Entscheidungsdatum
26.11.2018Norm
ForstG 1975 §44Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Mag. Gindl über die Beschwerde des A, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya vom 03. Juli 2018, ***, betreffend Bestrafung nach dem Forstgesetz 1975, zu Recht:
1. Der Beschwerde wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG keine Folge gegeben und diese als unbegründet abgewiesen.
2. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 80,-- zu leisten.
3. Die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz -
B-VG an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya (in der Folge: belangte Behörde) vom 3. Juli 2018, Zl. ***, wurde Herrn A (in der Folge: Beschwerdeführer) Folgendes zur Last gelegt:
„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:
Zeit:
02.05.2018 bis zumindest 11.05.2018
Ort:
Gemeindegebiet ***, KG ***, GStNr. ***
Tatbeschreibung:
Sie haben als Grundstückseigentümer der GStNr. ***, KG ***, zu verantworten, dass Sie die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen/Thaya v. 16.04.2018, ***, vorgeschriebene Bekämpfung von Forstschädlingen nicht erfüllt haben, da bei einer Überprüfung am 11.05.2018 festgestellt wurde, dass das Schadholz ( 6 Fichtenbäume) nicht aufgearbeitet und aus dem Wald entfernt wurde. Es war auch kein Arbeitsbeginn ersichtlich.
Im oben angeführten Bescheid wurden Sie beauftragt, auf der GStNr. ***, KG ***, innerhalb von zwei Wochen, gerechnet ab Zustellung (Hinterlegung) am 17.04.2018, nachstehende Forstschutzmaßnahmen zu treffen:
- Aufarbeitung des vom Amtssachverständigen festgestellten und allenfalls neu hinzugekommenen Schadholzes (stockende Hölzer müssen vor einer solchen Behandlung gefällt werden),
- Abfuhr des Schadholzes aus dem Wald und dessen Gefährdungsbereich, soweit es nicht bekämpfungstechnisch behandelt wurde.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§ 174 Abs.1 lit.a Z.18 Forstgesetz iVm. Bescheid der BH Waidhofen/Thaya v. 16.04.2018, ***,
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von
falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von
Gemäß
€ 400,00
36 Stunden
§ 174 Abs.1 2.Satz Z.1 lit.a Forstgesetz
Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro
€ 40,00
Gesamtbetrag:
€ 440,00“
Dagegen hat der Beschwerdeführer, vertreten durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter, fristgerecht mit Schreiben vom 16. Juli 2018 Beschwerde erhoben. In dieser führte er im Wesentlichen aus, dass er vom Bescheid der belangten Behörde von 16. April 2018, ***, niemals Kenntnis erlangt habe, weil dieser Bescheid ihm nicht zugegangen sei. Er habe zu keinem Zeitpunkt eine Hinterlegungsanzeige in seinem Briefkasten aufgefunden. Ob einer derartige nicht in die Abgabeeinrichtung eingelegt oder nachträglich entfernt worden sei, sei ihm nicht bekannt. Jedenfalls hätte die Behörde von Amts wegen das Zustellorgan einvernehmen müssen. Wäre die Hinterlegungsanzeige nicht zurückgelassen worden, so würde kein rechtswirksamer Zustellvorgang vorliegen und die Frist für den behördlichen Auftrag hätte nicht zu laufen begonnen. Wäre die Hinterlegungsanzeige durch einen Dritten entfernt worden, so würde ihn kein Verschulden treffen. Durch die Zitierung des § 174 Abs. 1 lit. a Z 18 Forstgesetz 1975, welcher zwei unterschiedliche Verwaltungsvorschriften bzw. Verwaltungsübertretungen beinhalte, läge ein Verstoß gegen § 44a VStG vor. Das Straferkenntnis würde an einem groben und wesentlichen Verfahrensmangel leiden, die Behörde haben keine Tatsachenfeststellungen getroffen. Auch sei die verhängte Strafe als zu hoch anzusehen.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat in Entsprechung des
§ 44 Abs. 1 VwGVG am 21. November 2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Im Zuge dieser wurde die Zeugin C einvernommen sowie in die Verfahrensakte, auf deren Verlesung verzichtet wurde, eingesehen.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sieht das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nachstehenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt als erwiesen an:
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. April 2018, ***, wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 43 bis 45 iVm § 172 Abs. 6 lit. c Forstgesetz 1975 iVm §§ 1 bis 5 der Forstschutzverordnung iVm § 57 AVG aufgetragen, die vom Borkenkäfer (Buchdrucker, Kupferstecher) befallenen sechs Fichten auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, bis spätestens innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung des Bescheides aufzuarbeiten und das Schadholz abzuführen oder bekämpfungstechnisch zu behandeln.
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer nachweislich (RSb-Rückschein) durch Hinterlegung am 17. April 2018 zugestellt. Soweit der Beschwerdeführer ausführte, dass eventuell keine Hinterlegungsanzeige zurückgelassen worden sei, wird festgestellt, dass sich auf Grund der Aktenlage (RSb-Rückschein) und der zweifelsfreien und glaubwürdigen Aussage der Zeugin C (Zustellorgan) im Zuge der Verhandlung im Beschwerdeverfahren zweifelsfrei ergab, dass eine Verständigung über die Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung eingelegt wurde. Es war daher auf Grund der Aktenlage und der Zeugenaussage zweifelsfrei von einer wirksamen Zustellung (am 17. April 2018) des Bescheides vom 16. April 2018 durch Hinterlegung auszugehen.
Im Zuge einer Überprüfung am 11. Mai 2018 wurde seitens des Forstaufsichtsorganes (Bezirksförster D) festgestellt, dass die aufgetragenen Maßnahmen (mit Bescheid vom 16. April 2018, ***) nicht erfüllt waren. Auf Grundstück Nr. ***, KG ***, wurden die Schadholzbäume weder aufgearbeitet noch entfernt (noch kein Arbeitsbeginn).
Dies ergab sich auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der Aktenlage sowie der zweifelsfreien und glaubwürdigen Aussage der Zeugen C im Zuge der Verhandlung im Beschwerdeverfahren.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:
Gemäß § 50 VwGVG hat das Verwaltungsgericht – sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist – über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden. Es hat den angefochtenen Bescheid dabei – sofern es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet – auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu prüfen.
Auf Grund einer vom Beschuldigten oder bloß zu seinen Gunsten erhobenen Beschwerde darf im Erkenntnis keine höhere Strafe verhängt werden als im angefochtenen Bescheid (§ 42 VwGVG).
Gemäß § 174 Abs. 1 lit. a Z 18 des Forstgesetzes 1975 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die gemäß § 44 Abs. 1 bis 3 und 6 erster Satz vorgeschriebene Bekämpfung von Forstschädlingen unterlässt oder einer gemäß Abs. 7 getroffenen Anordnung zuwiderhandelt.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. April 2018, ***, wurde dem Beschwerdeführer eine derartige Maßnahme im Sinne des § 44 Abs. 2 Forstgesetz 1975 vorgeschrieben. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer auch rechtswirksam (durch Hinterlegung) zugestellt.
Zur rechtswirksamen Zustellung wird ergänzend rechtlich ausgeführt:
Die in § 17 Abs. 2 ZustG genannte Verständigung des Empfängers von der Hinterlegung (Hinterlegungsanzeige) ist eine öffentliche Urkunde und macht Beweis über die Zustellung (vgl. etwa VwGH 30.3.2017, Fr 2015/07/0001, mwN). Als öffentliche Urkunde begründet eine "unbedenkliche" - d.h. die gehörige äußere Form aufweisende - Hinterlegungsanzeige die Vermutung der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorgangs, doch ist der Einwand der Unechtheit oder der Unrichtigkeit zulässig. Gemäß § 17 Abs. 3 ZustG gilt eine hinterlegte Sendung mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt. (vgl. auch VwGH vom 23. Mai 2018, Ro 2018/22/003).
Die Rechtswirksamkeit eines Zustellvorgangs ist nicht davon abhängig, dass dieser dem Empfänger auch zur Kenntnis gelangt. Im Hinblick auf § 17 Abs. 4 ZustG hat weder eine Beschädigung noch die Entfernung der Hinterlegungsanzeige durch andere Personen Einfluss auf die Gültigkeit der Zustellung. Darin kann allenfalls ein Grund für eine Wiedereinsetzung liegen; die Unwirksamkeit der Zustellung kann daraus aber nicht abgeleitet werden (vgl. VwGH vom 24. März 2004, 2004/04/0033; 2. Mai 2016, Ra 2016/16/0028; 13. Oktober 2016, 2015/08/0213).
Die "Unerklärlichkeit" des Verschwindens eines in seine Gewahrsame gelangten amtlichen Schriftstückes (hier: der Hinterlegungsanzeige) geht zu Lasten des Adressaten, dem es im Wiedereinsetzungsverfahren obliegt, einen solchen Hinderungsgrund an der Wahrnehmung der Frist geltend zu machen, der nicht durch ein leichte Fahrlässigkeit übersteigendes Verschulden herbeigeführt wurde. Die auf die bloße Unaufklärbarkeit der Gründe für die Unkenntnis von einem Zustellvorgang gerichtete Behauptung des Adressaten, die Hinterlegungsanzeige nicht erhalten zu haben, reicht - wenn diese in seine Gewahrsame gelangt ist - für eine Wiedereinsetzung nicht aus (vgl. VwGH vom 20. Jänner 1998, 97/08/0545, 21. Juli 2011, 2007/18/0827).
Auf Grund der Tatsache, dass jedenfalls bis 11. Mai 2018 die markierten (befallenen) Fichten nicht aufgearbeitet und abtransportiert waren, hat der Beschwerdeführer in der Zeit von 2. Mai 2018 bis 11. Mai 2018 dem forstpolizeilichen Auftrag nicht entsprochen und die ihm aufgetragenen Maßnahmen nicht befolgt.
Er hat daher die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen und diese auch zu verantworten. Das behauptete „Verschwindens“ bzw. „Nichtauffinden“ der in sein Gewahrsam gelangten Hinterlegungsanzeige war als Schutzbehauptung des Beschwerdeführers anzusehen. Im Übrigen würde dies aber auch jedenfalls zu Lasten des Beschwerdeführers gehen.
Gemäß § 174 Abs. 1 letzter Satz Z.1 sind Übertretungen der lit. a mit einer Geldstrafe bis zu € 7.270,-- oder mit Arrest bis zu vier Wochen zu ahnden.
Zur Strafzumessung ist festzuhalten:
Gemäß § 19 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013 sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschwerdeführers sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Mildernd war hiebei die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers (§ 34 Abs.1 Z 2 StGB) erschwerend hingegen nichts zu werten.
Die konkret verhängte Strafe erscheint daher (im Hinblick auf den verwirklichten Tatunwert) tat- und schuldangemessen und ihre Verhängung erforderlich, um den Beschwerdeführer und Dritte von der Begehung gleicher oder ähnlicher strafbarer Handlungen abzuhalten. Dies selbst unter Zugrundelegung der eingeschätzten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (monatliches Nettodurchschnittseinkommen € 1.500,00, kein Vermögen, kein Schulden, keine Sorgepflichten).
Gegenständlich war zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer dem forstpolizeilichen Auftrag nicht nachgekommen ist. Auch war zu berücksichtigen, dass höchstes forstliches Interesse an der unverzüglichen Aufarbeitung und des Abtransports von Schadholz (insbesondere im April und Mai) gegeben ist, um eine gefahrdrohende Vermehrung von Borkenkäfer aus bestehenden Käferlöchern auf angrenzende Nachbarbestände (insbesondere bei Fremdbesitz) zu verhindern. Die Nichterfüllung bzw. nicht rechtzeitige Nichterfüllung stellt daher auch eine Gefährdung des Nachbarbestandes dar.
Die seitens der belangten Behörde festgesetzte Strafe lag im unteren Bereich des zur Verfügung stehenden Strafrahmens und war die Verhängung dieser jedenfalls aus general- aber auch spezialpräventiven Überlegungen erforderlich.
Zur Nichtzulassung der ordentlichen Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG, welcher grundsätzliche Bedeutung zukommt, war gegenständlich nicht zu lösen, sodass eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.
Schlagworte
Landwirtschaft und Natur; Forstrecht; Verwaltungsstrafe; forstpolizeilicher Auftrag; Verfahrensrecht; Zustellung; Zustellnachweis; Hinterlegung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.1720.001.2018Zuletzt aktualisiert am
09.01.2019