TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/20 W111 2156238-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.11.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

20.11.2018

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §55

Spruch

W111 2156238-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. DAJANI, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX alias XXXX, StA. Äthiopien, vertreten durch die XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.03.2017, Zl. 1108294607-160384372, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.11.2018 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005

idgF iVm § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46, 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein damals minderjähriger Staatsangehöriger Äthiopiens, stellte am 15.03.2016 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, nachdem er zuvor illegal ins Bundesgebiet gelangt war. Anlässlich seiner am gleichen Tag abgehaltenen niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er sei in Äthiopien geboren worden und besitze die äthiopische Staatsbürgerschaft. Er bekenne sich zum islamischen Glauben sunnitischer Ausrichtung, gehöre der Volksgruppe der Ogaden an und sei über eine näher dargestellte Route schlepperunterstützt ins Bundesgebiet gelangt. Zu seinem Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer aus, sein Vater sei Mitglied der Regierung gewesen und aus diesem Grund von der Rebellengruppe XXXX umgebracht worden. Sie hätten seine gesamte Familie der Spionage bezichtigt, weshalb der Beschwerdeführer mit seiner Familie geflohen sei.

Das Verfahren des Beschwerdeführers wurde in der Folge zugelassen, nachdem ein durch das Bundesamt eingeholtes medizinisches Sachverständigen-Gutachten ein im Bereich der Minderjährigkeit liegendes Lebensalter seiner Person zum Antragszeitpunkt ergeben hatte.

Im Rahmen seiner am 15.02.2017 im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Somalisch abgehaltenen niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst vor (im Detail vgl. Verwaltungsakt, Seiten 121 bis 147), er fühle sich physisch und psychisch zur Durchführung der Einvernahme in der Lage und habe im Verfahren bis dato wahrheitsgemäße Angaben erstattet. Die Angaben zum Fluchtgrund seien jedoch insofern nicht korrekt protokolliert worden, als sein Vater nicht von XXXX getötet worden sei, sondern - da er Mitglied der XXXX gewesen wäre - durch die Regierung getötet worden sei. Der Beschwerdeführer habe nie über identitätsbezeugende Dokumente verfügt, er sei gesund, äthiopischer Staatsbürger und habe von Geburt an gemeinsam mit seiner Familie in der äthiopischen Stadt XXXX gelebt. Der Beschwerdeführer sei Ogaden, gehöre dem Clan der Darod an, sei sunnitischer Moslem, habe sieben Jahre lang die Grundschule besucht und keinen Beruf erlernt. Seine Familie habe in ärmlichen Verhältnissen gelebt, er selbst sei nie politisch tätig gewesen. Sein Vater sei Mitglied der Rebellen der XXXX gewesen, aus diesem Grund seien sie ständig von den Soldaten der Regierung geschlagen, misshandelt und inhaftiert worden. Seine Familie befinde sich auf der Flucht, der Beschwerdeführer sei über deren aktuellen Aufenthaltsort nicht informiert. Weitere Verwandte habe er im Herkunftsstaat nicht. In Österreich besuche der Beschwerdeführer einen Deutschkurs, lebe von staatlicher Unterstützung und habe Freunde gefunden.

Der Beschwerdeführer, seine Mutter und seine Geschwister hätten sich in ihrer Heimatstadt sechs Monate aufgrund der Mitgliedschaft des Vaters bei der XXXX in Haft befunden. Nach deren Freilassung sei der Vater des Beschwerdeführers Ende Oktober 2015 bei einer Auseinandersetzung zwischen der XXXX und den äthiopischen Truppen getötet und dessen Leiche in der Stadt zur Schau gestellt worden. Tags darauf hätten äthiopische Soldaten die Mutter und Geschwister des Beschwerdeführers zu Hause angegriffen, als der Beschwerdeführer gerade mit Freunden spazieren gewesen sei. Nachdem er von Leuten aus der Nachbarschaft davor gewarnt worden sei, nach Hause zu gehen, habe sich der Beschwerdeführer aus Angst bei Freunden versteckt und die Stadt am nächsten Tag verlassen. Seinen Vater habe er zuletzt im Alter von etwa sieben Jahren gesehen und seither keine Informationen über dessen Aufenthaltsort gehabt. Im Falle einer Rückkehr befürchte der Beschwerdeführer, getötet oder zumindest lebenslang eingesperrt zu werden.

2. Mit im Spruch angeführten Bescheid vom 22.03.2017 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und den Antrag gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Äthiopien abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die beschwerdeführende Partei eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der beschwerdeführenden Partei nach Äthiopien gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der beschwerdeführenden Partei zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkte III. und IV).

In seiner Entscheidungsbegründung stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen Staatsbürger Äthiopiens handle, dessen präzise Identität mangels Vorlage unbedenklicher Dokumente nicht feststünde und der an keiner schwerwiegenden oder gar lebensbedrohlichen Erkrankung im physischen oder psychischen Bereich leiden würde. Dessen Vorbringen hinsichtlich einer aktuellen Bedrohungssituation in Äthiopien erweise sich aufgrund näher dargestellter beweiswürdigender Erwägungen als nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer sei in der Lage, seine existenziellen Grundbedürfnisse selbständig zu decken und verfüge zudem über Familienangehörige in Äthiopien. Eine landesweite allgemeine extreme Gefährdungslage, in der jeder Antragsteller im Falle seiner Abschiebung mit dem Tod oder schwersten Verletzungen zu rechnen hätte, sei in Äthiopien nicht gegeben. Der Beschwerdeführer verfüge im Bundesgebiet weder über verwandtschaftliche Bindungen, noch seien sonstige private Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet feststellbar.

