TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/28 W208 2189056-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.09.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

28.09.2018

Norm

ABGB §276 Abs1
AußStrG §133 Abs4
AußStrG §137 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
GGG Art.1 §32 TP7 ZI litc Z2
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W208 2189056-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX als Rechtsnachfolger der verstorbenen XXXX, vertreten durch VAVROVSKY HEINE MARTH Rechtsanwälte GmbH, Fleischmarkt 1/9, 1010 WIEN, gegen den Bescheid der PRÄSIDENTIN DES LANDESGERICHTS FÜR ZIVILRECHTSSACHEN WIEN vom 31.01.2018, Zl 100 Jv 7423/17k-33a (003 Rev 77/18x), betreffend Gerichtsgebühren zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet

abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. In der Sachwalterschaftssache AZXXXX des Bezirksgerichts XXXX(im Folgenden: BG) verstarb die Betroffene am 17.01.2016.

2. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 25.01.2017 (ON 74) bestätigte das Landesgericht FÜR ZIVILRECHTSSACHEN WIEN (im Folgenden: LG) als Rekursgericht die Schlussrechnung der Sachwalterin nach dem Ableben der Betroffenen und bestimmte die Entschädigung der Sachwalterin für ihre Tätigkeit im Berichtszeitraum mit einem Gesamtbetrag von €

29.950,00 (darin enthalten € 579,15 Barauslagen).

3. Mit rechtskräftigem Einantwortungsbeschluss vom 28.07.2016 des BG zu AZ XXXX wurde die Verlassenschaft nach der Betroffenen zur Gänze der beschwerdeführende Partei (im Folgenden: bP) eingeantwortet, nachdem diese eine unbedingte Erbantrittserklärung abgegeben hatte.

4. Mit Bescheid der PRÄSIDENTIN DES LANDESGERICHTS FÜR ZIVILRECHTSSACHEN WIEN 31.01.2018 wurde (nachdem ein davor erlassener Mandatsbescheid ex lege außer Kraft getreten war) ein neuer Zahlungsauftrag erlassen. Mit diesem wurde der bP für den im Sachwalterschaftsverfahren ergangenen Beschluss vom 25.01.2017 eine Entscheidungsgebühr gemäß TP 7 lit c Z 2 GGG von € 7.343,00 zuzüglich einer Einhebungsgebühr von € 8,00 gemäß § 6a Abs. 1 GEG vorgeschrieben, somit in Summe € 7.351,00.

Begründend wurde darin zusammengefasst ausgeführt, dass für eine gerichtliche Entscheidung über die Bestätigung einer Pflegschaftsrechnung gemäß TP 7 I lit c Z 2 Gerichtsgebührengesetz (GGG) eine Pauschalgebühr in Höhe von einem Viertel der Entschädigung, die der Person zuerkannt wird, der die Vermögensverwaltung obliegt, mindestens jedoch € 82,00 zu bezahlen sei. Dies ergebe in diesem Fall bei einer Bemessungsgrundlage in Höhe der zugesprochenen Entschädigung - abzüglich Barauslagen - von € 29.371,00 eine Pauschalgebühr von € 7.343,00.

Die Gebühr sei von der Person zu tragen, in deren Interesse die Prüfung durch das Gericht erfolgte (§ 23 Abs. 2 GGG a. F), also von der Betroffenen. Nach Ableben der Betroffenen gehe die Zahlungspflicht auf die bP über.

5. Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 07.02.2018) richtet sich die am 07.03.2018 zur Post gegebene Beschwerde der rechtsfreundlich vertretenen bP, mit der diese die Aufhebung des Zahlungsauftrages beantragte.

Begründend wurde im Wesentlichen sinngemäß ausgeführt, die bP werde durch den Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit (Art 7 B-VG) verletzt. Die verfassungsrechtlichen Bedenken lägen darin, dass die Pauschalgebühr nach TP 7 Z I lit c Z 2 GGG vom Wert der dem Vermögensverwalter zuerkannten Entschädigung abhänge. Die Höhe der Gebühr bewege sich somit linear mit steigender Entschädigung des Vermögensverwalters. Eine Obergrenze existiere nicht. Die dem Vermögensverwalter zuerkannte Entschädigung hänge nach § 276 ABGB wiederum vom Vermögen der Pflegebefohlenen ab. Daraus folge, dass die Gebühr nach TP 7 ZI lit c Z 2 GGG in einem direkten Zusammenhang mit dem Vermögen der Pflegebefohlenen stehe. Außerordentlich hohe Pauschalgebühren bei vermögenden Pflegebefohlenen seien die Folge.

6. Mit Schreiben vom 08.03.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den gegenständlichen Verwaltungsakt - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem BVwG zu Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der im Punkt I. angeführte Sachverhalt wird festgestellt. Insbesondere wird festgestellt, dass der Sachwalterin eine Entschädigung von € 29.950,00 (darin enthalten € 579,15 Barauslagen) vom Bezirksgericht als Pflegschaftsgericht zugesprochen wurde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zum rechtserheblichen Sachverhalt konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage erfolgen und sind unbestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs 4 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) innerhalb der Frist von vier Wochen bei der belangten Behörde eingebracht. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels entsprechender Sonderregelung im GEG bzw im GGG liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 28 Abs 2 VwGVG über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von "civil rights" unter dem Blickwinkel des Art 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305; 11.01.2016, Ra 2015/16/0132). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen und ist auch die Rechtsfrage nicht derart komplex, dass es zu deren Erörterung einer mündlichen Verhandlung bedürfte.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Gesetzliche Grundlagen

Gemäß TP 7 lit c Z 2 GGG betragen Pauschalgebühren für Verfahren über die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung volljähriger schutzberechtigter Personen (§ 137 AußStrG) ein Viertel der Entschädigung, die der Person zuerkannt wird, der die Vermögensverwaltung obliegt, mindestens jedoch 86 Euro.

Gemäß Anmerkung 3 zu TP 7 GGG ist die Gebühr für Entscheidungen nach Tarifpost 7 Z I lit c von der Person zu tragen, in deren Interesse die Prüfung durch das Gericht erfolgt.

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

3.3.1. Im vorliegenden Fall ist die Betroffene, welche grundsätzlich die Gebühr für Entscheidungen nach Tarifpost 7 Z I lit c zu tragen hätte, verstorben. Die bP hat im Verlassenschaftsverfahren nach der Betroffenen zu deren Nachlass eine unbedingte Erbserklärung abgegeben; ihr wurde der Nachlass zur Gänze rechtskräftig eingeantwortet. Daher trifft die Pflicht zur Zahlung der verfahrensgegenständlichen Gebühren die bP als Erbe der Betroffenen.

Somit ist die bP hinsichtlich der im bekämpften Bescheid vorgeschriebenen Gebühr zur Gänze zahlungspflichtig.

Das GGG knüpft bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen Formaltatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme geknüpft ist, hinweg sieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden. Die das Gerichtsgebührengesetz und das gerichtliche Einbringungsgesetz vollziehenden Justizverwaltungsorgane sind an die Entscheidungen der Gerichte gebunden [vgl. die in Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren10, in E 12.ff zu § 1 GGG, wiedergegebene hg. Rechtsprechung] (VwGH 29.04.2013, Zl. 2012/16/0131). Es geht auch nicht an, im Wege der Analogie einen vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Ausnahmetatbestand zu begründen (vgl VwGH 13.5.2004, Zl. 2003/16/0469 mwN).

3.3.2. Zur Anregung eine Normenprüfung des VfGH gemäß Art 89 Abs 2 B-VG einzuleiten

Die bP vertritt zusammengefasst die Meinung, sie werde durch den angefochtenen Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit gemäß Art 7 B-VG verletzt. Die verfassungsrechtlichen Bedenken lägen darin, dass die Pauschalgebühr nach TP 7 Z I lit c Z 2 GGG vom Wert der dem Vermögensverwalter zuerkannten Entschädigung abhänge. Die Höhe der Gebühr bewege sich somit linear mit steigender Entschädigung des Vermögensverwalters. Eine Obergrenze existiere nicht. Die dem Vermögensverwalter zuerkannte Entschädigung hänge nach § 276 ABGB wiederum vom Vermögen der Pflegebefohlenen ab. Daraus folge, dass die Gebühr nach TP 7 ZI lit c Z 2 GGG in einem direkten Zusammenhang mit dem Vermögen der Pflegebefohlenen stehe. Außerordentlich hohe Pauschalgebühren bei vermögenden Pflegebefohlenen seien die Folge.

Der VfGH hat zur Frage der Verfassungskonformität der TP 7 Z I lit c Z 2 GGG Folgendes ausgeführt:

Die Behauptung, TP 7 (nunmehr: Z I) lit c Z 2 GGG sei verfassungswidrig, hat vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des VfGH, der zufolge bei Gerichtsgebühren keine Äquivalenz im Einzelfall geboten ist (VfSlg 11.751/1988), sowie der Bedeutung des § 276 Abs 1 letzter Satz ABGB für die Angemessenheit der Entschädigung des Sachwalters (VfSlg 18.838/2009) und im Hinblick auf die Regelungen der § 137 Abs 1 und § 133 Abs 4 Außerstreitgesetz keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (VfGH 14. 3. 2012, B 1409/11; Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren12, E 1 zu TP 7

GGG).

Eine Verfassungswidrigkeit der TP 7 Z I lit c Z 2 GGG kann vor dem Hintergrund dieser einschlägigen Rechtsprechung des VfGH nicht erkannt werden.

Da dem angefochtenen Bescheid vor diesem Hintergrund keine Rechtswidrigkeit im Sinne des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG anzulasten ist, ist die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Einantwortung, Erbe, Gerichtsgebührenpflicht,
Pauschalgebührenauferlegung, Pflegschaftsrechnung, Sachwalter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W208.2189056.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten