TE Lvwg Erkenntnis 2018/12/20 LVwG-418-1/2018-R11

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Veröffentlicht am 20.12.2018
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Entscheidungsdatum

20.12.2018

Norm

KFG 1967 §20 Abs5 litb
KFG 1967 §22 Abs4

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Mag. Pathy über die Beschwerde der Stadt F (Stadtwerke F) gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Vorarlberg vom 21.03.2018 betreffend Versagung einer Bewilligung zur Führung einer Warnleuchte mit blauem Licht gemäß KFG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Gemäß § 28 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

Angefochtener Bescheid

1.   Die Beschwerdeführerin hat die Bewilligung zur Führung einer Warnleuchte mit blauem Licht beantragt.

2.   Im angefochtenen Bescheid hat der Landeshauptmann diesen Antrag gemäß § 20 Abs 4 und 5 iVm § 22 Abs 4 KFG 1967 abgewiesen. Der Bescheid wurde im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Bewilligungsvoraussetzungen des § 20 Abs 5 KFG 1967 seien entsprechend der Judikatur restriktiv auszulegen.

Ein öffentliches Interesse an der Verwendung von Blaulicht sei nur dann gegeben, wenn das Fahrzeug nicht nur in Ausnahmefällen, sondern mit entsprechender Häufigkeit zu Fahrten bestimmt sei, bei denen Gefahr im Verzug vorliege. Die Tätigkeit der Antragstellerin sei zweifelsfrei sehr wichtig. Die Antragstellerin selbst habe die Anzahl der Einsatzfahrten mit null bis maximal fünf Fahrten pro Jahr angegeben. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass in entsprechender Häufigkeit Einsatzfahrten durchgeführt werden müssten, bei denen Gefahr im Verzug vorliege.

Dem Vorbringen, dass die Antragstellerin auch zu Bränden gerufen werde, um die Stromversorgung der betroffenen Objekte abzuschalten und ihre Anwesenheit auch bei Katastrophenfällen wichtig sei, um Gefährdungen zu vermeiden, sei entgegenzuhalten, dass in diesen Fällen der dringend notwendige Ersteinsatz (Gefahrenabwehr) primär von Feuerwehr, Rettung und Polizei vorzunehmen sei.

Beschwerde

3.   Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde erhoben. Sie lautet auszugweise wie folgt:

„[…]

1. Es finden wesentlich mehr Einsatzfahrten statt als angenommen:

Die belangte Behörde geht im bekämpften Bescheid - im Einklang mit den von der Beschwerdeführerin gemachten Angaben - davon aus, dass 0 bis max 5 Einsatzfahrten pro Jahr nicht ausreichen, um zu bejahen, dass in entsprechender Häufigkeit Einsatzfahrten durchgeführt werden müssen, bei denen Gefahr im Verzug vorliegt.

Die Angaben der Beschwerdeführerin wurden von der belangten Behörde jedoch missverstanden: Bei der von der Beschwerdeführerin genannten Einsatzzahl handelt es sich um diejenigen Fälle, in denen Netzstörungen in Kombination mit der prekären Verkehrssituation in F die Verwendung des Blaulichts unverzichtbar gemacht hätte. Bei den laufenden Hilfseinsätzen liegt die Anzahl der Einsätze wesentlich höher.

Im Jahr 2017 sind 28 Einsätze dokumentiert, denen die Beschwerdeführerin in Ausübung des dringlichen Gebrechens- und Entstörungsdienstes nachgehen musste, 18 davon waren über Anforderung der RFL als Unterstützungseinsatz der Feuerwehr ausgelöst worden:

Es wird daher im Berufungsverfahren festzustellen sein, dass sich insgesamt 28 Einsatzfälle im Jahr 2017 ereignet haben; das heißt: ca. alle 2 Wochen rückte die Beschwerdeführerin in Ausübung des dringlichen Gebrechens- und Entstörungsdienstes aus, weswegen sich die von der belangten Behörde dem bekämpften Bescheid zugrunde gelegte Annahme der fehlenden Häufigkeit als unzutreffend erweist.

