Entscheidungsdatum
23.10.2018Norm
WRG 1959 §21a Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Franz Kramer über die als Beschwerden zu wertenden Berufungen von
1. A,
2. B,
3. C,
4. D sowie
5. E GmbH,
alle vertreten durch die F Rechtsanwälte GmbH, ***, ***, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 9. Juli 2001, Zl. ***, betreffend Aufträge gemäß § 21a WRG 1959 zur Abgabe von Restwasser in die ***, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass sein Spruch zu lauten hat wie folgt:
A) Die unter Postzahlen *** und *** im Wasserbuch für den Magistrat der Stadt St. Pölten sowie unter den Postzahlen *** und *** im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk St. Pölten eingetragenen Wasserrechte zur Ausleitung von Wasser aus der *** zum Betrieb von Wasserkraftanlagen werden mit Wirkung vom 1. Jänner 2019 dahingehend eingeschränkt bzw. abgeändert, dass Wassermengen im folgenden Mindestausmaß im Fluss zu belassen bzw. unmittelbar nach Ausleitung über die vorhandenen Einrichtungen (Fischaufstiegshilfen unter Beachtung deren projektierten Maximal-dotationen, sonstige Dotationseinrichtungen, Schützen, Umlaufgraben) wieder in die *** zurückzuleiten sind wie folgt:
1. an den *** (Wasserbuch-Postzahl ***) und *** (Wasserbuch-Postzahl ***) Wehranlagen: Jeweils (tagesaktuell) jene Wassermenge, die 10 % der am Pegel *** gemessen entspricht, wenigstens aber 500 l/s.
2. bei der Ausleitung am sogenannten „***wehr“ bei *** (Wasserbuch-Postzahl ***): Wenigstens eine Wassermenge von 500 l/s; die im Fluss zu belassende bzw. unmittelbar nach Entnahme über den dort vorhandenen „Schotterzug“ bzw. Umlaufgraben (Bescheid vom 27. Februar 1959, ***) wieder dem *** rückzuführende Wassermenge erhöht sich (im Sinne einer stufenweisen Anpassung an 10% der natürlichen Wasserführung) auf 750 l/s, 1.000 l/s bzw. 1.320 l/s, wenn am Pegel *** die Werte 7,5 m³/s, 10,0 m³/s und 13,2 m³/s überschritten werden. Der jeweils höhere Abgabewert ist solange einzuhalten, bis die nächst niedrigere Schwelle (also 10,0 m³/s, 7,5 m³/s bzw. 5,0 m³/s) unterschritten wird, worauf der dem bis dahin einzuhaltenden Wert dessen nächst niedriger folgt.
Über- bzw. Unterschreitungen des Schwellenwertes auf die Dauer von weniger als 24 Stunden haben außer Betracht zu bleiben.
Der/die Wasserberechtigte ist berechtigt, anstelle der Anpassung gemäß den oben festgesetzten Schwellenwerten eine tägliche Anpassung an 10 % der Wasserführung beim Pegel *** analog zu den Regelungen im Punkt 1 vorzunehmen; dies ist der für die Anlage zuständigen Wasserrechtsbehörde mitzuteilen; ab dem Zeitpunkt der Mitteilung gilt ausschließlich die Regelung der Restwassermenge gemäß Punkt 1.
3. an der ***Wehranlage (Wasserbuch-Postzahl ***):
Wenigstens eine Wassermenge von 500 l/s; die im Fluss zu belassende Wassermenge erhöht sich (im Sinne einer stufenweisen Anpassung an 10% der natürlichen Wasserführung) auf 750 l/s, 1.000 l/s bzw. 1.250 l/s, wenn am Pegel *** die Werte 7,5 m³/s, 10,0 m³/s und 12,5 m³/s überschritten werden. Der jeweils höhere Abgabewert ist solange einzuhalten, bis die nächst niedrigere Schwelle (also 10,0 m³/s, 7,5 m³/s bzw. 5,0 m³/s) unterschritten wird, worauf der dem bis dahin einzuhaltenden Wert dessen nächst niedrigerem folgt.
Über- bzw. Unterschreitungen des Schwellenwertes auf die Dauer von weniger als 24 Stunden haben außer Betracht zu bleiben.
Der/die Wasserberechtigte ist berechtigt, anstelle der Anpassung gemäß den oben festgesetzten Schwellenwerten eine tägliche Anpassung an 10 % der Wasserführung beim Pegel *** analog zu den Regelungen im Punkt 1 vorzunehmen; dies ist der für die Anlage zuständigen Wasserrechtsbehörde mitzuteilen; ab dem Zeitpunkt der Mitteilung gilt ausschließlich die Regelung der Restwassermenge gemäß Punkt 1.
B) Bis zum 1. März 2019 sind die Einrichtungen zur Restwasserabgabe gemäß Punkte A) 1. – 3. durch die jeweiligen Wasserberechtigten so auszustatten, dass eine Manipulation der Restwasserabgabe durch Unbefugte verhindert wird (z.B. versperrbare Verriegelung der Einstellung). Weiters ist die jeweils abgegebene Wassermenge für die überprüfenden Organe der Behörde jederzeit nachvollziehbar bzw. dauerhaft ersichtlich zu machen (etwa Anbringung von Skalen/Diagrammen im Bereich der Abgabestellen, aus denen sich die abgegebene Wassermenge in Abhängigkeit von der Stellung der Betätigungseinrichtung für die Wasserabgabe ablesen lässt, Pegel im Bereich der zur Abgabe verwendeten Fischaufstiegshilfe oder Gleichartiges). Über die vorgenommenen Änderungen bei Über- bzw. Unterschreiten der Schwellen gemäß Punkt 2 und 3 haben die jeweiligen Wasserberechtigten Aufzeichnungen zu führen, welche wenigstens bis zum Abschluss des wasserwirtschaftlichen Versuchs (Bescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 2. September 2015, ***) aufzubewahren und der für die Anlage zuständigen Wasserrechtsbehörde zur Verfügung zu stellen sind.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§§ 21a, 30a, 30b, 99 Abs. 1 lit. b, 101 Abs. 2 und 105 Abs. 1 WRG 1959 (Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idgF)
§ 99 Abs.1 lit. a und Anhang 1 WRG 1959 idF BGBl. Nr. 252/1990
Art. II Abs. 1 WRG-Novelle 1997, BGBl. I 1997/74
§ 13 QZV Ökologie OG (Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Festlegung des ökologischen Zustandes für Oberflächengewässer, BGBl. II Nr. 99/2010)
§§ 24 Abs. 1, 27, 28 Abs. 1 und 2 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF)
§ 25a Abs. 1 VwGG (Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 idgF)
Art. 133 Abs. 4, 151 Abs. 51 Z 8 B-VG (Bundesverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 idgF)
Entscheidungsgründe
1. Sachverhalt und Beweiswürdigung
1.1. Aus den Akten des Landeshauptmannes von Niederösterreich (in der Folge: die belangte Behörde) ist ersichtlich, dass bereits im Herbst 1990 Anregungen des Fischereirevierverbandes *** bzw. einer Fischereiberechtigten sowie einer Landesdienststelle erfolgten, unter Anwendung der Bestimmungen des § 21a WRG 1959 Restwasservorschreibungen an den Wehranlagen der *** im Bereich des Magistrats bzw. der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten zu treffen. Daraufhin kam es in der Folge zu verschiedenen Ermittlungsschritten, wie amtsinternen Besprechungen, Beischaffung von Unterlagen und Einholung von Stellungnahmen von Amtssachverständigen. So wurde mit Schreiben vom 9. September 1993 an die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten und den Magistrat der Landeshauptstadt St. Pölten um Übermittlung der Akten über wasserrechtliche Bewilligungen betreffend *** Wehr (Wasserbuch-Postzahl ***), *** Wehr (Wasserbuch-Postzahl ***) , ***wehr (Wasserbuch-Postzahl ***) und *** Wehr (Wasserbuch-Postzahl ***) „im Zuge des Verfahrens gemäß
§ 21a betreffend die Dotierung der ***“ ersucht.
Mit Schreiben vom 14. Dezember 1995 wandte sich die belangte Behörde im Hinblick auf die zu erwartenden Erhebungskosten an das damalige Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft und verwies darin auf das anhängige Verfahren nach § 21a WRG 1959 betreffend die Dotierung der *** in der Restwasserstrecke *** bis ***.
Im Zusammenhang mit dem Verfahren wurden Erhebungen zum Ist-Zustand des **** im *** (von *** bis zur Mündung in die ***) durchgeführt. Dabei wurde auch das System der Mühlbäche, beginnend am sogenannten *** Wehr im Stadtgebiet von ***, näher untersucht und dokumentiert. Neben der Situation des Oberflächengewässers wurden auch die Grundwasserverhältnisse untersucht.
In der Folge holte die belangte Behörde Gutachten nichtamtlicher Sachverständiger für Hydrologie und Gewässerökologie sowie über die wirtschaftlichen Auswirkungen möglicher Einschränkungen der Wasserentnahmerechte auf die davon betroffenen Wasserkraftanlagen an den ***mühlbächen ein.
1.2. Nach Parteiengehör und Durchführung einer mündlichen Verhandlung, bei der auch die eingeholten Gutachten erörtert bzw. ergänzt wurden, erließ die belangte Behörde schließlich den angefochtenen Bescheid vom 9. Juli 2001, ***. Darin wurde dem C, der B und der A aufgetragen, an dieser Wehranlage bis zum 31. Dezember 2003 „entsprechende Maßnahmen“ zu setzen, die eine Restwasserabgabe in die *** an dieser Anlage von zumindestens 2 m³/s sicherstellten. Entsprechende Projektsunterlagen sollten der Wasserrechtsbehörde bis zum 30. Juni 2002 vorgelegt werden.
Die B und der C wurden unter Setzung derselben Fristen zu einer gleichen Vorgangsweise an der *** Wehranlage verpflichtet.
Analoge Verpflichtungen ergingen an die G reg. Gen.m.b.H. in Bezug auf eine Restwasserabgabe beim ***wehr in der KG *** sowie an die D in Bezug auf die *** Wehranlage in der KG ***.
Gleichzeitig wurde eine Reihe von Beweisanträgen abgewiesen.
Begründend macht die Behörde verschiedene Ausführungen zum Verfahrensverlauf, zu den durchgeführten Ermittlungen und zum „rechtlichen Bestand“ in Bezug auf die Wehranlagen, gibt Gutachten wieder und tätigt in verschiedenem Zusammenhang rechtliche Ausführungen.
Zusammenfassend kommt die Behörde schließlich zum Schluss, dass die ökologische Funktionsfähigkeit der *** als Folge der Ausleitung von Wasser in die Werkskanäle (Mühlbäche) zum Betrieb von Wasserkraftanlagen massiv beeinträchtigt sei. Damit wären „mehrere öffentliche Interessen“ im Sinn des § 105 Abs. 1 WRG 1959 verletzt. Dies rechtfertige Maßnahmen zur Einschränkung der angeführten Wasserrechte der (nunmehrigen) Beschwerdeführer.
In der Folge stellt die belangte Behörde das Interesse an einer Verbesserung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers den ökonomischen Nachteilen gegenüber, welche die in den verpflichteten Genossenschaften zusammen-geschlossen Betreiber von Kleinwasserkraftwerken bei Wirksamwerden der Dotationsverpflichtung erleiden würden.
Ausgehend davon, dass sich Restwasserabgabe und ökonomische Nachteile für die Kraftwerksbetreiber direkt proportional verhalten, nimmt die Behörde eine Gegenüberstellung des steigenden Nutzens für die Gewässerökologie mit den damit verbundenen „Kosten“ der Genossenschaften/Kraftwerksbetreiber vor, und kommt schließlich zum Ergebnis, dass bei einer Restwasserdotation der *** von durchgehend 2 m³/s das vergleichsweise günstigste Verhältnis zwischen Aufwand und Erfolg gegeben sei. Einer damit verbundenen um drei Stufen verbesserten ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers stünde ein monetärer Schaden der Gesamtheit der Kraftwerksbetreiber in Höhe von (damals) 115,7 Mio. ATS gegenüber. Damit sei die Verhältnismäßigkeit gegeben.
1.3. Gegen diesen Bescheid erhoben sämtliche darin Verpflichtete in einem gemeinsamen Schriftsatz Berufung an das (damalige) Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Sie machen darin zusammengefasst Folgendes geltend:
- (teilweise) Unzuständigkeit des Landeshauptmannes von NÖ mangels Verfahrens-anhängigkeit zum 12. Juli 1997 (Inkrafttreten WRG-Novelle 1997)
- Verfahrensmängel wegen Befangenheit eines Sachverständigen und unvollständiger Sachverhaltsermittlung, sowohl in Bezug auf die ökonomischen Auswirkungen der Eingriffe in bestehenden Rechte als auch hinsichtlich anderer Ursachen (wie Regulierung, Sohleintiefung, Kanalisierung, Drainagierung, Bodenversiegelung und Wasserentnahmen) und Lösungsmöglichkeiten für die ökologischen Defizite an der ***; weites in Zusammenhang mit der Heranziehung des vom gewässerökologischen Gutachters verwendeten Habitatmodells
- unrichtige Beweiswürdigung und Verletzung des Parteiengehörs
- unrichtige rechtliche Beurteilung, weil die Tatbestandsvoraussetzungen des § 21a WRG 1959 (teilweise) nicht erfüllt wären, die zugegebenermaßen beeinträchtigten öffentlichen Interessen (teilweise) unrichtigerweise in die Bewertung einbezogen worden wären, nicht das gelindeste Mittel gewählt worden sei, andere Eingriffsmöglichkeiten nicht geprüft worden wären und die Verhältnismäßigkeit der Eingriffe auch angesichts andere (Mit)verursacher an den ökologischen Unzulänglichkeiten und anders zu berechnender ökonomischer Auswirkungen nicht vorliege bzw. zu einer anderen Entscheidung hätte führen müssen. Schließlich sei die Festlegung der Restwassermenge(n) sachlich nicht nachvollziehbar und damit willkürlich
- Unmöglichkeit der Erfüllung des Auftrages am *** Wehr bei einer geringeren dort ankommenden Wassermenge
Schließlich wird die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides (in eventu die Aufhebung und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Erstbehörde) beantragt.
1.4. Die Berufungsbehörde ließ den Akt bis zur Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit per 1. Jänner 2014 unerledigt. Soweit aus den dem Gericht in der Folge (unvollständig) vorgelegten Akten des Bundesministers zu ersehen ist, wurden Gutachtensergänzungen und Stellungnahmen der Berufungswerber eingeholt bzw. abgegeben. Diese wiesen in einer Äußerung vom 10. Dezember 2013 auf einen geplanten wasserwirtschaftlichen Versuch hin und regten an, das Verfahren bis zum Vorliegen der Ergebnisse ruhen zulassen.
1.5. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich setzte in der Folge das Ermittlungsverfahren durch die Beischaffung von Unterlagen, insbesondere zur Abklärung der Änderung der Verhältnisse angesichts der seit Bescheiderlassung vergangenen Zeit, fort.
Dabei teilte das wasserwirtschaftliche Planungsorgan mit Schreiben vom 27. April 2017 mit, dass sich die *** derzeit in keinem guten ökologischen Zustand befinde, vor allem die ökologische Komponente „Fischökologie“ sei schlecht bewertet. Hauptursachen seien fehlende Dotation, fehlende Fischdurchgängigkeit und gewässerstrukturelle Defizite. Um die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie (guter ökologischer Zustand oder gutes ökologisches Potential) zu erreichen, werde untersucht, ob die angestrebten Ziele auch durch die Herstellung einer „Niederwasserinne“ mit einer geringeren Wasserdotation erzielt werden könne. Die theoretische Möglichkeit werde nun in der Praxis im Rahmen
eines wasserwirtschaftlichen Versuches in einem Streckenabschnitt bei *** zwischen Stufe *** (Fkm.***) und Stufe *** (Fkm.***) geprüft.
Auf einer Länge von rd. 3,75 km würde eine Strukturierung des Gewässers sowie die
Passierbarkeit in diesem Abschnitt hergestellt werden. Wesentliche Voraussetzung für die Durchführung des Wasserwirtschaftlichen Versuchs sei eine permanente Restwasserführung in der Versuchsstrecke. Diese sei mit 10% des jeweiligen Abflusses an der Wehranlage in ***, jedoch mit einem Mindestabfluss von 500 l/s, vereinbart. Um die Funktionalität der angeführten Restwassermenge darstellen zu können, sei ein biotisches Monitoring notwendig. Dieses werde nach Beendigung der Bauphasen starten und etwa 3 Jahre (2018-2021) dauern.
