Entscheidungsdatum
20.11.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W251 2149896-1/19E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA. Somalia, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.02.2017 zur Zl. 1067699504-150476954, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Somalias, stellte am 08.05.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er aufgrund der unsicheren Lage in Somalia sowie aufgrund des schlechten Gesundheitssystems und der mangelnden Arbeitsmöglichkeiten, sein Herkunftsland verlassen habe.
3. Am 09.02.2017 fand seine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) statt. Dabei gab der Beschwerdeführer an, dass er Probleme aufgrund seiner Clanzugehörigkeit gehabt habe. So habe sein Vater eine Autowerkstatt gehabt und sei von den anderen Clans in seinem Heimatort aufgefordert worden seine Werkstatt zu räumen. Da sich sein Vater geweigert habe, sei dieser überfallen und der Onkel des Beschwerdeführers umgebracht worden. Der Vater des Beschwerde-führers habe daraufhin das Heimatdorf des Beschwerdeführers verlassen. Der Beschwerdeführer und sein ältester Bruder hätten bei der Polizei eine Anzeige erstattet. Die Polizei habe jedoch dem gleichen Clan der Angreifer angehört, weshalb diese nichts unternommen habe. Eines nachts sei dann die Familie des Beschwerdeführers überfallen worden. Sein Bruder habe dabei einen Mann vom anderen Clan verletzt, der an den Folgen gestorben sei. Deshalb sei auch der Bruder des Beschwerdeführers geflüchtet. Am nächsten Tag sei der Beschwerdeführer von der Polizei festgenommen worden. Er sei vier Monate festgehalten worden und schließlich bei einem Angriff auf das Gefängnis geflohen.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt II.) ab und erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).
Das Bundesamt führte begründend aus, dass das Fluchtvorbringen nicht glaubhaft sei und daher keine asylrelevanten Ausreisegründe vorgebracht worden seien. Es drohe dem Beschwerdeführer auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertige. Der Beschwerdeführer sei ein gesunder, arbeitsfähiger Mann, der durch die Inanspruchnahme des Clanverbandes der Madibaan bei einer Rückkehr nach Somalia nicht in eine ausweglose Situation geraten würde. Zudem habe er in Österreich kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehe.
5. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass das Verfahren beim Bundesamt nicht den Anforderungen des amtswegigen Ermittlungsverfahrens gemäß § 18 Abs. 1 AsylG genügt habe. So habe es das Bundesamt unterlassen sich mit dem individuellen Vorbringen sachgerecht auseinander-zusetzen und diesbezüglich ein adäquates Ermittlungsverfahren durchzuführen. Bei einer Rückkehr könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund der vorherrschenden Umstände Opfer einer EMRK-verletzenden Handlung werde. Dem Beschwerdeführer sei daher jedenfalls der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen.
6. Das Bundesverwaltungsgericht stellte am 23.03.2017 eine Anfrage an die Staaten-dokumentation betreffend Angriffe auf ein Gefängnis im Heimatort des Beschwerdeführers. Mit Anfragebeantwortung vom 12.05.2017 teilte die Staatendokumentation mit, dass es im genannten Zeitraum zu keinen Angriffen auf Gefängnisse in Somaliland gekommen ist.
7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 31.07.2018 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die somalische Sprache und im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine mündliche Verhandlung durch.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX. Er ist somalischer Staatsangehöriger, bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben und spricht Somali als Muttersprache sowie etwas die Sprache Englisch. Er ist ledig und hat keine Kinder (AS 10, 217; Protokoll vom 31.07.2018 = OZ 15, S. 7).
Der Beschwerdeführer wurde in Somaliland, in der Region Togdheer, im Distrikt XXXX, Dorf XXXX geboren und ist dort gemeinsam mit seinen Eltern und seinen 11 Geschwistern aufgewachsen (AS 217; OZ 15, S. 7 f, 13). Er hat vier Jahre die Schule besucht (AS 1, 217; OZ 15, S.
7) und nebenbei als Frisör gearbeitet. Er hat bis zu seiner Ausreise mit seinen Eltern und seinen 11 Geschwistern in seinem Heimatdorf in einem Haus gelebt (OZ 15, S. 8).
Der Beschwerdeführer ist unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und stellte am 08.05.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Der Beschwerdeführer verfügt über seine Familie (bestehend aus seinen Eltern und 10 Geschwistern, eines seiner Geschwister ist bereits verstorben [OZ 15, S. 99]) in seinem Heimatdorf in Somaliland. Er hat regelmäßig Kontakt zu ihnen (OZ 15, S. 8). Der Vater des Beschwerdeführers betreibt als Mechaniker nach wie vor eine Autowerkstatt (OZ 15, S. 8).
Der Beschwerdeführer verfügt noch über seinen Großvater und seine Tante mütterlicherseits in seinem Heimatdorf sowie einen Onkel mütterlicherseits in England, sowie drei Tanten väterlicherseits in XXXX (Puntland) und einen Onkel väterlicherseits in Nairobi (OZ 15, S. 9). Der Großvater des Beschwerdeführers verfügt noch über Tiere in seinem Heimatdorf.
Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, er ist gesund.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.
1.2.1. Der Vater des Beschwerdeführers ist nicht von Angehörigen des Clans der Isaaq oder eines anderen Clans aufgrund seiner Clanzugehörigkeit aufgefordert worden seine Werkstatt herauszugeben. Es ist weder der Beschwerdeführer noch dessen Vater, dessen ältester Bruder oder (sonstige) Familienangehörigen des Beschwerdeführers von Angehörigen des Clans der Isaaq oder eines anderen Clans überfallen worden. Es ist auch weder die Familie des Beschwerdeführers belästigt noch seine Schwestern vergewaltigt worden oder der Onkel bzw. der Cousin des Beschwerdeführers von Angehörigen des Clans der Isaaq oder eines anderen Clans getötet worden. Ebenso wenig ist der Beschwerdeführer verhaftet und im Gefängnis festgehalten worden und aus diesem entflohen. Der Beschwerdeführer wird nicht von staatlichen Organen gesucht.
Der Beschwerdeführer hat Somaliland weder aus Furcht vor Eingriffen in seine körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen.
Im Falle der Rückkehr nach Somaliland droht dem Beschwerdeführer weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Angehörige des Clans der Isaaq oder eines anderen Clans, durch staatliche Organe oder durch andere Personen.
1.2.2. Der Beschwerdeführer ist kein Angehöriger des Clans der Madiban oder eines anderen Minderheitenclans. Es kann nicht festgestellt werden, welchem Clan der Beschwerdeführer tatsächlich angehört.
1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:
Dem Beschwerdeführer würde bei einer Rückkehr in sein Heimatdorf in der Region Togdheer kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen. Der Beschwerdeführer kann dort auch grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer hat keine Unterhaltsverpflichtungen. Er kann anfänglich bei seiner Familie in seinem Heimatdorf wohnen und von seinem sozialen und familiären Netzwerk - insbesondere bei der Arbeitssuche und der anfänglichen Verpflegung - unterstützt werden und dann selber für sein Auskommen und Fortkommen sorgen.
Es ist dem Beschwerdeführer daher möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Rückkehr nach Somaliland in seinem Heimatdorf wieder Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.