[…]

2. Voraussetzungen für die Bewilligungserteilung jedenfalls erfüllt

[…]

Zweifelsfrei sind die betroffenen Fahrzeuge der Beschwerdeführerin für eine der in lit a bis lit j leg cit aufgezählten Verwendungsarten bestimmt, nämlich für den öffentlichen Hilfsdienst (lit b):

Als öffentlicher Hilfsdienst iS der lit b ist nur ein solcher anzusehen, dessen Einsatz von wesentlicher Bedeutung für die Allgemeinheit ist (VwGH 23.10.1974, ZVR 1975/191); daher wird grundsätzlich die Bewilligung zum Führen von Blaulicht für bestimmte Fahrzeuge der Wiener Verkehrsbetriebe zu erteilen sein, wenn aus Gründen, die eindeutig im öffentlichen Interesse liegen (zB Katastrophen) ein rasches Einschreiten notwendig sein könnte (Novak, Österr. Straßenverkehrsrecht-Kraftfahrrecht, zu § 20 Abs 5 KFG, mwN).

Was für die Wiener Verkehrsbetriebe gilt, hat auch für die Stadtwerke F zu gelten. Der Entstörungsdienst der Beschwerdeführerin ist daher zweifelsfrei als öffentlicher Hilfsdienst iSd § 20 Abs 5 lit b KFG anzusehen.

[…]

Die Verwendung besonderer Warneinrichtungen an Fahrzeugen des Entstörungsdienstes der Beschwerdeführerin im Bereich der Stromversorgung ist auch - entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Ansicht - im öffentlichen Interesse gelegen:

Die Verwendung der besonderen Warneinrichtungen verfolgt ja den Zweck, bei außergewöhnlichen Ereignissen innerhalb kurzer Zeit an den Einsatzorten zu sein. Für ein erfolgreiches Notfallmanagement aber ist es notwendig, die Anfahrzeiten zu den Einsatzorten möglichst gering zu halten; dies vor allem in jenen Fällen, in denen Gefahr im Verzug gegeben ist. Auch müssen die Einsatzorte schnellst möglich erreicht werden, um die Rahmenbedingungen für eine sicheren Einsatz anderer Einsatzorganisationen zu schaffen. Nur ein fachmännisches Einschreiten des Entstörungsdienstes der Beschwerdeführerin stellt im Falle von beschädigten Stromversorgungsanlagen den sicheren Einsatz anderer Einsatzorganisationen sicher.

Schon deswegen und unter Bedachtnahme auf § 74 Z 11 StGB, woraus der hohe Stellenwert des Guts, das von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt wird, erkennbar ist, kann daher das öffentliche Interesse an der Verwendung besonderer Warneinrichtungen an Fahrzeugen der Beschwerdeführerin, welche zur Verwendung im Entstörungsdienst zur Aufrechterhaltung der Stromversorgung bestimmt sind, nicht in Abrede gestellt werden.

Auf die Häufigkeit von Einsatzfahrten aber stellt der Gesetzgeber nicht ab, sondern ist aus den

Materialien abzuleiten, dass Einsätze außergewöhnliche Ereignisse darstellen. Außergewöhnliches aber ist nicht häufig

[…]

3. Blaulicht in ähnlichen Fallkonstellationen

In ähnlich gelagerten Fällen hat die belangte Behörde die Führung besonderer Warneinrichtungen auf Fahrzeugen gemäß § 20 Abs 5 KFG bewilligt. So sind zB Fahrzeuge anderer Stromnetzbetreiber entsprechend ausgerüstet. […]

4. Stellungnahme des Landesfeuerwehrverbandes  

Schließlich sei auch auf die Stellungnahme des Landesfeuerwehrverbandes vom 26.04.2018 verwiesen, aus der die Bedeutung eines raschen Vor-Ort-Seins von Kräften der Beschwerdeführerin für einen erfolgreichen Feuerwehreinsatz hervorgeht. […]“

Die Beschwerdeführerin hat daher beantragt, den Bescheid dahingehend abzuändern, dass die beantragte Bewilligung zur Führung besonderer Warneinrichtungen (Blaulicht und Folgetonhorn) erteilt wird; in eventu wurde die Aufhebung und Zurückverweisung beantragt.

Sachverhalt

4.   Die Beschwerdeführerin ist eine öffentlich-rechtliche Körperschaft. Sie steht im Eigentum einer Gemeinde. Zu den Tätigkeiten der Beschwerdeführerin gehören die Strom- und Wasserversorgung. Die Beschwerdeführerin betreibt selbst Kraftwerke und ein Verteilernetz zur Stromversorgung der Gemeinde.

Die Beschwerdeführerin betreibt ca 21.000 Stromzähler, hat demnach etwa 21.000 Kunden. Dabei handelt es sich um Gewerbekunden, private Haushalte und öffentliche Institutionen, wie zB das Landeskrankenhaus oder die Rettungs- und Feuerwehrleitstelle. Zu den Kunden gehören auch Seniorenheime, die nicht über eine eigene Notstromversorgung verfügen.

Die Beschwerdeführerin möchte zwei Fahrzeuge mit Blaulicht und Folgetonhorn ausstatten. Es handelt sich dabei um zwei Bereitschaftsfahrzeuge, die bei der Behebung von Störungen eingesetzt werden. Bis zum Jahr 2012 hatten die Stadtwerke ein Fahrzeug mit Blaulicht.

5.   Die Fahrzeuge werden eingesetzt, um schnell einen Ort zu erreichen, an dem der Strom abgeschaltet werden muss. Eine solche schnelle Stromabschaltung ist insbesondere erforderlich: bei Gebäudebränden, bei Beschädigungen von Stromleitungen oder elektrischen Anlagen (z.B. durch Verkehrsunfälle) und bei Hochwasser.

6.   Im Falle eines Gebäudebrandes muss vor Ort der Strom abgeschaltet werden. Damit soll verhindert werden, dass Feuerwehrmänner bei der Bekämpfung des Brandes Stromschläge bekommen. Die Leitstelle verständigt daher zunächst die Vorarlberger Kraftwerke (VKW), und die VKW verständigt den jeweiligen Netzbetreiber, also z.B. die Beschwerdeführerin.

Im Jahr 2017 hat es für die Beschwerdeführerin ca 17 derartige Einsätze gegeben.

In den letzten Jahren sind die Feuerwehr und die Beschwerdeführerin etwa gleichzeitig am Brandort eingetroffen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Feuerwehrmann bei den Löscharbeiten einen Stromschlag erhält, ist nicht sehr groß, kann aber nicht ausgeschlossen werden. Dass es so einen Fall schon einmal gegeben hat, konnte nicht festgestellt werden.

7.   Im Jahr 2017 hat es ca drei Vorfälle gegeben, bei denen im Zuge eines Autounfalles ein Stromkasten beschädigt wurde oder eine Laterne angefahren wurde.

Wenn die Feuerwehr am Unfallort zum Ergebnis kommt, dass sich ein Verletzter in einem Stromkreis befindet, dann muss mit der Evakuierung des Verletzten bis zur Abschaltung des Stromes zugewartet werden. Derartige Fälle sind eher selten.

Auch hat es im Jahr 2017 einen Vorfall gegeben, bei dem die Türe eines Stromverteilerkastens offen war. Es bestand die Gefahr, dass eine Person, die in den Verteilerkasten hineingreift, einen Stromschlag bekommt. Die Türe des Verteilerkastens musste daher so schnell wie möglich geschlossen werden.

8.   Bei Hochwasser kann Wasser in die Elektroverteiler hineinrinnen, sodass der Bereich um den Verteiler unter Strom steht. Auch in einem solchen Fall muss eine Stromabschaltung so schnell wie möglich vorgenommen werden.