3. Gegen den oben angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet sich die fristgerecht am 10.04.2017 eingebrachte Beschwerde, in welcher zunächst auf verfassungsrechtliche Bedenken in Bezug auf die damals geltende Fassung des § 16 Abs. 1 BFA-VG hingewiesen wurde. Zur Beschwerdebegründung wurde desweiteren zusammengefasst ausgeführt, dass sich die seitens der Behörde herangezogenen Länderinformationen zur Beurteilung der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gefährdungssituation als unzureichend erweisen würden. Die Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid gestalte sich insofern als mangelhaft, als sie sich vorwiegend auf eine Diskrepanz zwischen Erstbefragung und der weiteren Einvernahme gegründet hätte. Dem Beschwerdeführer drohe seitens der äthiopischen Regierung Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familienangehörigen von XXXX-Kämpfern. Wie aus den Länderfeststellungen desweiteren hervorginge, werde die Menschenrechtslage in ganz Äthiopien von einem langanhaltenden Konflikt dominiert, welchem auch Zivilisten zum Opfer fallen würden. Selbst in der Hauptstadt käme es immer wieder zu Anschlägen und terroristischen Aktivitäten, es gäbe in Äthiopien keine effektive Staatsgewalt. Der Beschwerdeführer zeige sich im Rahmen seiner Möglichkeiten um eine Integration in die österreichische Gesellschaft bemüht. Der Beschwerdeschrift beiliegend wurden Deutschkurs-Teilnahmebestätigungen übermittelt.

4. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 09.05.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Eingabe vom 05.02.2018 übermittelte der Beschwerdeführer ein ÖSD-Zertifikat A1 sowie eine Bestätigung über die Verrichtung von gemeinnützigen Hilfstätigkeiten im November 2016 sowie im März 2017.

5. Am 05.11.2018 fand zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, an welcher der Beschwerdeführer, dessen gewillkürter Vertreter sowie eine Dolmetscherin für die somalische Sprache teilgenommen haben. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl war ordnungsgemäß geladen worden, hat jedoch auf eine Teilnahme an der Verhandlung verzichtet.

Die gegenständlich relevanten Teile der Verhandlung haben sich wie folgt gestaltet:

"(...) R: Möchten Sie Ihrem bisherigen Verfahren etwas hinzufügen oder korrigieren?

BF: Ich möchte darauf hinweisen, dass ich somalischer Staatsbürger bin, es wurde aber immer geschrieben, dass ich äthiopischer Staatsbürger bin.

R: Sie wurden im Zuge Ihres Verfahrens mehrfach einvernommen, die Einvernahmen wurden Ihnen rückübersetzt. In diesen Einvernahmen ist jeweils ausgeführt, dass Sie äthiopischer Staatsangehöriger sind, ebenso wurde dies im Bescheid ausgeführt und in der Beschwerdeschrift vom 10.04.2017. Warum monieren Sie diesen Umstand erst jetzt?

BF: Ich habe immer gesagt, dass ich in Äthiopien geboren bin, aber somalischer Staatsbürger bin. Meine Eltern sind aus Somalia und wir sprechen die somalische Sprache.

R: Einmal haben Sie das angegeben, und zwar auf einem Datenblatt (AS 15), trotzdem wurde das sonst nirgends erwähnt. Es wurde immer angegeben, dass Sie äthiopischer Staatsbürger sind.

BF: Ich weiß es nicht, ob es falsch verstanden wurde, weil ich immer gesagt habe, dass ich aus Äthiopien bin, jedoch habe ich immer gesagt, dass ich ein Somalier bin.

R: Haben Sie irgendwelche Beweise die das belegen?

BF: Ich habe keine Beweismittel, aber ich bin Somalier und meine Eltern sind auch somalische Staatsangehörige.

R: Hatten Sie einen somalischen Pass?

BF: Nein.

R: Hatten Sie somalische Dokumente?

BF: Nein. Ich habe auch keinen äthiopischen Pass.

R: Aus den Unterlagen zum Dublin-Verfahren lässt sich schließen, dass zumindest im Dublin-System Somalia als Ihre mögliche Staatsbürgerschaft angegeben wurde. Wieso haben Sie das in Österreich nicht deutlich zur Kenntnis gebracht, immerhin wurden Ihnen alle Unterlagen rückübersetzt? Insbesondere im Rahmen der Beschwerdeschrift wäre es naheliegend gewesen, diesen Umstand zur Kenntnis zu bringen.

BF: Bei der Polizeieinvernahme hatte ich keine Rückübersetzung erhalten. Bei der zweiten Einvernahme habe ich immer gesagt, dass ich somalischer Staatsbürger bin. Ich habe es sogar mehrmals erwähnt.

R: Zur Polizeieinvernahme ist zu sagen, dass Sie Ihnen laut Protokoll sehr wohl übersetzt wurde. Zur Einvernahme vor dem BFA ist anzumerken, dass aus dem Protokoll nicht hervorgeht, dass Sie dies vorgebracht hätten. Vielmehr geht aus dem Protokoll hervor (AS 129), dass Sie selbst angegeben haben, dass Sie äthiopischer Staatsbürger sind.

BF: Bei der Polizeieinvernahme habe ich keine Rückübersetzung bekommen. Ich erinnere mich genau, dass sie mir diese Papiere gegeben haben und ich diese unterschrieben habe. Und vor dem BFA habe ich immer angegeben, dass ich somalischer Staatsangehöriger bin und nur in Äthiopien geboren wurde.

R: Der Spruch Ihres Bescheides vom BFA wurde in Ihrer Muttersprache verfasst, zumindest da müsste Ihnen ganz klar gewesen sein, dass man von Äthiopien ausgeht. Trotzdem wurde dies im Beschwerdeschriftsatz in keiner Zeile erwähnt.

BF: Ich habe immer gesagt, dass ich somalischer Staatsangehöriger bin. Ich habe auch meiner Rechtsvertretung gesagt, dass ich somalischer Staatsangehöriger bin.

