Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rechtsschutzverband *****, vertreten durch Mag. Florian Pitner, Rechtsanwalt in Pregarten, gegen die beklagte Partei M***** B*****, vertreten durch Dr. Walter Geißelmann und andere Rechtsanwälte in Bregenz, wegen Unterlassung (Streitwert 20.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 3. August 2018, GZ 2 R 79/18m-16, mit dem das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 10. April 2018, GZ 56 Cg 8/18h-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Der Fotograf R***** K***** ist als Hersteller Inhaber der Leistungsschutzrechte am Lichtbild „Sonnenuntergang *****“, das mit seiner Namensbezeichnung versehen wurde. Als Berufsfotograf ist er Mitglied des klagenden Vereins, auf den er – im Rahmen der Rechteverfolgung – die Leistungsschutzrechte übertragen hat.
Der Beklagte ist Inhaber des „Wirtshaus *****“ in Vorarlberg. Im Februar 2017 erteilte er der G*****-AG, die das Printmagazin „G*****“ herausgibt und die Website „www.g*****.com“ betreibt, den Auftrag, ein Stelleninserat (Textinserat) im Printmagazin zu schalten. Wenig später wurde das Inserat im Printmagazin veröffentlicht. Zudem wurde dieses samt einer Präsentation des Wirtshauses unter Einbindung des streitgegenständlichen Lichtbilds ohne Namensbezeichnung auch auf der erwähnten Website veröffentlicht.
Mit der vorliegenden – auf §§ 74 Abs 3 iVm 81 Abs 1 UrhG gestützten – Klage begehrte der klagende Verband, dem Beklagten zu verbieten, Lichtbilder des von ihm vertretenen Fotografen, hinsichtlich welcher die Leistungsschutzrechte dem Fotografen und/oder dem Kläger zustehen, insbesondere das Lichtbild „Sonnenuntergang *****“, ohne Bezeichnung des Lichtbildherstellers auf der Website „www.g*****.com“ zu veröffentlichen. Das streitgegenständliche Lichtbild sei ohne Namensbezeichnung auf der erwähnten Website veröffentlicht worden. Aufgrund des vom Beklagten erteilten Auftrags habe die G*****-AG als „Beauftragte“ im Sinn des § 81 Abs 1 UrhG gehandelt, wofür der Beklagte einzustehen habe. Dieser habe auch gewusst, dass die Veröffentlichung des Lichtbilds mit der Herstellerbezeichnung zu erfolgen habe.
Der Beklagte entgegnete, dass er mit der Auswahl und der Verwendung von Lichtbildern nichts zu tun gehabt habe. Einen Verstoß gegen Prüfpflichten oder sonstige Pflichten habe er nicht zu verantworten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Beklagte sei nicht als unmittelbarer Täter zu qualifizieren, weil er lediglich einen Auftrag zur Schaltung eines Inserats erteilt habe. Auch eine Haftung als mittelbarer Täter komme nicht in Betracht, weil ein solcher nur bei einer bewussten Förderung des unmittelbaren Störers hafte, was hier aber nicht der Fall sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und änderte das angefochtene Urteil im Sinn einer Stattgebung des Klagebegehrens ab. Das Erstgericht habe die Passivlegitimation des Beklagten zu Unrecht verneint. Der Beklagte sei zwar nicht als unmittelbarer Täter und auch nicht als Mittäter oder Gehilfe anzusehen, es treffe ihn aber die Unternehmerhaftung nach § 81 Abs 1 Satz 2 UrhG. Bei dieser Haftung komme es darauf an, ob der Unternehmer aufgrund seiner Beziehungen zum Dritten die rechtliche Möglichkeit habe, für die Abstellung des rechtswidrigen Verhaltens zu sorgen. In einem solchen Fall könne auch ein Geschäftspartner unter den Begriff des „Beauftragten“ fallen. Aufgrund der vertraglichen Beziehung habe der Beklagte eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf die Werbeagentur gehabt. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage, ob ein Unternehmer für eine rechtswidrige Handlung eines Beauftragten auch dann einzustehen habe, wenn ein Eingriff in fremde Urheberrechte im Zusammenhang mit einer Überschreitung des erteilten Auftrags erfolgt sei, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Beklagten, die auf die Wiederherstellung der abweisenden Entscheidung des Erstgerichts abzielt.
Mit seiner Revisionsbeantwortung beantragt der Kläger, der Revision den Erfolg zu versagen.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Aufzeigens einer entscheidungsrelevanten erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.
1. Trotz Zulässigerklärung der Revision durch das Berufungsgericht muss der Rechtsmittelwerber eine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen. Macht er hingegen nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt, so ist das Rechtsmittel ungeachtet des Zulässigkeitsausspruchs zurückzuweisen.
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
2. Im Rechtsmittelverfahren ist nur mehr die Frage der Passivlegitimation des Beklagten für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch im Rahmen der Unternehmerhaftung nach § 81 Abs 1 Satz 2 (iVm § 74 Abs 3) UrhG strittig.
Dazu vertritt der Beklagte in der Revision den Standpunkt, dass die Werbeagentur den Auftrag zur Schaltung eines Textinserats im Printmagazin durch Veröffentlichung im Internet unter Beifügung des streitgegenständlichen Lichtbilds ohne Herstellerbezeichnung überschritten habe. Damit habe er nicht rechnen müssen; eine Prüfpflicht habe für ihn nicht bestanden. Den Eingriff in das urheberrechtliche Verwertungsrecht habe er weder gekannt noch kennen müssen.