9.   Die Beschwerdeführerin bereitet sich auf einen landesweiten „Blackout“ vor. Um in einer solchen Situation eine Notversorgung sicherstellen zu können, müssen die Mitarbeiter der Beschwerdeführerin zu den Kraftwerken vor Ort hinfahren und bei den entsprechenden Trafostationen Umschaltungen vornehmen. In solchen Fällen ist davon auszugehen, dass auch die Verkehrsampeln keinen Strom haben und die Situation insgesamt chaotisch ist.

Erwägungen zur Feststellung des Sachverhalts

10. Es wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der Vertreter der Beschwerdeführerin teilgenommen haben. Die belangte Behörde hat auf eine Teilnahme an der Verhandlung verzichtet. Der für die Feuerwehren der betreffenden Gemeinde zuständige Abschnittsfeuerwehrkommandant H B wurde als Zeuge befragt. Außerdem wurde in den Akt des Landeshauptmannes Einsicht genommen.

11. Der Sachverhalt wird insbesondere auf Grund der Angaben in der mündlichen Verhandlung als erwiesen angenommen. Er ist im Wesentlichen unstrittig.

Die Beschwerdeführerin hat bereits mit der Beschwerde eine Liste von Ereignissen vorgelegt, zu denen sie zu Hilfe gerufen wurde. Diese Vorfälle wurden in der mündlichen Verhandlung von den Vertretern der Beschwerdeführerin näher dargelegt. An der Richtigkeit dieser Angaben bestehen für das Landesverwaltungsgericht keine Zweifel.

Der Zeuge hat die Situation bei Feuerwehreinsätzen, insbesondere bei Brandereignissen, näher beschrieben. Auch an der Richtigkeit seiner Angaben bestehen keine Zweifel. Die Feststellungen stützen sich auf diese Angaben, die in der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.

Maßgebliche Rechtsvorschriften

12. Der § 20 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967), BGBl. Nr. 267/1967 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 102/2017, lautet auszugsweise:

„(1) Außer den im § 14 Abs. 1 bis 7 und in den §§ 15 und 17 bis 19 angeführten Scheinwerfern, Leuchten und Rückstrahlern dürfen ohne Bewilligung gemäß Abs. 4 an Kraftfahrzeugen und Anhängern nur angebracht werden:

     […]

     4. Scheinwerfer und Warnleuchten mit blauem Licht bei

     a) Fahrzeugen, die zur Verwendung im Bereich des öffentlichen Sicherheitsdienstes bestimmt sind,

     b) Fahrzeugen, die im Bereich des militärischen Eigenschutzes, der Militärstreife sowie des Entminungsdienstes zur Verwendung kommen,

     c) Fahrzeugen, die zur Verwendung von Organen der Abgabenbehörden nach Maßgabe der Bestimmungen des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes – AVOG, BGBl. Nr. 18/1975, bestimmt sind,

     d) Feuerwehrfahrzeugen,

     e) Fahrzeugen des Rettungsdienstes im Besitz von Gebietskörperschaften,

     f) Fahrzeugen im Besitz der in § 23 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Sanitätergesetzes, BGBl. I Nr. 30/2002 namentlich genannten Einrichtungen, die für dringende Einsätze im Rettungsdienst, bei Großschadensereignissen oder zur Katastrophenhilfe verwendet werden,

     g) Fahrzeugen, die von gemäß § 97 Abs. 2 StVO beeideten Straßenaufsichtsorganen zur Begleitung von Sondertransporten verwendet werden, sofern die Verwendung von Blaulicht im Bescheid gemäß § 39, § 82 Abs. 5, § 101 Abs. 5 oder § 104 Abs. 9 als Auflage zur Transportabsicherung vorgeschrieben wurde, für die Dauer dieser Transportbegleitung;

     h) Fahrzeugen, die von Organen der Strafvollzugsverwaltung verwendet werden,

     i) Fahrzeugen von Eisenbahninfrastrukturunternehmen, die im Notfallmanagement

        von den Einsatzleitern oder Gefahrgutmanagern dieser Unternehmen verwendet werden, um im Falle außergewöhnlicher Ereignisse innerhalb kurzer Zeit am Einsatzort zu sein oder

        im Streifendienst entlang der Bahnstrecken zur Durchführung von Erstmaßnahmen zur Gefahrenbeseitigung nach Buntmetalldiebstählen eingesetzt werden,

     j) Fahrzeugen der Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes (§ 2 Unfalluntersuchungsgesetz – UUG 2005, BGBl. I Nr. 123/2005) für Fahrten zum Ort eines Vorfalles gemäß § 6 UUG 2005;

     […]

[(2) und (3) …]

(4) Andere […] Scheinwerfer, Leuchten und Rückstrahler oder andere Lichtfarben dürfen nur mit Bewilligung des Landeshauptmannes an Kraftfahrzeugen und Anhängern angebracht werden und nur, wenn der Antragsteller hiefür einen dringenden beruflichen oder wirtschaftlichen Bedarf glaubhaft macht. Diese Bewilligung ist nach Maßgabe der Bestimmungen der Abs. 5 bis 7 zu erteilen, wenn die Verkehrs- und Betriebssicherheit dadurch nicht beeinträchtigt wird und wenn nicht zu erwarten ist, daß andere Verkehrsteilnehmer durch diese Leuchten und Lichtfarben abgelenkt oder getäuscht werden können, wie insbesondere bei beleuchteten Werbeflächen oder Leuchten, die so geschaltet sind, daß der Eindruck bewegter Lichter entsteht.

(5) Scheinwerfer und Warnleuchten mit blauem Licht dürfen bei nicht unter Abs. 1 Z 4 fallenden Fahrzeugen nur bewilligt werden, wenn ihre Verwendung im öffentlichen Interesse gelegen ist und dagegen vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bedenken bestehen und nur für Fahrzeuge, die zur Verwendung bestimmt sind:

     a) ausschließlich oder vorwiegend für Feuerwehren,

     b) für den öffentlichen Hilfsdienst,

     c) für den Rettungsdienst oder den Bergrettungsdienst,

     d) für den ärztlichen Bereitschaftsdienst von Gebietskörperschaften, Ärztekammern oder Sozialversicherungsträgern,

     e) für die Leistung dringender ärztlicher Hilfe durch Ärzte in verkehrsreichen Gebieten, in denen kein mit einem Arzt besetzter Rettungsdienst und kein ärztlicher Bereitschaftsdienst gemäß lit. d zur Verfügung stehen; vor der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung der Bewilligung ist eine Stellungnahme der Ärztekammer zur Frage der Notwendigkeit der Erteilung dieser Bewilligung einzuholen oder

     f) für die Leistung dringender Hilfsdienste im Zusammenwirken mit Feuerwehren oder öffentlichen Hilfsdiensten bei Verkehrsunfällen, an denen Fahrzeuge zur Beförderung gefährlicher Güter beteiligt sind,

     g) für die Erbringung dringender tierärztlicher Hilfe durch Tierärzte in verkehrsreichen Gebieten, in denen kein mit einem Tierarzt besetzter Rettungsdienst zur Verfügung steht; vor der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung der Bewilligung ist eine Stellungnahme der Tierärztekammer zur Frage der Notwendigkeit der Erteilung dieser Bewilligung einzuholen,

     h) für die Leistung dringender ärztlicher Hilfe durch Fachärzte (in verkehrsreichen Gebieten), sofern sie sich auf Grund krankenanstaltenrechtlicher Organisationsvorschriften in Rufbereitschaft befinden, oder

     i) für freipraktizierende Hebammen, die berechtigt sind, Hausgeburten durchzuführen, zum rascheren Erreichen des Ortes der Hausgeburt,

     j) für die auftragsgemäße dringende Entstörung der Funk- bzw. Kommunikationssysteme sowie Leitzentralen der BOS-Organisationen (Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben).

[…]

(6) Bewilligungen nach Abs. 5 sind unter den entsprechenden Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen. Durch Verordnung können die näheren Bestimmungen hinsichtlich der Bewilligungen nach Abs. 5 festgelegt werden. Dabei sind insbesondere die Antragslegitimation, die Erteilungsvoraussetzungen, spezielle Einsatzbedingungen sowie die Führung entsprechender Aufzeichnungen über die Verwendung des Blaulichtes zu regeln.

(6a) Die Bewilligung nach Abs. 5 ist zu widerrufen, wenn die für ihre Erteilung erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind. In diesem Fall sind die Scheinwerfer und Warnleuchten mit blauem Licht von den betroffenen Fahrzeugen zu entfernen. Dies gilt auch, wenn ein unter die Bestimmung des Abs. 1 Z 4 fallendes Fahrzeug nicht mehr von den dort genannten Stellen verwendet wird oder nicht mehr für die dort genannten Verwendungen bestimmt ist.

[(7) und (8) …].“

Der § 22 Abs 4 KFG 1967, BGBl. Nr. 267/1967 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 40/2016, lautet:

„(4) Vorrichtungen zum Abgeben von Warnzeichen mit aufeinanderfolgenden, verschieden hohen Tönen dürfen, außer in den in den Abs. 5 und 6 angeführten Fällen, nur mit Bewilligung des Landeshauptmannes angebracht werden. Die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn diese Vorrichtungen sonst den Bestimmungen des Abs. 1 dritter und vierter Satz entsprechen. Für die Erteilung der Bewilligung gilt § 20 Abs. 5 sinngemäß.“

Rechtliche Beurteilung

13. Warnleuchten mit blauem Licht dürfen ohne Bewilligung nur bei jenen Fahrzeugen verwendet werden, die im § 20 Abs 1 Z 4 KFG angeführt sind.

Die Beschwerdeführerin erzeugt Strom und betreibt ein Stromnetz. Fahrzeuge, die in diesem Bereich eingesetzt werden, sind im § 20 Abs 1 Z 4 KFG nicht angeführt.

Die Beschwerdeführerin bedarf daher einer Bewilligung zur Anbringung von Warnleuchten mit blauem Licht.

14. Nach § 20 Abs 5 lit b KFG dürfen Warnleuchten mit blauem Licht bewilligt werden, wenn ihre Verwendung im öffentlichen Interesse gelegen ist, wenn dagegen vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bedenken bestehen und wenn es sich um Fahrzeuge handelt, die zur Verwendung für den öffentlichen Hilfsdienst bestimmt sind.

Auch die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass die Fahrzeuge der Beschwerdeführerin für den öffentlichen Hilfsdienst verwendet werden.

15. Die Verwendung der blauen Warnleuchte muss aber zusätzlich im öffentlichen Interesse gelegen sein.

Ein öffentliches Interesse an der Verwendung von Blaulicht ist nur dann gegeben, wenn das Fahrzeug, für das die Bewilligung angestrebt wird, nicht nur in Ausnahmefällen, sondern mit entsprechender Häufigkeit zu Fahrten bestimmt ist, bei denen Gefahr im Verzug iSd § 26 Abs 1 StVO 1960 vorliegt, bei denen also anzunehmen ist, dass die durch die Verwendung von Blaulicht bewirkte Erleichterung des Vorankommens ausschlaggebend sein wird, um drohende Gefahr für das Leben oder für die Gesundheit von Menschen abzuwenden (vgl. VwGH vom 21.08.2014, Ro 2014/11/0068).

Das ist bei den Fahrzeugen der Beschwerdeführerin nicht der Fall:

16. Im Zusammenhang mit Brandereignissen musste festgestellt werden, dass die Fahrzeuge der Beschwerdeführerin etwa gleichzeitig mit der Feuerwehr am Brandort eintreffen. Eine weitere Erleichterung des Vorankommens durch das Verwenden eines Blaulichtes ist daher nicht erforderlich.

Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie in fünf Fällen aufgrund der Verkehrssituation schneller am Einsatzort gewesen wäre, wenn sie ein Blaulicht gehabt hätte. Somit wäre auch nach Einschätzung der Beschwerdeführerin lediglich in fünf Fällen ein Blaulicht notwendig gewesen.

An dieser Stelle wird auch darauf verwiesen, dass der Zeuge angegeben hat, dass die Feuerwehr unabhängig vom Eintreffen der Beschwerdeführerin mit den Evakuierungsmaßnahmen und der Brandbekämpfung beginnt und dass die Gefahr, dass ein Feuerwehrmann durch Löschmaßnahmen einen Stromschlag erhält, nicht sehr groß ist.

17. Im Zusammenhang mit den Stromabschaltungen nach Verkehrsunfällen ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es im Jahr 2017 lediglich drei derartige Vorfälle gegeben hat. Auch in diesen Fällen fehlt es daher an der erforderlichen Häufigkeit. Dazu kommt, dass der Zeuge angegeben hat, dass solche Fälle, bei denen eine Evakuierung des Verletzten aus dem Fahrzeug nicht möglich ist, eher selten sind.

Bei sonstigen Fahrten im Zusammenhang mit beschädigten elektrischen Anlagen (z.B. offene Tür bei einem Verteilerkasten, Beschädigungen von Stromkabeln bei Bauarbeiten), ohne aktuelle Gefährdung von Menschen, können die allenfalls erforderlichen Absicherungsmaßnahmen bis zum Eintreffen der Beschwerdeführerin von der Polizei oder der Feuerwehr vorgenommen werden. Eine weitere Erleichterung des Vorankommens für die Beschwerdeführerin durch das Verwenden eines Blaulichtes ist in diesen Fällen nicht erforderlich. Zudem hat die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung im Zusammenhang mit dem offenen Verteilerkasten angegeben, dass auch in einem solchen Fall das Blaulicht nur dann eingesetzt würde, wenn es die Verkehrssituation erforderte. Im Normalfall, d.h. bei einer „normalen“ Verkehrssituation, wäre daher auch nach Einschätzung der Beschwerdeführerin kein Blaulicht erforderlich.

18. Hochwasserereignisse und ein landesweiter „Blackout“ sind seltene Ereignisse. Die dadurch veranlassten Fahrten der Beschwerdeführerin erfolgen daher ebenfalls nicht in der entsprechenden Häufigkeit.

Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass außergewöhnliche Ereignisse (wie z.B. ein landesweiter „Blackout“) nicht häufig sind.

Dazu ist auf Folgendes hinzuweisen: Der Gesetzgeber hat im § 20 Abs 1 Z 4 KFG jene Fahrzeuge aufgezählt, die ohne Bewilligung eine blaue Warnleuchte verwenden dürfen. Er hat dabei auch an Großschadensereignisse oder Katastrophen gedacht (vgl. § 20 Abs 1 Z 4 lit f und i KFG). Dennoch hat der Gesetzgeber die Fahrzeuge von Stromversorgungsunternehmen (wie die Beschwerdeführerin) nicht erwähnt. Es kann daher nicht angenommen werden, dass auch bei diesen Fahrzeugen generell (unabhängig von der Häufigkeit ihres Einsatzes) ein öffentliches Interesse an der Verwendung des Blaulichtes vorliegt, auch wenn diese Fahrzeuge im Zusammenhang mit solchen Großschadensereignissen eingesetzt werden.

Unzulässigkeit der Revision

19. Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Kraftfahrrecht, Blaulichtbewilligung, E-Werk

Anmerkung

Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof (11.03.2019, Ra 2019/11/0035) zurückgewiesen (kein Abweichen von der Judikatur des VwGH).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2018:LVwG.418.1.2018.R11

Zuletzt aktualisiert am

04.04.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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