R: Wo sind Ihre Eltern geboren?

BF: In Somalia in XXXX.

R: Haben Sie irgendwelche Beweise, die eine somalische Staatsbürgerschaft nahelegen würden?

BF: Was soll ich sagen, ich bin Somalier. Meine Eltern sind Somalier.

R: Bitte schildern Sie mir in kurzen Worten Ihren Lebenslauf, bis zu dem Zeitpunkt wo Ihre Probleme begonnen haben.

BF: Ich bin in XXXX geboren. Ich bin sieben Jahre zur Schule gegangen. Ich heiße XXXX. Ich bin aus einer somalischen Region. Mein Vater war OLNF-Mitglied. Meine Mutter hat als Haushelferin gearbeitet. Ich habe drei Geschwister, zwei Brüder und eine Schwester.

R: Ihr Vater hat auch bei Ihnen gelebt?

BF: Nein, mein Vater hat nicht bei uns gelebt. Er hat bei der OLNF gekämpft. Er hat uns ab und zu besucht. Er hat nicht zum Unterhalt der Familie beigetragen. Meine Eltern waren nicht geschieden.

R: Wie war Ihre Einkommenssituation?

BF: Meine Mutter hat nicht so gut verdient. Wir hatten nur ausreichend zu Essen. Wir haben in einem kleinen Haus gelebt.

R: Bitte schildern Sie mir detailliert und chronologisch richtig, aus welchen Gründen Sie Ihre Heimat verlassen haben.

BF: Mein Vater war OLNF-Mitglied. Die Regierung hat meinen Vater gesucht. Sie haben auch uns gefragt. Als ich klein war, hat die Regierung meine Mutter immer nach meinem Vater gefragt. Als ich erwachsen wurde, fragten sie mich auch. Sie befragten auch meinen Bruder. Sie haben uns mehrmals gefragt, manchmal haben sie auch meine Mutter verhaftet. Als wir erwachsen wurden, meine Geschwister und ich, wurden wir auch verhaftet. Sie fragten uns immer nach unserem Vater. Eines nachts war ich im Gefängnis, die Regierung hat mich rausgeholt, mich geschlagen und mich nach meinem Vater gefragt. Ich war sechs Monate lang im Gefängnis. Wir haben sehr schlimme Sachen dort erlebt, ich, meine Mutter und mein Bruder. Nachgefragt gebe ich an, dass ich im Jänner 2015 im Gefängnis war. Wir haben unseren Vater nicht verraten und nach sechs Monaten wurden wir entlassen. Die Regierung hat uns freigelassen, weil sie dachten, dass mein Vater uns besuchen kommt. Als wir entlassen wurde, begann ein Krieg zwischen der OLNF und der Regierung. Während dieser Kämpfe ist mein Vater gestorben. Nachgefragt gebe ich an, dass dies ca. drei Monate nach meiner Freilassung war.

R: Wo wurden Sie während des Gefängnisaufenthaltes geschlagen (welcher Körperteil)?

BF: Ich wurde am Rücken geschlagen und sie haben meinen Kopf in Wasser getaucht.

R: Bitte fahren Sie fort.

BF: Als mein Vater getötet wurde, brachte die Regierung seine Leiche in die Stadt. Ich konnte die Leiche meines Vaters nicht sehen, weil ich Angst hatte. Während dieses Vorfalls war ich nicht zu Hause. Ich habe einen Anruf bekommen und mir wurde gesagt, dass die Regierungssoldaten zu meiner Familie gekommen sind. Ich bin nicht nach Hause gegangen, ich bin geflüchtet. Das war mein Fluchtgrund.

R: Aus Ihren bisherigen Ausführungen geht hervor, dass Sie Ihre Ausreise ohne Vorbereitungen vorgenommen haben. Stimmt das?

BF: Was meinen Sie damit?

R erklärt die Frage.

BF: Ich konnte nicht zu meiner Familie zurückkehren, weil ich Angst hatte und dort Regierungssoldaten waren.

R: Trotzdem widerspricht es jeder Lebenserfahrung, dass man eine Reise ohne Wiederkehr antritt, ohne sich von seiner Familie in irgendeiner Form zu verabschieden, bzw. sich nach solch einem Angriff sich irgendwie zu erkundigen wie es der Familie geht, bzw. man selbst nachschaut.

BF: Als ich im Gefängnis war habe ich viel Schlimmeres erlebt. Darum wollte ich nicht wieder zurückkehren. In meinem zu Hause waren noch Soldaten der Regierung.

R: Aber gerade deswegen wäre es doch naheliegend gewesen, sich zumindest über das Schicksal der Familienmitglieder zu erkundigen?

BF: Ich habe keine Probleme mit meiner Familie. Aber ich hatte große Angst, dass ich wieder ins Gefängnis müsse.

R: Warum ist die Armee eigentlich zu Ihrer Mutter und Ihren Geschwistern gekommen (gemeint ist am Tag vor Ihrer Ausreise)?

BF: Die Armee hat meine Familie beschuldigt, dass sie meinen Vater versteckt haben und nicht gesagt haben, wo er ist bzw. wo er war.

R: Das müsste die Armee aber in den Monaten davor doch genauso getan haben? Immerhin ist Ihr Vater in einem Kampf umgekommen. Wieso sollte die Armee dann noch Interesse an Ihnen haben?

BF: Sie beschuldigten uns, dass wir OLNF-Mitglieder sind.

R: Das hätte man aber Ihnen schon jahrelang vorwerfen können und trotzdem hat man Sie freigelassen?

BF: In diesen Jahren hatten wir immer Probleme.

R: Warum hat man Sie freigelassen?

BF: Weil sie wollten, dass mein Vater zu uns zu Besuch kommt.

R: Wie viel hat Ihre Ausreise gekostet?

BF: 2.000 Dollar.

R: Woher nahmen Sie das Geld?

BF: Als ich Libyen war, gab es viele andere geflüchtete Leute, diese haben das Geld gesammelt und mir gespendet.

R: Ihre Flucht hat Sie persönlich nichts gekostet?

BF: Nein.

R: Es entbehrt jeder Lebenserfahrung, dass man schlepperunterstütz nach Europa komme, ohne selbst Geld aufbringen zu müssen.

BF: Ich verstehe die Frage nicht.

R erklärt die Frage.

BF: Wie gesagt, die Leute haben das Geld gesammelt und mir geholfen, weil ich keine Familie habe und ich nicht wusste, wo meine Familie ist.

R: An welchem Tag wurde Ihr Vater getötet?

BF: Das war ein Samstag, Ende Oktober 2015. Ich erinnere mich nicht genau, aber es war Ende Oktober 2015.

R: Das widerspricht der Lebenserfahrung, dass man sich an solch ein Datum nicht erinnern kann.

BF: Ich habe viele Probleme erlebt, deswegen habe ich es vergessen.

R: Sie schildern Ihr Fluchtvorbringen vage und oberflächlich. Können Sie diesbezüglich detailliertere Angaben dazu machen?

BF: Ich habe Ihnen erzählt, was ich erlebt habe und die Probleme die ich hatte geschildert. Ich bin geschlagen worden, mein Vater wurde getötet und meine ganze Familie wurde verhaftet. All diese Probleme habe ich schon erzählt.

R: Können Sie mir schildern, wie die Person hieß, welche Sie über den Angriff Ihrer Familie informiert hat?

BF: Er hieß XXXX.

R: Wissen Sie zwischenzeitlich was mit Ihrer Mutter und Ihren Geschwistern passiert ist?

BF: Bis jetzt habe ich keine Ahnung, aber ich bin auf der Suche nach meiner Familie.

R: Haben Sie keine Bekannten oder Verwandten in Äthiopien die Sie fragen können?

BF: Nein ich habe keine. Nach XXXX gefragt, gebe ich an, dass ich keinen Kontakt zu ihm habe.

R: Wieso? Er hat Sie doch damals über den Vorfall über Ihre Familie informiert?

BF: Damals war ich in meinem Heimatort, aber jetzt habe ich seine Kontaktdaten verloren. Während der Flucht habe ich mein Handy verloren, daher kann ich ihn nicht anrufen.

R: Sie schildern mir also, dass Sie gegenwärtig gar keinen Kontakt nach Äthiopien haben?

BF: Jetzt habe ich keinen Kontakt, zu niemanden.

R: Kennen Sie die Namen der Personen, welche Ihnen das Geld geborgt haben um nach Italien zu kommen?

BF: Es waren viele Leute, mehr als 300 Leute. Ich kann mich an Namen nicht erinnern.

R: Leiden Sie unter schweren oder chronischen Krankheiten?

BF: Nein.

R: Falls Sie in Ihre Heimat zurückkehren müssten, wie würde es Ihnen dort gehen, wie wären Ihre Lebensumstände?

BF: Bis jetzt weiß ich nicht, ob meine Familie noch dort ist oder nicht. Zweitens, bestehen die Probleme, wegen denen ich geflüchtet bin noch immer. Ich weiß nicht genau, aber vorigen Donnerstag oder Mittwoch, sind 20 Leute verstorben. Die Probleme sind immer noch vorhanden, zwischen XXXX und XXXX.

R: Woher haben Sie diese Informationen?

BF: Aus dem Fernsehen. Ich habe das im S-TV gesehen. Das ist ein somalisches Fernsehprogramm.

R: Sie haben eingangs angegeben, dass Sie somalischer Staatsbürger wären.

BF: Ja.

R: Warum sind dann Ihre Verwandten und Sie nicht nach Somalia gegangen?

BF: Wir konnten nicht nach Somalia zurückkehren, weil wir dort niemanden kannten. Wir hätten keine Unterstützung gehabt.

R: Sie wollen mir also erklären, dass es leichter ist ohne Papiere und Geld nach Europa zu kommen, als in das Land dessen Staatsbürgerschaft man besitzt?

BF: Der leichte Weg war, dass ich nach Libyen flüchtete, weil ich nichts bezahlt habe.

RV: Ich glaube, dass es deshalb leichter ist, weil sie es nicht kennen. Und weil sie es in Facebook und anderen sozialen Medien sehen und denken, dass in Europa das Paradies sei. Niemand aber erzählt aber von den Vorfällen, welche auf der Flucht passieren.

R: Sind Sie arbeitsfähig?

BF: Ja.

R: Bitte schildern Sie mir Ihre Integrationserfolge in Österreich bzw. Ihre privaten Bindungen an dieses Land.

BF: Ich habe schon einen Deutschkurs besucht und besuche jetzt den B1 Kurs.

R: Dann müssen Sie ein A2 Zeugnis haben oder?

BF: Die A2 Prüfung habe ich noch nicht gemacht, aber die A1 Prüfung.

RV legt das A1-Prüfungszertifikat vor, weiters zwei Bestätigungen über gemeinnützige Hilfstätigkeiten am Wirtschaftshof in einer österreichischen Stadtgemeinde. Diese Unterlagen werden in Kopie zum Akt genommen.

R: Wovon bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt?

BF: Von der Grundversorgung.

R: Haben Sie familiäre oder private Bindungen in Österreich?

BF: Ich habe Pateneltern. Ich habe auch Kontakt zu meinem Deutschlehrer.

R: Wer sind denn die Pateneltern?

BF: XXXX, dies ist auch meine Deutschlehrerin (AS 249).

R: Wie drückt sich die Patenschaft aus?

BF: Sie unterstützen mich. Sie hat den Kurs, welchen ich gerade besuche für mich gefunden. Ich habe schon freiwillig gearbeitet.

R: Leben Sie in einer Lebensgemeinschaft?

BF: Nein.

R: Ich übergebe Ihnen bzw. Ihrer Rechtsvertreterin das LIB der Staatendokumentation zu Äthiopien (Stand 16.01.2017, letzte Kurzinfo eingefügt am 23.08.2018). Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?

RV ersucht um eine Stellungnahmefrist von 14 Tagen.

R gewährt diese.

R: Möchten Sie noch etwas vorbringen?

RV: Nein.

BF: Nein. (...)"

Mit Schreiben vom 19.11.2018 langte am 20.11.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eine Vollmacht eines neuen Beschwerdeführervertreters ein, das auch eine Stellungnahme beinhaltete. Diese führte hinsichtlich der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers aus, dass bei mehreren Asylwerbern aus gegenständlicher Region die Staatsbürgerschaft verwechselt worden sei und sich Personen aus der besagten Gegend oftmals als "Äthiopien-Somalier" bezeichnen würden, was zu Verwechslungen führt. Darüber hinaus sei das BFA unwillig solche Fehler aufzuklären. Weiters hätte der Verfasser der Beschwerde nie mit dem Beschwerdeführer gesprochen und wäre dieser von der zuständigen Betreuerin nicht mit den einschlägigen Informationen versorgt worden. Bei der seinerzeitigen Beschwerde würde es sich zudem um eine "eher oberflächliche, die nicht besonders in die Tiefe geht" handeln. Auch hätte der Beschwerdeführer der Vertreterin gegenüber angegeben, dass er somalischer Staatsbürger wäre. Dies wäre auch in der mündlichen Verhandlung vorgebracht worden. Desweiteren werden Erwägungen zu Versorgungssituation in Somalia(!) vorgebracht, hinsichtlich deren Inhaltes auf den Schriftsatz verwiesen wird.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger Staatsangehöriger Äthiopiens, welcher der Volksgruppe der Ogaden sowie dem Clan der Darod angehört und sich zum islamischen Glauben sunnitischer Ausrichtung bekennt. Bis zu seiner Ausreise im November 2015 lebte der Beschwerdeführer in XXXX, wo sich zuletzt noch die Mutter sowie drei Geschwister des Beschwerdeführers aufgehalten haben. Der damals minderjährige Beschwerdeführer gelangte im März 2016 über den Sudan, Libyen und Italien illegal in das Bundesgebiet und suchte am 15.03.2016 um internationalen Schutz an. Seither hält er sich durchgehend im Bundesgebiet auf.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen hat oder nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu befürchten hätte oder dass ihm eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Prot. Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.

Der Beschwerdeführer hat nicht glaubhaft gemacht, in Äthiopien eine Verfolgung durch staatliche Behörden befürchten zu müssen, in eine hoffnungslose Lage zu kommen, einem realen Risiko einer sonstigen Verfolgung oder einer Verletzung seiner Rechte auf Leben, nicht unmenschlicher Behandlung oder Folter unterworfen zu werden und/oder nicht der Todesstrafe zu unterliegen und als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes unterworfen zu sein.

Der Beschwerdeführer leidet an keiner akuten oder lebensbedrohlichen psychischen oder physischen Erkrankung, welche ein Hindernis für eine Rückführung nach Äthiopien darstellen würde. Der Beschwerdeführer verfügt über Schulbildung und ist zu einer eigenständigen Bestreitung seines Lebensunterhalts grundsätzlich in der Lage.

Der unbescholtene Beschwerdeführer ist im Bundesgebiet nicht berufstätig und kann seinen Lebensunterhalt in Österreich nicht eigenständig bestreiten. Er verfügt über keine familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet und führt hier keine Lebensgemeinschaft. Der Beschwerdeführer besuchte Deutschkurse (zuletzt auf dem Niveau A2/B1) und hat ein Zertifikat über die Absolvierung einer ÖSD-Prüfung auf dem Niveau A1 in Vorlage gebracht. Im Zeitraum November 2016, März, Juni, Juli, September und November 2017 sowie Juni bis September 2018 hat der Beschwerdeführer gemeinnützige Hilfstätigkeiten verrichtet. Der Beschwerdeführer hat Bekanntschaften im Bundesgebiet geknüpft. Darüber hinaus verfügt der Beschwerdeführer über keine besonderen Anknüpfungspunkte zu Österreich. Dem Beschwerdeführer kam zu keinem Zeitpunkt seines Aufenthaltes in Österreich ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zu.

Es besteht in Österreich kein schützenswertes Privat- oder Familienleben im Sinne des Artikels 8 EMRK.

1.2. Hinsichtlich der entscheidungsrelevanten Situation in Äthiopien wird unter Heranziehung der dem Beschwerdeführer anlässlich der Beschwerdeverhandlung zur Kenntnis gebrachten Länderberichte

Folgendes festgestellt:

KI vom 23.8.2018: Umbruch in der äthiopischen Somali-Region (betrifft: Abschnitt 3.1/ Sicherheitslage - Somali-Region; Abschnitt 9.1/Opposition)

Im Zuge eines Machtkampfs zwischen dem neuen äthiopischen Ministerpräsidenten und dem Präsidenten des äthiopischen Somali Regional State (SRS) (NZZ 16.8.2018) versuchte die äthiopische Armee am 3.8.2018 den Präsidenten des SRS, Abdi Mohamed Omar alias Abdi Illey, in der Regionshauptstadt Jijiga festzunehmen. Als die regionale paramilitärische Liyu-Police Widerstand leistete, kam es zu mehrtägiger Gewalt (BAMF 13.8.2018; vgl. AN 11.8.2018). U.a. begannen am 4.8.2018 inter-kommunale Auseinandersetzungen im SRS. Ausgehend von Jijiga breitete sich die Gewalt rasch nach Degahbur, Warder, Kebri Dehar, Gode und Babile aus (UNOCHA 17.8.2018). Bei der Gewaltwelle wurden u.a. gezielt Christen - Priester und einfache Gläubige - ermordet und Kirchen niedergebrannt (KP 17.8.2018). Plünderungen richteten sich gegen ethnische Minderheiten in Jijiga (DW 9.8.2018). Die militärische Präsenz der Bundesarmee im SRS wurde drastisch verstärkt (KP 17.8.2018).

