TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/1 G307 2149410-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.10.2018
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Entscheidungsdatum

01.10.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §67

Spruch

G307 2149410-1/27E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA: Slowakei, vertreten durch die Diakonie, gemeinnützige Flüchtlingsgesellschaft mbH - ARGE Rechtsberatung, in 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.02.2017, Zahl XXXX, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 16.01.2017 setzte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien (im Folgenden: BFA, RD Wien), den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) von der in Aussicht genommenen Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in Kenntnis und räumte ihm eine zweiwöchige Frist ab Erhalt dieses Schreibens ein, hiezu unter Bekanntgabe seiner persönlichen Verhältnisse wie Integrationsschritte Stellung zu nehmen.

Der BF nahm hiezu mit Schreiben vom 20.01.2017 Stellung, welches am 25.01.2017 bei der belangten Behörde einlangte.

2. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom 22.02.2017, dem BF persönlich zugestellt am 24.02.2017, wurde gegen diesen gemäß § 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.) und ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt (Spruchpunkt II.).

3. Mit Schreiben vom 07.03.2017, beim BFA eingebracht am selben Tag, erhob der BF durch die im Spruch angeführte Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den genannten Bescheid.

Darin wurde jeweils in eventu, die Behebung des angefochtenen Bescheides, die Herabsetzung der Befristung des Aufenthaltsverbotes sowie die Zurückverweisung der Rechtssache an die belangte Behörde zur neuerlichen Entscheidung beantragt.

4. Die Beschwerde und der dazugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 09.03.2017 vorgelegt und langten dort am selben Tag ein.

5. Mit Erkenntnis des BVwG, GZ.: G307 2149410-1/8E, vom 19.06.2017 wurde die Beschwerde des BF als unbegründet abgewiesen.

6. Mit Erkenntnis des VwGH, Ra 2017/21/0147, vom 15.03.2018, wurde das zuvor genannte Erkenntnis des BVwG im außerordentlichen Revisionsverfahren, wegen Unterlassens der Durchführung einer Verhandlung, aufgehoben.

7. Am 26.06.2018 fand am BVwG, Außenstelle Graz, eine mündliche Verhandlung statt, an welcher der BF und dessen RV persönlich teilnahmen, sowie die Lebensgefährtin des BF, XXXX, geb. XXXX (im Folgenden: LG) als Zeugin einvernommen wurde. Die belangte Behörde nahm von der Entsendung eines informierten Vertreters Abstand und blieb der Verhandlung entschuldigt fern.

8. Mit Schreiben des BVwG, Gz.: G307 2149410-1/23Z, vom 04.07.2018, wurden dem BF Länderberichte zur sozialen und medizinischen Lage im Herkunftsstaat übersendet und diesem eine dreiwöchige Frist zur diesbezüglichen Stellungnahme eingeräumt.

9. Mit am 19.07.2018 beim BVwG eingelangtem Schreiben nahm der BF durch seine RV hiezu Stellung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum) und ist slowakischer Staatsbürger.

Der BF hält sich seit Oktober 2011 durchgehend im Bundesgebiet auf und lebte bis zu seinem Haftantritt und seit seiner Haftentlassung (wieder) mit seiner LG XXXX, geb. am XXXX, StA: Slowakei, deren behinderten Tochter XXXX geb. XXXX deren Enkelin XXXX, geb. XXXX, sowie seinem leiblichen Sohn XXXX, geb. XXXX - mit diesem jedoch nur bis zum 22.07.2018 - im gemeinsamen Haushalt. Der BF führt mit seiner LG bereits seit über 20 Jahren, sohin schon vor der gegenständlichen Einreise ins Bundesgebiet, eine Beziehung und pflegt der BF auch einen sehr engen Kontakt zur Enkelin und Tochter seiner LG.

Die oben genannten Personen (LG, Sohn des BF, Tochter und Enkelin der LG) sind allesamt im Besitz einer Anmeldebescheinigung und halten sich seit Oktober 2011 im Bundesgebiet auf.

Der Lebensmittelpunkt des BF liegt in Österreich. Er verfügt über soziale Kontakte im Bundesgebiet.

Der BF ist im Besitz einer am 06.08.2012 ausgestellten Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmer.