Gegenwärtig sei daher noch nicht absehbar, ob auch mit einer geringeren Restwasserdotation als jenen im Bescheid 2001 vorgesehen die angestrebten wasserwirtschaftliche Ziele erreicht werden können.
Parallel zum wasserwirtschaftlichen Versuch in *** werden noch weitere
wasserwirtschaftliche Planungen bearbeitet, die im Zusammenhang mit der
Restwassermenge in der *** stehen.
Folgende wasserrechtsbehördliche Bescheide von Interesse im gegenständlichen Zusammenhang liegen dem Gericht vor:
- Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 2. September 2015, ***, betreffend Bewilligung eines wasserwirtschaftlichen Versuches
- Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 28. Februar 2011, ***, betreffend Feststellung gemäß § 28 WRG 1959 hinsichtlich der Wiederherstellung der *** Wehr
- Bescheide des Bürgermeisters der Stadt St. Pölten vom 18. Oktober 2013 und 25. Oktober 2016 betreffend Bewilligung bzw. Kollaudierung von Fischaufstiegshilfe und Dotationseinrichtung am *** Wehr sowie am *** Wehr
- Bescheid der NÖ Landesregierung vom 24. April 2012, ***, betreffend Genehmigung nach dem UVP-G 2000 zur Neugestaltung eines Abschnittes von ca. 12,7 km des Unterlaufs der ***
- Auszug aus dem Wasserbuch betreffend die Postzahl ***, aus der sich eine Restwasserbagabeverpflichtung von 180 l/s ergibt
1.6. Schließlich führte das Gericht zur weiteren Erörterung der Sache am 28. Juni und 17. September 2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, bei der die Parteien gehört, Amtssachverständige und Auskunftspersonen befragt und ein Lokalaugenschein durchgeführt wurde(n).
Die nunmehrigen Beschwerdeführer gaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung bzw. zu deren Vorbereitung Äußerungen ab, wobei die E GmbH als Rechtsnachfolgerin der G reg. Gen.m.b.H. an deren Stelle ins Verfahren eintrat.
1.7. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt wird – zusätzlich zum soeben beschriebenen Verfahrensverlauf und Inhalt behördlicher Schriftstücke – festgestellt:
Aus dem *** kommt es im Stadtgebiet von *** bzw. im Verwaltungs- bezirk St. Pölten (in dieser Reihenfolge in Fließrichtung) an der *** Wehr, der *** Wehr, der ***wehr sowie der *** Wehr zur – wasserrechtlich bewilligten (vgl. die oben angeführten Wasserbucheintragungen) – Ausleitung vom Wasser des Flusses in Werkskanäle (Mühlbäche) zum Zweck des Betriebs von insgesamt etwa 50 Wasserkraftanlagen, deren Betreiber (Wasserberechtigte) in Wassergenossenschaften zusammengeschlossen sind (A, B, C, D). Diese Wassergenossenschaften bzw. hinsichtlich der Ausleitung beim sogenannten ***wehr in *** nunmehr die G GmbH als Rechtsnachfolgerin der G reg. Gen.m.b.H. sind Träger der Ausleitungsrechte an den jeweiligen Wehranlagen.
Die erste Wasserentnahme erfolgt somit an der *** Wehr (PZ ***), an der insgesamt max. 10 m³/s aus der ***, und zwar je zur Hälfte in den rechten und den linken Werkskanal, ausgeleitet werden.
Flussabwärts folgen die *** Wehranlage (PZ ***), die ***wehr bei *** (PZ ***) sowie die *** Wehr (PZ ***), an welchen ebenfalls Ausleitungen in das System der Werkskanäle vorgenommen werden.
Auf Grund der nicht durch entsprechende Restwasserabgabeverpflichtungen beschränkten Entnahmemengen ist die ökologische Funktionsfähigkeit der *** erheblich beeinträchtigt. In der Vergangenheit führte das Fehlen einer gesicherten Wasserführung dazu, dass das Bett der *** über weite Strecken nahezu trockengefallen ist. Es traten dabei auch wiederholt Fälle von Fischsterben im Bereich der Ausleitungsstrecke auf.
Auf Grund der fehlenden gesicherten Restwasserführung sowie morphologischer Defizite auf Grund vorhandener Hochwasserschutzverbauung und damit verbundener Fischwanderhindernisse weist die *** bei vollständiger Ausnutzung der in Rede stehenden Entnahmekonsense zur Wasserkraftnutzung einen biologisch unbefriedigenden Zustand (Gesamtzustand: Zustandsklasse 4) auf. Zur Erreichung des Zielzustandes (guter ökologischer Zustand) bedarf es sowohl einer ausreichenden Restwasserführung als auch einer Umgestaltung der Gewässermorphologie. Dies gilt auch für den Zustand „gutes ökologisches Potenzial“ bei einer künftigen Einstufung des betroffenen Gewässerkörpers als „erheblich verändert“ im Sinne des § 30b WRG 1959.