Die Bilanz der Unruhen ist derzeit noch unvollständig. Die Zahl der Toten wird auf ein Dutzend geschätzt, zahlreiche Menschen wurden verletzt, tausende Christen aus ihren Wohnungen und Häusern vertrieben (KP 17.8.2018). Es könnte auch mehrere Dutzend Opfer gegeben haben (BAMF 13.8.2018). Abdi Ilay ist am 6.8.2018 von seinem Amt zurückgetreten und befindet sich in Gewahrsam äthiopischer Sicherheitskräfte (KP 17.8.2018; vgl. AN 11.8.2018). Im Vorfeld hatte es Rücktrittsforderungen an Iley gegeben, dem Machtmissbrauch und Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen worden waren (BAMF13.8.2018). Am 22.8.2018 wurde einer seiner Kritiker, Mustafa Muhumed Omer, zum neuen Interimspräsident für den SRS ernannt (EO 22.8.2018).

Im Zuge der Auseinandersetzungen wurden ca. 141.000 Personen intern vertrieben. Alleine in der Regionalhauptstadt Jijiga suchten rund 35.000 Personen Schutz in und um Kirchen. Andere flüchteten in Nachbarregionen, es kam zu einem Exodus von Bewohnern des SRS, die nicht ethnische Somali sind (UNOCHA 17.8.2018). Bis zum 13.8.2018 hat sich die Situation in Jijiga soweit beruhigt, dass erste Geschäfte wieder aufgesperrt haben. Der Flugbetrieb nach Jijiga war von 4.-10.8. ausgesetzt. Ab 15.8. kehrten ethnische Somali aus anderen Teilen des SRS nach Jijiga zurück. Die nicht-ethnischen Somali kehrten teils ebenfalls in ihre Häuser in Jijiga zurück, teils reisten sie weiter nach Addis Abeba, Harar oder Dire Dawa. Weitere zigtausende Personen bleiben in IDP-Lagern (UNOCHA 17.8.2018).

V.a. in den Bundesstaaten Oromiya und im SRS schwelt ein international kaum wahrgenommener Konflikt, der Hunderte Tote gefordert hat. Seit April wurden nach Angaben der Vereinten Nationen rund eine Million Menschen vertrieben (NZZ 16.8.2018). Die Gewalttätigkeiten sind religiös und ethnisch aufgeladen (AN 17.8.2018). Die Gewalt im SRS im August hat auch zu ethnisch motivierten Morden in anderen Landesteilen geführt, namentlich in Dire Dawa, Shashemene, Tape und Adama (AN 17.8.2018).

Die Ogaden National Liberation Front (XXXX) verkündete am 12.08.18 einen einseitigen Waffenstillstand (BAMF 13.8.2018). Dies muss allerdings als ein erster Schritt bewertet werden. Das Vorgehen gegen den Präsidenten des SRS hat sicher zu dieser Entscheidung beigetragen (SF 13.8.2018). Die XXXX hat eine Delegation nach Addis Abeba entsendet (EZ 13.8.2018).

Quellen:

-

AN - Africanews (17.8.2018): Ethiopia PM's reform agenda threatened by rising insecurity - HRW, http://www.africanews.com/2018/08/17/ethiopia-pm-s-reform-agenda-threatened-by-rising-insecurity-hrw/, Zugriff 23.8.2018

-

AN - Africanews (11.8.2018): Ethiopia PM says 'fake news' fuelling Somali regional crisis, urges calm, http://www.africanews.com/2018/08/11/ethiopia-pm-says-fake-news-fuelling-somali-regional-crisis-urges-calm/, Zugriff 22.8.2018

-

BAMF - Deutschland, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (13.8.2018): Briefing Notes 13. August 2018

-

DW - Deutsch Welle (9.8.2018): Ethiopia: Ethnic tensions continue to smolder in Somali region,

https://www.dw.com/en/ethiopia-ethnic-tensions-continue-to-smolder-in-somali-region/a-45022737, Zugriff 23.8.2018

-

EO - Ethiopian Observer (22.8.2018): The Ethiopia's Somali region gets new president,

https://www.ethiopiaobserver.com/2018/08/22/the-ethiopias-somali-region-gets-new-president/, Zugriff 23.8.2018

-

EZ - Ezega (13.8.2018): XXXX Abandons Bid for Secession of Somali Regional State,

https://www.ezega.com/News/NewsDetails/6500/XXXX-Abandons-Bid-for-Secession-of-Somali-Regional-State, Zugriff 23.8.2018

-

KP - KathPress (17.8.2018): Äthiopien - Regierungschef sagt Christen Schutz vor Gewalt zu,

https://www.kathpress.at/goto/meldung/1666612/aethiopien-regierungschef-sagt-christen-schutz-vor-gewalt-zu, Zugriff 22.8.2018

-

NZZ - Neue Zürcher Zeitung (16.8.2018): Priester getötet und Kirchen in Brand gesteckt: Weshalb in Äthiopien religiöse Unruhen wüten,

https://www.nzz.ch/international/bewaehrungsprobe-fuer-afrikas-hoffnungstraeger-ld.1411858, Zugriff 23.8.2018