3.1 Nach § 81 Abs 1 Satz 2 UrhG kann der Inhaber eines Unternehmens auch dann auf Unterlassung geklagt werden, wenn eine Verletzung eines Ausschließungsrechts im Betrieb seines Unternehmens von einem Bediensteten oder Beauftragten begangen wurde. Die Grundsätze für diese Haftung, die jener nach § 18 UWG und § 54 Abs 1 MSchG entspricht, sind in der Rechtsprechung geklärt. Demnach sind die Begriffe „Unternehmer“, „Bediensteter“ und „Beauftragter“ weit zu verstehen. „Inhaber des Unternehmens“ ist jene natürliche oder juristische Person, die das Unternehmen im eigenen Namen betreibt und aus den im Betrieb des Unternehmens abgeschlossenen Rechtsgeschäften berechtigt und verpflichtet wird. „Beauftragter“ ist jeder, der – ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen – aufgrund eines anderen Rechtsgeschäfts dauernd oder vorübergehend für das Unternehmen tätig wird (siehe dazu 4 Ob 279/01k).
3.2 Auch die Haftung des Unternehmers nach § 81 Abs 1 Satz 2 UrhG ist weit zu verstehen. Sie ist eine Erfolgshaftung und setzt weder ein Verschulden noch Kenntnis des Unternehmers vom Verstoß voraus (RIS-Justiz RS0079818; RS0078208). Diese Haftung kommt auch dann zum Tragen, wenn der Verstoß etwa von einem beauftragten Werkunternehmer nur im Zusammenhang mit der vertraglichen Tätigkeit begangen wurde. Wesentlich ist nur, dass die Verletzung dem Unternehmer zugute kommt und er aufgrund seiner Beziehung zum Geschäftspartner die rechtliche Möglichkeit hat, für die Abstellung des Verstoßes zu sorgen (RIS-Justiz RS0079674; RS0079799). Unter diesen Voraussetzungen haftet der Unternehmensinhaber auch für weisungswidriges Verhalten des Beauftragten, wenn er zumindest die rechtliche Möglichkeit zur Einflussnahme hatte. Ob er im Einzelfall auch faktisch in der Lage war, den Verstoß zu verhindern, ist hingegen ohne Bedeutung (RIS-Justiz RS0079674 [T22]; 4 Ob 47/09d). Nach dem Zweck der Unternehmerhaftung, dem Unternehmensinhaber zum Ausgleich für den nutzbringenden Einsatz betrieblicher Hilfspersonen auch das damit verbundene Risiko aufzubürden, findet seine Verantwortung erst dort ihre Grenze, wo der Beauftragte bloß „gelegentlich“ seiner Tätigkeit, das heißt ohne inneren Zusammenhang zum erteilten Auftrag, einen Verstoß begeht, der dem Unternehmer „in keiner Weise“ zugute kommt (vgl 17 Ob 9/09m).
3.3 Das Berufungsgericht ist von diesen Grundsätzen nicht abgewichen.
Die Beurteilung, dass die beanstandete Lichtbildveröffentlichung im Internet im Zusammenhang mit dem gewerblichen Tätigkeitsbereich des Unternehmens des Beklagten erfolgt sei und dem Beklagten aufgrund der vertraglichen Beziehung zur G*****-AG auch die rechtliche Möglichkeit offengestanden sei, sich die zu schaltenden Inserate zur Genehmigung vorlegen zu lassen und der Verletzungshandlung dadurch vorzubeugen, hält sich im Rahmen der Rechtsprechung. Das Gleiche gilt für die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Verwendung eines Lichtbilds im Internet stehe auch bei Beauftragung eines Textinserats nicht außerhalb jeglichen inneren Sachzusammenhangs mit dem übernommenen Rechtsgeschäft.
3.4 In der vom Beklagten zitierten Entscheidung 4 Ob 279/01k wurde bei einem ähnlichen Sachverhalt zur Unternehmerhaftung ausgeführt, es könne keinem Zweifel unterliegen, dass die Werbeagentur als Beauftragte im Betrieb der dortigen Erstbeklagten gehandelt habe; diese habe daher für das Handeln der Agentur einzustehen. Eine unbillige Belastung sei damit nicht verbunden, habe die Erstbeklagte doch die rechtliche Möglichkeit gehabt, sich das Inserat zur Freigabe vorlegen zu lassen. Die übrigen Ausführungen in dieser Entscheidung, die der Beklagte für seinen Standpunkt ins Treffen führen will, betreffen nicht die Unternehmerhaftung, sondern die Haftung als mittelbarer Täter bzw Gehilfe, um die es hier aber nicht geht. Das Gleiche gilt für die weiteren vom Beklagten in der Revision angeführten Entscheidungen.
4. Zusammenfassend gelingt es dem Beklagten nicht, mit seinen Ausführungen eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision in seiner Revisionsbeantwortung nicht hingewiesen (RIS-Justiz RS0035979).
Schlagworte
Sonnenuntergang,Textnummer
E123704European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0040OB00216.18W.1127.000Im RIS seit
14.01.2019Zuletzt aktualisiert am
07.01.2020