darlehensbetrags schuldet. Eine Verletzung tragender Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung ist darin keinesfalls zu erkennen.
8. Die Verpflichtete wendet auch ein, die Schiedsvereinbarung sei wegen betrügerischer Vorgehensweise des Betreibenden bei Abschluss der Darlehensvereinbarung ungültig (Art V Abs 1 lit a NYÜ).
Dazu behauptet sie im Rekurs, der Betreibende habe vor dem Jahr 2009 den Entschluss gefasst, ein betrügerisches System zum Nachteil ua der Verpflichteten aufzusetzen; eine der betrügerischen Transaktionen basiere auf einem Vertrag der Verpflichteten mit Hard Sun über Management und Administrationsleistungen vom 2. Jänner 2009. Den Zahlungen der Verpflichteten aufgrund dieses reinen Scheinvertrags von 15.900.000 EUR fehle es an jeder Grundlage; sie hätten nur den Zweck der Geldwäscherei gehabt. Auch der streitgegenständliche Darlehensvertrag sei eine weitere Phase des betrügerischen Systems, um ua der Verpflichteten zu schaden. Es existiere keine rechtliche oder wirtschaftliche Rechtfertigung für den Darlehensvertrag und die Festsetzung der Dividende. Dementsprechend sei auch die darin enthaltene Schiedsklausel wie jede andere Bestimmung dieses strafrechtswidrigen Vertrags nichtig.
8.1. Wie schon erwähnt, gelangte das Schiedsgericht zur von der Verpflichteten im Rekurs inhaltlich unwidersprochen gebliebenen Beurteilung, dass der Darlehensvertrag entgegen ihren Einwendungen außerhalb der sog Hard-Sun-Verteidigung gültig und rechtswirksam zustande kam.
8.2. Bereits der Wortlaut des Art V Abs 1 NYÜ stellt klar, dass den Antragsgegner die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen der Versagungsgründe trifft, die geltend zu machen sind (3 Ob 39/13a mwN; 3 Ob 154/10h; 3 Ob 65/05p; Koller in Angst/Oberhammer³ Vor § 79 EO Rz 598; Wong in Czernich/Deixler-Hübner/Schauer Handbuch Schiedsrecht Rz 19.51).
Es wäre daher an der Verpflichteten gelegen, schlüssig jene Umstände darzulegen, die es erlaubten, aus (allenfalls) betrügerischen Aktivitäten des Betreibenden im Zusammenhang mit dem Hard-Sun-Vertrag aus dem Jahr 2009 die Gesetzwidrigkeit und damit Ungültigkeit/Nichtigkeit des im Jahr 2011 abgeschlossenen Darlehensvertrags abzuleiten. Dem ist die Verpflichtete mit der – ohne Tatsachensubstrat vorgetragenen – Behauptung einer weiteren Phase eines betrügerischen Systems zum Nachteil ua der Verpflichteten jedoch nicht nachgekommen, weil damit keine relevante Konnexität der beiden Verträge aufgezeigt wird.
8.3. Auf die daraus abgeleitete Nichtigkeit der im Darlehensvertrag enthaltenen Schiedsklausel ist daher nicht weiter einzugehen.
9. Schließlich macht die Verpflichtete das Fehlen einer gültigen Schiedsvereinbarung (Art V Abs 1 lit a NYÜ) geltend, weil es sich bei den Punkten 6. (Schiedsklausel) und 9. des Darlehensvertrags (Gerichtsstandsklausel) um konkurrierende und einander ausschließende Klauseln über die Streitbeilegung handle. Das gelte sowohl nach dem auf die Schiedsvereinbarung anzuwendenden zypriotischen Recht als auch nach dem vom Schiedsgericht unrichtig angewendeten schwedischen Recht, sodass dessen Zuständigkeitsentscheidung unrichtig sei. Die Verpflichtete legte dazu das Privatgutachten eines Rechtsanwalts vom 5. September 2017 samt beglaubigter Übersetzung vor (Beilage ./14), der zum Ergebnis gelangt, dass der Darlehensvertrag gemäß zypriotischem Recht keine gültige Schiedsvereinbarung enthalte.
Der Betreibende hielt dem in der Rekursbeantwortung entgegen, dem Ergebnis und der Begründung der Zuständigkeitsentscheidung des Schiedsgerichts sei zuzustimmen. Mangels Rechtswahl für die Schiedsvereinbarung sei schwedisches Recht maßgebend, nach dem von der Gültigkeit der Schiedsklausel auszugehen sei. Aber auch nach zypriotischem Recht wäre das Schiedsgericht zuständig. Auch der Betreibende legte dazu ein Privatgutachten eines Rechtsanwalts vom 24. November 2017 samt beglaubigter Übersetzung vor (Beilage ./H), wonach eindeutiges Recht in Zypern sei, dass das Bestehen einer Schiedsklausel und einer Gerichtsstandsklausel im gleichen Vertrag nicht dazu führt, dass die Schiedsklausel ungültig sei.
9.1. Wenn das Schiedsgericht im Rahmen seiner Kompetenz-Kompetenz entschieden hat, dass eine gültige Schiedsvereinbarung vorliegt, ist das staatliche Gericht daran nicht gebunden. Es kann sowohl die Rechtsfrage als auch die zugrunde liegenden Tatsachen neu beurteilen. Soweit der Schiedsspruch Ausführungen zur Bejahung einer Schiedsvereinbarung enthält, kommt dem im Anerkennungsverfahren nur Beweiswirkung zu (Czernich, New Yorker Schiedsübereinkommen Art V Rz 15; Schlosser in Stein/Jonas ZPO23 Anh zu § 1061 ZPO Rz 156).
9.2. Art V Abs 1 lit a NYÜ enthält eine kollisionsrechtliche Regelung zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts. Danach richtet sich die materielle Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung primär nach dem von den Parteien gewählten Recht. Mangels Rechtswahl ist subsidiär das Recht des Landes anwendbar, in dem der Schiedsspruch ergangen ist (3 Ob 141/07t). Die Wahl des auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Rechts kann auch konkludent erfolgen; besonders umstritten ist – auch auf internationaler Ebene –, ob sich die im Hauptvertrag enthaltene Rechtswahlklausel mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auch auf die darin enthaltene Schiedsvereinbarung erstreckt (18 OCg 1/15v mwN). Maßgeblich ist hierbei jedoch die Beurteilung des jeweiligen Einzelfalls. Das subsidiär ausschlaggebende Recht „des Landes, in dem der Schiedsspruch ergangen ist“, richtet sich nach dem Sitz des Schiedsgerichts (vgl zu allem Koller in Angst/Oberhammer³ Vor § 79 EO Rz 616 mwN).
9.3. Die im Darlehensvertrag enthaltene Rechtswahlklausel („Dieser Vertrag unterliegt den Gesetzen von Zypern und ist diesen gemäß auszulegen“) lässt eine Wortinterpretation dahin zu, dass auch die Schiedsklausel als Bestandteil des Vertrags davon umfasst ist.
Die Frage der Gültigkeit, also nach dem Zustandekommen und der Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung, unterliegt dem (anscheinend) gewählten Recht (Czernich, New Yorker Schiedsübereinkommen Art II Rz 44; vgl Art 3 Abs 5 Rom I-VO und Musger in KBB5 Art 3 Rom I-VO Rz 7), hier also dem zypriotischen Recht.
9.4. Somit kommt es auf fremdes Recht an, das auch im Vollstreckbarerklärungsverfahren nach §§ 3 und 4 IPRG von Amts wegen anzuwenden und zu ermitteln ist (Czernich, New Yorker Schiedsübereinkommen Art V Rz 4).
Die demonstrative Aufzählung in § 4 Abs 1 IPRG nennt als zulässige Hilfsmittel für die Ermittlung des fremden Rechts „auch“ die Mitwirkung der Beteiligten, Auskünfte des Bundesministeriums für Justiz und Gutachten von Sachverständigen. Sämtliche eingeholten Auskünfte, auch die von den Parteien angebotenen Ermittlungshilfen, unterliegen der freien Überprüfung, dh der rechtlichen Beurteilung des Gerichts, somit auch ein von einer Partei vorgelegtes Rechtsgutachten (3 Ob 45/18s mwN).
Zur hier relevanten Frage, ob nach zypriotischem Recht (im Hinblick auf die vordergründig damit im Widerspruch stehende Gerichtsstandsklausel) eine gültige Schiedsklausel zustande gekommen ist, liegen zwar von beiden Seiten vorgelegte private Rechtsgutachten vor, die grundsätzlich verwertbar wären. Ihre Ergebnisse stehen aber zueinander in Widerspruch, weshalb sie keine taugliche Grundlage für die Beantwortung der anstehenden Rechtsfrage darstellen.
9.5. Mangelt es an der Ermittlung des fremden Rechts durch die Vorinstanzen, die nach § 4 Abs 1 IPRG von Amts wegen durchzuführen ist, so liegt darin ein Verfahrensmangel besonderer Art, der dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zu unterstellen ist und zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen führt (RIS-Justiz RS0116580). Voraussetzung für dessen Wahrnehmung ist nur, dass überhaupt in die rechtliche Beurteilung einzutreten ist, dh dass eine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge vorliegt (RIS-Justiz RS0045126 [T2, T3, T7]; RS0040031 [T2]), was hier der Fall ist (3 Ob 104/17s).
10. Auch die Entscheidung des Rekursgerichts ist daher (einschließlich der Abweisung der Exekutionsbewilligung, aber mit Ausnahme der unbekämpft gebliebenen Zurückweisung einer Urkundenvorlage der Verpflichteten) aufzuheben und die Rechtssache
– zweckmäßigerweise – an das Erstgericht zurückzuverweisen, das im fortgesetzten, zweiseitig zu führenden Verfahren ausschließlich das zypriotische Recht für die hier zu lösende Rechtsfrage zu erheben hat, wie es in seinem ursprünglichen Geltungsbereich – entsprechend der im Ursprungsland durch die herrschende Rechtsprechung geprägte Anwendungspraxis (RIS-Justiz RS0080958) – anzuwenden ist, um die von der Verpflichteten geltend gemachte Ungültigkeit der Schiedsvereinbarung beurteilen zu können; dazu ist hier die Einholung eines Rechtsgutachtens, das sich auch mit den beiden vorliegenden Privatgutachten auseinandersetzt, geboten.
Alle anderen von der Verpflichteten eingewendeten Versagungsgründe sind bereits abschließend erledigt.
11. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 78 EO iVm § 52 ZPO.
Textnummer
E123740European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00153.18Y.1219.000Im RIS seit
17.01.2019Zuletzt aktualisiert am
19.03.2021