-

SF - Stratfor (13.8.2018): Ethiopia: A Militant Cease-Fire Marks One More Accomplishment For the New Prime Minister, https://worldview.stratfor.com/article/ethiopia-militant-cease-fire-marks-one-more-accomplishment-new-prime-minister, Zugriff 23.8.2018

-

UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Government of Ethiopia (17.8.2018): Ethiopia - Somali Region: Flash Number 1,

https://reliefweb.int/report/ethiopia/ethiopia-somali-region-flash-number-1-17-august-2018, Zugriff 22.8.2018

KI vom 3.7.2018: Anschlag auf Premierminister Abiy Ahmed (betrifft:

Abschnitt 2/politische Lage; Abschnitt 3/ Sicherheitslage; Abschnitt 9/Allgemeine Menschenrechtslage; Abschnitt 9.1/Opposition)

Auch wenn sich die Sicherheitslage in Äthiopien deutlich entspannt hat, kann diese zurzeit nicht als stabil bewertet werden. Die Sicherheitslage kann sich jederzeit wieder verschlechtern (AA 28.6.2018; vgl. BMEIA 28.6.2018; FD 28.6.2018).

Am Freitag dem 23.6.2018 kam es im Zuge des ersten öffentlichen Auftrittes von Abiy Ahmed, dem ersten äthiopischen Regierungschef aus der ethnischen Gruppe der Oromo (JA 24.6.2018), am Meskel-Platz in der Hauptstadt Addis Abeba, zu einem Attentat mit einer Handgranate. Zehntausende Menschen hatten sich am Morgen auf dem Meskel-Platz versammelt, um Ahmed zu unterstützen. Bei der Explosion sind mehrere Menschen getötet und weitere verletzt worden (BAMF 25.6.2018; vgl. DZ 23.6.2018).

Viele Anhänger trugen Kleidung mit Abiys Bild und Schilder mit der Aufschrift "One Love, One Ethiopia". Abiy sagte der Menge, dass die Veränderung kommen würde und es kein Zurück mehr gebe. Er betonte die Notwendigkeit weiterer Reformen (TG 23.6.2018). Seit seinem Amtsantritt im April 2018 hat der neue Premierminister mehrere Reformen eingeleitet (DW 23.6.2018). Beobachter meinten, dass die Größe der Menschenmenge die breite Unterstützung der Bevölkerung und den tiefen Wunsch nach Veränderung unterstreiche (TG 23.6.2018).

Die Explosion weckte Befürchtungen eines Rückschlags bzw. einer Gegenreaktion gegen die eingeleiteten Reformen. Abiy hat sich verpflichtet, die Transparenz der Regierung zu erhöhen und das seit 2015 von Protesten zerrissene Land zu versöhnen. Seit Anfang des Jahres hat Abiy große Veränderungen in Äthiopien bewirkt: Tausende von inhaftierten Dissidenten wurden freigelassen, darunter auch Mitglieder bewaffneter Gruppen. Es kam auch zu wirtschaftlichen Liberalisierungen (BAMF 25.6.2018; vgl. JA 23.6.2018; Reuters 25.6.2018), der Ausnahmezustand wurde beendet, es wurde eine umfassende Umbesetzung der Sicherheitsbeamten vorgenommen und es wurde beschlossen, den Streit mit Eritrea zu beenden (JA 24.6.2018).

Die Geschwindigkeit, mit der Abiy Reformen einleitete, erzeugte aber auch Spannungen (JA 24.6.2018). Beobachter gehen davon aus, dass der Anschlag mit Abiys Reformpolitik zusammenhängt (DW 23.6.2018), da das Reformprogramm bei einigen Gruppen Widerstand auslöste (TG 23.6.2018). Es wird auch spekuliert, dass in die Tat Kreise aus Militär und Sicherheitskräften verwickelt sein könnten, die durch die neue Linie ihre Interessen gefährdet sehen. Bisher gibt es hierfür jedoch keine Beweise (DW 23.6.2018). Und bereits am Montag, den 25.6.2018 standen neun Polizisten, unter Ihnen auch der stellvertretende Polizeikommissar von Addis Abeba vor Gericht. Die Polizeibeamten wurden wegen Sicherheitsversäumnissen bei dem Angriff am Samstag (23.6.2018) verhaftet. Insgesamt werden dreißig Verdächtige wegen mutmaßlicher Verbindungen zum Angriff festgehalten (Reuters 25.6.2018). Weitere Hintergründe sind unklar (BAMF 25.6.2018).

Auch nach der Explosion, schwört der äthiopische Premierminister, an den Reformen festzuhalten (TG 23.6.2018). Obwohl Abiy Ahmed, als Erneuerer angesehen wurde, erwarten nur wenige Beobachter die Umsetzung der angekündigten Reformen. Für Analysten wird die Umsetzung dieser Maßnahmen nicht ohne Spannung erfolgen (JA 23.6.2018).

Äthiopien hat eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften Afrikas, aber die Gegner der regierenden EPRDF-Koalition, die seit 1991 regiert, sagen, dass ihre Vorteile nicht gerecht zwischen den ethnischen Gruppen und Regionen des Landes aufgeteilt wurden (Reuters 25.6.2018).