Der BF war vom 19.10.2011 bis 27.01.2012 bei der XXXX, vom 25.07.2012 bis 03.08.2012 bei der XXXX und vom 09.08.2012 bis 20.08.2012 sowie vom 22.08.2012 bis 28.08.2012 bei XXXX jeweils im Arbeiterdienstverhältnis beschäftigt. Seitdem übt der BF keine Erwerbstätigkeit mehr aus und bezieht seit XXXX.2012 Mindestsicherung in der Höhe von derzeit € 1000,00.

Der BF erlitt im August 2012 einen Arbeitsunfall (Sturz aus großer Höhe) im Bundesgebiet, ist seither bis auf weiteres arbeitsunfähig und leidet an folgenden Erkrankungen:

* Cervikalgie - CT-gezielte Infiltration der Neuroformania C6/C7 beidseits am 27.11.2017

* Z.n. CT gezielter inf. C4/C5 bds und C5/C6 bds 6/2016

* Osteochondrose C6/C7 und ossäre neuroforaminelle Einengung C3/C4 li und C5-C7 re (MRT 5/15)

* Lumboischialgie

* KHK, Z.n. Stentimplantation LAD 10/2016

* Linksventrikuläre Hypertrophie

* Art. Hypertonie

* Carotislinksbifurkationsplaque

* COPD 2 B Z.n. Exazerbation 8/2016

* Z.n. Pneumonie re 8/2016

* Depressio

* Adipositas

* Somatisierungsstörung

Er nimmt folgende Medikamente ein:

* Concor Cor Ftbl. 5 Mg

* Amlodipin Gen. Tbl. 5 Mg

* Ramipril/Amlodipin Pfi 5/5

* Sortis FTbl. 80 mg

* Magnosolv Gran. 6,1 g Btl.

* Duloxetin +PH Msr. HKPS 30 mg

* Sertralin Gen. FTbl. 100 mg

* Saroten FTbl. 25 mg

* Clopidrogrel Gen. FTbl. 75 mg

* Thrombo ASS FTbl. 100 mg

* Pantroprazol +PH Msr. Tbl. 40 mg

* Ultibro Breezhaler HartKps.

* Scheriproct Slb.

* Novalgin Tr.

* Berodual Dosaer 200 Hübe

Der BF ist auf die Hilfe und Pflege im Alltag angewiesen und bezieht monatlich € 157,30 an Pflegegeld.

Der BF ist nicht im Besitz von Ersparnissen oder kann auf sonstige Einkommensquellen zurückgreifen. Wie erwähnt - bezieht er lediglich die Mindestsicherung.

Die LG des BF bezieht ebenfalls Mindestsicherung. Sie und der BF haben monatlich für etwa € 700,00 an Miete und ca € 250,00 an Betriebskosten aufzukommen.

Der BF wurde vom Landesgericht für Strafsachen XXXX (im Folgenden: LG XXXX) zu XXXX, in Rechtskraft erwachsen am XXXX.2017, wegen teils versuchter, teils vollendeter Beitragstäterschaft zum gewerbsmäßigen Diebstahl gemäß §§ 12, 3. Fall, 127, 130 Abs. 1, 1. Fall, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt 12 Monaten verurteilt, wobei 8 Monate unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurden.

Der BF wurde darin für schuldig befunden, gewerbsmäßig unter Einsatz besonderer Mittel, die eine wiederkehrende Verwendung nahelegen, nämlich unter Verwendung präparierter Taschen und nachdem er bereits zwei solche Taten begangen hat, im Zuge eines Kinderjackendiebstahls zum Nachteil des Unternehmens XXXX (Schadensumme € 79,99), am XXXX2017 und eines Diebstahls zweier Jacken desselben Unternehmens am XXXX.2017 (Schadensumme: € 120,00), dazu beigetragen hat, indem er Aufpasserdienste für den unmittelbaren Täter geleistet und die Waren nach der Tat verwahrt bzw. deren Verwahrung zugesichert hat.

Ferner wurde er darin für schuldig befunden, im Rahmen eines Versuches des unmittelbaren Täters, die gleiche Tätigkeit entfaltet zu haben, wobei ersterer im Anschluss an die Wegnahme der Jacken im Wert von € 120,00 versucht hat, Gewahrsamsträgern des Unternehmens XXXX zwei Jacken im Wert von € 120,00, am XXXX.2016 Gewahrsamsträgern der XXXX Bananen und eine Flasche Schnaps im Wert von € 26,37 und am XXXX.2016 XXXX einen Christbaum von nicht mehr feststellbarem Wert wegzunehmen.

Als mildernd wurden hiebei der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, das reumütige Geständnis, das teilweise Zustandebringen der Beute, als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, die einschlägigen Vorstrafen und die mehrfache Deliktsqualifikation gewertet.

Festgestellt wird, dass der BF die darin angeführten Taten begangen und das darin beschriebene Verhalten gesetzt hat.

Der BF weist ferner insgesamt 9 Verurteilungen in der Slowakei, darunter unter anderem wegen schwerer Körperverletzung, Diebstahl unter Gewaltanwendung und Einsatz von Waffen, Gewalt oder Drohung gegen eine Amtsperson, Fahren ohne Fahrerlaubnis und Betruges auf.

Der BF wurde am XXXX.2017 im Bundesgebiet festgenommen und befand sich bis zum XXXX.2017 in Haft.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF einen Deutschskurs besucht, eine Deutschprüfung absolviert hat oder Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus beherrscht.

Der BF besuchte im Herkunftsstaat die Grundschule, erlernte keinen Beruf, war jedoch immer wieder erwerbstätig und bezog zuletzt in der Slowakei Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über soziale oder familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat verfügt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten und Abhaltung einer mündlichen Verhandlung durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität und Staatsbürgerschaft des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. Der BF legte zum Beweis seiner Identität einen auf seine Person ausgestellten slowakischen Personalausweis vor, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.

Der durchgehende Aufenthalt des BF, seiner LG, seines Sohnes sowie der Tochter und Enkelin der LG des BF, beruhen auf dem Vorbringen des BF in der mündlichen Verhandlung, dem Inhalt des auf den Namen des BF lautenden Sozialversicherungsdatenauszuges sowie dem Datenbestand des Zentralen Melderegisters (ZMR), wonach der BF seit Oktober 2011 im Bundesgebiet gemeldet ist.

Das seit über 20 Jahren andauernde Bestehen einer Beziehung zwischen dem BF und seiner LG sowie der sehr enge Kontakt zwischen ihm wie der Tochter einerseits und der Enkelin seiner LG andererseits erschließen sich aus den übereinstimmenden Angaben des BF und dessen LG in der mündlichen Verhandlung, wonach diese bereits seit mehr als 20 Jahren eine Beziehung führen und sowohl der BF als auch dessen LG vermeinten, die Lebensgemeinschaft des BF zu den besagten Angehörigen der LG gleiche jener eines Vaters zu seinen Kindern.

Der in Österreich gelegene Lebensmittelpunkt des BF folgt dem seit Oktober 2011 andauernden durchgehenden Aufenthalt in Österreich, dem Fehlen familiärer und sozialer Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat, deren Bestand im Bundesgebiet sowie der Ausübung von Erwerbstätigkeiten des BF in Österreich. Anhaltspunkte, welche einen Lebensmittelpunkt des BF außerhalb Österreichs nahelegen könnten, waren nicht zu erkennen. Wenn der BF auch in der mündlichen Verhandlung vermeinte, im Jahr 2013 wiederholt in seinen Herkunftsstaat zurückgereist und dort nur kurz verblieben zu sein, vermag dies nichts an der dargestellten Einschätzung des erkennenden Gerichts ändern. Nur kurze Auslandsaufenthalte vermögen in Ermangelung eines auf Verlegung des Lebensmittelpunktes ausgerichteten Willens, dessen Verschiebung nicht zu bewirken (vgl. VwGH 11.06.2013, 2012/21/0088; siehe auch § 53a Abs. 2 NAG, wonach kurze Aufenthalte im Herkunftsstaat den Aufenthalt im Bundesgebiet nicht unterbrechen). Letztlich weist der BF, beginnend mit Oktober 2011, Erwerbstätigkeiten sowie seit 02.03.2012 eine durchgehende Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet auf und halten sich all seine Familienmitglieder seit Oktober 2011 in Österreich auf, was die oben getroffene Feststellung stützt.

Das Bestehen sozialer Kontakte im Bundesgebiet beruht auf den glaubwürdigen Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung, welche durch die Angaben von Personalien sowie den nunmehr - den Aufbau sozialer Kontakte nahelegenden - beinahe 7jährigen Aufenthalt im Bundesgebiet gestützt werden.

Der Besitz einer Anmeldebescheinigung des BF ergibt sich aus dem Datenbestand des Zentralen Fremdenregisters und lassen sich die Erwerbstätigkeiten des BF aus dessen Sozialversicherungsauszug ableiten.

Der Mindestsicherungsbezug des BF und jener seiner LG folgt den Angaben derselben sowie dem jeweiligen Sozialversicherungsauszug.

Der Bezug von Pflegegeld in der oben angeführten Höhe lässt sich einer im Akt einliegenden Ausfertigung eines Bescheides der Pensionsversicherung, Landesstelle XXXX, Zahl XXXX vom XXXX.2016 entnehmen. Ferner erschließt sich die Pflegebedürftigkeit des BF aus eben dieser Tatsache, dem Pflegegeldbezug, seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung, welche mit den in Vorlage gebrachten medizinischen Befunden in Einklang gebracht werden konnten sowie einem die Pflegebedürftigkeit des BF bestätigenden medizinischen Gutachtens der Dr. XXXX, Ärtzin für Allgemeinmedizin, in XXXX, vom XXXX.2017, welches im Zuge eines Pflegegeldanhebungsverfahrens vor dem Arbeits- und Sozialgericht XXXX, zu Zl. XXXX, ergangen ist. Demzufolge ist der BF durch ein chronisches Schmerzsyndrom bei degenerativen Veränderungen des Bewegungsapparates und einem Zustand nach Herzinfarkt, Atemnot bei Belastung aufgrund einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung und einer Depression in seiner Eigenfürsorge eingeschränkt. Schwere Arbeiten im Haushalt, wie Einkaufen, Wohnungsreinigung und Wäschepflege seien im nicht möglich. Beim Kochen benötige er eine Kochhilfe, Vorbereitungsarbeiten könne er im Sitzen jedoch durchführen. Die tägliche Körperpflege vor dem Wachbecken sei selbstständig möglich, für das Einsteigen in die Dusche und das Waschen von Rücken und Füßen sei jedoch Hilfe notwendig. Das An- und Auskleiden des Oberkörpers sei problemlos, das Ausziehen der Hose mit Krücken möglich, zum An- und Ausziehen der Socken sei wiederum Hilfe notwendig. Für weitere Wege außer Haus sei ebenfalls Personenhilfe notwendig. Demzufolge benötige der BF Hilfe bei der Zubereitung von Mahlzeiten sowie beim An- und Ausziehen der Socken, bei der sonstigen Körperpflege, bei der Beschaffung, bei der Reinigung der Wohnung, bei der Pflege der Leib- und Bettwäsche und bei der Mobilität im weiteren Sinn.

Vor dem Hintergrund der im gesamten Verfahren zahlreich in Vorlage gebrachten medizinischen Unterlagen lässt sich nicht feststellen, dass sich der Gesundheits- und Pflegezustand des BF maßgeblich geändert hätte und ergibt sich aus den besagten Unterlagen das oben zitierte Krankheitsbild sowie Einnahme von Medikamenten. Eine Arbeitsfähigkeit des BF lässt sich aus dem beschriebenen Krankheitsbild und gegebenen Pflegebedürftigkeit nicht feststellen. Eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit konnte jedoch nicht festgestellt werden, zumal eine solche in den medizinischen Unterlagen nicht erwähnt wird und letztlich auch im Gutachten der besagten Ärztin ausgeführt wird, dass er sich im Krankenstand befinde, was für eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit spricht.

Der im August 2012 erlittene Arbeitsunfall erschließt sich aus den Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung, aus seiner Begutachtung durch Dr. XXXX sowie den in Vorlage gebrachten medizinischen Unterlagen (Arbeitsunfall wird beispielsweise im Gutachten der Dr. XXXX unter Verweis auf ein Gutachten des Dr. XXXX, PVA, vom XXXX.2016 erwähnt) und dem darin beschriebenen - insbesondere orthopädischen - Krankheitsbild sowie den vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbestätigungen betreffend den besagtem Zeitraum. Das diesbezügliche Vorbringen des BF lässt sich im Wesentlichen mit dem Inhalt der erwähnten Unterlagen und seinem Krankheitsbild in Einklang bringen und ließen sich zudem keine dem widerstreitende Anhaltspunkte feststellen. Das Fehlen einer Arbeitsunfallmeldung vermochte der BF mit dem Vorbringen, aus Angst vor Konsequenzen, insbesondere seiner Kündigung, eine solche unterlassen zu haben und trotz Schmerzen weiterhin seiner Arbeit nachgegangen zu sein (siehe Gutachten Dr XXXX), - vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten - glaubwürdig zu vermitteln.

Die Mittellosigkeit des BF folgt seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung, welche wiederum durch den - gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Mindestsicherungsgesetz (WMG) an eine Bedürftigkeit anknüpfenden - Mindestsicherungsbezug gestützt wird.

Die Höhe der Miet- und Betriebskosten beruhen auf den übereinstimmenden Angaben des BF mit jenen seiner LG in der mündlichen Verhandlung sowie dem Inhalt des in Vorlage gebrachten Mietvertrages.

Die Verurteilung des BF in Österreich samt den näheren Ausführungen sowie die Feststellung, dass der BF die dieser zugrundeliegenden Straftaten begangen hat, folgen dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich) sowie einer Ausfertigung des oben zitierten Strafurteils.

Die Vorverurteilungen des BF in der Slowakei lassen sich dem europäischen Strafregister entnehmen und ergeben sich die Festnahme des BF sowie dessen Anhaltung in Strafhaft aus einem Auszug aus der IVV-Datenbank sowie dem Datenbestand des ZMR.

Die Nichtteilnahme an einem Deutschkurs sowie die fehlende Absolvierung einer Deutschprüfung und das Besitzen von Deutschkenntnissen eines bestimmten Niveaus beruhen auf der Nichtvorlage dahingehend einschlägiger Unterlagen. Das bloße Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, einen Deutschkurs besucht, diesen aus gesundheitlichen Gründen jedoch abgebrochen zu haben und keine Bestätigung vorlegen zu können, vermag keinen Beweis für einen tatsächlichen Besuch eines solchen erbringen. In Ermangelung der Vorlage allfälliger Zahlungs- und Anmeldebestätigungen oder dergleichen, mangelt es dem Vorbringen des BF sohin insofern an jeglicher Substanz, als er auch in der mündlichen Verhandlung nicht in der Lage war, sich in deutscher Sprache zu artikulieren und nur lose Sätze auf Deutsch zu formulieren vermochte.

Der Schulbesuch des BF im Herkunftsstaat, die Ausübung der dortigen Erwerbstätigkeiten, Bezug von Arbeitslosengeld, das Nichterlernen eines Berufes sowie das Fehlen familiärer und sozialer Anknüpfungspunkte in der Slowakei beruhen auf dem konkreten - unwiderlegbaren - Vorbringen des BF in der mündlichen Verhandlung.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A): Stattgabe der Beschwerde:

3.1.1. Die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten - auszugsweise - wie folgt:

Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG idgF lautet wie folgt:

"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

(5) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

Gemäß § 66 Abs. 1 FPG können EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Der mit "Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate" betitelte § 51 NAG lautet:

"§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er

1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;

2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;

3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder

4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen."

Der mit "Aufenthaltsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern" betitelte § 52 NAG lautet:

"§ 52. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1. Ehegatte oder eingetragener Partner sind;

2. Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;

3. Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;

4. Lebenspartner sind, der das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nachweist, oder

5. sonstige Angehörige des EWR-Bürgers sind,

a) die vom EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat Unterhalt tatsächlich bezogen haben,

b) die mit dem EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben, oder

c) bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege zwingend erforderlich machen.

(2) Der Tod des zusammenführenden EWR-Bürgers, sein nicht bloß vorübergehender Wegzug aus dem Bundesgebiet, die Scheidung oder Aufhebung der Ehe sowie die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft mit ihm berühren nicht das Aufenthaltsrecht seiner Angehörigen gemäß Abs. 1."

Der mit "Bescheinigung des Daueraufenthaltes von EWR-Bürgern" betitelte § 53a NAG lautet:

"§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von

1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.

(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn

1. sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;

2. der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder

3. der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG idgF lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

3.1.2. Aus den EuGH-Urteilen vom 3. Juni 1986, Kempf, 139/85, Slg. 1986, 1741, Randnr. 14, vom 31. Mai 1989, Bettray, 344/87, Slg. 1989, 1621, Randnr. 15, sowie vom 30. März 2006, Mattern und Cikotic, C-10/05, Slg. 2006, I-3145, Randnr. 22;4.2.2010, C-14/09, Genc erschließt sich: "Weder die begrenzte Höhe der Vergütung noch die Herkunft der Mittel für diese Vergütung oder der Umstand, dass der Betreffende die Vergütung durch andere Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts wie eine aus öffentlichen Mitteln des Wohnmitgliedstaats gezahlte finanzielle Unterstützung zu ergänzen sucht, kann irgendeine Auswirkung auf die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des Unionsrechts haben".

Nicht von Bedeutung ist die Höhe der Vergütung, Ausmaß der Arbeitszeit und Dauer des Dienstverhältnisses (vgl. EuGH 26.2.1992, C-357/89, Raullin/Minister van Onderwijs en Weteschappen).

"Auch das nachhaltige Bemühen um eine Arbeitsstelle, sofern dieses Bemühen objektiv nicht aussichtslos ist, kann ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht vermitteln (Hinweis E 26. Februar 2013, 2010/22/0104; EuGH 15. September 2015, C-67/14). Dieses Aufenthaltsrecht wird innerstaatlich nicht verliehen, sondern nur dokumentiert (Hinweis E 9. August 2016, Ro 2015/10/0050). Es kommt daher auf die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung für den Rechtserwerb nicht an" (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0264).

3.1.3. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jeder der nicht österreichischer Staatsbürger ist, und gemäß Abs. 4 Z 8 leg cit als EWR-Bürger, jeder Fremde, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.

Der BF als Staatsangehöriger der Slowakei ist sohin EWR-Bürger iSd.

§ 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

3.1.4. Der BF hält sich seit Oktober 2011 im Bundesgebiet auf, ist im Besitz einer Anmeldebescheidung und ging von Oktober 2011 bis August 2012 wiederholt Erwerbstätigkeiten nach. Im August 2012 erlitt der BF einen Arbeitsunfall und ist seither vorübergehend nicht mehr arbeitsfähig, weshalb dieser sich unter Verweis auf § 51 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 NAG durchgehend rechtmäßig Bundesgebiet aufhält und somit seit Oktober 2016 ein unionsrechtliches Daueraufenthaltsrecht genießt. Der Bezug von Sozialleistungen vermag - wie die oben zitierte Judikatur des EUGH aufzeigt - daran nichts zu ändern.

In diesem Kontext ist vorauszuschicken, dass auch den oben genannten Familienangehörigen des BF aufgrund von BF abgeleiteter (vgl. § 52 NAG) unionsrechtlichen Aufenthaltsberechtigungen und mehr als fünfjährigen durchgehenden Aufenthalts im Bundesgebiet ein unionsrechtliches Daueraufenthaltsrecht zukommt.

Der BF hat sich jedenfalls nicht in einem zehn Jahre übersteigenden Zeitraum im Bundesgebiet aufgehalten, weshalb der qualifizierte Tatbestand des § 67 Abs. 1 5. Satz FPG nicht als Prüfungsmaßstab des vorliegenden Aufenthaltsverbots zur Anwendung kommt. Zu beurteilen gilt es jedoch den Prüfungsmaßstab des § 66 Abs. 1, 2 HS, in welchem bei einer Ausweisung eines EU-Bürgers, der sich mehr als 5 Jahre rechtmäßig und durchgehend im Bundesgebiet aufhält, der Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen muss (vgl. VwGH 12.03.2013, 2012/18/0228).

Gemäß § 67 Abs. 1 iVm. § 66 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sohin nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist, wobei das persönliche Verhalten des BF eine schwerwiegende Gefahr darstellen muss.

Bei der Stellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 67 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).

Solche Gesichtspunkte, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 07.11.2012, Zl. 2012/18/0057).

Der BF wurde in Österreich - erstmalig - wegen des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls als Beteiligter, zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt 12 Monaten verurteilt, wovon 8 Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren nachgesehen wurden. Ferner liegen ihm 9 weitere Vorstrafen in der Slowakei zur Last und befand er sich bis zum XXXX.2017 in Haft.

Bei Vermögensdelikten, insbesondere wenn diese gewerbsmäßig ausgeführt werden, kann jedenfalls von einer die öffentliche Sicherheit und Ordnung beeinträchtigenden Fehlverhalten ausgegangen werden (vgl. VwGH 10.12.2008, 2008/22/0568; 23.03.1992, 92/18/0044). Erschwerend kommt gegenständlich noch der Umstand hinzu, dass der BF bereits wiederholt, teils einschlägig im Herkunftsstaat verurteilt wurde.

Dem ist jedoch gegenüberzustellen, dass der BF bei im Rahmen der ihm angelasteten Straftaten die Akte des Diebstahls nicht unmittelbar ausgeführt, sondern zur Tat "nur" insofern beigetragen hat, als er Aufpasserdienste leistete und das Diebesgut nach der Tat verwahrte bzw. die Verwahrung zusicherte. Auch ist der geringe Wert der gestohlenen Waren in Anschlag zu bringen, welcher insgesamt einen festgestellten Wert von ca. € 350,00 nicht überstieg, das erkennende Strafgericht einen großen Teil der Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen und von der Verhängung weiterer Auflagen Abstand genommen hat. Zudem verhält sich der BF seit seiner Haftentlassung am XXXX.2017 seit nunmehr über einem Jahr wohl und zeigte sich sowohl vor dem Strafgericht als auch dem verfahrensgegenständlich erkennenden Gericht reuig.

Unter Berücksichtigung der - im Rahmen dieses Verfahrens - dem BF klar gewordenen bzw. konkret vor Augen geführten Konsequenzen seines Handelns (Ausspruch fremdenrechtlicher Sanktionen seitens des BFA) und der damit einhergehenden Einsicht und Erkennens der Gefährdung seines Aufenthaltes im Bundesgebiet und Sicherstellung seiner - notwendigen - Unterstützung durch seine Familienmitglieder, kann der getätigten Reue des BF Glauben geschenkt werden, sodass diesem eine positive Zukunftsprognose erstellt werden kann.

Vor diesem Hintergrund, wenn auch das vom BF bisher wiederholt gezeigte strafrechtswidrige Verhalten im Grunde eine Gefährdung öffentlicher Interessen nahelegt, so kann im konkreten Fall dennoch keine - gegenständlich maßgebliche - die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes naheliegende schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung seitens des BF erkannt werden.

Unbeschadet dessen, wäre im Rahmen einer Abwägung sich wiederstreitender Interessen iSd. § 9 BFA-VG und Art 8 EMRK, zudem jenen des BF das größere Gewicht beizumessen.

Zum einen kann der BF auf einen durchgehenden Aufenthalt im Bundesgebiet von rund sieben Jahren sowie Erwerbstätigkeiten - welche er aufgrund körperlicher Gebrechen unfreiwillige aufgeben musste - zurückblicken, kommt diesem ein unionsrechtliches Daueraufenthaltsrecht im Bundesgebiet zu und halten sich seine Familienangehörigen - mit denen er überwiegend im gemeinsamen Haushalt lebt und ein aufrechtes Familienleben führt - ebenfalls rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Zudem erweist sich der Gesundheitszustand des BF als massiv beeinträchtigt und ist dieser aufgrund seiner - bis auf Weiteres anhaltenden - Arbeitsunfähigkeit und insbesondere Hilfsbedürftigkeit in alltäglichen Bereichen nicht in der Lage, für sich allein zu sorgen. Vor diesem Hintergrund muss insbesondere in Ermangelung unterstützender familiärer und sozialer Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat eine verpflichtende alleinige Rückkehr des BF in die Slowakei als massive Beeinträchtigung seiner Rechte iSd. Art 8 EMRK angesehen werden (vgl. VwGH 20.01.2011, 2009/22/0122: wonach der Umstand der erforderlichen Pflege eines Familienangehörigen, welcher die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzt, eine maßgebliche Rolle bei der Abwägung der familiären Interessen gegenüber den öffentlichen Interessen an der Erlassung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme spielt).

Im Ergebnis erweist sich die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gegen den BF einerseits in Ermangelung einer maßgeblichen Gefährdung öffentlicher Interessen sowie andererseits aufgrund des im Lichte des Art 8 EMRK Gerade-noch-Überwiegens der persönlichen Interessen des BF verfahrensgegenständlich als unzulässig.

Demzufolge war der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid zur Gänze zu beheben.

3.2. Zu Spruchpunkt B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist teilweise zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot aufgehoben, Behebung der Entscheidung, Diebstahl,
EU-Bürger, Gefährdungsprognose, Gewerbsmäßigkeit, mangelnder
Anknüpfungspunkt, strafrechtliche Verurteilung, Zukunftsprognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G307.2149410.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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