Seit Erlassung des angefochtenen Bescheides wurden verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung des Gewässerzustandes gesetzt; so wurden an der ***, der *** sowie der *** Wehr Fischaufstiegshilfen errichtet. Weiters erfolgt eine freiwillige Restwasserabgabe an den in Rede stehenden Wehranlagen gemäß einer zwischen der A, der B, dem C, dem Fischereirevierverband *** sowie dem ***wasserverband abgeschlossenen Vereinbarung. Diese dient der Ermöglichung des mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 2. September 2015, ***, dem ***wasserverband bewilligten wasserwirtschaftlichen Versuches. Dieser Versuch umfasst eine morphologische Umgestaltung der Versuchsstrecke, eines etwa 3,7 km langen Abschnittes der *** (Flusskilometer *** bis ***) und eine dynamische Dotierung der Versuchsstrecke über die Wehranlagen in *** bzw. in *** mit 10 % des Abflusses des (oberhalb der *** Wehr gelegenen und damit durch die gegenständlichen Wasserentnahmen unbeeinflussten) Pegels ***, wenigstens aber mit 500 l/s. Die Durchführung des Versuches, der bis etwa ins Jahr 2022 dauern soll, lässt nähere Erkenntnisse über die Erreichbarkeit des Zielzustandes und der dafür erforderlichen Maßnahmen, insbesondere der hiefür erforderlichen Restwassermenge erwarten. Ob bereits mit der dem Versuch zugrunde liegenden Wasserabgabe das Auslangen gefunden wird, oder ob es – zusätzlich zu anderen gewässermorphologischen Maßnahmen – einer höheren Restwasserabgabe bedürfen wird, lässt sich derzeit noch nicht mit Sicherheit prognostizieren. Unabhängig von der Frage, ob sich der Zielzustand unter den dem Versuch zugrunde liegenden Rahmenbedingungen erreichen lässt und ob dieser im guten Zustand bzw. beim guten ökologischen Potenzial liegen müsste (weil sich der gute Zustand bei den gegebenen Rahmenbedingungen, namentlich der *** als reguliertes Gewässer, nicht erreichen lässt), bedeutet die Abgabe einer gesicherten Restwassermenge, wie sie derzeit bereits ohne wasserrechtliche Verpflichtung dazu erfolgt, eine deutliche Verbesserung der Gewässersituation. Auf Grund der bereits vorliegenden Erfahrungen ist davon auszugehen, dass es deshalb zu keinen großräumigen Fischsterben, bedingt durch die geringe Wasserführung, mehr kommen wird und sich der fischökologische Zustand bereits (um eine Stufe) verbessert hat bzw. verbessern wird. Es ist davon auszugehen, dass diese Verbesserungen, soweit sie durch die erhöhte Wasserführung bedingt sind, auch außerhalb der Versuchsstrecke positive Auswirkungen zeigen (zB Vermeidung von Fischsterben).
Zur Erreichung des Zielzustandes im betrachteten Gewässerabschnitt wird es neben einer gesicherten Restwasserführung noch erheblicher Aufwendungen zur Herstellung der Durchgängigkeit und Strukturierung der *** bedürfen (nach Schätzung des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans nach derzeitigem Stand etwa Aufwendungen im Bereich von 23 Mio. Euro).
Während die Fischpassierbarkeit an ***, *** und *** Wehr mittlerweile hergestellt wurde, fehlt eine solche bei der ***wehr in ***.
Etwa 880 m unterhalb der Wehranlage erfolgte eine Dotation der Ausleitungsstrecke im Ausmaß von 180 l/s (verpflichtende Abgabe von der Wasserkraftanlage PZ ***).
Während an *** und *** Wehr derzeit bereits Einrichtungen vorhanden sind, die auch eine tagesaktuelle dynamische Dotation in Abhängigkeit vom Pegel *** erlauben, fehlen solche an den beiden anderen Wehranlagen und müssten mit größerem Aufwand, etwa durch Herstellung von Stromanschlüssen und anlagentechnischen Umgestaltungen errichtet werden. Die Kosten für eine die tagesaktuelle Dotation ermöglichende Anlage bei ***wehr und *** Wehr werden – ausgehend von den Erfahrungen an *** bzw. *** Wehr mit etwa 100.000 Euro angegeben; dazu kommt noch die Herstellung eines Stromanschlusses, der beim *** Wehr mit einer Leitungslänge von etwa 3,5 km angegeben wird.
Eine annähernde Nachbildung der dynamischen Dotation lässt sich an diesen Wehranlagen durch eine stufenweise Regulierung mit händischer Bedienung erzielen, etwa indem bei Überschreitung der Pegelstände (***) von 7,5 m³/s, 10,0 m³/s und 12,5 m³/s bzw. 13,2 m³/s eine Erhöhung, und bei Unterschreiten der nächstniedrigeren Stufe wieder eine Reduktion der Dotationsmenge erfolgt. Die Restwasserstrecke unterhalb der ***wehr unterscheidet sich von jener unterhalb der *** Wehr durch die oben erwähnte zusätzliche Dotation vom Kraftwerk ***.
Im *** stehen *** und Grundwasserkörper in Beziehung. So kommt es sowohl zu In- als auch zu Exfiltration, welche nach Erkenntnissen des wasser-wirtschaftlichen Planungsorgans in Summe einen negativen Einfluss auf die ***wasserführung von maximal 80 l/s im Süden *** ausmacht. Gegenwärtig werden dem Grundwasser im *** jährlich etwa 12 Mio. m³ Wasser entnommen, davon etwa 8,5 Mio. m³ im Rahmen von Trinkwasserversorgungsanlagen.
In Bezug auf die Wasserführung in der Ausleitungsstrecke werden kurzfristige erhebliche Schwankungen beobachtet, die nicht auf natürliche Effekte zurückgeführt werden können, sondern durch unregelmäßige Betriebszustände, vermutlich bei Wasserkraftanlagen im Bezirk Lilienfeld bzw. kurzfristige Wasserentnahmespitzen aus dem Grundwasser im Stadtgebiet von *** erklärt werden.
Sämtliche Beschwerdeführer haben die Verhältnismäßigkeit einer Restwasser-abgabe im Ausmaß von 500 l/s bzw. 10 % der jeweiligen Wasserführung am Pegel *** anerkannt, bei den Anlagen ***wehr und *** Wehr mit der Einschränkung auf die händische Anpassung bei deutlicher Änderung der Wasserführungswerte, wie dies im Spruch dieser Entscheidung zum Ausdruck kommt.
1.8. Diese Feststellungen gründen sich auf folgende Beweise:
Die Feststellungen zum Verfahrensablauf und Inhalt von Schriftstücken ergeben sich aus den Akten der belangten Behörde bzw. des Gerichts und sind unstrittig. Unbestritten sind der – auch in der Ist-Bestandsaufnahme zum Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan dokumentierte – unzufriedenstellende Zustand der *** und die Notwendigkeit von Maßnahmen, sowohl auf der Seite der Gewässermorphologie als auch in Bezug auf die Restwasserführung. Durch die freiwillige Abgabe und durch eine ausdrückliche Erklärung im Zuge des Beschwerdeverfahrens wird dies auch von den Beschwerdeführern anerkannt. Dass sich die tatsächlich – unter Berücksichtigung struktureller Maßnahmen am *** – erforderliche Restwassermenge, um den Zielzustand zu erreichen, aus heutiger Sicht nicht mit vollständiger Gewissheit abschätzen lässt, ergibt sich sowohl aus der Einschätzung des Wasserwirtschaftlichen Planungsorgans (vgl. das oben angeführte Schreiben) als auch den vom Gericht gehörten Sachverständigen und fachkundigen Auskunftspersonen (vgl. die Verhandlungsschrift 28. Juni 2018). Nach deren übereinstimmender Einschätzung ist davon auszugehen, dass eine Wasserabgabe, wie sie nun durch den Spruch dieses Erkenntnisses angeordnet wird, jedenfalls positive Effekte auf die Gewässerökologie haben wird. Selbst die Erreichung des Zielzustandes scheint mit einer dynamischen Dotation im Ausmaß von 10/ der natürlichen Wasserführung (wenigstens 500 l/s) nach Einschätzung des zweifellos fachkundigen und erfahrenen Planers der in Rede stehenden Versuchsanordnung H im Bereich des Möglichen. Deutliche positive Effekte wurden im Hinblick auf die bereits freiwillig erfolgende Dotation auch tatsächlich beobachtet (vgl. die Aussagen H sowie des Vertreters des Fischereirevierverbandes ***, der von einem verbesserten Fischbestand im Stadtgebiet *** auch außerhalb der morphologisch verbesserten Versuchsstrecke berichtet hat). Das Gericht hält daher die Schlussfolgerung für berechtigt, dass die Abgabe von wenigstens 500 l/s für sich allein bereits zu einer spürbaren Verbesserung des Gewässerzustandes führt, auch zumal dadurch die in der Vergangenheit immer wieder beobachteten Fischsterben verhindert werden können, wenigstens soweit sie nicht durch andere Umstände, wie die Einbringung wassergefährdender Stoffe ausgelöst werden. Dazu kommt der positive Effekt der dynamischen Dotation, mag er auch durch die vom Verhältnismäßigkeitserwägungen mitbestimmten Einschränkungen bei den Wehranlagen ***wehr und *** Wehr abgeschwächt sein. Dass bei diesen Anlagen ein erheblicher Aufwand zur Einrichtung von automatischen Dotationsvorrichtungen zu tätigen wäre, erscheint dem Gericht angesichts der glaubwürdigen Angabe von Errichtungskosten bei *** bzw. *** Wehr im Bereich von etwa € 100.000,- plausibel. Angesichts des Charakters dieser Entscheidung als erster (von möglicherweise mehreren) Schritt(en) zur Erreichung eines unter ökologischen Gesichtspunkten anzustrebenen Gewässerzustandes erweist sich eine nähere Erforschung der genauen Kosten entbehrlich (vgl. dazu die rechtlichen Erwägungen).
Näherer Feststellungen zur Frage der Verhältnismäßigkeit des mit dieser Entscheidung verfügten Eingriffs in bestehende Rechte bedurfte es nicht, da die Betroffenen die Verhältnismäßigkeit selbst anerkannt haben.
2. Erwägungen des Gerichts
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich bei seiner Entscheidung ausgehend vom unter 1. festgestellten Sachverhalt von folgenden Erwägungen leiten lassen:
2.1. Anzuwendende Rechtsvorschriften
WRG 1959 idgF
§ 21a. (1) Ergibt sich nach Erteilung der Bewilligung insbesondere unter Beachtung der Ergebnisse der Bestandsaufnahme (§ 55d), dass öffentliche Interessen (§ 105) trotz Einhaltung der im Bewilligungsbescheid oder in sonstigen Bestimmungen enthaltenen Auflagen und Vorschriften nicht hinreichend geschützt sind, hat die Behörde vorbehaltlich § 52 Abs. 2 zweiter Satz die nach dem nunmehrigen Stand der Technik (§ 12a) zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzliche Auflagen vorzuschreiben, Anpassungsziele festzulegen und die Vorlage entsprechender Projektsunterlagen über die Anpassung aufzutragen. Art und Ausmaß der Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer einzuschränken oder die Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer zu untersagen.
(2) Für die Erfüllung von Anordnungen nach Abs. 1 sowie für die Planung der erforderlichen Anpassungsmaßnahmen und die Vorlage von diesbezüglichen Projektsunterlagen sind von der Behörde jeweils angemessene Fristen einzuräumen; hinsichtlich des notwendigen Inhalts der Projektsunterlagen gilt § 103. Diese Fristen sind zu verlängern, wenn der Verpflichtete nachweist, daß ihm die Einhaltung der Frist ohne sein Verschulden unmöglich ist. Ein rechtzeitig eingebrachter Verlängerungsantrag hemmt den Ablauf der Frist. Bei fruchtlosem Ablauf der Frist findet § 27 Abs. 4 sinngemäß Anwendung.
(3) Die Behörde darf Maßnahmen nach Abs. 1 nicht vorschreiben, wenn diese Maßnahmen unverhältnismäßig sind. Dabei gelten folgende Grundsätze:
a)
der mit der Erfüllung dieser Maßnahmen verbundene Aufwand darf nicht außer Verhältnis zu dem damit angestrebten Erfolg stehen, wobei insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Wasserbenutzung ausgehenden Auswirkungen und Beeinträchtigungen sowie die Nutzungsdauer, die Wirtschaftlichkeit und die technische Besonderheit der Wasserbenutzung zu berücksichtigen sind;
b)
bei Eingriffen in bestehende Rechte ist nur das jeweils gelindeste noch zum Ziele führende Mittel zu wählen;
c)
verschiedene Eingriffe können nacheinander vorgeschrieben werden.
(Anm.: lit. d aufgehoben durch BGBl. I Nr. 82/2003)
(4) Liegt ein genehmigter Sanierungsplan (§ 92) oder ein Sanierungsprogramm (§ 33d) vor, so dürfen Maßnahmen nach Abs. 1 darüber nicht hinausgehen.
(5) Die Abs. 1 bis 4 finden auf sonstige Anlagen und Bewilligungen nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sinngemäß Anwendung.
§ 27. (1) Wasserbenutzungsrechte erlöschen:
a) durch den der Wasserrechtsbehörde zur Kenntnis gebrachten Verzicht des Berechtigten;
(…)
§ 30a. (1) Oberflächengewässer einschließlich erheblich veränderter und künstlicher Gewässer (§ 30b) sind derart zu schützen, zu verbessern und zu sanieren, dass – unbeschadet § 104a – eine Verschlechterung des jeweiligen Zustandes verhindert und – unbeschadet der §§ 30e und 30f – bis spätestens 22. Dezember 2015 der Zielzustand erreicht wird. Der Zielzustand in einem Oberflächengewässer ist dann erreicht, wenn sich der Oberflächenwasserkörper zumindest in einem guten ökologischen und einem guten chemischen Zustand befindet. Der Zielzustand in einem erheblich veränderten oder künstlichen Gewässer ist dann erreicht, wenn sich der Oberflächenwasserkörper zumindest in einem guten ökologischen Potential und einem guten chemischen Zustand befindet.
(2) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat mit Verordnung die gemäß Abs. 1 zu erreichenden Zielzustände sowie die im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot maßgeblichen Zustände für Oberflächengewässer (Abs. 3) mittels charakteristischer Eigenschaften sowie Grenz- oder Richtwerten näher zu bezeichnen.
Er hat dabei insbesondere
1.den guten ökologischen Zustand, das gute ökologische Potential sowie die jeweiligen Referenzzustände auf der Grundlage des Anhangs C sowie der Ergebnisse des Interkalibrationsverfahrens festzulegen;
2.den guten chemischen Zustand sowie die chemischen Komponenten des guten ökologischen Zustandes für synthetische und nicht-synthetische Schadstoffe in Form von Umweltqualitätsnormen auf der Grundlage des Anhangs E festzulegen;
3.im Hinblick auf die Abweichungsanalyse (§ 55d) die Kriterien, insbesondere für die Ermittlung und Beurteilung der Messergebnisse für das Entsprechungsregime sowie für eine stufenweise Ausweisung, unter anderem unter Berücksichtigung der natürlichen Bedingungen von Oberflächenwasserkörpern vorzugeben.
Dabei ist eine Differenzierung insbesondere nach Gewässertypen oder nach der Charakteristik der Einzugsgebiete im gebotenen Ausmaß zu treffen. Bei der Festlegung der Umweltziele sind einheitliche Vorgaben für die Probenahme, die statistische Datenauswertung, Auswertungsmethoden und für Mindestanforderungen an die analytisch-chemischen Analyseverfahren zu treffen.
(…)
§ 30b. (1) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft kann mit Verordnung Oberflächenwasserkörper als künstliche oder erheblich veränderte, gegliedert nach Planungsräumen (§ 55b Abs. 2) einstufen, wenn
1.
die zur Erreichung eines guten ökologischen Zustands erforderlichen Änderungen der hydromorphologischen Merkmale des Oberflächenwasserkörpers signifikante negative Auswirkungen hätten auf
a)
die Umwelt im weiteren Sinne oder
b)
die Schifffahrt, einschließlich Hafenanlagen oder die Freizeitnutzung oder
c)
die Tätigkeiten, zu deren Zweck das Wasser gespeichert wird, wie Trinkwasserversorgung, Stromerzeugung oder Bewässerung oder
d)
die Wasserregulierung, Schutz vor Überflutungen, Landentwässerung oder
e)
andere ebenso wichtige nachhaltige Entwicklungstätigkeiten des Menschen und
2.
die nutzbringenden Ziele, denen die veränderten Merkmale des Oberflächenwasserkörpers dienen, nicht in sinnvoller Weise durch andere Mittel erreicht werden können. Diese anderen Mittel müssen
a)
technisch durchführbar sein und
b)
jedenfalls eine wesentlich bessere Umweltoption darstellen und
c)
keine unverhältnismäßigen Kosten verursachen.
(…)
§ 52. (1) Läßt sich eine fühlbare Verbesserung wasserwirtschaftlicher Verhältnisse dadurch erzielen, daß Wasserbenutzungen oder der Betrieb von Wasserbenutzungsanlagen aufeinander abgestimmt werden, so kann die Wasserrechtsbehörde auf Antrag eines Wasserberechtigten oder Bewilligungswerbers eine die berührten Rechte nicht wesentlich beeinträchtigende, den Berechtigten zumutbare Änderung der Benutzung oder des Betriebes gegen angemessene Entschädigung (§ 117) verfügen.
(2) Unter den gleichen Voraussetzungen und Einschränkungen können auch geringfügige Abänderungen fremder Wasserbenutzungsanlagen vorgeschrieben werden. Die Behörde hat vor Einleitung eines Verfahrens gemäß § 21a den zur Wasserbenutzung Berechtigten auf die Möglichkeit eines Antrages gemäß Abs. 1 hinzuweisen.
(…)
§ 99. (1) Der Landeshauptmann ist, sofern nicht § 100 Anwendung findet, zuständig
(…)
b) für Wasserkraftanlagen mit mehr als 500 kW Höchstleistung;
(…)
§ 101. (…)
(2) Bezieht sich ein Verfahren auf mehrere Wasserbenutzungen einschließlich widerstreitender Bewerbungen (§ 17), Anlagen, Wassergenossenschaften oder Wasserverbände, für die sachlich verschiedene Behörden zuständig wären, so ist unbeschadet der Bestimmung des Abs. 1 die übergeordnete Behörde (§§ 99, 100) zuständig. Dasselbe gilt in den Fällen, in denen eine Erweiterung über die Grenze der bisherigen Zuständigkeit stattfindet.
(…)
§ 105. (1) Im öffentlichen Interesse kann ein Antrag auf Bewilligung eines Vorhabens insbesondere dann als unzulässig angesehen werden oder nur unter entsprechenden Auflagen und Nebenbestimmungen bewilligt werden, wenn:
a)
eine Beeinträchtigung der Landesverteidigung oder eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder gesundheitsschädliche Folgen zu befürchten wären;
b)
eine erhebliche Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer und des Eises oder der Schiff- oder Floßfahrt zu besorgen ist;
c)
das beabsichtigte Unternehmen mit bestehenden oder in Aussicht genommenen Regulierungen von Gewässern nicht im Einklang steht;
d)
ein schädlicher Einfluß auf den Lauf, die Höhe, das Gefälle oder die Ufer der natürlichen Gewässer herbeigeführt würde;
e)
die Beschaffenheit des Wassers nachteilig beeinflußt würde;
f)
eine wesentliche Behinderung des Gemeingebrauches, eine Gefährdung der notwendigen Wasserversorgung, der Landeskultur oder eine wesentliche Beeinträchtigung oder Gefährdung eines Denkmales von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung oder eines Naturdenkmales, der ästhetischen Wirkung eines Ortsbildes oder der Naturschönheit oder des Tier- und Pflanzenbestandes entstehen kann;
g)
die beabsichtigte Wasseranlage, falls sie für ein industrielles Unternehmen bestimmt ist, einer landwirtschaftlichen Benutzung des Gewässers unüberwindliche Hindernisse bereiten würde und dieser Widerstreit der Interessen sich ohne Nachteil für das industrielle Unternehmen durch Bestimmung eines anderen Standortes an dem betreffenden Gewässer beheben ließe;
h)
durch die Art der beabsichtigten Anlage eine Verschwendung des Wassers eintreten würde;
i)
sich ergibt, daß ein Unternehmen zur Ausnutzung der motorischen Kraft eines öffentlichen Gewässers einer möglichst vollständigen wirtschaftlichen Ausnutzung der in Anspruch genommenen Wasserkraft nicht entspricht;
k)
zum Nachteile des Inlandes Wasser ins Ausland abgeleitet werden soll;
l)
das Vorhaben den Interessen der wasserwirtschaftlichen Planung an der Sicherung der Trink- und Nutzwasserversorgung widerspricht.
m)
eine wesentliche Beeinträchtigung des ökologischen Zustandes der Gewässer zu besorgen ist;
(…)
WRG 1959 i.d.F. BGBl. Nr. 252/1990
§99. (1) Der Landeshauptmann ist, sofern nicht § 100 Anwendung findet, in erster Instanz zuständig
a)
für Angelegenheiten, die ihm durch besondere Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zugewiesen sind, ferner für Grenzgewässer sowie für jene Gewässer, die im Anhang A jeweils unter lit. a verzeichnet sind;
(…)
Anhang A
(…)
3.
In Niederösterreich:
a) die Donau, die Enns, die Traisen von der Unrechttraisen an,(…)
WRG-Novelle 1997
Art.II (1) Am Tag des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes anhängige Verfahren sind nach den bis dahin geltenden Zuständigkeitsbestimmungen zu Ende zu führen. Im übrigen sind auf alle anhängigen Verfahren die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden.
QZV Ökologie OG
§ 13. (1) Der gute hydromorphologische Zustand ist gegeben, wenn solche hydromorphologischen Bedingungen vorliegen, unter denen die für den guten Zustand der biologischen Qualitätskomponenten festgelegten Werte erreicht werden können. Unter den in den Abs. 2 bis 6 beschriebenen hydromorphologischen Bedingungen werden die in den §§ 7 bis 11 für den guten Z