Auch wenn sich die Sicherheitslage in Äthiopien deutlich entspannt hat, kann diese zurzeit nicht als stabil bewertet werden. Die Sicherheitslage kann sich jederzeit wieder verschlechtern (AA 28.6.2018; vgl. BMEIA 28.6.2018; FD 28.6.2018).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (28.6.2018): Äthiopien: Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aethiopien-node/aethiopiensicherheit/209504, Zugriff 28.6.2018

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (25.6.2018): Briefing Notes, Äthiopien, Attentat in der Hauptstadt, Zugriff 3.7.2018DS - Der Standard (20.6.2018): Friedensgespräche:

Eritrea will Delegation nach Äthiopien schicken, https://derstandard.at/2000081929790/Friedensgespraeche-Eritrea-will-Delegation-nach-Aethiopien-schicken, Zugriff 22.6.2018

-

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (28.6.2018): Äthiopien, Reise & Aufenthalt, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aethiopien/, Zugriff 28.6.2018

-

DW - Deutsche Welle (23.6.2018): Attentat auf Reformer in Äthiopiens Hauptstadt,

http://www.dw.com/de/attentat-auf-reformer-in-%C3%A4thiopiens-hauptstadt/a-44360146, Zugriff 26.6.2018

-

DZ - die Zeit (23.6.2018): Tote und Verletzte bei Explosion während Regierungskundgebung,

https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-06/aethiopien-abiy-ahmed-explosion-kundgebung-tote-verletzte, Zugriff 26.6.

-

FD - France Diplomatie (28.6.2018): Ethiopie, Conseils par pays, Sécurité,

https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/ethiopie/#securite, Zugriff 28.6.2018FR - Frankfurter Rundschau (11.6.2018): Abiys Friedensinitiative,

http://www.fr.de/politik/aethiopien-abiys-friedensinitiative-a-1522443, Zugriff 22.6.2018

-

JA - Jeune Afrique (23.6.2018): Éthiopie : un mort et 154 blessés dans une explosion lors d'un meeting, http://www.jeuneafrique.com/582347/politique/ethiopie-plusieurs-morts-dans-une-explosion-lors-dun-meeting-de-abiy-ahmed/, Zugriff 26.6.2018

-

JA - Jeune Afrique (24.6.2018): Éthiopie : le bilan de l'attaque à la grenade passe à deux morts,

http://www.jeuneafrique.com/582644/politique/ethiopie-le-bilan-de-lattaque-a-la-grenade-passe-a-deux-morts/, Zugriff 26.6.2018

-

Reuters (25.6.2018): Twenty people in court in Ethiopia following grenade attack,

https://www.reuters.com/article/us-ethiopia-politics/twenty-people-in-court-in-ethiopia-following-grenade-attack-idUSKBN1JL0V8, Zugriff 26.6.2018

-

TG - The Guardian (23.6.2018): Ethiopian prime minister vows to stick to reforms after explosion at rally, https://www.theguardian.com/world/2018/jun/23/explosion-rally-new-ethiopian-prime-minister-abiy-ahmed, Zugriff 26.6.2018

KI vom 22.6.2018: Neuer Premierminister, erste positive Schritte (betrifft: Abschnitt 2/politische Lage; Abschnitt 9/Allgemeine Menschenrechtslage; Abschnitt 9.1/Opposition)

Der im Februar 2018 nach erneuten Oppositionsprotesten verhängte Ausnahmezustand wurde durch das Parlament vorzeitig beendet. Dies gilt als wichtigste politische Veränderung seit dem Amtsantritt des neuen Ministerpräsidenten Abiy Ahmed Anfang April 2018 (DS 5.6.2018; vgl. BAMF 11.6.2018, FR 19.6.2018, NZZ 6.6.2018). Der Ausnahmezustand war im Zuge des überraschenden Rücktritts seines Vorgängers Hailemariam Desalegn in Folge anhaltender Proteste vor allem in der Region Oromia verhängt worden (BAMF 11.6.2018). Dabei war bereits im Oktober 2016 für zehn Monate der Ausnahmezustand verhängt worden. Im Zuge dessen kam es zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen, mehr als 20.000 Menschen waren festgenommen worden (DS 5.6.2018).

Abiy Ahmed ist gerade dabei, in einem atemberaubenden Tempo ein autoritäres Regime umzukrempeln, ein ganzes Land neu zu erfinden. In den vergangenen acht Wochen hat er die Politik von Jahrzehnten rückgängig gemacht (SZ 6.6.2018). Der neue Premierminister Abiy Ahmed - ein Oromo - sucht den Dialog mit Oppositionellen (DS 5.6.2018) und hat auch schon Oppositionelle getroffen (FR 19.6.2018; vgl. NZZ 6.6.2018, DW 5.6.2018). Außerdem kam es zur Entlassung tausender politischer Gefangener (FR 11.6.2018; vgl. SZ 6.6.2018, FR 19.6.2018, NZZ 6.6.2018). Auch die Internetblockade hat Abiy Ahmed aufheben lassen (NZZ 6.6.2018). Man darf auf einmal sagen, was man will in Äthiopien (SZ 6.6.2018).

Armeechef Samora Yunis und Geheimdienstchef Getachew Asefa - beide Hardliner - hat der Premierminister abgesetzt (FR 19.6.2018). Gleichzeitig werden staatliche Firmen für private Unternehmen geöffnet (NZZ 6.6.2018). Außerdem will Äthiopien seinen jahrelangen Grenzkonflikt mit Eritrea beenden. Das Exekutivkomitee der äthiopischen Regierungspartei erklärte, das zwischen den beiden Staaten abgeschlossene Waffenstillstandsabkommen bedingungslos umzusetzen. Gleichzeitig wurde die Regierung von Eritrea aufgerufen, ähnliche Schritte einzuleiten, um den Frieden wieder herzustellen (BAMF 11.6.2018). Eritrea hat daraufhin angekündigt, eine Delegation nach Addis Abeba zu entsenden (DS 20.6.2018)

Widerstand gegen die Reformbemühungen ist noch keiner aufgetreten. Allerdings könnte sich das ändern, immerhin haben viele vom bisherigen System profitiert (FR 19.6.2018). Außerdem hat sich Abiy Ahmed in der Vergangenheit nicht gerade als Liberaler hervorgetan, war mitverantwortlich für den Aufbau der Internetkontrollbehörde (NZZ 6.6.2018).

Quellen:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten