Entscheidungsdatum
23.11.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W170 2203781-1/9E
W170 2203780-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
I. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.07.2018, Zl. 1087808202/171351992, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, in Verbindung mit § 88 Abs. 2a Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, nicht zulässig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.07.2018, Zl. 1097372803/171352026, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, in Verbindung mit § 88 Abs. 2a Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
XXXX und XXXX stellten jeweils am 15.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 26.04.2016 bzw. 27.04.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des bzw. der Asylberechtigten abgewiesen, dem aber unter einem hinsichtlich der Zuerkennung des Status des bzw. der subsidiär Schutzberechtigten stattgegeben wurde. Der Bescheid blieb unbekämpft.
Nunmehr beantragten XXXX und XXXX am 05.12.2017 die Ausstellung jeweils eines Fremdenpasses. Diese Anträge wurde mit im Spruch bezeichneten Bescheiden abgewiesen, da XXXX und XXXX jeweils in der Lage seien, sich bei der syrischen Botschaft einen syrischen Reisepass zu besorgen.
Dagegen erhoben XXXX und XXXX jeweils das Rechtsmittel der Beschwerde; sie seien nicht in der Lage, sich bei der syrischen Botschaft einen Reisepass zu besorgen und benötige einen Fremdenpass, um ihre schwer erkrankte Schwester in Deutschland zu besuchen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
XXXX und XXXX stellten jeweils am 15.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 26.04.2016 bzw. 27.04.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des bzw. der Asylberechtigten abgewiesen, dem aber unter einem hinsichtlich der Zuerkennung des Status des bzw. der subsidiär Schutzberechtigten stattgegeben wurde. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
XXXX und XXXX haben sich seit der Erlassung dieser Bescheide bzw. seit ihrer Anwesenheit in Österreich in Bezug auf Syrien nicht oppositionell-politisch oder aus syrischer Sicht auffällig verhalten.
XXXX und XXXX beantragten am 05.12.2017 jeweils die Ausstellung eines Fremdenpasses. Der Antrag des XXXX wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.07.2018, Zl. 1087808202/171351992, der der XXXX mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.07.2018, Zl. 1087808202/171351992, abgewiesen; die Bescheide wurden jeweils am 19.07.2018 zugestellt und wurde die gemeinsame Beschwerde am 16.08.2018 bei der Behörde eingebracht.
Die Identität von XXXX und XXXX steht jeweils fest, diese verfügen jeweils über einen syrischen Personalausweis sowie über ein Familienbuch und einen Familienbuchauszug.
Laut der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 23.11.2017, "SYRIEN, Ausstellung eines syrischen Reisepasses an der syrischen Botschaft Wien" muss zur Erlangung eines Reisepasses in der syrischen Botschaft ein in der Botschaft erhältliches Formular persönlich ausgefüllt und unterzeichnet werden sowie sind 6 Passfotos, eine Kopie des alten Reisepasses und ein Personalausweis oder ein beglaubigter Zivilregisterauszug, der nicht älter als 3 Monate ist und über ein Foto verfügt, das den offiziellen Stempel trägt, versehen ist, vorzulegen.
XXXX und XXXX haben bis dato nicht versucht, sich in der syrischen Botschaft einen Reisepass ausstellen zu lassen.
XXXX und XXXX haben jeweils als Grund, warum diese nicht in der Lage seien, sich in der syrischen Botschaft einen Reisepass ausstelle zu lassen, angeführt, dass diesen, dass diesen wegen der Asylantragstellung Verfolgung drohen würde bzw. ihre in Syrien aufhältigen Familienmitglieder diesbezüglich Verfolgung erleiden würden.
XXXX und XXXX haben behauptet, in Syrien noch Geschwister zu haben.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt und dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, insbesondere der mündlichen Verhandlung am 20.11.2018.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Hinsichtlich der Frage, ob der Beschwerdeführerin ein Fremdenpass auszustellen ist, ist § 88 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018 (in Folge: FPG), die einschlägige Rechtsnorm. Dieser lautet:
"Ausstellung von Fremdenpässen
§ 88. (1) Fremdenpässe können, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für
1. Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;
2. ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;
3. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" (§ 45 NAG) gegeben sind;
4. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder
5. ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.
(2) Fremdenpässe können auf Antrag weiters ausgestellt werden für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.
(2a) Fremdenpässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.
(3) Die Gestaltung der Fremdenpässe wird entsprechend den für solche Reisedokumente international üblichen Anforderungen durch Verordnung des Bundesministers für Inneres bestimmt. Im Übrigen hat die Verordnung den für Reisepässe geltenden Regelungen des Paßgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839, zu entsprechen.
(4) Hinsichtlich der weiteren Verfahrensbestimmungen über die Ausstellung eines Fremdenpasses, der Bestimmungen über die Verarbeitung und Löschung von personenbezogenen Daten und der weiteren Bestimmungen über den Dienstleister gelten die Bestimmungen des Paßgesetzes entsprechend."
Die Beschwerdeführer fallen offensichtlich weder unter die Fälle des § 88 Abs. 1 FPG noch des § 88 Abs. 2 FPG. Allerdings ist diesen jeweils der Status des bzw. der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden, sodass diesen jeweils ein Fremdenpass auf Antrag auszustellen ist, wenn die Beschwerdeführer nicht in der Lage wären, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates - also Syriens - zu beschaffen und dem zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung nicht entgegenstehen.
Die Beschwerdeführer verfügt aber über ihre syrische Identitätskarte sowie über ihr Familienbuch und einen Familienbuchauszug. Zwar handelt es sich hierbei nicht um genau die Dokumente, die nach der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Erlangung eines Reisepasses notwendig sind, die Dokumente sind aber geeignet, die Identität und Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer nachzuweisen. Daher ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht einsichtig, warum die Beschwerdeführer nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit jeweils ein Reisepass ausgestellt werden würde, auch wenn dazu gegebenenfalls noch "Zwischenschritte" in Form der Ausstellung weiterer Dokumente notwendig sind.
Im Gegensatz zum Asylverfahren reicht es hinsichtlich der Frage, ob die Beschwerdeführer "nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen", nicht aus, diesen Umstand glaubhaft zu machen; vielmehr müssen die Beschwerdeführer - so die amtswegigen Ermittlungen den Umstand nicht beweisen können - hier den Beweis führen.
Das Bundesverwaltungsgericht hält es aber im Lichte der Feststellungen für lebensnahe und mit hinreichender, weit überwiegender Wahrscheinlichkeit für möglich, dass die Beschwerdeführer in der Lage sind, sich mit ihren Dokumenten einen Reisepass in der syrischen Botschaft ausstellen zu lassen; den Gegenbeweis haben die Beschwerdeführer nicht geführt. Sie haben bis dato sogar jeglichen Versuch unterlassen, sich an die syrische Botschaft zu wenden.
Die Beschwerdeführer haben allerdings vorgebracht, dass sie Verfolgung in Syrien befürchte, wenn man ihrer Asylantragstellung und ihrer illegalen Ausreise Gewahr werden würde. Mit dieser Behauptung übersehen die Beschwerdeführer aber die Rechtskraftwirkung der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.07.2018, Zl. 1087808202/171351992, und vom 16.07.2018, Zl. 1087808202/171351992, mit denen der jeweilige Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz jeweils im Hinblick auf die Gewährung des Status des bzw. der Asylberechtigten rechtskräftig abgewiesen wurde und somit nach Asylantragstellung bzw. nach der illegalen Ausreise die Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung als nicht gegeben festgestellt wurde. Auch neue Gründe, die für eine neue, von der Rechtskraft der genannten Bescheide nicht umfasste Verfolgungsgründe sprechen, sind nicht hervorgekommen.
Es ist daher nicht zu sehen, warum die Beschwerdeführer sich nicht in der syrischen Botschaft um einen syrischen Reisepass bemühen und diesen auch erhalten könnten. Alleine eine subjektive Angst, einen Reisepass in der syrischen Botschaft zu beantragen, reicht für die objektive Unmöglichkeit nicht aus.
Hinsichtlich des Arguments, dass deren Familie in Syrien wegen der Antragstellung der Beschwerdeführer Verfolgung fürchten müsse, ist auszuführen, dass diesem mangels Nachvollziehbarkeit nicht gefolgt werden kann; die Beschwerdeführer haben in ihrer spezifischen Situation als 1943 geborener Mann bzw. 1955 geborene Frau, die in Österreich keinerlei oppositionell-politische Tätigkeit in Bezug auf Syrien ausgeübt haben, Syrien nachvollziehbar wegen der Kriegssituation verlassen. Es ist nicht zu sehen, dass alleine diese Flucht bzw. die Gewährung des Status des bzw. der subsidiär Schutzberechtigten eine Verfolgungsgefahr für in Syrien aufhältige Verwandte begründen kann - insbesondere, weil diesem Status im Gegensatz zum Status des bzw. der Asylberechtigten nicht zu unterstellen ist, dass (glaubhaft) politische Verfolgung behauptet wurde, sondern der Status alleine auf Grund der allgemeinen Situation gewährt wird - und kann daher die Frage, ob eine Gefährung von Verwandten für den Antrag der Beschwerdeführer relevant oder als faktisches aber nicht rechtliches Interesse nicht relevant ist, hintangestellt bleiben.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es liegen im Wesentlichen lediglich nur Tatsachenfragen vor; hinsichtlich der Rechtskraftwirkung eines Bescheides ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe zuletzt VwGH 28.02.2017, Ra 2016/01/0206) zu verweisen.
Schlagworte
Beweislast, Fremdenpass, Glaubhaftmachung, Identitätsfeststellung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W170.2203781.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.01.2019