1.4. Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:
Der Beschwerdeführer ist seit seiner Antragsstellung am 08.05.2015 aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG in Österreich durchgehend rechtmäßig aufhältig.
Der Beschwerdeführer hat Deutschkurse besucht (AS 199; Deutschkursbesuchsbestätigung vom 03.02.2017 für A1/1) und die ÖSD-Prüfung für die Stufe A1 bestanden (ÖSD Zertifikat A1 vom 13.03.2017). Er verfügt jedoch kaum über praktische Deutschkenntnisse.
Der Beschwerdeführer geht keiner beruflichen Tätigkeit nach und lebt von der Grundversorgung. Der Beschwerdeführer hat an der 4. Afrikanischen Rodelmeisterschaft teilgenommen (AS 195).
Dem Beschwerdeführer wurde eine Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als Koch (Lehrling/Auszubildender) erteilt (AS 207-214). Die Beschäftigungsbewilligung ist jedoch bereits erloschen. Der Beschwerdeführer bemüht sich kaum um berufliche Integration.
Er verfügt auch weder über Verwandte noch über sonstige enge soziale Bindungen in Österreich.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.5. Zur maßgeblichen Situation in Somaliland:
Politische Lage Somaliland:
Das Gebiet von Somalia ist in drei unterschiedliche administrative
Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Somalia vom 12.01.2018 - LIB Somalia 12.01.2018 - S. 7).
Somaliland hat beachtliche demokratische Erfolge erzielt. Somaliland ist es gelungen, eine Wahldemokratie aufzubauen. Die demokratischen Institutionen Somalilands arbeiten recht gut, ihre Arbeit wird aber durch einen Mangel an Ressourcen und geringe Kapazitäten des öffentlichen Dienstes erschwert. Außerdem kommt es zu Bevorzugungen auf Basis des Clans. Während Somaliland bei der Wiederherstellung staatlicher Strukturen und demokratischer Reformen erfolgreich war, kämpft das Land mit massiven strukturellen Restriktionen. Der Staatsapparat bleibt schwach und unterfinanziert und das Land ist von einem inakzeptablen Maß an Armut geprägt (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Somaliland vom 12.01.2018 mit Aktualisierung vom 03.05.2018 - LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 9 f).
Sicherheitslage Somaliland:
Hinsichtlich Somaliland ist kein essentielles Sicherheitsproblem bekannt, es herrscht Frieden. Die somaliländische Regierung übt über das ihr unterstehende Gebiet Kontrolle aus. In Hargeysa und auch in den ländlichen Gebieten - mit Ausnahme der umstrittenen Teile - sind lebensbedrohliche Zwischenfälle eine Seltenheit. Insbesondere die Regionen Awdal, Woqooyi Galbeed und Togdheer gelten als relativ friedlich. Politische Konflikte und Machtkämpfe werden gewaltlos ausgetragen (LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 11 f).
Somaliland war in der Lage, die Bedrohung durch al Shabaab einzudämmen. Anschläge oder Kampfhandlungen der al Shabaab gab es keine, die Terrorgruppe kontrolliert in Somaliland keine Gebiete. Seit 2008 hat es in Somaliland keine terroristischen Aktivitäten der al Shabaab mehr gegeben. Trotzdem bleibt die Gruppe für Somaliland eine Bedrohung. Es ist davon auszugehen, dass die al Shabaab in Hargeysa über eine Präsenz verfügt. Die Kapazitäten der al Shabaab in Hargeysa sind jedoch gering. Eine (temporäre) Präsenz und sporadische Aktivitäten der Al Shabaab werden aus den umstrittenen Gebieten in Ost-Somaliland und aus Burco gemeldet (LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 12).
Clankonflikte bestehen wie überall in Somalia auch in Somaliland, und es kann zu Auseinandersetzungen und Racheakten kommen, die zivile Opfern fordern. Clankonflikte stellen aber kein Sicherheitsproblem dar, das die politische Stabilität der Region gefährde. Somaliland hat Regierungsstrukturen aufgebaut, die das Machtstreben der verschiedenen Clans ausbalancieren. Das ganze politische System beruht auf Kompromissen zwischen den Clans (LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 12).
Hinsichtlich Hargeysa gibt es keine Sicherheitsprobleme. Die Kriminalitätsrate ist relativ niedrig. Hargeysa und Burco sind relativ ruhig (LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 12).
Im Zeitraum Juli 2014 oder Anfang August 2014 ist es zu keinen Angriffen auf Gefängnisse in Somaliland gekommen (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 12.05.2017).
Bewegungsfreiheit
Die Einwohner bewegen sich frei und gewiss, nicht angegriffen zu werden (LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 12).
Es gibt keine Sicherheitszwischenfälle entlang der Straßen in Somaliland. Reisen sind möglich, auch nach Laascaanood oder weiter in die puntländische Hauptstadt Garoowe. Eine der Sicherheitsmaßnahmen, mit denen Somaliland versucht, Verbrechen und Terrorismus entgegenzutreten, sind umfassende Kontrollen an den Verbindungsstraßen. An der somaliländisch-puntländischen Grenze kann es bei der Einreise nach Somaliland zu Grenzkontrollen kommen (LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 31).
Hargeysa verfügt über einen internationalen Flughafen (LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 31).
Rechtsschutz/Justizwesen in Somaliland:
In Somaliland sind die Grundsätze der Gewaltenteilung in der Verfassung niedergeschrieben. Allerdings ist die Verfassungsrealität eine andere. Richter sind einer vielfältigen politischen Einflussnahme durch staatliche Amtsträger ausgesetzt (LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 16).
In Somaliland gibt es zwar funktionierende Gerichte, allerdings gibt es gleichzeitig Kapazitätsprobleme. Es fehlt an ausgebildeten Richtern und Juristen sowie an einer nachvollziehbaren Rechtsdokumentation. Mit internationaler Hilfe ist aber in die Gerichte investiert worden. Die sogenannten mobile courts funktionieren relativ gut und haben den Zugang der Bürger zur formellen Justiz verbessert (LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 16 f).
Das Justizsystem in Somaliland ist eine Mischung aus traditionellem Recht (xeer), Scharia und formellem Recht. Die Scharia wird in erster Linie in Familienangelegenheiten herangezogen. Das formelle Recht wird oft dem traditionellen Recht untergeordnet, da die Kapazitäten ordentlicher Gerichte eingeschränkt sind. Zwar sind die drei Rechtsformen nicht gut integriert, doch selbst wenn sich das formelle Recht und das traditionelle Recht in manchen Punkten widersprechen, so werden die Rechtssysteme nicht als konkurrierend, sondern vielmehr als komplementär erachtet. Generell können sich die Menschen aussuchen, ob sie sich an formelle, traditionelle oder religiöse Institutionen wenden. Allerdings richtet sich der Bürger im Fall des Falles zuerst an seinen Clan. Auch wenn ein Mord passiert, wird vorerst im traditionellen System Blutgeld verhandelt. Kommt man zu keiner Lösung, richtet man sich an die Gerichte. In Somaliland kommt das traditionelle Recht bei 80% der Rechtsstreitigkeiten zur Anwendung. Gerichte anerkennen xeer-Entscheidungen (traditionelles Recht) (LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 17).
