Rechtssatznummer
1Entscheidungsdatum
05.10.2018Norm
B-VG Art. 94Rechtssatz
* Der Einwand des Bf. und der Österreichischen Apothekerkammer, dass nicht ausschließlich auf solche Angaben des Bewerbers um die Hausapothekenbewilligung, die einer objektiven Nachvollziehbarkeit nicht zugänglich sind, abgestellt werden kann, erweist sich als zutreffend. Andernfalls wäre nämlich die Gefahr zu groß, dass ein solches Vorbringen nicht der objektiven Wahrheit, sondern vielmehr den Interessen desjenigen entspricht, der daraus einen entsprechenden Nutzen zu ziehen vermag.
* Da die Behörde gemäß § 37 AVG zur Ermittlung der objektiven Wahrheit verpflichtet ist, wäre sie nach § 39 Abs. 1 AVG dazu verhalten gewesen, von Amts wegen zweckentsprechende Feststellungen zu treffen. In diesem Zusammenhang könnten etwa unangekündigte stichprobenartige Kontrollen der Patientenzahlen durch Behördenorgane jeweils am Ende unterschiedlicher Wochentage über einen Zeitraum von zwei Monaten hinweg ein einigermaßen repräsentatives Ergebnis liefern. Jedenfalls konnte in der vorliegenden Situation aber weder der Grundsatz der freien Beweiswürdigung – der jeweils „erst nach vollständiger Beweiserhebung einsetzen darf“ (vgl. VwGH vom 21.12.2010, 2007/05/0231) – ins Treffen geführt noch vom Vorliegen eines „non liquet“ ausgegangen werden (vgl. VwGH vom 21.3.2007, 2006/05/0034).
* Eigene Erhebungsorgane stehen dem LVwG OÖ ebenso wenig zur Verfügung wie die Möglichkeit einer entsprechenden Beauftragung von behördlichen Exekutivorganen; Letzteres ist vielmehr vor dem Hintergrund des Art. 94 Abs. 1 B VG nach § 17 VwGVG i.V.m. § 66 Abs. 1 AVG folgerichtig explizit ausgeschlossen. Daher war der angefochtene Bescheid aus Anlass der gegenständlichen Beschwerde nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückzuverweisen.
Zulässigkeit der ordentlichen Revision, weil bisher – soweit ersichtlich – Rechtsprechung des VwGH zu der Frage fehlt, ob eine Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zulässig ist, wenn auf Grund organisationsrechtlicher Rahmenvorschriften für das VwG keine Möglichkeit zur Vornahme von solchen Ermittlungsschritten besteht, zu denen es Exekutivorgane bedarf.
Schlagworte
Freie Beweiswürdigung; Nichterwiesenheit; Sachverhaltfeststellung; Ermittlungspflicht; Exekutivorgane; Gewaltenteilung; ZurückverweisungAnmerkung
Alle Entscheidungsvolltexte sowie das Ergebnis einer gegebenenfalls dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung sind auf der Homepage des Oö LVwG www.lvwg-ooe.gv.at abrufbar.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGOB:2018:LVwG.050120.2.Gf.MuZuletzt aktualisiert am
11.01.2019