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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung des Antrags eines algerischen Staatsangehörigen auf internationalen Schutz und Erlassung einer Rückkehrentscheidung mangels hinreichender Feststellung des zugrundeliegenden SachverhaltsSpruch
I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973) verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.616,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Algerien und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Araber an. Seine Identität steht nicht fest. Die Familie des Beschwerdeführers lebt in Algerien. Der Beschwerdeführer besuchte sechs Jahre lang die Grundschule, hat keine Berufsausbildung absolviert und hat in den Niederlanden auf Baustellen gearbeitet. Er wurde am 9. Jänner 2018 gemäß der Dublin-III-Verordnung (EU) Nr 604/2013 aus den Niederlanden nach Österreich überstellt. Am gleichen Tag stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz (offenkundig zumindest zum zweiten Mal, Näheres ergibt sich dazu aus dem angefochtenen Erkenntnis nicht, ebenso wenig zur Rechtsgrundlage der Rückkehrentscheidung aus den Niederlanden).
2. Mit Bescheid vom 20. Februar 2018, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte das BFA dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt VI.).
3. Gegen den Bescheid des BFA erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Diese wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 14. März 2018 als unbegründet ab. Das Bundesverwaltungsgericht führte Folgendes wörtlich aus (es erfolgt keine Korrektur der Rechtschreib- und Grammatikfehler):
"1. Feststellungen:
[…]
1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:
Entgegen seinem Fluchtvorbringen kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aus asylrelevanten Gründen verfolgt wird.
1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Algerien:
[…]
Dem Beschwerdeführer droht im Falle seiner Rückkehr keine Gefährdung in seinem Herkunftsstaat. Ihm droht auch keine Strafe nach seiner Rückkehr nach Algerien wegen illegaler Ausreise.
Eine nach Algerien zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle 'Länderinformationsblatt der Staatendokumentation' zu Algerien mit Stand 16.02.2017.
Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.
Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen. Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme durch die belangte Behörde sowie aus dem Umstand seines erst kurzen Aufenthalts in Österreich.
Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.
Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 12.03.2018.
Die Feststellungen zu seinem gegenwärtigen Wohnsitz und seinem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 12.03.2018 abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.
2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Dem Beschwerdeführer wird geglaubt, dass er seinen Heimatstaat auf Grund familiärer Schwierigkeiten verlassen hat. Diese stellen jedoch kein GFK-relevantes Fluchtmotiv dar. Der Beschwerdeführer hat auch vorgebracht, er befürchte bei seiner Rückkehr eine Haftstrafe, weil er während seiner Abwesenheit einen Einberufungsbefehl erhalten habe.
Es ist für das Bundesverwaltungsgericht schlüssig nachvollziehbar, dass die belangte Behörde dieses Fluchtvorbringen als widersprüchlich und daher unglaubwürdig einstuft. Dieser Beurteilung tritt auch die Beschwerde in keiner Weise entgegen, sodass für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund besteht, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln. Daher schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Beweiswürdigung vollinhaltlich an. Damit ist die Beurteilung der Fluchtgründe und die diesbezügliche Beweiswürdigung durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden, sodass sich das Bundesverwaltungsgericht dieser anschließt
Da der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde dem bekämpften Bescheid nicht substantiiert entgegen trat und sich seine Beschwerdebegründung darin erschöpfte, seine Fluchtgründe nach wie vor aufrecht zu halten und sie in seiner Beschwerde geltend zu machen, ergeben sich euch keine Zweifel am Zutreffen der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und ihrer Beweiswürdigung.
2.4. Zum Herkunftsstaat:
[…]
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
3.1.1. Rechtslage
[…]
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Die vom Beschwerdeführer glaubhaft gemachten Schwierigkeiten mit seiner Familie stellen keine Verfolgungshandlungen im Sinne des Art1 Absch A Z2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) dar.
Eine allenfalls in Abwesenheit erfolgte Einberufung zum Wehrdienst kann im gegenständlichen Fall nicht zur Asylgewährung führen. Beim Militärdienst handelt es sich um eine Pflicht, die jeder Staat seinen Bürgern auferlegen kann. Sowohl die Einberufung als auch gesetzlichen Sanktionen, welche sich aus dem Sich-Entziehen vom Wehrdienst resultieren, stellen keine zielgerichtet gegen eine bestimmte Gruppe bzw gegen den Beschwerdeführer ad personam gerichtete Maßnahme dar, sondern betreffen die Einberufung zum Wehrdienst und die allenfalls daran geknüpften rechtlichen Sanktionen sämtliche männliche algerische Staatsangehörige.
Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß §28 Abs2 VwGVG iVm §3 Abs1 AsylG als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
3.2.1. Rechtslage
[…]
3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Dem Beschwerdeführer droht in Algerien — wie oben bereits dargelegt wurde — keine asylrelevante Verfolgung.
Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und somit arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer hat bei seinem Aufenthalt in den Niederlanden Berufserfahrungen als Bauarbeiter gemacht und wird mit einer vergleichbaren Tätigkeit auch ein Einkommen in Algerien bestreiten können.
Damit ist der Beschwerdeführer durch die Abschiebung nach Algerien nicht in seinem Recht gemäß Art3 EMRK verletzt weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Algerien besser gestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Algerien keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.
Ganz allgemein besteht in Algerien derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Algerien, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw der Todesstrafe besteht.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß §28 Abs2 VwGVG iVm §8 Abs1 Z1 AsylG abzuweisen war.
3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides)
[…]"
4. In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde, wird die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander gemäß ArtI Abs1 BGBl 390/1973 geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt.
5. Das Bundesverwaltungsgericht legte die Gerichts- und Verwaltungsakten vor, erstattete aber keine Gegenschrift.
II. Erwägungen
1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.
Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.
Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).
2. Ein solcher Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht in mehrfacher Hinsicht unterlaufen:
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass "die für die bekämpfte Entscheidung maßgeblichen Erwägungen […] aus der Begründung der Entscheidung hervorgehen" müssen, "da nur auf diese Weise die rechtsstaatlich gebotene Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof möglich ist" (vgl VfSlg 18.632/2008 mwN; VfGH 19.2.2015, E1045/2014).
Diesen Anforderungen entspricht die bekämpfte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in keiner Weise. Zunächst ergibt sich daraus weder das Vorbringen des Beschwerdeführers noch der vollständige Sachverhalt. In diesem Zusammenhang bemerkt der Verfassungsgerichtshof, dass sich diese Elemente – wie die vorgelegten Verwaltungsakten zeigen – auch nicht aus der beim Bundesverwaltungsgericht angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung ergeben, ebenso wenig der Gang des Verfahrens über den vorhergehenden (ersten?) Asylantrag des Beschwerdeführers, obwohl in der erstinstanzlichen Entscheidung (ebenso wie indirekt in der bekämpften Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts) darauf Bezug genommen wird.
2.2. Das Bundesverwaltungsgericht führte auch keine mündliche Verhandlung durch, um den konkreten Sachverhalt festzustellen (dazu VfSlg 19.632/2012). In allen wesentlichen Fragen der Beweiswürdigung schließt es sich vielmehr der insoweit ebenfalls mangelhaften erstinstanzlichen Entscheidung an, in deren Begründung im Übrigen sich das BFA im Zusammenhang mit der Abweisung der Zuerkennung des subsidiären Schutzes mit der Rückkehr des algerischen Beschwerdeführers nach Afghanistan und Pakistan auseinandersetzt, ohne dass der Beschwerdeführer irgendeinen Bezugspunkt zu diesen Ländern aufweisen würde; auch diesen Mangel hat das Bundesverwaltungsgericht nicht aufgegriffen.
Die Begründung der bekämpften Entscheidung erschöpft sich größtenteils in vorgefertigten Textbausteinen (dazu VfSlg 20.141/2017). Als individualisierte Begründung findet sich unter dem Titel "Beweiswürdigung" lediglich Folgendes:
"Dem Beschwerdeführer wird geglaubt, dass er seinen Heimatstaat auf Grund familiärer Schwierigkeiten verlassen hat. Diese stellen jedoch kein GFK-relevantes Fluchtmotiv dar. Der Beschwerdeführer hat auch vorgebracht, er befürchte bei seiner Rückkehr eine Haftstrafe, weil er während seiner Abwesenheit einen Einberufungsbefehl erhalten habe.
Es ist für das Bundesverwaltungsgericht schlüssig nachvollziehbar, dass die belangte Behörde dieses Fluchtvorbringen als widersprüchlich und daher un-glaubwürdig einstuft. Dieser Beurteilung tritt auch die Beschwerde in keiner Weise entgegen, sodass für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund besteht, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln. Daher schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Beweiswürdigung vollinhaltlich an. Damit ist die Beurteilung der Fluchtgründe und die diesbezügliche Beweiswürdigung durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden, sodass sich das Bundesverwaltungs-gericht dieser anschließt.
Da der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde dem bekämpften Beschied nicht substantiiert entgegen trat und sich seine Beschwerdebegründung darin erschöpfte, seine Fluchtgründe nach wie vor aufrecht zu halten und sie in seiner Beschwerde geltend zu machen, ergeben sich auch keine Zweifel am Zutreffen der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und ihrer Beweiswürdigung."
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes können "familiäre Schwierigkeiten" je nach der Situation aber sehr wohl eine Rolle bei der Beurteilung der Fluchtgründe spielen, insbesondere beim Asylgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe im Sinne des Art1 Abschnitt A Z2 Genfer Flüchtlingskonvention (vgl etwa VfGH 29.9.2014, U2699/2013; 19.2.2015, E1045/2014).
2.3. Weiters findet sich unter dem Titel "rechtliche Beurteilung" nach einer ausführlichen Wiedergabe der Rechtslage unter der Überschrift "3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall" folgende Begründung:
"Die vom Beschwerdeführer glaubhaft gemachten Schwierigkeiten mit seiner Familie stellen keine Verfolgungshandlungen im Sinne des Art1 Absch A Z2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) dar.
Eine allenfalls in Abwesenheit erfolgte Einberufung zum Wehrdienst kann im gegenständlichen Fall nicht zur Asylgewährung führen. Beim Militärdienst handelt es sich um eine Pflicht, die jeder Staat seinen Bürgern auferlegen kann. Sowohl die Einberufung als auch gesetzlichen Sanktionen, welche sich aus dem Sich-Entziehen vom Wehrdienst resultieren, stellen keine zielgerichtet gegen eine bestimmte Gruppe bzw gegen den Beschwerdeführer ad personam gerichtete Maßnahme dar, sondern betreffen die Einberufung zum Wehrdienst und die allenfalls daran geknüpften rechtlichen Sanktionen sämtliche männliche algerische Staatsangehörige.
Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides gemäß §28 Abs2 VwGVG iVm §3 Abs1 als unbegründet abzuweisen."
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich darauf beschränkt, das Ergebnis seiner rechtlichen Beurteilung auszuführen, und ist eine Schilderung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie eine darauf aufbauende nachvollziehbare Begründung seiner rechtlichen Ausführungen schuldig geblieben.
3. Die Begründung des Bundesverwaltungsgerichtes ist daher insgesamt, insbesondere wegen des Mangels einer hinreichender Darstellung des zugrunde liegenden Sachverhalts, der in der Folge auch auf die erforderliche Abwägungen in Bezug auf die Rückreiseverpflichtung durchschlägt, nicht in einer Weise nachvollziehbar, dass dem Willkürverbot des Gebotes der Gleichbehandlung von Fremden untereinander und dem rechtsstaatlichen Gebot der Begründung gerichtlicher Entscheidungen entsprochen wäre (vgl VfSlg 18.637/2008, 18.741/2009).
III. Ergebnis
1. Der Beschwerdeführer ist somit durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973) verletzt worden.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– enthalten.
Schlagworte
Asylrecht, EntscheidungsbegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2018:E1586.2018Zuletzt aktualisiert am
14.01.2019