In Somaliland sind ansatzweise rechtsstaatliche Grundsätze im Strafrecht zu beobachten. Dazu gehört das Bemühen, eine diskriminierende Strafverfolgung und -zumessung möglichst zu vermeiden. Auch Bürgerrechte sind in Somaliland formell garantiert. Eine grundlegende Rechtstaatlichkeit konnte etabliert werden. Die Polizei und andere Regierungsinstitutionen arbeiten ausreichend gut (LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 17).
Bei Sachverhalten, die mehrere Clans betreffen, kommt es häufig zu außergerichtlichen Vereinbarungen (Friedensrichter), auch und gerade in Strafsachen. Repressionen gegenüber Familie und Nahestehenden ("Sippenhaft") spielen dabei eine wichtige Rolle (LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 17).
Vor somaliländischen Gerichten gilt generell die Unschuldsvermutung, das Recht auf ein öffentliches Verfahren und das Recht auf rechtliche Vertretung. Verteidiger dürfen Zeugen befragen und einberufen. Für Angeklagte, die einer schweren Straftat bezichtigt werden, gibt es eine kostenlose Rechtsvertretung. Außerdem gibt es im Land eine funktionierende Legal Aid Clinic. Es gibt zwar einen Instanzenzug, allerdings werden manchmal Zeugen eingeschüchtert und Beweismaterial nicht ausreichend beigebracht. Insgesamt werden die Verfahrensrechte in Somaliland aber eher eingehalten, als in anderen Landesteilen (LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 18).
Haftbedingungen in Somaliland
Das 2011 fertiggestellte Hargeysa Prison entspricht internationalen Standards und wird gut geführt. UNODC und andere UN-Agenturen unterstützen Somaliland bei der Verbesserung der Haftbedingungen. Das Gesetz gestattet es Häftlingen, bei den Justizbehörden Beschwerden vorzubringen, und dies geschieht auch. Ein Monitoring durch unabhängige Beobachter ist gestattet (LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 25).
Clanstruktur
Die Zugehörigkeit zu einem Clan ist der wichtigste identitätsstiftende Faktor für Somalier. Sie bestimmt, wo jemand lebt, arbeitet und geschützt wird. Dieses Identifikationsmerkmal bestimmt, welche Position eine Person oder Gruppe im politischen Diskurs oder auch in bewaffneten Auseinandersetzungen einnimmt. Darum kennen Somalier üblicherweise ihre exakte Position im Clansystem. Allerdings gibt es keine physischen Charakteristika, welche die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Clan erkennen ließen. Daher wissen die Menschen in Mogadischu und anderen großen Städten nicht automatisch, welchem Clan eine andere Person angehört (LIB Somalia 12.01.2018 - S. 88 f; Beilage ./IV, S. 8). Wenn Somali ihre Herkunft beschreiben fangen sie meist bei sich selbst an und steigen dann die hierarchischen Ebenen des Systems bis zur Clanfamilie hinauf (bottom-up-Aufzählung). Diese Aufzählung wird abtirsiimo oder abtirsiin genannt. Kinder ab dem Alter von acht bis elf Jahren können diese üblicherweise auswendig (Beilage ./IV, S. 22).
Dabei gelten als Haupt-Clanfamilien die traditionell nomadischen Darod, Dir, Hawiye und Isaaq sowie die sesshaften Digil und Mirifle/Rahanweyn (LIB Somalia 12.01.2018 - S. 89). Diese Clanfamilien unterteilen sich weiter in die Ebenen der Clans, Sub(sub)clans, Lineages und die aus gesellschaftlicher Sicht bei den nomadischen Clans wichtigste Ebene, die sogenannte Mag/Diya (Blutgeld/Kompensation) zahlenden Gruppe (Jilib), die für Vergehen Einzelner gegen das traditionelle Gesetz (xeer) Verantwortung übernimmt (Beilage ./IV, S. 8 f; LIB Somalia 12.01.2018 - S. 52). Die somalische Gesellschaft kennt zudem ethnische Minderheiten und Berufsgruppen (Beilage ./IV, S. 11).
Clanschutz bedeutet für eine Einzelperson die Möglichkeit vom eigenen Clan gegenüber einem Aggressor von außerhalb des Clans geschützt zu werden. Die Rechte einer Gruppe werden durch Gewalt oder die Androhung von Gewalt geschützt. Ein Jilib oder Clan muss in der Lage sein, Kompensation zu zahlen - oder zu kämpfen. Schutz und Verletzlichkeit einer Einzelperson sind deshalb eng verbunden mit der Macht ihres Clans. Die Mitglieder eines Jilib sind verpflichtet, einander bei politischen und rechtlichen Verpflichtungen zu unterstützen, die im Xeer-Vertrag festgelegt sind - insbesondere bei Kompensations-zahlungen (Mag/Diya). Generell - aber nicht überall - funktioniert Clanschutz besser als der Schutz durch Staat oder Polizei. Dementsprechend wenden sich viele Menschen bei Gewaltverbrechen eher an den Clan als an die Polizei. (LIB Somalia 12.01.2018 - S. 51 f).
Die berufsständischen Gruppen stehen auf der untersten Stufe der sozialen Hierarchie der somalischen Gesellschaft. Sie unterscheiden sich in ethnischer, sprachlicher und kultureller Hinsicht nicht von der Mehrheitsbevölkerung, sind aber traditionell in Berufen tätig, die von den Mehrheitsclans als "unrein" oder "unehrenhaft" angesehen werden. Diese Berufe und andere ihrer Praktiken (z.B. Fleischverzehr) gelten darüber hinaus als unislamisch (Beilage ./IV, S. 14).
Die Clans der berufsständischen Gruppen sind gleich strukturiert wie die Mehrheitsclans, mit dem einzigen Unterschied, dass sie ihre Abstammung nicht auf die Gründerväter Samaale bzw. Saab zurückverfolgen können, sondern "nur" auf den "Vater" ihres Clans. Gleich wie die Mehrheitsclans haben das Aufzählen der Väter (Abtirsiimo) und die Zugehörigkeit zu einem Clan eine große Bedeutung (Beilage ./IV, S. 15 f).
Aufgrund der großen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Bedeutung der Clans ist es auch heute für Somalier im somalischen Kulturraum essentiell und in der Diaspora zumindest nicht irrelevant, sich in diesem System verorten zu können (Beilage ./VI, S. 20). Jüngere Somalier im urbanen Raum oder in der Diaspora sind heute häufig nur noch in der Lage, ihre Clanzugehörigkeit bis zur Stufe Sub-Clan sowie vier oder fünf Generationen im Abtirsiimo (Abstammungslinie) aufzuzählen. Es kommt aber selbst bei jungen Somalier in der Diaspora nicht vor, dass sie gar keine Ahnung von ihrem Clan und ihrem Abtirsiimo haben. Sogar wenn sie sich für das Clansystem nicht interessieren, können sie zumindest ihren Clan und Sub-Clan sowie den Abtirsiimo bis zum Urgroßvater nennen. Fast alle Somalier kennen zumindest ihren Clan-Ältesten (Beilage ./IV, S. 24).
Angehörige ethnischer Minderheiten und berufsständischer Gruppen werden in der somalischen Gesellschaft häufig diskriminiert bzw. marginalisiert. Das Ausmaß der Diskriminierung hängt dabei von der Gruppenzugehörigkeit ab. Berufsständische Gruppen werden stärker marginalisiert als ethnische Minderheiten, aber innerhalb beider Kategorien gibt es ebenfalls große Unterschiede. Heute hat sich die Situation für die Gabooye im Vergleich zurzeit um die Jahrtausendwende, als sie nicht einmal normal die Schule besuchen konnten, gebessert. Es gibt keine gezielten Angriffe oder Misshandlungen hinsichtlich der Gabooye. Weder das traditionelle Recht noch Polizei und Justiz benachteiligen Minderheiten systematisch. Faktoren wie die Finanzkraft, das Bildungsniveau oder die zahlenmäßige Größe einer Gruppe können Minderheiten dennoch den Zugang zur Justiz erschweren (LIB Somalia 12.01.2018 - S. 92 f; Beilage ./IV, S. 38 f). Teils sind Polizei und Justiz bestechlich. Dadurch werden wirtschaftlich weniger potente Gruppen tendenziell benachteiligt. Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Schwäche trifft dieser Umstand auch die Minderheiten. Dies hängt aber nicht mit ihrem Stigma zusammen, sondern mit der schwächeren Finanzkraft und der geringeren Anzahl (Beilage ./IV, S. 41).
Aufgrund der wahrgenommenen Bevorzugung der berufsständischen Gruppen im Asylverfahren in westlichen Staaten sind andere Somalier dazu übergegangen, sich als Angehörige von Berufsgruppen auszugeben. Da andere Somalier aber im Durchschnitt gebildeter sind als die Angehörigen berufsständischer Gruppen, sind sie in der Lage, sich mehr Wissen über die berufsständischen Gruppen anzueignen, als diese selbst haben (Beilage ./IV, S. 25).
Minderheiten/Clans in Somaliland
In den Regionen Woqooyi Galbeed und Togdheer wohnen v.a. Angehörige der Isaaq/Habr Jeelo, Isaaq/Habr Yonis, Isaaq/Idagala und Isaaq/Habr Awal. Die Minderheiten der Berufskasten in Somaliland werden unter dem Begriff "Gabooye" zusammengefasst (Musa Dheriyo, Tumal, Madhiban, Yibir) (LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 26).
Wie in den restlichen Landesteilen bekennt sich die Verfassung zum Gebot der Nichtdiskriminierung. Clan-Zugehörigkeit spielt jedoch eine große Rolle, Minderheitenschutz besteht offiziell nicht. Das bedeutet, dass Angehörige v.a. der Gabooye weiterhin marginalisiert bleiben. Auch weiterhin kommt es zur Diskriminierung bzw. Marginalisierung der Angehörigen ethnischer Minderheiten. Eine aktive Verfolgung findet allerdings nicht statt. Die Gabooye leiden unter sozialer und wirtschaftlicher Benachteiligung und werden am Arbeitsmarkt diskriminiert. Dabei kommt es zu keiner systematischen Benachteiligung durch Polizei und Gerichte, wiewohl es vorkommt, dass Vergehen gegenüber Minderheiten-Angehörigen seitens der Polizei nicht nachgegangen wird (LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 27; Beilage ./VI, S. 38 f). Die offizielle Anerkennung von Gabooye-Suldaans hat zu einer Aufwertung der berufsständischen Gruppen geführt. Ihr gesellschaftlicher Ruf hat sich dadurch generell verbessert. Damit geht auch soziale Sicherheit einher. Die Gabooye haben im xeer (traditionelles Recht) ihre Rechte. Zusätzlich sind Verfahren im xeer meist nicht korrumpierbar und fairer. Auch von den somaliländischen Gerichten werden die Minderheiten in den letzten Jahren mehrheitlich fair behandelt (LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 27).
Von Blutrache können selbst Personen betroffen sein, die nach Jahren in der Diaspora nach Hause zurückkehren. Während Sicherheitskräfte in größere Clankonflikte eingreifen tun sie dies bei Blutfehden nur selten bzw. ist ein Eingreifen nicht möglich. Gleichzeitig sind Polizisten selbst Angehörige eines Clans, was die Sache erschwert (LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 28).
Es kann nicht festgestellt werden, dass Angehörige der Madhibaan in Somaliland allein aufgrund ihrer Clanzugehörigkeit psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt sind (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 12.05.2017 - OZ 6).
Medizinische Versorgung:
Die medizinische Versorgung ist im gesamten Land äußerst mangelhaft bzw. weist sie zahlreiche Schwächen auf. Die medizinische Versorgung hat sich im Laufe der letzten Jahre aber substantiell verbessert. Das öffentliche Gesundheitsnetz ist nur schwach reguliert. Die meisten Gesundheitsdienste werden von den UN und NGOs geleistet. Der Zugang zu medizinischer Versorgung variiert in ganz Somalia, scheint aber in Somaliland (und Mogadischu) am besten zu sein (LIB Somaliland 03.05.2018 - - S. 36).
Grundversorgung/Wirtschaft in Somaliland
In Somaliland ist es den Menschen aufgrund der besseren Sicherheitslage und der grundsätzlich besseren Organisation der staatlichen Stellen und besseren staatlichen Interventionen im Krisenfalle rascher möglich, den Lebensunterhalt wieder aus eigener Kraft zu bestreiten (LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 33).
Die Arbeitslosigkeit in Somaliland beträgt bei jungen Menschen rund 60%. Die Suche nach Arbeitsmöglichkeiten gehört zu den Hauptgründen für Migration. Die Regierung hat gemeinsam mit der Weltbank im November 2017 ein Programm gestartet, das rund 3.500 Jobs schaffen soll. Dabei wird in hunderte Betriebe investiert. Der Privatsektor trägt 90% zum BIP bei. Im Land herrscht noch immer ein großes Maß an Armut. Die fehlende Anerkennung hindert das Land vor allem daran, wirtschaftlich voranzukommen. Keine internationale Bank lässt sich nieder. Äthiopien ist der einzige treue Handelspartner. Viele Familien sind abhängig vom Geld der Diaspora (LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 33).
Somaliländer, die im Ausland an Geld und materielle Ressourcen gekommen sind, kehren zunehmend aus der Diaspora zurück und sind vor allem am wirtschaftlichen Vorankommen des Landes interessiert. Der Handel und die wirtschaftliche Betätigung insgesamt haben einen spürbaren Aufschwung genommen, der jedoch bislang fast ausschließlich der dort lebenden Stadtbevölkerung zu Gute kommt. Der somaliländische Shilling ist verhältnismäßig stabil. Der Bildungssektor in Somaliland verbessert sich ständig (LIB Somaliland 03.05.2018 - S. 33).
Versorgungslage in Somaliland:
Überblick über die IPC-Klassifizierung
IPC 1 "minimal": Mehr als vier von fünf Haushalten ist es möglich ihre grundlegende Nahrungsmittelversorgung und sonstige Bedürfnisse zu erfüllen ohne außergewöhnliche oder untragbare Strategien anzuwenden um Nahrung und Einkommen zu erhalten.
(More than four in five households are able to meet essential food and nonfood needs without engaging in atypical, unsustainable strategies to access food and income)
IPC 2 "stressed": Auch mit humanitärer Hilfe hat mindestens einer von fünf Haushalten in der Region Folgendes oder schlimmer: Sie haben gerade ausreichend Lebensmittel, können sich aber keine sonstigen Ausgaben leisten ohne unwiderrufliche Bewältigungsstrategien einschalten zu müssen.
(Even with humanitarian assistance at least one in five households in the area have the following or worse: Minimally adequate food consumption but are unable to afford some essential non-food expenditures without engaging in irreversible coping strategies)
IPC 3 "crisis": Auch mit humanitärer Hilfe hat mindestens einer von fünf Haushalten in der Region Folgendes oder schlimmer:
Nahrungsmittelversorgungslücken mit hoher oder über der gewöhnlich akuten Unterernährung ODER sind nur durch einen beschleunigten Abbau ihrer Lebensgrundlage imstande die minimalsten Nahrungsmittelbedürfnisse zu erfüllen, was zu Nahrungsmittelversorgungslücken führt.
(Even with humanitarian assistance at least one in five households in the area have the following or worse: food consumption gaps with high or above usual acute malnutrition OR are marginally able to meet minimum food needs only with accelerated depletion of livelihood assets that will lead to food consumption gaps)
IPC 4 "emergency": Auch mit humanitärer Hilfe hat mindestens einer von fünf Haushalten in der Region Folgendes oder schlimmer: große Nahrungsmittelversorgungslücken die zu sehr akuter Unterernährung oder erhöhter Sterblichkeit führen ODER der extreme Verlust der Lebensgrundlage führt in kurzer Zeit zu Nahrungsmittelversorgungslücken.
(Even with humanitarian assistance at least one in five households in the area have the following or worse: large food consumption gaps resulting in very high acute malnutrition and excess mortality OR extreme loss of livelihood assets that will lead to food consumption gaps in short term)
IPC 5 "famine": Auch mit humanitärer Hilfe hat mindestens einer von fünf Haushalten in der Region einen extremen Mangel an Lebensmitteln und sonstigen grundlegenden Bedürfnissen, so dass Hungersnot, Tod und Armut offensichtlich sind. Beweise für alle drei Kategorien (Lebensmittelverbrauch, akuter Unterernährung und Sterbefälle) sind nötig um als Hungersnot eingestuft zu werden.
(Even with humanitarian assistance at least one in five households in the area have an extreme lack of food and other basic needs where starvation, death and destitution are evident. Evidence for all three criteria (food consumption, acute malnutrition and mortality) is required to classify Famine) (Beilage ./VII, S. 1)
Die Nahrungsmittelsicherheit hat sich in vielen der von der Dürre 2016/17 am stärksten betroffenen Gebiete durch umfangreiche humanitäre Hilfe und die Verbesserung der saisonalen Leistung deutlich verbessert. So ist insbesondere der Süden der Region Togdheer hinsichtlich der Nahrungsmittelsicherheit als IPC Phase 2 eingestuft (Beilage ./V, S. 1; Beilage ./VI, S. 3 = Abbildung July-September 2018).
Die Niederschläge in den Monaten April bis Juni begannen früher als normal und lagen deutlich über dem Durchschnitt. In Flussgebieten kam es jedoch zu Überschwemmungen, die erhebliche Ernteverluste verursachten, während eine überdurchschnittliche Produktion in Regengebieten wahrscheinlich ist. Insgesamt wird eine durchschnittliche Ernte im Juli erwartet. Die Gu-Ernte außerhalb der Saison im September wird voraussichtlich überdurchschnittlich ausfallen (Beilage ./V, S. 1). In der Agropastoralzone der Region Togdheers pflanzten die Bauern überdurchschnittliche Mengen an Kurzzeitsorghum (Süßgräser) (Beilage ./V, S. 2). Die meisten Wassereinzugsgebiete wurden durch Gu-Niederschläge vollständig aufgefüllt, und kostenloses Wasser ist aus natürlichen Quellen verfügbar, so dass der Wasserpreis zwischen Februar und Mai saisonal sinkt. In einigen Gebieten des Nordwestens ist der Wasserpreis jedoch nicht gesunken, da die hohen Treibstoffpreise die Transportkosten erhöhen (Beilage ./V, S. 3).
Die Nahrungsmittelsicherheit wird sich voraussichtlich zwischen Oktober 2018 und Januar 2019 weiter verbessern, was auf saisonale Verbesserungen zurückzuführen ist, und die meisten Gebiete werden unter Stress stehen (IPC-Phase 2). Auch die prognostizierte Situation betreffend die Nahrungsmittelsicherheit stellt sich im Süden der Region Togdheer nur als gestresst (IPC Phase 2) dar (Beilage ./V, S. 2; Beilage ./VI, S. 1 = Abbildung Oktober 2018 - Januar 2019). Die Zahl von an schwerer akuter Unterernährung Betroffenen ist jedoch bei zwei Gruppen nach wie vor kritisch: Bei IDPs und in der Guban Pastoral Livelihood in West-Somaliland (Beilage ./V, S. 1).
Es besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass Ende 2018 ein El Niño eintritt, der überdurchschnittliche Niederschläge in der Deyr-Saison von Oktober bis Dezember verursacht. Es wird erwartet, dass die Niederschläge von Deyr die durchschnittliche Produktion und die normale Nutztierhaltung unterstützen und die Produktivität in den meisten Gebieten steigern, obwohl Überschwemmungen wahrscheinlich zu Ernteausfällen in Fluss- und Tieflandgebieten führen werden (Beilage ./V, S. 1).
Rückkehrer:
Viele Angehörige der somalischen Diaspora wagen in diesen Tagen die Rückkehr. Beide - Familie (auch die erweiterten und entfernt verwandten Teile) und Clan - bleiben einer der wichtigsten Faktoren, wenn es um Akzeptanz, Sicherheit und Grundbedürfnisse (Unterkunft, Nahrung) geht. Das traditionelle Recht (xeer) bildet ein soziales Sicherungsnetz, eine Art der Sozial- und Unfallversicherung. Wenn eine Person Unterstützung braucht, dann wendet sie sich an den Jilib oder - je nach Ausmaß - an untere Ebenen (z.B. Großfamilie). Daher gilt als allgemeine Regel, dass Somali auch sehr entfernt Verwandte, die aus einer anderen Gegend kommen, unterstützen werden, da eine Clan-Verbindung besteht. Voraussetzung dafür ist, dass die Kapazitäten dafür zur Verfügung stehen. Allerdings wurde das Konzept der Clan-Solidarität in Süd-/Zentralsomalia überdehnt. Viele Familien und Clan-Netzwerke sehen sich nicht mehr in der Lage, die Bedürfnisse vertriebener Verwandter zu erfüllen (LIB Somalia 12.01.2018 - S. 129).
Eine erfolgreiche Rückkehr und Reintegration hängt in erheblichem Maße von der Clanzugehörigkeit bzw. von lokalen Beziehungen der rückkehrenden Person ab. Rückkehrer ohne Clan- oder Familienverbindungen am konkreten Ort der Rückkehr finden sich ohne Schutz in einer Umgebung wieder, in der sie oftmals als Fremde angesehen werden, vor allem wenn sie aus dem Westen zurückkehren. Ein Netzwerk aus Familie, Freunden und Clan-Angehörigen ist für einen Rückkehrer insbesondere auf dem Land von Bedeutung, während dieses soziale Sicherheitsnetz in der Stadt weniger wichtig ist. Zur Klärung, welche Mittel eine Person bei einer Rückkehr nach Mogadischu zur Verfügung hat, sind folgende Punkte zu berücksichtigen: Die Lebensumstände der Person vor der Abreise aus Mogadischu; die Dauer der Abwesenheit aus der Stadt; die Clan-Verbindungen, auf welche zurückgegriffen werden kann; der Zugang zu finanziellen Ressourcen; die Möglichkeiten der Person, sich durch Arbeit oder Selbständigkeit einen Lebensunterhalt zu finanzieren; die Verfügbarkeit von Remissen aus dem Ausland; die Lebensumstände der Person im Gastland; und die Frage, ob die Finanzierung der Reise in den Westen einer finanziellen Unterstützung bei der Rückkehr entgegensteht. Rückkehrer (v.a. aus dem Westen) haben bei der Arbeitssuche in Mogadischu Vorteile, da sie eher gebildet sind und als einfallsreicher erachtet werden. Dies gilt noch mehr, wenn der Arbeitgeber selbst ein aus der Diaspora Zurückgekehrter ist (LIB Somalia 12.01.2018 - S. 130).
Dies gilt entsprechend auch für eine Rückkehr nach Somaliland, zumal sich die Versorgungs- und Sicherheitslage in Somaliland besser darstellt als in Südsomalia.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden Beilage ./I bis ./VIII (Konvolut Auszüge ZMR, GVS, Strafregister, Schengener Informationssystem - Beilage ./I; Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Somaliland vom 12.01.2018 mit Aktualisierung vom 03.05.2018 - Beilage ./II; FFM Report Somalia, Sicherheitslage in Somalia, August 2017 - Beilage ./III; Focus Somalia, Clans und Minderheiten, 31.05.2017 - Beilage ./IV; FSNAU, Somalia Food Security Outlook, Juni 2018 bis Jänner 2019 - Beilage ./V; zwei Auszüge über IPC-Karten-Somalia - Beilage./VI; IPC Classification, Fews Net Mai 2017 - Beilage./VII; Auflistung der Abstammungslinie des Beschwerdeführers - Beilage ./VIII; Clankarte von Somalia - Beilage ./IX; große Karte von Somalia - Beilage ./X) und in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Urkunden (Deutschkursbesuchsbestätigung vom 03.02.2017 für A1/1; ÖSD-Zertifikat A1 vom 13.03.2017 [bestanden]) sowie in das mit der Ladung übermittelte Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Somaliland vom 12.01.2018 sowie in die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 12.05.2017 (OZ 6).
2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
2.1.1. Die einzelnen Feststellungen beruhen auf den jeweils in der Klammer angeführten Beweismitteln.
Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache, seinem Lebenslauf (sein Aufwachsen sowie seine familiäre und wirtschaftliche Situation in Somaliland, seine Schulbildung und seine Berufserfahrung) sowie zu seinem derzeitigen Familienstand gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.
Die Feststellungen zur Einreise sowie das Datum der Antragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.
2.1.2. Da die Angaben des Beschwerdeführers zum Fluchtvorbringen einerseits nicht glaubhaft sind und keine Verfolgung des Beschwerdeführers festgestellt wurde (siehe Punkt II.2.2.1.), ist es auch nicht glaubhaft, dass die Familienangehörigen des Beschwerdeführers ihr Heimatdorf verlassen und ihre Arbeit aufgeben sollten. Es war daher festzustellen, dass die Familie des Beschwerdeführers nach wie vor im Heimatdorf des Beschwerdeführers lebt und der Vater des Beschwerdeführers noch als Mechaniker in seiner Autowerkstatt arbeitet. Dass der Beschwerdeführer regelmäßig Kontakt zu seiner Familie hat, ergibt sich aus seiner diesbezüglich schlüssigen Aussage in der Beschwerdeverhandlung (OZ 15, S. 8).
Die Feststellungen zu den Aufenthaltsorten der Onkel und Tanten des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen diesbezüglich stringenten Angaben in der Beschwerdeverhandlung (OZ 15, S. 9). Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerdeverhandlung angegeben, dass sein Großvater und seine Tante mütterlicherseits mit seiner Mutter in Äthiopien leben würden (OZ 15, S. 9, 14). Da jedoch festgestellt wurde, dass die Familie des Beschwerdeführers nach wie vor in seinem Heimatdorf wohnt, geht das Gericht davon aus, dass auch der Großvater und die Tante mütterlicherseits des Beschwerdeführers bei der Familie des Beschwerdeführers in seinem Heimatdorf leben. Vor diesem Hintergrund war auch aufgrund der Aussage des Beschwerdeführers, wonach die Tiere des Großvaters mütterlicherseits des Beschwerdeführers [nach Äthiopien] mitgenommen wurden (OZ 15, S. 9), festzustellen, dass der Großvater des Beschwerdeführers mütterlicherseits noch über Tiere in seinem Heimatdorf verfügt.
2.1.3. Die Feststellung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers gründet auf den Aussagen des Beschwerdeführers beim Bundesamt und in der Beschwerdeverhandlung (AS 217; OZ 15, S. 11) und auf dem Umstand, dass im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist.
2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
2.2.1. Die zur Entscheidung berufene Richterin des Bundesverwaltungsgerichts geht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und aufgrund ihres persönlichen Eindrucks des Beschwerdeführers davon aus, dass ihm hinsichtlich seines Vorbringens keine Glaubwürdigkeit zukommt. Der Beschwerdeführer wurde zu Beginn der Verhandlung angehalten, sein Vorbringen gleichbleibend, konkret und nachvollziehbar zu gestalten. Diesen Anforderungen ist der Beschwerdeführer jedoch nicht gerecht worden. Das Fluchtvorbringen ist wenig detailreich und es sind in den wesentlichen Angaben auch erhebliche Ungereimtheiten und Widersprüche enthalten, die seine Angaben unglaubhaft scheinen lassen. Das Gericht verkennt zwar nicht, dass die behaupteten Vorfälle schon einige Zeit zurückliegen und deshalb Erinnerungslücken einer vollkommen detaillierten Erzählung entgegenstehen können. Dass der Beschwerdeführer die Ereignisse jedoch in einer derart oberflächlichen, widersprüchlichen und nicht stringenten Weise wie in der mündlichen Verhandlung schildern würde, wäre allerdings nicht anzunehmen, hätten sich die Ereignisse tatsächlich so zugetragen und wären sie von fluchtauslösender Intensität.
Das Hauptvorbringen des Beschwerdeführers lautet, sein Vater sei aufgrund seiner Clanzugehörigkeit zu den Madhibaan von Angehörigen der "anderen" Clans aufgefordert worden, seine Werkstatt herauszugeben. Da sich der Vater des Beschwerdeführers geweigert habe, sei dieser angegriffen und verletzt worden, weshalb dieser nach Äthiopien gegangen sei. Daraufhin sei der Beschwerdeführer und sein ältester Bruder von den Angehörigen des anderen Clans angegriffen worden, wobei sein ältester Bruder einen Angehörigen des anderen Clans so schwer verletzt habe, dass dieser an den Folgen gestorben sei. Der älteste Bruder des Beschwerdeführers habe deshalb ebenfalls Somaliland verlassen. Der Beschwerdeführer sei von der Polizei schließlich verhaftet und festgehalten worden. Eines nachts sei ihm die Flucht aus dem Gefängnis gelungen. Er habe daraufhin Somalia verlassen.
Es fällt auf, dass der Beschwerdeführer die beim Bundesamt erstmals vorgebrachte Verfolgung durch den Clan der Isaaq bzw. eines anderen Clans in der Erstbefragung nicht einmal ansatzweise erwähnte, sondern lediglich anführte, dass er aufgrund der unsicheren Lage in Somalia sowie aufgrund des schlechten Gesundheitssystems und den mangelnden Arbeitsmöglichkeiten, sein Herkunftsland verlassen habe (AS 9).
Nach Vorhalt seiner Angaben in der Erstbefragung begründete der Beschwerdeführer beim Bundesamt seine Angaben in der Erstbefragung damit, dass er aufgrund der langen Reise bei seiner Ankunft und in der Erstbefragung müde, orientierungslos und nervös gewesen sei. Er habe den Dolmetscher auch nicht gut verstanden. Er habe in der Erstbefragung angegeben, dass er von den anderen Clans in seinem Heimatort unterdrückt worden sei und nicht arbeiten habe dürfen. Es sei ihm jedoch mitgeteilt worden, dass er sich kurz fassen solle (AS 219). Der Niederschrift der Erstbefragung ist jedoch weder eine Bedrohung noch eine Unterdrückung durch andere Clans, sondern ausschließlich die schlechte Sicherheitslage, das mangelhafte Gesundheitswesen und fehlende Arbeitsmöglichkeiten zu entnehmen. Dass sein Vorbringen nicht festgehalten worden sei, ist insbesondere deshalb nicht nachvollziehbar, weil der Beschwerdeführer in der Erstbefragung auf ausdrückliche Nachfrage vom Dolmetscher angegeben hat, dass dies all seine Fluchtgründe gewesen sind (AS 9). Zudem hätte dem Beschwerdeführer bei der Rückübersetzung auffallen müssen, dass seine Angaben betreffend Probleme mit Clans nicht in der Niederschrift festgehalten worden seien. Der Beschwerdeführer hat jedoch die erfolgte Rückübersetzung der Niederschrift der Erstbefragung und deren Richtigkeit durch seine Unterschrift auf jeder Seite des Protokolls bestätigt und angegeben keine Verständigungsprobleme gehabt zu haben (AS 1-11). Auch beim Bundesamt gab der Beschwerdeführer zu Beginn der Einvernahme an, dass ihm die Niederschrift der Erstbefragung richtig rückübersetzt und alles korrekt protokolliert worden sei (AS 217). Das Gericht wertet die Behauptung des Beschwerdeführers betreffend Verständigungsprobleme und Protokollierungsfehler bei der Erstbefragung als bloße Schutzbehauptung.
Gemäß § 19 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG) dient die Erstbefragung zwar "insbesondere" der Ermittlung der Identität und der Reiseroute eines Fremden und hat sich nicht auf die "näheren" Fluchtgründe zu beziehen (vgl. hierzu auch VfGH 27.06.2012, U 98/12), ein Beweisverwertungsverbot ist damit jedoch nicht normiert. Die Verwaltungsbehörde bzw. das Bundesverwaltungsgericht können im Rahmen ihrer Beweiswürdigung die Ergebnisse der Erstbefragung in ihre Beurteilung miteinbeziehen.
Es wird daher im vorliegenden Fall zwar nicht verkannt, dass sich die Erstbefragung nicht in erster Linie auf Fluchtgründe des Beschwerdeführers bezog und diese nur in aller Kürze angegeben sowie protokolliert wurden. Dass der Beschwerdeführer die - erst in weiterer Folge behauptete - Verfolgung durch den Clan der Isaaq bzw. eines anderen Clans sowie seinen Gefängnisaufenthalt, somit einen wesentlichen Teil seiner Fluchtgründe zunächst nicht einmal ansatzweise erwähnte, ist für das Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht nachvollziehbar und zumindest als Indiz für ein insgesamt nicht glaubhaftes Fluchtvorbringen zu werten.
Das Gericht geht auch aufgrund nachstehender Widersprüche und Ungereimtheiten davon aus, dass es sich bei den Angaben des Beschwerdeführers betreffend seine Fluchtgeschichte nicht um tatsächlich Erlebtes handelt:
Der Beschwerdeführer ist in seinem Heimatdorf geboren und hat bis zu seiner Ausreise aus Somalia dort gelebt. Sein Vater hat als Mechaniker gearbeitet (OZ 15, S. 8). Unplausibel scheint, weshalb die anderen Clans des Heimatdorfes des Beschwerdeführers plötzlich die Übergabe der Werkstatt des Vaters des Beschwerdeführers verlangen sollten, obwohl die Familie des Beschwerdeführers bereits jahrelang in ihrem Heimatdorf gelebt hat und sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers auch nicht ergibt, dass sein Vater die Werkstatt erst kurz vor den Angriffen eröffnet habe.
Unplausibel ist auch, dass der Vater des Beschwerdeführers nach dem Angriff der anderen Clans alleine - ohne seine Familie - Somalia verlassen habe (AS 218; OZ 15, S. 12), zumal ihm bewusst sein habe müssen, dass durch seine Ausreise seine Familie Angriffen der anderen Clans ausgesetzt sein würde.
Während der Beschwerdeführer beim Bundesamt angegeben hat, dass sein Onkel von den anderen Clans umgebracht worden sei (AS 218), gab er in der Beschwerdeverhandlung an, dass sein Cousin getötet worden sei (OZ 15, S. 12).
Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt auch an, dass er und sein Bruder eine Anzeige gegen die Angehörigen der anderen Clans gemacht hätten (AS 218). In der Beschwerdeverhandlung erwähnte der Beschwerdeführer eine von ihm und seinen Bruder erstattete Anzeige hingegen nicht. Er gab lediglich an, dass der andere Clan zur Polizei gegangen sei (OZ 15, S. 12).
Der Beschwerdeführer hat beim Bundesamt auch angegeben, dass nachdem sein Bruder aus Somalia geflohen sei, am nächsten Tag die Polizei zur Familie des Beschwerdeführers gekommen sei und den Beschwerdeführer verhaftet habe (AS 218). In der Beschwerdeverhandlung führte er hingegen aus, dass nachdem sein Bruder weggelaufen sei, der andere Clan zum Beschwerdeführer und zu seiner Familie gekommen sei und diese sie geschlagen und schlecht behandelt hätten. Der Clan sei dann zur Polizei gegangen. Die Polizei habe den Beschwerdeführer daraufhin verhaftet (OZ 15, S. 12). Während es nach der Schilderung des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung so scheint als habe es nach dem Angriff des anderen Clans auf den Beschwerdeführer und seinen ältesten Bruder noch einen weiteren Angriff auf den Beschwerdeführer und seine Familie gegeben, klingt es aus den Angaben des Beschwerdeführers beim Bundesamt so als sei er nach dem Angriff des anderen Clans auf ihn und seinen Bruder von der Polizei festgenommen worden. Dass es dazwischen nochmals zu einem Angriff gekommen sei, ist seinen diesbezüglichen Angaben beim Bundesamt nicht zu entnehmen (AS 218).
Während der Beschwerdeführer beim Bundesamt angegeben hat, dass er in ein Gefängnis gebracht und dort vier Monate festgehalten worden sei (AS 218), führte er in der Beschwerdeverhandlung aus, dass die Polizei ihn verhaftet und nach drei Tagen in ein anderes Gefängnis gebracht habe (OZ 15, S. 12).
Darüber hinaus gab der Beschwerdeführer beim Bundesamt an, dass das Gefängnis am Morgen angegriffen worden sei und ihm dadurch die Flucht gelungen sei (AS 219). In der Beschwerdeverhandlung gab er hingegen an in der Nacht geflüchtet zu sein (OZ 15, S. 12).
Darüber hinaus sind die Angaben des Beschwerdeführers derart vage. So ist weder dem Vorbringen beim Bundesamt noch in der Beschwerdeverhandlung zu entnehmen mit welchem Clan die Familie des Beschwerdeführers Probleme gehabt habe. Lediglich aufgrund der Nachfrage in der Beschwerdeverhandlung, wonach der Clan der Isaaq im Heimatdorf des Beschwerdeführers bestimmend gewesen sei (OZ 15, S. 8), geht das Gericht davon aus, dass der Beschwerdeführer, wenn er vom "anderen" Clan gesprochen hat, Angehörige des Clans der Isaaq gemeint habe. Zudem ist aus den Angaben des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen, wo er und sein Bruder bzw. seine Familie von den Angehörigen der anderen Clans angegriffen worden seien und wie sich diese Angriffe abgespielt haben sollen.
Darüber hinaus sind die Angaben des Beschwerdeführers beim Bundesamt betreffend seine Flucht aus dem Gefängnis (AS 218) nicht mit den Länderberichten in Einklang zu bringen. So geht aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 12.05.2017 hervor, dass es im Zeitraum Juli 2014 bis Anfang August 2014 zu keinen Angriffen auf Gefängnisse in Somaliland gekommen ist (OZ 6). Die Angaben des Beschwerdeführers, aus einem Gefängnis ausgebrochen zu sein, sind daher nicht glaubhaft, es ist daher auch nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer jemals in einem Gefängnis inhaftiert gewesen sei.
Der Beschwerdeführer muss sich darüber hinaus eine Steigerung seines Vorbringens vorwerfen lassen, die sein diesbezügliches Vorbringen insgesamt in Zweifel zieht. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer nicht bereits in der Einvernahme vor dem Bundesamt Ausführungen zur behaupteten Vergewaltigung seiner Schwestern durch den anderen Clan tätigte, zumal sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen wäre, bereits im behördlichen Verfahren ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Sofern der Beschwerdeführer nach Vorhalt seiner Angaben in der Beschwerdeverhandlung angab, dass er es bisher nicht angegeben habe, weil er sich geschämt habe (OZ 15, S. 14), ist anzumerken, dass dies insbesondere deshalb nicht nachvollziehbar ist, weil bei der Einvernahme beim Bundesamt zwar eine weibliche Dolmetscherin anwesend war, jedoch ein Mann die Amtshandlung geleitet hat. Bei der Beschwerdeverhandlung war hingegen sowohl eine weibliche Richterin als auch eine weibliche Dolmetscherin anwesend, so dass dies bloß als Schutzbehauptung des Beschwerdeführers gewertet wird. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungs-gerichtshofes ist ein gesteigertes Vorbringen nicht als glaubwürdig anzusehen. Vielmehr müsse grundsätzlich den ersten Angaben des Asylwerbers ein erhöhter Wahrheitsgehalt zuerkannt werden (so schon VwGH 08.04.1987, 85/01/0299), weil es der Lebenserfahrung entspricht, dass Angaben, die in zeitlich geringerem Abstand zu den darin enthaltenen Ereignissen gemacht werden, der Wahrheit in der Regel am nächsten kommen (VwGH 11.11.1998, 98/01/0261, mwH). Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer damit versucht, seinem Vorbringen einen zusätzlichen Aspekt hinzuzufügen.
In einer Gesamtschau des Vorbringens kann daher nicht erkannt werden, dass es tatsächlich zur Aufforderung des Vaters des Beschwerdeführers durch Angehörige des Clans der Isaaq oder eines anderen Clans zur Herausgabe seiner Werkstatt sowie zu Angriffen auf den Beschwerdeführer, dessen Vater, dessen ältesten Bruder oder dessen (sonstige) Familienangehörige oder zu einer Vergewaltigung seiner Schwestern gekommen ist. Es ist auch weder der Onkel oder der Cousin des Beschwerdeführers von Angehörigen der Isaaq oder eines anderen Clans getötet worden. Ebenso wenig ist der Beschwerdeführer verhaftet und im Gefängnis festgehalten worden. Der Beschwerdeführer ist daher auch nicht aus dem Gefängnis entflohen, weshalb staatliche Organe nicht nach ihm suchen. Im Falle der Rückkehr des Beschwerdeführers nach Somaliland droht diesem daher weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Angehörige des Clans der Isaaq oder eines anderen Clans, durch staatliche Organe oder durch andere Personen.
Aus den oben genannten Gründen geht das Gericht davon aus, dass der Beschwerdeführer Somaliland weder aus Furcht vor Eingriffen in die körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen hat.
2.2.2. Die Clan- bzw. Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers konnte nicht festgestellt werden.
Den Länderberichten ist zu entnehmen, dass lediglich 1-5% der Bevölkerung den berufsständigen Gruppen angehören. Diese werden sozial stigmatisiert und diskriminiert. Berufsgruppen unterscheiden sich von den anderen Clans besonders durch ihre wirtschaftliche bzw. finanzielle Schwäche. Heute hat sich die Situation für die Gabooye im Vergleich zur Zeit um die Jahrtausendwende, als sie nicht einmal normal die Schule besuchen konnten, gebessert (vgl. Punkt II.1.5.). Der Beschwerdeführer hat jedoch zur Jahrtausendwende, ca. von 2006 bis 2010, vier Jahre lang eine Schule in seinem Heimatort besuchen können (AS 1, 217; OZ 15, S. 7). Diesbezüglich hat der Beschwerdeführer keine konkreten Vorfälle oder Probleme genannt, sodass seine Angaben nicht plausibel sind.
Zudem hatte die Familie des Beschwerdeführers ein Haus und sein Vater eine eigene Werkstatt (AS 218; OZ 15, S. 8,12). Auch konnte der Beschwerdeführer einen hohen Geldbetrag für seine Flucht aufbringen (AS 218). Angehörige von Minderheitenclans sind jedoch besonders durch ihre wirtschaftliche Schwäche bzw. ihre schwache Finanzkraft gekennzeichnet (vgl. Punkt II.1.5.).